5. Kapitel

Das graue Miasma, das den Akademie-Platz erfüllte, war eher Dampf als Nebel und kondensierte auf der klimakontrollierten Cockpit-Kanzel des Falken, um in langen, glänzenden Rinnsalen am Transparistahl hinabzulaufen, sodass es unmöglich war, draußen irgendetwas deutlich zu sehen. Die bloß zwanzig Meter entfernte Woodoo-Halle war ein schiefer grauer Kasten, und die lange Schlange der Wesen, die dort herauskamen, formlose Wirbel im Nebel. Der Rest des Konvois – elf Olanjii-Truppentransporter der Sharmok-Klasse, die an verschiedenen Stellen auf dem Paradeplatz postiert waren – war überhaupt nicht auszumachen.

Ihnen stand ein schwieriger Flug bevor – vielleicht sogar der schwierigste, den Han Solo je zu absolvieren hatte. Die Sith würden die besten Piloten schicken, die sie hatten, und in dem dichten Nebel würden ihre Machtfähigkeiten den Vorteil, den die Hapaner in puncto Ausrüstung und Ausbildung hatten, mehr als wettmachen. Je eher der Konvoi aufbrach, um sich in die Sicherheit des Turbolaserschirms der Schlachtdrachen zu begeben, desto besser waren seine Überlebenschancen.

Han aktivierte die Gegensprechanlage und stellte eine Verbindung zur hinteren Frachtrampe her. »Sind wir inzwischen komplett beladen?«

Das Getöse eines Laderaums, der in aller Eile beladen wurde, drang aus den Cockpitlautsprechern, dann sagte Leia: »Beinahe, Han.«

»Das hast du vor zehn Minuten schon gesagt.«

»Zehn Minuten heißt beinahe«, erwiderte Leia. »Wir arbeiten hier hinten so schnell, wie wir können.«

»Nun, dann arbeitet eben noch schneller«, meinte Han. »Dieser Nebel gefällt mir nicht. Da kann sich alles Mögliche drin verstecken.«

»Wir aber auch, Captain Solo«, sagte eine liebliche Hapanerinnenstimme. »Würdest du bitte aufhören, dir Sorgen zu machen? Allmählich macht sich offenbar dein Alter bemerkbar.«

»Schätzchen, wieder einmal verwechselst du Alter mit Erfahrung«, entgegnete Han, der absichtlich eine Anrede verwendete, von der er wusste, dass sie eine stolze Hapanerin wie Taryn Zel mächtig ärgern würde. »Und meine Erfahrung sagt mir, dass wir gar nicht erst die Gelegenheit dazu bekommen werden, uns zu verstecken, wenn ihr euch da hinten nicht ein bisschen beeilt. Wir sind bereits seit dreißig Minuten hier unten.«

Leias Stimme drang aus dem Lautsprecher, scharf wie eine Vibroklinge. »Han, wie viele Schüler evakuieren wir?«

»Dreihundertzweiundzwanzig«, entgegnete Han. Er war die Logistik der Mission hundert Mal durchgegangen, um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie es schaffen würden, die Sache durchzuziehen, bevor die Sith von ihrer nicht übermäßig geheimen Aufmarschbasis bei den colsassanischen Monden hier waren. »Aber das bedeutet, dass es pro Transporter gerade mal sechsundzwanzig Komma acht Schüler sind. Das kann doch nicht so lange …«

»Und wie viele Familienangehörige haben sie?«, unterbrach Leia.

»Neunhundertdreiundzwanzig«, sagte Han. »Trotzdem sollte es nicht so lange …«

»Und das Personal?«

»Tausendzweihundert, mehr oder weniger«, sagte Han. »Aber die sollten doch eigentlich …«

»Und wie viele Tausend Tonnen Material verladen wir?«

»Komm mir ja nicht mit dem Material«, meinte Han. »Ich wollte das Zeug vaporisieren.«

»Um es wodurch zu ersetzen?«, wollte Leia wissen. »Die Akademie zieht um – möglicherweise dauerhaft. Die Leute werden einen Platz zum Schlafen brauchen. Die Schüler werden Trainingsgerät brauchen. Die Techniker werden Werkzeug und Bauteile brauchen, und wir haben nicht die finanziellen Mittel …«

»Schon gut, schon gut«, unterbrach Han. Er kannte Leias Argumente in dieser Angelegenheit genauso gut wie seine eigenen. Jetzt, wo sich die GA-Regierung unter Kontrolle der Sith befand, waren die Tage der unbefristeten Finanzierung vorüber. Der Jedi-Orden würde alles brauchen, was sie von Ossus fortschaffen konnten. »Ich wünschte bloß, wir müssten nicht alles mitnehmen.«

»Das wäre kein Problem, wenn da nicht jemand drauf bestanden hätte, bis zur letzten Minute zu warten«, merkte Taryn an. »Commander Lavalle wollte mit dieser Operation schon vier Stunden eher beginnen.«

»Was sie tun wollte, war, Lukes Mission auf Coruscant zu ruinieren«, gab Han scharf zurück. Im Zuge der Planungsbesprechung waren er und Lavalle wiederholt aneinandergeraten. Die Kommandantin hatte argumentiert, dass eine halbe Stunde auf dem Boden zu wenig sei, während Han darauf beharrte, dass sie erst mit der Evakuierung anfangen könnten, nachdem die Jedi den Angriff auf Coruscant durchgeführt hätten. »Wie sicher sind wir uns, dass sie keine Sith ist?«

»Ziemlich sicher, Captain Solo.« In Taryns Stimme klang eine Frostigkeit, die verriet, dass sie Besseres zu tun hatte, als den Ruf des Commanders zu verteidigen. »Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen würden? Wir sind hier hinten sehr beschäftigt. Prinzessin Leia wird Sie informieren, sobald die Fracht verstaut ist.«

Aus dem Lautsprecher drang ein scharfes Knack, und dann verstummte das Interkom. Hans Kinnlade klappte nach unten, und er wirbelte im Pilotensessel herum, um zur Rückseite des Cockpits hinüberzuschauen, wo R2-D2 die Kom-Station überwachte.

»Hast du das gehört?«, wollte er wissen. »Sie hat mich abgeschaltet!«

R2-D2 drehte seine Kuppel in Richtung des vorderen Teils des Cockpits und gab dann eine lange Reihe drängender Pfeiftöne von sich.

»Was ist los?«, forschte Han. C-3PO war verliehen und half Raynar Thul dabei herauszufinden, was genau Abeloth war – und, mit etwas Glück, wo sie sich verkrochen hatte –, sodass Han niemanden zur Hand hatte, um das Piepsen und Pfeifen des kleinen Droiden zu übersetzen. »Wenn sie die Gegensprechanlage mit einem Blaster deaktiviert hat, wird sie hier in einem Wartungsschacht rausfliegen!«

Auf der Hauptanzeige ertönte ein Signallaut, und Han drehte sich um, um eine Nachricht von R2-D2 über den Schirm rollen zu sehen. DIE NEUIGKEIT IST WESENTLICH SCHLIMMER. VHORK EINS MELDET, DASS SOEBEN EIN GESCHWADER SKIPRAY-BLITZJÄGER DEN HYPERRAUM VERLASSEN HAT.

Hans Herz begann wie wild zu hämmern, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben. Die Vhork-Staffel – die nach einem riesigen daruvvianischen Falken benannt war, der etwas gegen Luftgleiter hatte, die es in sein Revier verschlug – war die beste Sternenjägerstaffel der Königlichen Hapanischen Flotte, was auch der Grund dafür war, warum sie bei dieser Mission für den Schutz von oben zuständig waren.

»In Ordnung«, sagte Han bedächtig. »Dann ist die Vhork-Staffel also gerade unterwegs, um sie aufzuhalten, richtig?«

R2 gab ein verneinendes Piepen von sich, dem sogleich eine Erklärung folgte: ABFANGMANÖVER FEHLGESCHLAGEN. DER FEIND AKTIVIERTE EIN STÖRGERÄT UND TRAT IN DIE ATMOSPHÄRE EIN. VHORK EINS MELDET DREI ELIMINIERTE ZIELE, ABER DIE ANDEREN BLITZJÄGER SIND VOR SIEBENUNDVIERZIG SEKUNDEN ENTKOMMEN

»Und das sagen die uns erst jetzt?«

DIE VHORK-STAFFEL VERSUCHT, DEN FEIND ERNEUT ZU STELLEN, UND IHRE MAJESTÄT HAT VIER MIYTIL-GESCHWADER ENTSANDT, UM SIE IN IHREM BEMÜHEN ZU UNTERSTÜTZEN.

»Okay, berechne einen Startvektor und sorg dafür, dass sich die Jägergeschwader am anderen Ende sammeln. Wir werden die Sith zu ihnen bringen.«

R2-D2 stieß ein bestätigendes Zwitschern aus, ehe Han mit der flachen Hand auf den Aktivierungsschalter der Kom-Einheit des Falken schlug und einen Kanal zum Rest des Konvois öffnete.

»Alle herhören …« Er gab die Einzelheiten der Meldung weiter, die er gerade erhalten hatte. »Ich vermute, dass uns ungefähr fünf Minuten bleiben, bevor diese Blitzjäger aus dem Grabenbruch auftauchen und anfangen, alles hochzujagen, das einen Ionenantrieb besitzt. Also seht zu, dass ihr eure Fracht verstaut, eure Luken sichert und startet, und zwar …« Han warf einen Blick auf den Primärschirm, um den Vektor in Erfahrung zu bringen. »… nach Norden, in einem Steigwinkel von siebzig Grad. Weicht nicht von diesem Aufstiegskorridor ab, da ihr sonst in der Feuer-frei-Zone landet.«

»In was für einer Feuer-frei-Zone?«, fragte ein hapanischer Pilot. »Bei der Missionsbesprechung war von Feuer-frei-Zonen keine Rede.«

»Plan B«, entgegnete Han. »Die zu unserem Schutz abgestellten Jäger widmen sich ab sofort der Zonenverteidigung.«

»Plan B sieht vor, dass wir uns in den Grabenbruch zurückziehen und dort auf Geleitschutz warten«, erinnerte ihn ein zweiter Pilot.

»Dies ist der neue Plan B«, entgegnete Han. »Vertraut mir, das Letzte, was ihr wollt, ist, unten in dieser Schlucht zu sein, mit einem Haufen Sith an den Hacken, die im Nebel Jagd auf euch machen.«

Han versuchte wieder, Leia über das Frachtraum-Interkom zu erreichen, aber niemand reagierte auf seine Kontaktversuche. »Verdammt!« Er wandte sich an R2-D2. »Nimm ein Holo auf.«

Der Droide drehte seine Kuppel herum, bis die Kameralinsen in Hans Richtung wiesen. Als das rote AUFNAHME-Lämpchen aufleuchtete, begann Han zu sprechen.

»Leia, wir bekommen es mit einem Haufen Blitzjäger zu tun, die momentan unterwegs hierher sind. Wir müssen in fünf Minuten hier weg sein. Und wo wir schon mal dabei sind, schalte gefälligst die Gegensprechanlage wieder ein!« Er hielt inne, bis das AUFNAHME-Lämpchen erlosch, ehe er sich an R2-D2 selbst wandte. »Zeig das Leia – und lass nicht zu, dass sie dich ignoriert. Nerv sie so lange, bis sie sich das Holo ansieht.«

Vom Hauptschirm ertönte ein weiteres Benachrichtigungssignal. Han drehte sich um und sah sich einer neuerlichen Nachricht von R2-D2 gegenüber.

MIT FÜNF MINUTEN IST DIE ZEITSPANNE FÜR EINE SICHERE FLUCHT GLEICH NULL.

»Ich hasse es, dir diese Neuigkeit mitteilen zu müssen, Erzwo«, sagte Han, »aber eine sichere Flucht stand nie zur Debatte.«

VERSTANDEN. EVAKUIERUNG WIRD PLANMÄSSIG FORTGESETZT.

Der Droide fuhr seinen Schnittstellenarm ein und rollte den Zugangskorridor zur Hauptkabine hinunter. Han bereitete den Falken auf einen Schnellstart vor. Der Fusionskern war bereits auf Standby, sodass er langsam damit begann, ihm mehr Treibstoff zuzuführen, bemüht, das Innengehäuse vorzuwärmen, um die Temperaturspannung zu minimieren, wenn die großen Laserkanonen anfingen, Energie zu ziehen. Gleichzeitig fuhr er die Zielcomputer hoch und aktivierte die Sensoren. Die Sith würden ohnehin auf die Macht zurückgreifen, um ihre Ziele zu lokalisieren, weshalb er nichts zu verlieren hatte, wenn er elektromagnetische Signale von den Außenhüllen ihrer Schiffe abgehen ließ. Schließlich warf er den Ionenantrieb an und fuhr die Schubdüsen hoch, bis der Bug des Falken nach vorn sackte und der Raumfrachter auf seinen Landestützen bebte und zitterte.

Jenseits des Sichtfensters glitt die kastenförmige graue Form eines abfliegenden Transporters auf dem unsichtbaren Kissen seiner Repulsortriebwerke durch den Nebel. Ein paar hundert Meter voraus erwachten drei blaue Kreise zum Leben, die heller aufglühten, als ein zweites Schiff seinen Ionenantrieb aktivierte, um sich – genau wie Han – auf einen Notstart vorzubereiten, der eine breite Schneise des Geländes der Jedi-Akademie in eine kilometerlange Furche aus versengter Erde verwandeln würde. Angesichts der Tonnen von Jedi-Ausrüstung, die der Konvoi auf dem Paradeplatz zurücklassen musste und die damit dem Feind in die Hände fallen würden, wünschte Han, er hätte sämtliche Transporter angewiesen, einen Notstart durchzuführen – doch dafür war es bereits zu spät. Die grauen Kästen zweier weiterer Transporter stiegen durch den Nebel in die Höhe, und an Backbord flammte ein weiteres Paar Ionentriebwerke auf.

An der Kontrollkonsole des Falken ertönte ein Warnsignal, und Han warf einen raschen Blick auf den Taktikschirm, um zu sehen, dass aus dem nahe gelegenen Grabenbruch eine Woge Störstatik auf sie zurollte. Er löste in sämtlichen Bereichen des Schiffs den Alarm aus – und das war der Moment, in dem er Taryn Zels Spiegelbild im Sichtfenster erblickte.

»Captain Solo.« Sie hastete ins Cockpit, mit R2-D2 im Schlepptau. »Wir tun da hinten alles, was in unserer Macht steht. Wenn …«

Das ferne Donnern beschleunigender Ionentriebwerke unterbrach sie. Han aktivierte beide oberen Schildpaare – am Bug und an achtern – und war noch immer dabei, die Kontrollregler auf MAX. zu schieben, als sich der Nebel von umherkreisenden Kanonensalven purpurn färbte. Der Falke vibrierte mit dem Knistern von Schutzschilden, die Treffer kassierten, und die Lichter verdunkelten sich, als Energie zu den Schildgeneratoren umgeleitet wurde.

»Stang!«, keuchte Taryn. Sie wirbelte herum und eilte wieder den Zugangskorridor entlang, während sie bereits in Richtung der Hauptkanine brüllte: »Zekk, fahr die Rampen hoch und übernimm das untere Geschütz. Ich nehme das obere.«

»Nein, bleib hier und übernimm den Kopilotenplatz.« Han musste laut schreien, um sich über den Kampflärm hinweg Gehör zu verschaffen. »Leia soll das obere Geschütz bemannen. Erzwo, klink dich ins Taktiknetz ein!«

Taryn blieb zwei Schritte den Korridor hinunter stehen und drehte sich um, um in ihrer beider Reflektion im Sichtfenster seinem Blick zu begegnen. »Aber die Prinzessin ist …«

»Eine Jedi. Und die Macht wird uns hier von wesentlich größerem Nutzen sein als ein Zielcomputer, solange unsere Sensoren gestört werden.« Han wies auf den Kopilotensessel. »Also setz dich.«

Taryns Erwiderung ging im ohrenbetäubenden Krachen von einem halben Dutzend simultaner Treffer unter, und das gesamte Cockpit wurde von stroboskopartiger gold-weißer, sich zerstreuender Reibungselektrizität erfüllt. Sie nickte bloß und rief etwas in die Hauptkabine hinüber, das Han nicht verstehen konnte, dann eilte sie zum Kopilotensitz und schnallte sich an.

Han überprüfte den Taktikschirm und stellte fest, dass die Mauer von Störstatik bis zum Rande des Akademiegeländes vorgerückt war. »Sind alle an Bord?«, fragte er noch immer brüllend, um gehört zu werden.

Taryn warf ihm einen angespannten Blick zu. »Ich hoffe es.« Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Rampen-Statusleuchten und nickte schließlich. »Wir sind so weit. Die Rampen sind oben, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Zekk oder Prinzessin Leia irgendwelche Woodoos zurücklassen würden.«

Han aktivierte von Neuem die Gegensprechanlage und war erleichtert, die Stimme eines jungen Jedi zu hören, der im Frachtraum Befehle erteilte. Es herrschte noch immer zu viel Tumult, um genau zu verstehen, was er sagte, aber er schien eher Anweisungen zu geben, statt alarmiert rumzubrüllen, und das genügte Han.

Er öffnete den schiffsweiten Kanal und sagte: »Ihr da hinten, haltet euch irgendwo fest! Uns steht ein verdammt wilder Ritt bevor.«

Während er sprach, tauchten im Nebel zwei Säulen tosender blauer Ionen auf, die himmelwärts schossen. Einen Herzschlag später eröffneten ein Dutzend von Sith gesteuerte Blitzjäger das Feuer auf die fliehenden Transporter. Ihre Abgasschweife beschrieben eine scharfe Wende, als sie kehrtmachten, um die Verfolgung aufzunehmen. Han überprüfte seine Taktikanzeige und stellte fest, dass sich bloß noch ein Sharmok auf dem Boden befand, der vor seinen Augen startete, vom Bildschirm verschwand und dann so dicht über sie hinwegsauste, dass der Falke im Kielwasser seines Schubs durchgerüttelt wurde.

Han zog den Steuerknüppel nach hinten und gab vollen Schub. Der Falke folgte dem abfliegenden Konvoi mit einem gewaltigen Satz nach vorn, wenn auch nicht schnell genug, um zu verhindern, dass sich ein Dutzend Blitzjäger in die Lücke zwischen ihnen und dem letzten Sharmok drängten.

»Taryn, Landestützen einfahren und die ventralen Schilde aktivieren!«, wies Han sie an. »Leia, du und Zekk, ihr müsst diese Skiprays vom Konvoi …«

Eine kreischende Kakofonie von Alarmsignalen ertönte, um sie darüber zu informieren, dass sie von mehreren Gegnern als Ziel erfasst worden waren, und eine Reihe scharfer, dumpfer Schläge hallte durch die Außenhülle, als Kanonenschüsse eine Linie von Treffern über die Bauchpanzerung des Falken zogen. Taryn zischte verärgert etwas auf Hapanisch, dann flackerte die Kabinenbeleuchtung, als die unteren Schilde schließlich anfingen, Schaden zu nehmen.

Han widerstand dem Drang, Taryn vorzuwerfen, zu langsam gewesen zu sein, und beließ es stattdessen bei einem genuschelten Fluch.

Trotzdem sagte sie: »Das war nicht meine Schuld, Solo. Es war nicht meine Idee, zuerst die Stützen einzufahren.«

»Habe ich mich vielleicht über irgendwas beschwert?«

»Ja, um genau zu sein, schon«, entgegnete Taryn. »Was ist überhaupt ein dreifingeriger Shenbit-Hüter?«

»Sieben Finger zu langsam«, entgegnete Han. »Siebzig Prozent Energie an unsere Heckschilde umleiten und anschließend die Erschütterungsraketen klarmachen. Schau mal, ob wir das Wärmesignal von einem dieser Blitzjäger anvisieren können.«

Während er sprach, begannen alle acht großen Laserkanonen des Falken zu feuern, und die ersten Blitzjäger vor ihnen erblühten zu Feuerbällen. Gleichzeitig hallte das Knistern stark strapazierter Schildgeneratoren durch das Schiff. Han hielt unbeirrt den Kurs, um Zekk und Leia eine stabile Feuerplattform zu verschaffen, die es ihnen erlaubte, acht Blitzjäger in der Spanne von ebenso vielen Atemzügen zu zerstören.

Schließlich schnellte der Überladungsmesser beider Heckschilde in den Gefahrenbereich, und Han wusste, dass ihnen die Zeit ausging. Er rollte den Falken in eine Ausweichhelix, ehe er die Landekameras an achtern einschaltete. Er war nicht im Mindesten überrascht, im Nebel hinter dem Falken einen Schwarm blauer Ringe glühen zu sehen, während die Umrisse der Blitzjäger selbst von ihren eigenen Abgasfahnen erhellt wurden. Offensichtlich nutzten die Schützen die Macht, um ihr Ziel ins Visier zu nehmen, da sein spiralförmiger Steigflug nichts dazu beitrug, um ihre Zielgenauigkeit zu schmälern.

»Können wir so viel Schaden aushalten?«, fragte Taryn, die zweifellos dasselbe im Blick hatte wie Han.

»Klar, kein Problem«, versicherte Han ihr. »Solange die Schilde standhalten …«

Die Überladungswarnungen beider Heckschilde schrillten los.

Han zog die Schubregler nach unten, in dem Versuch, ihre Verfolger dahingehend auszutricksen, dass sie über sie hinwegflogen – dann fiel ihm wieder ein, dass die Blitzjäger von Sith gesteuert wurden, die dieses Manöver genauso mühelos durchschauen würden, wie ihre Bordschützen seine Ausweichrollen vorhersahen.

»In Ordnung«, meinte Taryn, »und was passiert, wenn die Schilde nicht standhalten?«

»Hast du schon die Wärmesignatur erfasst?«

»Jetzt mal nicht so gereizt, alter Mann«, sagte Taryn. »Ich arbeite dran.«

»Nun, dann lass es jetzt gut sein«, meinte Han. »Zwei Zünder auf eine halbe Sekunde einstellen und zwei Raketen abwerfen, ohne …«

»… ihre Antriebseinheit zu aktivieren«, brachte Taryn den Satz für ihn zu Ende. Ein Anflug von Bewunderung schlich sich in ihre Stimme. »War bestimmt früher ein ziemlich guter Schmugglertrick, was?«

Bevor Han etwas darauf erwidern oder »Auf mein Zeichen« hinzufügen konnte, spürte er, wie der Luftwiderstand der ossanischen Atmosphäre in die jetzt offenen Raketenrohre strömte. Er schob die Schubregler nach vorn, über die Überlastungsstopper, und vernahm dann das gedämpfte Tschunk, Tschunk der Abschussladungen, mit denen zwei Raketen aus der Waffenbucht abgefeuert wurden.

Han hörte die Detonation nicht einmal. Der Steuerknüppel ruckte einfach wie von selbst in seinen Schoß zurück, und der Falke ging in einen schlingernden, fast senkrechten Steigflug über, als die Vektorplatten von der Druckwelle der Explosion angehoben wurden. Überall auf der Kontrollkonsole schrillten Schadensanzeigen los, und Leias Stimme drang über Interkom.

»Han? Wie schlimm hat es uns …«

»Wir sind okay.« Han begann, die Schadensalarmgeber zum Schweigen zu bringen, während er jede Anzeige gerade lange genug in Augenschein nahm, um sicherzugehen, dass der Falke tatsächlich keine katastrophalen Schäden eingesteckt hatte. »Denke ich.«

»Captain Solo ließ mich zwei Erschütterungsraketen auf unsere Verfolger abwerfen«, sagte Taryn, die ihn quer durchs Cockpit anlächelte. »Ihr habt mit ihm eine gute Wahl getroffen, Jedi Solo. In einer brenzligen Situation ist er wirklich eine ziemliche Bereicherung.«

»Er hat seine Momente«, stimmte Leia zu.

Ein zuvor deaktivierter Schadensalarm ertönte von Neuem, und Han stellte fest, dass der Druck in Schlafkabine Nummer zwei abfiel.

»In Ordnung, Schluss mit der Schmeichelei.« Er drückte den Steuerknüppel behutsam wieder nach vorn – und war beunruhigt, als er mehr Widerstand spürte, als eigentlich vorhanden sein sollte. »Um ehrlich zu sein, haben wir die Aktion gerade nicht ganz unbeschadet überstanden, also haltet uns ja diese Blitzjäger vom Leib.«

»Welche Blitzjäger?«, fragte Zekk. »Ich sehe hier unten keine.«

»Und über uns sind auch keine«, setzte Leia hinzu. »Ich glaube, du musst dich …«

Das Sichtfenster färbte sich purpurn, als zwei Kanonenschüsse gegen die mit Energie unterversorgten Bugschilde krachten, und dann tanzte der stroboskopische goldene Schein sich verteilender Restelektrizität über das gesamte Cockpit.

»Sie sind hier oben!«, rief Han, während er hektisch dahinterzukommen versuchte, wie die Blitzjäger es geschafft hatten, so schnell vor ihn zu gelangen. Er stieß den trägen Steuerknüppel nach vorn, um den Falken in einen instabilen Sinkflug zu zwingen. Dann warf er einen raschen Blick neben sich und erkannte, dass Taryn nicht annähernd so gut darin war, seine Gedanken zu lesen wie Leia. »Worauf wartest du? Energie auf die vorderen Schilde umleiten! Feuer noch ein paar Erschütterungsraketen ab!«

Von der Kom-Station hinter ihm drang ein negatives Zwitschern herüber, bevor eine Nachricht von R2-D2 über Hans Bildschirm lief. FEUER EINSTELLEN. DER ANGRIFF IST EIN IRRTUM.

»Ein Irrtum?«, echote er. »Wem unterläuft denn ein solcher Irrtum?«

Ein Gestöber von Blasterschüssen blitzte durch den Nebel, die den Falken um mehr als ein Dutzend Meter verfehlten, und Han wurde bewusst, dass derjenige, wer immer da auf sie feuerte, nicht die Macht auf seiner Seite hatte – und wenn sie nicht die Macht auf ihrer Seite hatten, konnten es keine Sith sein. Er öffnete einen Rufkanal.

»Miy’til-Staffel, Feuer einstellen!«, sagte er. Vor ihnen im Nebel tauchten die blauen Punkte von einem Dutzend Sternenjägertriebwerken auf, die größer und heller wurden, als sie näher kamen. »Wir sind die Guten!«

Eine kurze Stille folgte, während derer die blauen Punkte zu blauen Ringen anwuchsen. Dann entgegnete die frostige Stimme einer hapanischen Offizierin: »Woher sollen wir das wissen?«

Taryn aktivierte ihr Mikrofon und sagte etwas in altem Lorellianisch.

Es folgte eine weitere Pause, und dann antwortete die Frau in einsichtigem Ton. »Wir entschuldigen uns für das Missverständnis, Millennium Falke, aber Sie sind in die Feuer-frei-Zone abgedriftet.« Die Staffel drehte bei. »Steigen Sie weiter auf Ihrem vormaligen Vektor auf. Dann sind Sie in einer Minute aus dem Einfluss des Sensorstörsignals heraus und können sich dem Rest des Konvois anschließen.«

»Dann haben sie es also geschafft?«, fragte Leia. »Alle von ihnen?«

»Sie sind Nummer zehn«, entgegnete die Offizierin. »Bis jetzt.«

Hans Herz sackte tiefer. »Wir sind als Letzte gestartet«, sagte er. »Wenn Sie die anderen beiden nicht gesehen haben, bedeutet das, dass sie in Schwierigkeiten stecken.«

Die Offizierin verstummte für einen Moment, ehe sie sagte: »Wir sind dem Feind zahlenmäßig vier zu eins überlegen, und wir fliegen die neuesten Miy’tils. Falls noch irgendjemand da unten ist, werden wir sie finden.«

Es war Taryn, die die offenkundige Frage stellte. »Was, wenn Sie sie zu spät finden?«

»Dann werden die Sith dafür bezahlen«, antwortete die Frau. »Das schwöre ich.«