74.
Viggie war nicht am Fluss, und sämtliche Wasserfahrzeuge waren dort, wo sie sein sollten. Auch eine Durchsuchung von Babbage Town brachte kein Ergebnis. Die Entschuldigung für die Lehrerin war an einem Computer geschrieben worden, und niemand hatte gesehen, wer sie abgegeben hatte.
Der Wachmann, der für Viggie eingeteilt worden war, sagte, er sei kurz vor acht zu Alicias Haus gegangen. Dort habe dann ein Zettel an der Tür gehangen, worauf zu lesen stand, dass Viggie krank sei und heute nicht zur Schule gehen würde. Der Mann hatte den Zettel noch in der Tasche. Wie die Entschuldigung war auch er auf einem Computer geschrieben und konnte somit nicht zurückverfolgt werden.
»Also könnte jeder es getan haben«, sagte Sean. Er, Michelle und Horatio standen vor dem Tor von Babbage Town. Der Psychiater hatte sich ihnen bei der Suche nach Viggie angeschlossen. Sie hatten gerade das umliegende Gelände mit Sheriff Hayes und einer Gruppe von Freiwilligen durchkämmt, doch keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte.
Als sie dort standen, fuhr eine schwarze Limousine auf sie zu.
»Mist!«, fluchte Sean. »Nicht der. Nicht jetzt.«
Special Agent Ventris stieg aus dem Wagen und trat zu ihnen.
»Was wollen Sie, Ventris?«, verlangte Sean zu wissen.
»Ich will, dass Sie hier verschwinden. Ihre Gegenwart hat sich als äußerst kontraproduktiv erwiesen.«
»Und was genau haben Sie vorzuweisen? Abgesehen von zunehmender Verwirrung, meine ich.«
Warnend legte Michelle ihrem Partner die Hand auf die Schulter. »Bleib cool, Sean. Er ist Bundesagent«, murmelte sie.
»Sie sollten auf Ihre Freundin hören«, sagte Ventris. »Falls das Mädchen entführt wurde, dann werden wir sie finden. Das ist eine Spezialität des FBI.«
»Sie meinen tot oder lebendig, stimmt’s?«, erwiderte Sean verbittert.
Ventris stieg wieder in seinen Wagen und fuhr davon. Sean starrte ihm wütend hinterher. »Du verdammter Hurensohn!«, schrie er dem FBI-Agenten hinterher.
»Okay«, sagte Horatio. »Ich denke, wir sollten jetzt alle erst einmal tief durchatmen.«
»Das will ich aber nicht!«, stieß Sean hervor. »Ich will mich nicht beruhigen. Ich will diesem Ventris in den Hintern treten!«
»Gewalttätige Gefühle rauszulassen kann durchaus positiv sein«, bemerkte Horatio.
Alle drei drehten sich zur Straße um, als mehrere Busse zum Tor fuhren, kurz hielten und dann durchgewunken wurden.
Sean und Michelle liefen sofort zum Torposten. »Was ist los?«
»Wir räumen Babbage Town – vorerst jedenfalls.«
»Warum?«, fragte Michelle.
»Zwei geheimnisvolle Todesfälle, und jetzt ist ein kleines Mädchen verschwunden. Die Leute, die hier arbeiten, und ihre Familien haben Angst. Sie werden nach Williamsburg gebracht, bis sich hier alles geklärt hat.«
»Wer hat das angeordnet?«, wollte Sean wissen.
»Ich«, antwortete eine Stimme. Alle drehten sich zu Champ Pollion um, der auf sie zukam. »Wollen Sie mir das zum Vorwurf machen?«
»Dürfen wir bleiben?«, fragte Sean.
»Nein! Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass noch jemand zu Schaden kommt.«
Er wandte sich zum Gehen.
»Wo wollen Sie hin?«, fragte Michelle.
»Ich gehe ebenfalls. Nicht mal die Entdeckung des Quantencomputers ist mir mein Leben wert.«