28.
Barry ging mit einem Pappkarton voller Poststücke den Flur hinunter. Michelle folgte ihm beinahe lautlos in zehn Schritt Entfernung. Als Barry die Tür aufschloss und hinaus zum Briefkasten ging, huschte Michelle ins leere Foyer und duckte sich hinter eine große Topfpflanze.
Als Barry wieder hereinkam, besah er sich die Absender der eingegangenen Briefe, während hinter ihm die Tür langsam zuschwang. Michelle setzte alles auf eine Karte und huschte nach draußen. Barry war nur vier, fünf Schritt von ihr entfernt, bemerkte aber nichts – ein Beweis, wie leise sie sich bewegen konnte. Nachdem Barry um eine Ecke verschwunden war, stellte Michelle den Fuß in die Tür, sodass sie sich nicht mehr schließen konnte, zog den Schuh aus, verkeilte die Tür damit und eilte davon.
Es dauerte nur ein paar Sekunden, da hatte sie das Paket, das sie suchte, neben dem Briefkasten entdeckt. Sie holte Stift und Papier heraus und notierte sich die Adresse. Außerdem warf sie einen Blick auf den Absender. Es überraschte sie nicht allzu sehr, dass es nicht Barry war.
»Lola Martin«, las sie den Absender laut. Dann huschte sie wieder ins Gebäude, nahm ihren Schuh und eilte in ihre Station zurück. Im Schwesternzimmer hielt sich niemand auf, und Michelle nutzte die Gelegenheit, einen Blick auf die Krankenblätter zu werfen. Lola Martin, stellte sie fest, war Patientin im »Kuckucksnest«, dessen psychotische Bewohner nicht gerade bekannt dafür waren, Päckchen zu verschicken.
Von einem Münzfernsprecher rief Michelle einen Freund bei der Polizei von Fairfax an. Fünf Minuten später hatte sie ihre Mission erfüllt und kehrte in ihr Zimmer zurück – sehr zufrieden mit sich selbst.