27.

Sean ging zum Badezimmer im Haus Len Rivests und blieb in der Tür stehen.

Er sagte: »Als ich gestern Abend hier war, bin ich gegen elf, Viertel nach elf auf die Toilette gegangen. Das ist das einzige Bad hier.«

»Und?«, fragte Hayes erwartungsvoll.

»Hat einer Ihrer Leute oder das FBI irgendetwas aus dem Badezimmer entfernt?«

»Nein, nur die Leiche. Warum?«

»Schauen Sie sich um. Was fehlt?«

Hayes ließ den Blick über die Einrichtung des kleinen Bades schweifen. »Ich gebe auf. Was?«

»Hier sind weder Handtücher noch Waschlappen.« Sean deutete auf den Boden. »Und keine Badematte. Als ich gestern hier drin war, war das alles noch da. Und da ist noch etwas.« Er ging zur Kommode und schaute dahinter. »Hier war ein langstieliger Pümpel, eine von diesen Saugglocken, die ebenfalls verschwunden ist.«

»Wollen Sie damit sagen …«, begann Hayes.

Sean kniete sich auf den Boden und strich mit der Hand über die Fliesen und dann die Badewanne hinauf. »Feucht, aber nicht nass.« Er stand auf. »Ich will damit sagen, dass man die Handtücher benutzt haben könnte, um das von Rivest verspritzte Wasser aufzuwischen.«

»Und der Pümpel?«

Sean tat, als packe er irgendetwas mit der Hand, und stellte sich neben die Wanne. »Vermutlich wollte der Täter Rivest nicht mit den Händen unter Wasser drücken, um ganz sicherzugehen, dass er keine Spuren hinterlässt, insbesondere Hautpartikel unter Rivests Fingernägeln, die eine DNA-Analyse ermöglicht hätten. Da er Rivest einen langstieligen Pümpel auf die Brust gedrückt hat, konnte er ihn mit den Händen nicht erreichen.«

»Stimmt.«

»Andererseits wird hier wohl alles nass gewesen sein, weil Rivest um sein Leben kämpfte. Weshalb sonst hätte der Täter die Handtücher, die Badematte und den Pümpel mitnehmen sollen? Er wollte, dass die Polizei von einem Unfalltod ausgeht. Rivest hatte sich vielleicht gerade erst in die Wanne gelegt, als der Mörder zugeschlagen hat. Wäre Rivest nicht betrunken gewesen, würde er vielleicht noch leben.«

»Wenn er noch betrunken war und der Killer den Pümpel benutzt hat, können wir demnach auch nicht ausschließen, dass der Täter eine Frau gewesen ist.«

Sean schaute ihn scharf an. »Das stimmt. Rufen Sie den Pathologen an, und sagen Sie ihm, er soll nach kreisförmigen Druckstellen auf Rivests Brust oder Bauch suchen. Ein Pümpel könnte einen solchen Abdruck hinterlassen haben. Und sagen Sie ihm auch, dass er nach Holzsplittern vom Schaft des Pümpels unter Rivests Fingernägeln suchen soll.«

Hayes rief übers Handy an, während Sean weiter nach Spuren suchte.

Nachdem der Sheriff den Anruf beendet hatte, lächelte er Sean an. »Ich habe eine Nachricht hinterlassen. Ich muss sagen, meine Entscheidung, mich mit Ihnen zusammenzutun, scheint ausgesprochen klug gewesen zu sein.«

»Freuen Sie sich nicht zu früh. Zu wissen, dass ein Mann ermordet worden ist, und herauszufinden, wer es getan hat, sind zwei Paar Schuh. Jetzt müssen wir erst einmal den Laden richtig durchkämmen und uns umhören, ob jemand vergangene Nacht etwas gesehen hat. Hier wimmelt es nur so von Sicherheitspersonal. Irgendjemand muss etwas gesehen haben – besonders, wenn meine Theorie stimmt und die betreffende Person einen Stapel Handtücher sowie einen Pümpel bei sich gehabt hat.«

»Schon so gut wie erledigt. Sonst noch etwas?«

Sean überlegte und sagte dann: »Ich war heute Morgen am Fluss, ungefähr gegen halb sieben. Ich wollte mir das Bootshaus und die Gegend anschauen. Irgendjemand hat mit dem Gewehr auf mich geschossen. Deshalb war ich bei Len Rivest. Um ihm davon zu erzählen.«

Hayes starrte ihn offenen Mundes an. »Wo kamen die Schüsse her?«

»Vom anderen Flussufer.«

»Von Camp Peary?«

Sean nickte.

»Und Monk Turing ist tot dort aufgefunden worden …«, fügte Hayes langsam hinzu.

Sean wusste, was der Sheriff dachte: Falls Monk Turing und Len Rivest von den Leuten am anderen Flussufer getötet worden waren, lautete die Frage: Warum? Sean musste zugeben, dass diese Frage ausgesprochen faszinierend war. Aber war er bereit, sein Leben für die Antwort zu riskieren?

»Außerdem könnte es sein«, sagte er, »dass ich Champ Pollion um zwei Uhr heute Morgen in sein Haus habe zurückkehren sehen.«

»Aber Sie können es nicht mit Sicherheit sagen?«, fragte der Sheriff.

Sean schüttelte den Kopf. »Ich könnte es nicht beschwören. Es war zu dunkel. Trotzdem müssen wir das überprüfen, wenn wir uns die Alibis geben lassen. Eines noch: Ich habe gehört, dass Monk vor acht oder neun Monaten ins Ausland gereist ist. Wir müssen herausfinden, wo er damals gewesen ist.«

»Das FBI hat seinen Pass und die anderen persönlichen Unterlagen.«

»Sie sind der Sheriff hier. Bitten Sie um Kopien.«

»Glauben Sie, es könnte wichtig sein?«

»Im Augenblick ist alles wichtig.«

Im Takt des Todes
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