93. KAPITEL

Timmy konnte nicht weglaufen und sich nicht verstecken. Er schlitterte das Ufer hinunter zum Wasser. Konnte er den Fluss überqueren oder sich flussabwärts treiben lassen? Er prüfte das Wasser, das gurgelnd an ihm vorbeiraste. Die Strömung war zu stark und reißend, das Wasser viel zu kalt.

Der Fremde war über ihm stehen geblieben, um seine Zigarette zu rauchen, hatte sich jedoch abgewandt. In der Stille hörte Timmy ihn vor sich hin murmeln, ohne die Worte zu verstehen. Dann und wann stieß der Mann mit dem Fuß Erde und Steine ins Wasser, so nah, dass die Spritzer ihn trafen.

Er würde zurücklaufen müssen in den Wald. Da konnte er sich wenigstens verstecken. Durchs Wasser würde er die Flucht nicht schaffen. Er fror schon jetzt wie ein Schneider, im Wasser würde er erfrieren.

Timmy spähte über den Uferrand. Der Fremde zündete sich eine zweite Zigarette an. Jetzt! Er musste sofort loslaufen. Er kletterte das Ufer hinauf, stieß Erde und Steine ins Wasser - und das Platschen verriet ihn. Ehe er den Weg erreichte, knickte sein Knöchel weg. Timmy fiel auf Knie und Ellbogen, rappelte sich wieder auf und wurde plötzlich vom Boden gehoben. Er trat und strampelte und zerkratzte den Arm, der um seine Taille lag. Ein zweiter Arm legte sich um seinen Hals.

„Beruhige dich, du kleiner Scheißer.“

Timmy begann zu schreien und zu brüllen. Der Arm würgte ihn und nahm ihm den Atem.

Als der Wagen die gewundene Straße hinabschlitterte, hielt der Fremde Timmy immer noch im Würgegriff fest. Der Wagen kam rutschend vor ihnen zum Stehen, doch der Fremde blieb gelassen und floh nicht. Obwohl die Scheinwerfer Timmy blendeten, erkannte er Deputy Hai. Warum ließ der Fremde ihn nicht los? Timmy tat der Nacken weh. Er kratzte den Mann wieder am Arm. Warum floh der Kerl nicht ?

„Was ist hier los?“ fragte Deputy Hai. Er und ein anderer Deputy stiegen aus und kamen langsam näher.

Timmy verstand nicht, warum sie nicht ihre Waffen zogen. Begriffen die denn nicht, was hier los war? Sahen die nicht, dass der Mann ihm wehtat ?

„Ich habe den Jungen gefunden, er versteckte sich im Wald“ , erzählte der Mann ihnen voller Stolz. „Man könnte sagen, ich habe ihn gerettet.“

„Das sehe ich“ , sagte Deputy Hai.

Nein, das war gelogen! Timmy wollte ihnen sagen, dass alles ganz anders war, aber mit dem Arm um den Hals konnte er weder atmen noch sprechen. Warum sahen die so aus, als glaubten sie dem Mann? Er war der Killer. Sahen die das denn nicht?

„Warum steigt ihr beide nicht bei uns ein? Komm, Timmy, du bist jetzt in Sicherheit.“

Langsam löste sich der Arm von seinem Hals. Sobald Timmy mit den Füßen den Boden berührte, riss er sich frei und stolperte mit dem verletzten Knöchel zu Deputy Hai.

Hai packte Timmy an den Schultern und schob ihn sacht hinter sich. Dann zog er die Waffe und sagte zu dem Mann: „Komm jetzt. Du hast eine Menge zu erklären, Eddie.“