7. Kapitel
Der Millennium Falke stand bebend im Hangar, wie ein milchiger Tropfen Durastahl, der auf einem Landedeck ruhte, das so dunkel und riesig war, dass es wie ein Stück offenen Weltraums wirkte. Die hintere Ecke des Schiffs sackte über einer gebrochenen Landestütze ein, die helle Außenhüllenpanzerung war mit den Malen von Kanonentreffern übersät, und aus den Ionentriebwerken spritzte heiße Kühlflüssigkeit. Gelber Rauch stieg aus den Abluftöffnungen auf, und alle paar Sekunden erzitterte das obere Geschütz, als wäre der Energiekern drauf und dran, in die Luft zu fliegen. Und dennoch war der ramponierte Raumfrachter das Schönste, das Königinmutter Tenel Ka seit langer Zeit gesehen hatte. Der Falke war der zischende, klopfende, karbonversengte Beweis dafür, dass Han und Leia Solo eine weitere Beinahekatastrophe überlebt hatten, dass sie dem Tod einmal mehr ein Schnippchen geschlagen und einem Hinterhalt entkommen waren, der eigentlich dafür hätte sorgen müssen, dass ihre Atome von den ossanischen Winden verweht wurden.
Notfallschlitten und Löschwagen schwebten aus den dunklen Ecken des Hangars hervor, und Passagiere strömten die Rampe unter dem Rumpf des Falken hinab. Mehrere humpelten oder hielten sich die Arme, aber niemand schien ernsthaft verletzt zu sein oder es übermäßig eilig zu haben. Schließlich verließen die Solos selbst das Schiff. Han drehte sich um und sprach mit dem Wartungsteam, während Leia sich nach unten beugte, um einige Worte an die Jedi-Jünglinge zu richten, und endlich konnte Tenel Ka wieder befreiter atmen.
»Ich verstehe nicht, warum du solche Angst hattest«, sagte Allana. Sie war nicht von Tenel Kas Seite gewichen, seit die Aegel-Staffel gemeldet hatte, dass der Falke beschädigt worden war. »Du hast doch selbst gesagt, dass es ein Fehler ist, Han und Leia Solo zu unterschätzen.«
»Was nur die Wahrheit ist.« Tenel Ka bedachte ihre Tochter mit einem aufmunternden Lächeln. »Aber natürlich habe ich mir dennoch Sorgen gemacht. Du weißt, wie sehr ich die Solos mag.«
Bevor Allana antwortete, ließ sie ihren Blick vom Salon hinüber zum Kommandozentrum schweifen, wo Trista Zel Kam und Tionne Solusar dabei half, einen Bericht über den Ausgang der Evakuierungsmission zusammenzustellen. Tenel Ka war sich ziemlich sicher, dass beide Meister schon vor langer Zeit hinter die wahre Identität ihrer Tochter gekommen waren, doch keiner von ihnen hatte dies gegenüber Allana zu erkennen gegeben, und so spielte Allana auch in ihrer Gegenwart weiterhin die Adoptivtochter der Solos.
Als sie sah, dass beide Meister damit beschäftigt waren, über ihre Headsets Statusmeldungen entgegenzunehmen, ergriff sie Tenel Kas Hand. »Oma und Opa machen sich auch um dich Sorgen«, flüsterte sie. »Genau wie ich.«
Ein plötzlicher Stich der Einsamkeit durchbohrte Tenel Kas Herz, und sie ertappte sich dabei, dass sie sich wünschte, nicht als Tochter eines hapanischen Prinzen geboren worden zu sein, sodass es ihr freigestanden hätte, ihre eigene Tochter in ihrem eigenen bescheidenen Apartment großzuziehen. Doch jeder Versuch ihrerseits, ihrer Verantwortung zu entsagen, würde lediglich dazu führen, dass sie beide umkamen. Denn jede, die Tenel Kas Platz einnahm, würde sich auf dem Thron nicht sicher fühlen, bis ihre Handlanger jede potenzielle Rivalin eliminiert hätten – besonders das Kind einer einstigen Königinmutter. Damit blieb Tenel Ka nichts anders übrig, als genau das zu tun, was sie gerade tat, und das bedeutete, weiterhin so zu tun, als sei ihre Tochter das Kind von jemand anderem, bis Allana alt genug wäre, um sich selbst vor den Dolchen zu schützen – politischen und tatsächlichen –, die ein so wesentlicher Bestandteil des Lebens am hapanischen Königshof waren.
Tenel Ka drückte die Hand ihrer Tochter. »Vielen Dank«, flüsterte sie. »Aber du brauchst dich nicht um mich zu sorgen. Ich habe eine ganze Armee heimlicher Freunde, die über mich wachen.«
Allana zog eine Augenbraue hoch. »So wie Trista und Taryn?«
Tenel Ka nickte. »Genau.«
Aus dem hinteren Bereich des Salons drang ein leises Wuusch zu ihnen, und Tenel Ka drehte sich, um Han Solo aus der Aufzugröhre treten zu sehen. Er blieb gerade lange genug stehen, um den Blick durch den Raum schweifen zu lassen und Allana ausfindig zu machen, ehe er die Arme ausbreitete und durch den Salon auf sie zukam.
»Siehst du?« In Hans Stimme lag eine gezwungene Fröhlichkeit, die die Sorge verriet, die Tenel Ka in seiner Präsenz spürte. »Ich sagte dir doch, dass uns nichts passieren wird!«
Allana warf sich in Hans Umarmung und drückte ihn fest. »Ich wusste, dass euch nichts passieren wird. Ich hatte bloß Angst, dass der Falke völlig demoliert werden würde, wenn ich nicht da bin, um die Dinge im Auge zu behalten.« Sie gab ihn frei, stemmte die Hände in die Hüften und blickte zum Sichtfenster. »Und wie es scheint, hatte ich damit recht!«
»Ganz gewiss«, sagte Leia, die sich zu ihnen gesellte. Sie beugte sich nach unten und küsste Allana auf die Wange. »So schwankend, wie Han in den Hangar geflogen ist, können wir von Glück sagen, dass bloß eine Landestütze gebrochen ist.«
Han machte ein finsteres Gesicht, das allerdings eher ein gezwungenes Grinsen als ein wahrhaft düsterer Blick war. »Hey, nachdem du zugelassen hast, dass diese ganzen Blitzjäger ein Zielschießen mit uns veranstalten, war es schon eine Meisterleistung von mir, auch nur mit der richtigen Seite nach oben zu landen.« Er wandte sich wieder an Allana. »Ist es nicht so?«
»Sicher«, meinte Allana lächelnd. »Wenn du es als Landung bezeichnest, mit dem Falken übers Hangardeck zu hüpfen wie ein Stein übers Wasser.«
Hans Kiefer klappte in gespielter Niedergeschlagenheit herunter, doch dann erwiderte er ihr Lächeln. »Da hast du wohl recht, Kleines. Wir sind ein bisschen holprig reingekommen.« Er zerwühlte ihr Haar, dann wandte er sich an Tenel Ka und ließ zu, dass sich die Besorgnis in seiner Miene zeigte, die sie bereits wahrgenommen hatte. »Also, wie übel ist es?«
»Die Meister Solusar sind erst vor wenigen Minuten eingetroffen, und sie sind immer noch dabei, Statusmeldungen zu sammeln«, berichtete Tenel Ka und wies in Richtung Kommandozentrum. »Ich bin sicher, dass sie euch gerne einen ersten Überblick verschaffen.«
Han nickte und schickte sich an, den Salon zu durchqueren, aber Allana packte Leia an einem Zipfel ihres Gewands und hielt sie zurück. »Kannst du Meisterin Sebatyne in der Macht finden?«
Leia blieb stehen und sagte: »Ich kann es gern versuchen. Aber du weißt doch, dass sie im Augenblick vermutlich sehr beschäftigt ist.«
»Es ist wichtig«, beteuerte Allana. »Du musst sie vor etwas warnen.«
»Dann werde ich natürlich mein Bestes tun«, sagte Leia. »Wovor soll ich sie denn warnen?«
»Vor den Sith. Sie werden Tesar und die anderen finden.«
Verwirrung trat in Leias Miene. »Was bringt dich auf diesen Gedanken?«
»Ich habe es gesehen«, sagte Allana. »In einem Sichtfenster.«
Leia warf Tenel Ka einen raschen Blick zu, zweifellos um einen Hinweis heischend, was es mit Allanas Worten auf sich hatte.
»Eine weitere Machtvision«, erklärte Tenel Ka. »Offenbar hat sie gesehen, dass Tesar und die anderen Barabel im Tempel entdeckt werden.«
Ein Flackern des Begreifens trat in Leias Augen. »Ich verstehe.« Als sie sich wieder Allana zuwandte, lag eine ruhige Akzeptanz in ihren Zügen, die darauf hindeutete, dass sich bei ihr gerade ein bislang nicht zuzuordnendes Informationspuzzlestück an den rechten Platz gefügt hatte. »Aber du weißt, dass ich durch die Macht nicht richtig mit Meisterin Sebatyne reden kann, oder?«
Allana nickte. »Das ist schon in Ordnung, solange du dafür sorgst, dass sie versteht, worum es geht.«
»Ich werde mein Bestes geben«, versicherte Leia. »Aber wir werden das HoloNet verwenden müssen, um auf Nummer sicher zu gehen.«
»Nein, das können wir nicht«, sagte Allana kopfschüttelnd. »Womöglich fangen die Sith die Botschaft ab, und das würde bloß dazu führen, dass das, was ich gesehen habe, noch früher geschieht. Dann wäre es so, als wäre ich dafür verantwortlich.«
»Nun, wenn das so ist …« Leia schaute zu zwei luxuriösen Nerfledersesseln hinüber, die in der nächstgelegenen Ecke des Salons einen niedrigen Beistelltisch flankierten. »Dann sollte ich wohl besser schauen, was ich tun kann.«
»Wir verschaffen dir ein wenig Ruhe«, sagte Tenel Ka. Als sie einen Ausbruch freudiger Überraschung in den Machtauren der Solusars spürte, ergriff sie die Hand ihrer Tochter und ging in Richtung Kommandozentrum. »Vielleicht sollten wir beide uns nach dem Abschlussbericht der Evakuierung erkundigen, während Prinzessin Leia mit Meisterin Sebatyne in Verbindung tritt.«
»Meinetwegen«, sagte Allana und ließ zu, mitgezogen zu werden. »Doch ich weiß bereits, dass die Evakuierung gut verlaufen ist.«
»Weil du das in der Macht gefühlt hast?«, fragte Tenel Ka.
»Zum einen das«, erklärte Allana, »und zum anderen, weil ich keine corellianischen Flüche gehört habe.«
Und das waren wirklich gute Neuigkeiten. Als sie näher kamen, blickte Kam Solusar von seiner Computerstation auf und tippte gegen einen Knopf an seinem Headset. Sein Gesicht war so kantig und auf raue Weise attraktiv wie eh und je, doch die Verletzungen, die er im Zweiten Bürgerkrieg bei der Verteidigung der Jedi-Akademie davongetragen hatte, hatten ihn ein wenig dünner werden lassen als zuvor.
»Wir machen uns gut«, sagte Kam lächelnd. »Bislang haben wir niemanden verloren.«
Diese Nachricht war sogar noch erfreulicher, als Tenel Ka gehofft hatte – besonders in Anbetracht der schwierigen Umstände der Mission und im Hinblick darauf, dass der Feind geschickt im Schutz des ossanischen Nebels angegriffen hatte. »Und damit, dass wir niemanden verloren haben«, fragte sie, »sind da Transporter oder Leute gemeint?«
»Beides«, stellte Tionne klar. Mit ihrem silbergrauen Haar und den weißen Augen war sie noch immer eine Frau von ätherischer Schönheit – trotz der subtilen Makel in Form der Armprothese und des künstlichen Beins, die sie anstelle der Gliedmaßen trug, die sie bei demselben Zwischenfall verloren hatte, bei dem ihr Ehemann verwundet worden war. »Sharmok Sieben-Achtzehn hat schweren Schaden genommen, und die Kommunikationssysteme sind ausgefallen. Doch die Volgh-Staffel eskortiert den Transporter hierher, und die Staffelführerin übermittelt soeben die ersten Bilder. Sieht so aus, als würde Sieben-Achtzehn es ebenfalls schaffen.«
Tenel Ka lächelte. »Das sind sehr gute Nachrichten.«
»Absolut.« Tionnes Miene wurde düsterer. »Allerdings fürchte ich, dass es unter den Miy’til-Piloten einige Verluste gab, und zwei Staffeln sind noch immer im Gefecht.«
Tenel Ka spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog, doch sie nickte. »Damit hatten wir gerechnet«, sagte sie. »Allerdings handelt es sich hierbei um mehr als um eine Rettungsmission, Meister Solusar. Vielmehr ist dies eine gute Gelegenheit für die Königliche Hapanische Flotte, die Möglichkeiten des Feindes einzuschätzen.«
»Ich wette, dass es mit Lady Maluri und Ducha Luvalle im Raum nicht ganz einfach war, das an den Mann zu bringen«, kommentierte Han. »Also danke – und damit meine ich: Danke für alles.«
»Das Konsortium weiß Ihre Dankbarkeit zu schätzen, Captain Solo«, sagte Trista Zel, die von ihrem Datenschirm aufschaute. »Doch ich versichere Ihnen, dass die Königinmutter es nicht nötig hat, irgendetwas an den Mann zu bringen.«
Han hob die Hände, wie um sich zu entschuldigen, dann runzelte er die Stirn und wandte sich abrupt an Tionne. »Hatte ich da eben etwas von Sieben-Achtzehn gehört?«
Sie nickte. »Das ist korrekt.«
»Und wir haben keine anderen Transporter verloren?«, fragte er. »Ist das sicher?«
»Ja, dessen sind wir uns sicher, Han«, sagte Kam. »Wir sind Jedi-Meister. Wir können bis zwölf zählen.«
»Ja – aber das Ganze hätte nicht so einfach sein dürfen.« Han ging zu der halbmondförmigen Konsole und lehnte sich über Tristas Schulter, um den Datenschirm in Augenschein zu nehmen. »Da unten herrschte das reinste Chaos, und Sieben-Achtzehn war unmittelbar vor uns, als es das Schiff erwischt hat – und zwar heftig.«
Trista reckte ihren Hals, um zu ihm aufzuschauen. »Captain Solo, wollen Sie damit andeuten …«
»Ich will gar nichts andeuten. Sieben-Achtzehn ist direkt vor dem Falken gestartet. Und jetzt ist dieser Transporter der Nachzügler.« Han stieß mit einem Finger nach dem Bildschirm. »Und es sieht so aus, als würde er auf das Flaggschiff zuhalten. Was hat das wohl zu bedeuten?«
Trista sprach in ihr Kehlkopfmikro, dann erbleichte ihr Gesicht, als sie auf die Antwort lauschte. Eine Sekunde später begann sie, Befehle zu brüllen. »Volgh Eins soll Sieben-Achtzehn signalisieren, sofort beizudrehen«, sagte sie. »Und keine halben Sachen. Warnen Sie die Pilotin, dass wir sie vaporisieren werden, wenn sie sich in sechzig Sekunden noch immer auf diesem Flugvektor befindet.«
»Vaporisieren?« Allana blickte zu Tenel Ka auf. »Aber dieses Schiff hat Schüler der Akademie an Bord!«
»Das sollte so sein, ja.« Tenel Ka dehnte ihre Machtwahrnehmung in Richtung des Transporters aus, doch in dem Bereich hielten sich fünfzehn Schlachtdrachen und fast ein Dutzend Ansammlungen dicht gedrängter Jedi-Schüler auf, sodass sich unmöglich mit Gewissheit sagen ließ, ob sich die Präsenzen, die sie wahrnahm, tatsächlich an Bord von Sharmok 718 befanden oder nicht. »Doch das Verhalten des Schiffs ist verdächtig. Da stimmt etwas nicht.«
Tenel Ka trat hinter die Computerkonsole, und ihr Herz sackte nach unten, als sie auf den Schirm schaute. Einer der Monitore zeigte eine Nahaufnahme des Sharmok-Transporters, der durch den sternenverhangenen Weltraum glitt. Angesichts der Reihe von Brandlöchern, die sich über den Heckteil des Schiffs zogen, einem Paar schartiger Ringe, wo zuvor die Kanonengeschütze gesessen hatten, und der zusammengedrückten Außenhülle hinter der Hauptluke ließ sich mit absoluter Sicherheit sagen, dass das Schiff unlängst in erbitterte Nahkämpfe verwickelt gewesen war.
Auf dem Cockpitfenster tauchte ein weißer Lichtpunkt auf, der im stakkatoartigen Rhythmus des Signalcodes des hapanischen Militärs aufblitzte und wieder erlosch.
»Irgendwelche Hinweise darauf, dass sie gekapert wurden?«, fragte Tenel Ka.
»Zumindest wurde nichts Derartiges gemeldet«, entgegnete Trista.
»Das würde auch nicht passieren«, sagte Han. »Sharmok-Luftschleusen verfügen über ein gewöhnliches Zwei-Phasen-Touchpad, richtig?«
Tenel Ka entsann sich der zerknautschten Außenhülle hinter der Luke, und als ihr klar wurde, dass das Ganze eher wie ein Kollisionsschaden, denn wie ein Raketentreffer aussah, begriff sie, worauf Han hinauswollte. »Soll das etwa heißen, dass die Sith die Macht benutzt haben, um die Luftschleuse zu öffnen?« Sie warf einen raschen Blick auf die Kennungszeile am unteren Bildschirmrand und stellte fest, dass die Aufnahme, die sie empfingen, von der Gefechtskamera der Volgh-Staffelführerin stammte. »Dem muss ich beipflichten. Trista, instruiere Volgh Eins, unverzüglich das Feuer auf die Ionentriebwerke von Sharmok Sieben-Achtzehn zu eröffnen.«
Tenel Ka spürte, wie die Überraschung ihrer Gefährten die Macht erschauern ließ, doch die Eindeutigkeit ihres Befehls ließ ihnen keine Möglichkeit, die Entscheidung, die dahintersteckte, infrage zu stellen. Han schenkte ihr ein knappes, verschlossenes Nicken, und Trista sprach erneut in ihr Kehlkopfmikrofon und gab die Anweisung weiter. Die Solusars wechselten bloß einen großäugigen Blick – zweifellos, um sich zu vergewissern, ob einer von ihnen den Eindruck hatte, Tenel würde überreagieren.
»Aber was, wenn noch immer Akademie-Schüler an Bord sind?«, wandte Allana ein. »Sie könnten getötet werden!«
»Deshalb nimmt Volgh Eins ja auch die Ionentriebwerke ins Visier.« Han fasste Allana bei der Schulter und zog sie dicht zu sich. »Falls dieser Sharmok von Sith geflogen wird, dürfen wir um keinen Preis zulassen, dass er in die Nähe des Flaggschiffs gelangt. Deshalb setzen wir den Transporter außer Gefecht und schicken dann ein Enterteam rüber, um die Kontrolle zu übernehmen.« Er sah wieder zu Tenel Ka hinüber. »Richtig, Euer Majestät?«
»Korrekt.« Tenel Ka schenkte Han einen stummen Dank in Form eines Lächelns, ehe sie den Taktikschirm überprüfte, um festzustellen, welcher Schlachtdrachen dem Transporter am nächsten war. »Trista, weise die Daphoros an, Sharmok Sieben-Achtzehn mit dem Traktorstrahl zu erfassen, sobald die Triebwerke unschädlich gemacht wurden, und schick dann eine Entermannschaft rüber, um das Schiff zurückzuerobern …«
»Falls Ihr erlaubt, Euer Majestät«, sagte Kam, der sie so höflich wie nur irgend möglich unterbrach. »Angesichts des Umstands, dass Sith beteiligt sind, wäre es vielleicht klug, wenn ich einige Jedi mitnehme.«
»Ausgezeichnetes Argument, Meister Solusar«, sagte Tenel Ka, die einen Anflug von Bedauern verspürte, dass sie sich den Jedi-Rittern bei ihrem Kampf gegen die Sith nicht anschließen konnte. »Trista, informiere die Daphoros, dass sich Meister Solusar dem Entertrupp als Kommandant anschließt. Und schlag der Lady Commander vor, dass sie bei dieser Mission ihr bestes Einsatzteam schicken sollte.«
Während Tenel Ka sprach, behielt sie weiter den Taktikschirm im Auge und verfolgte, wie Volgh Eins und ihr Flügelmann zum Angriff übergingen. Anstatt sich hinter das Ziel fallen zu lassen und damit zu riskieren, dass ein Triebwerk explodierte, wenn sie direkt auf die Schubdüsen feuerten, sausten die Miy’tils von der Flanke heran. Als der Sharmok weiter auf die Drachenkönigin II zuhielt, ohne seinen Kurs zu ändern, glaubte Tenel Ka einen Moment lang, dass Han sich womöglich irrte, dass die 718 möglicherweise einfach bloß ihre hapanische Crew verloren hatte und jetzt von einem verängstigten Jedi-Schüler geflogen wurde.
Eine halbe Sekunde, bevor die Miy’tils das Feuer eröffneten, ruckte jedoch das Kennungssymbol des Transporters unvermittelt nach links, als der Pilot zu einem Ausweichmanöver ansetzte. Das erste Miy’til-Symbol leuchtete weiß auf, als der Sternenjäger das Feuer eröffnete, um dann ohne einen Treffer an dem Sharmok vorbeizuschießen. Im nächsten Moment begann der Flügelmann zu feuern, und die Farbe des Sharmoks änderte sich in Gelb, was »beschädigt« bedeutete. Tenel Ka seufzte erleichtert, wandte ihre Aufmerksamkeit dem Sichtschirm zu und sah bloß wirbelnde Sterne, als Volgh Eins herumschwang, um das Ziel von Neuem anzufliegen.
»Statusbericht!«, befahl Tenel Ka. »Haben sie die Triebwerke außer Gefecht gesetzt?«
»Geduld, Majestät«, sagte Trista. »Sie brauchen Zeit, um die Situation einzuschätzen.«
Tenel Ka, die die sanfte Schelte ihrer Cousine ohne Groll zur Kenntnis nahm – irgendjemand musste schließlich dafür sorgen, dass sie bescheiden blieb –, richtete ihren Blick auf den Sichtschirm und wagte kaum zu atmen, während die Sterne vorbeischwirrten. Schließlich kam die Ionenspur des Sharmok in Sicht, flackernd und lodernd, als die Sublichttriebwerke den Dienst versagten. Als schließlich das gesamte Heck zu sehen war, war auch das letzte Triebwerk ausgefallen, und das Bild zeigte bloß noch drei glühend rote Schubdüsen.
Tenel Ka ließ ihren angehaltenen Atem entweichen – dann wurde der Schirm weiß von einem Explosionsblitz. Sie spürte einen grässlichen Aufruhr in der Macht und hörte ihre Jedi-Gefährten schockiert keuchen – dann vernahm sie einen kleinen, verängstigten Schrei und wusste, dass ihre Tochter ihn ebenfalls gefühlt hatte: den sengenden Schmerz von dreihundert Leben, die im selben Moment erloschen.
Tenel Ka wirbelte herum und kniete vor Allana nieder, um sie zu umarmen. »Komm her.«
Allana hing schlaff in ihren Armen. »Ich habe ihr Ende gespürt«, sagte sie. »Ich habe gespürt, wie sie …«
»Ich weiß, Liebes.« Tenel Ka widerstand der Versuchung, ihre Tochter zu ermahnen, nicht darüber nachzudenken, weil sie wusste, dass das unmöglich war. Niemand konnte den Tod mehrerer hundert Leute fühlen und die Sache einfach vergessen – insbesondere nicht ein neunjähriges Mädchen. »Die Ionentriebwerke des Sharmoks müssen einen kritischen Treffer …«
»Ausgeschlossen«, sagte Han hinter Tenel Ka. »Diese Explosion stammte nicht von einem versagenden Triebwerk. Triebwerksdetonationen vernichten keine ganzen Sternenjäger-Staffeln.«
»Was?« Tenel Ka reckte ihren Hals, erhob sich jedoch nicht, um sich die Sache genauer anzusehen. Jetzt war es am wichtigsten, Allana Trost und Geborgenheit zu spenden. »Wir haben die Volgh-Staffel verloren? Wie viele von ihnen?«
»Alle«, meldete Han. »Der Explosionsradius betrug drei Kilometer. Es gibt kein Ionentriebwerk, das groß genug wäre, um eine solche Detonation zu verursachen. Das muss Baradium gewesen sein – eine Menge Baradium. Dieses Schiff war eine fliegende Bombe.«
Allana schaute über Tenel Kas Schulter. »Du meinst, das waren die Sith?«, fragte sie. »Du meinst, sie haben alle in die Luft gejagt, weil wir sie nicht an Bord gelassen haben?«
Hans Miene wurde traurig. »Ja, Liebes, genau das meine ich damit.« Sein Blick wanderte von Allana zu Tenel Ka. »Diese Bombe war für die Königinmutter bestimmt.«
Allana versteifte sich. »Sie haben versucht, uns auszutricksen?« Sie löste sich aus Tenel Kas Umarmung und sah ihr in die Augen. »Schon wieder?«
Tenel Ka nickte. »So sind die Sith nun mal«, sagte sie. »Deshalb müssen wir so vorsichtig sein, wenn wir es mit ihnen zu tun haben.«
Während Tenel Ka sprach, kam Leia aus der Ecke des Salons herüber. Ihre Miene war ruhig, aber die Besorgnis in ihrer Machtaura deutete darauf hin, dass sie die Tode genauso deutlich gespürt hatte, wie die anderen. Sie warf einen Blick in die düsteren Gesichter, die sich um die Konsole herum versammelt hatten, und schaute betreten zu Boden. »Wie schlimm ist es?«, fragte sie.
»Sie haben Sharmok Sieben-Achtzehn gekapert.« Tionnes Stimme war voll Kummer. »Es scheint, als hätten sie vorgehabt, mit dem Transporter eine Baradiumbombe an Bord des Flaggschiffs zu schmuggeln … um Königinmutter Tenel Ka zu ermorden.«
Leias Augen blitzten, und sie konnte nicht umhin, in Allanas Richtung zu schauen. Genau wie Tenel Ka waren auch die Solos von den Skywalkers vor dem gewarnt worden, was beim Teich des Wissens geschehen war, als ein Sith-Lord das Bild einer Jedi-Königin gesehen hatte, die auf dem Thron des Gleichgewichts saß. Besessen davon zu verhindern, dass diese Vision Wirklichkeit wurde, glaubten die Sith, dass Tenel Ka diese Königin sei, und dieser Irrtum hatte zu einer Reihe fehlgeleisteter Mordversuche geführt. Das war eine Bürde, die sie bereitwillig auf sich nahm, um ihre Tochter zu schützen.
Nach einem Moment sagte Leia: »Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass ihr Unterfangen nicht von Erfolg gekrönt war.« Sie trat um die Computerkonsole herum und studierte den Taktikschirm. »Allerdings kann ich nicht anders, als an die Passagiere zu denken – an all diese Schüler und ihre Familien. Wissen wir mit Bestimmtheit, dass sie an Bord waren?«
»Ja, das wissen wir«, sagte Han. »Sieben-Achtzehn war direkt vor uns, als wir gestartet sind, und befand sich nicht allzu weit hinter uns, als wir landeten. Die Sith hatten nicht die Zeit, dreihundert Gefangene abzuladen – selbst, wenn sie es gewollt hätten.«
Kam nickte. »Ich vermute, dass der ganze Blitzjägerangriff lediglich dazu diente, einen Transporter aus dem Konvoi in ihre Gewalt zu bringen und ihn mit einer Bombe zu präparieren«, sagte er. »Trotzdem befanden sich über zwei Dutzend Schüler an Bord, die alt genug waren, um ihnen die Stirn zu bieten. Die Sith hätten eine ansehnliche Kapermannschaft gebraucht, um ihr Ziel so rasch unter ihre Kontrolle zu bringen, und wir wissen momentan nicht, wer wirklich in diesem Sharmok starb.«
»Stimmt. Möglicherweise war die Bombe Plan B.« Han hielt inne und warf einen raschen Blick zu Allana hinüber, ehe er anscheinend zu dem Schluss gelangte, dass es nicht notwendig war, die mögliche Alternative laut auszusprechen – dass der Plan A der Sith darin bestanden hatte, mit einem Elite-Enterkommando an Bord der Drachenkönigin II zu gehen und sie für ihre eigene Flotte zu akquirieren. Er wandte sich an Tenel Ka und sagte: »Es kann nicht schaden, jemanden die Flugroute von Sieben-Achtzehn abfliegen zu lassen, um zu sehen, was sie finden.«
»Versuchst du wieder, clever zu sein?«, fragte Allana und sah Han ans. »Denn ich weiß, was du damit sagen willst – dass sie die Passagiere vielleicht einfach aus der Luftschleuse geworfen haben.«
»Jedenfalls ist die Sache es wert, sie zu überprüfen«, meinte Tenel Ka. Sie nickte ihrer Cousine zu. »Trista wird sich darum kümmern.«
Trista bestätigte den Befehl mit einem knappen Nicken und sprach in ihr Mikro.
Als sich Tenel Ka an ihre Tochter wandte, stellte sie fest, dass Allana besorgter denn je dreinschaute. »Es gibt nichts zu fürchten«, sagte Tenel Ka. »Dieser Sharmok wäre niemals an Bord gelangt. Für genau so etwas haben wir das Königliche Protokoll.«
»Ich mache mir keine Sorgen um uns«, sagte Allana. »Sondern um die Barabel. Die Sith haben gerade fast dreißig Jedi und ihre Familien getötet, und schon bald werden sie auch Tesar und seine …« Ihre Augen weiteten sich, und sie ließ den Satz unvollendet, ohne den Gedanken zu Ende zu bringen. Stattdessen wandte sie sich an Leia. »Weiß Meisterin Sebatyne über meine Vision Bescheid?«
Leias Miene nahm einen entschuldigenden Zug an, und sie schüttelte den Kopf. »Das denke ich nicht. Sie scheint, nun, auf der Jagd zu sein, und als ich versuchte, sie dazu zu bringen, an Tesar zu denken, hat sie sich einfach zurückgezogen. Ich war gerade dabei, erneut den Kontakt zu ihr herzustellen, als …« Anstatt den Satz mit Worten zu beenden, warf sie einen raschen Blick auf die Computerkonsole und fügte dann hinzu: »Ich glaube nicht, dass es funktionieren wird.«
»Hört sich ganz so an«, stimmte Allana zu. Ihr Gesicht wurde ernst. Dann sagte sie: »Ich schätze, ich muss mich selbst darum kümmern.«
Leia runzelte die Stirn. »Worum willst du dich selbst kümmern?«
»Ich werde nach Coruscant reisen«, sagte Allana schlicht. Sie wandte sich an Han. »Wie schnell kannst du den Falken reparieren?«
Han blickte finster drein. »Gar nicht, wenn du erwartest, damit nach Coruscant zu fliegen«, sagte er. »Hast du nicht zugehört? Dort wimmelt es nur so vor Sith.«
»Wir werden uns nicht lange dort aufhalten«, versicherte Allana. »Alles, was ich tun muss, ist, Barv zu finden. Er kann Tesar warnen.«
Han wirkte erleichtert. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich kann Barv für dich aufspüren. Wie lautet die Nachricht?«
»Dass ich mit ihm reden muss«, sagte Allana. »An Bord des Falken.«
Han schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen«, erwiderte er. »Du vergeudest deine Puste, Mädchen. Entweder die Nachricht oder gar nichts.«
Allana starrte Han einen Moment lang grimmig an, bevor sie scharf ausatmete und sich zu Leia umdrehte. »Er versteht mich nicht«, sagte sie. »Hierbei geht es um die Macht. Ich muss Tesar selbst warnen.«
»Versteckt Tesar sich nicht im Tempel?«, fragte Leia.
Allana wirkte besorgter als je zuvor. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Das musstest du auch gar nicht«, entgegnete Leia. »Jetzt, wo ich die Möglichkeit hatte, mir auf das Ganze einen Reim zu machen, ist es ziemlich offensichtlich.«
Allana wirkte niedergeschlagen. »Du meinst, ich habe ihr Geheimnis verraten?«
»Nicht im Geringsten«, sagte Tionne. Ihre Stimme war warm und angenehm, und Tenel Ka wusste, dass sie die Macht nutzte, um ihr dabei zu helfen, Allana zu beruhigen. »Die Meister vermuten schon seit einer ganzen Weile, dass es im Tempel irgendwo ein Nest gibt.«
»Und das hat nichts mit dir zu tun«, versicherte ihr Kem. »Tesar und die anderen jungen Barabel verschwanden vor einigen Monaten, und Meisterin Sebatyne war ausgesprochen empfindlich, was dieses Thema betraf. Selbst ein Narr hätte früher oder später begriffen, was los ist.«
»Aber bloß du und Barv wisst, wo das Nest genau zu finden ist, richtig?«, fragte Tenel Ka. »Dann hast du das Vertrauen der Barabel in gar keinem Fall missbraucht.«
»Sie hat recht, Allana«, sagte Leia. »Und wir werden dafür sorgen, dass Barv ihnen das erklärt, wenn wir uns in den Tempel schleichen, um die Barabel zu warnen. Ich verspreche dir, dass niemand böse auf dich sein wird.«
Allana runzelte die Stirn. »Was, wenn du Barv nicht finden kannst?«
»Wir werden ihn finden«, sagte Han. »Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast: In solchen Dingen sind wir ziemlich gut.«
»Was, wenn Barv tot ist?«, hielt Allana dagegen. »Auf Coruscant ist alles voller Sith, und er kämpft gegen sie – vermutlich gegen viele von ihnen, so riesig, wie er ist.«
Hans Miene wurde ausdruckslos, und Leia warf ihm einen Da-hat-sie-dich-Blick zu.
»Siehst du?«, beharrte Allana. »Mich dort hinzubringen, ist die einzige Möglichkeit, um sicherzugehen, dass den Barabel nichts geschieht.«
Hans Züge wurden nur noch härter. »Dann werden wir es wohl einfach drauf ankommen lassen müssen«, meinte er. »Denn du gehst nicht. Das ist mein letztes Wort.«
Allana verdrehte die Augen und wandte sich dann an Tenel Ka. »Sag’s ihm«, verlangte sie. »Sag ihm, dass es meine Machtvision ist und dass das bedeutet, dass ich entscheiden muss, was deshalb zu tun ist.«
»Schon möglich, aber es ist Captain Solos Schiff, und das heißt, dass er allein bestimmt, wer mitfliegt«, sagte Tenel Ka. »Warum geben wir deinem Vormund nicht die Möglichkeit, sich um die Sache zu kümmern? Ich denke wirklich, das ist die beste Lösung.«
Allana warf Tenel Ka einen so enttäuschten Blick zu, dass ihr das Herz schwer wurde, und dann drehte sich das kleine Mädchen mit flehenden Augen zu Leia um.
Leia zuckte bloß die Schultern. »Han sagte, dass sei sein letztes Wort. Du weißt, was das bedeutet.«
»Ja, weiß ich.« Allana starrte Han verärgert an und sagte: »Das bedeutet, dass er ein Rontoschädel ist.«
»Schön«, gab Han zurück. »Dann bin ich eben ein Rontoschädel. Aber du kommst trotzdem nicht mit.«
»Schön.« Sie wirbelte von ihm weg und marschierte trotzig auf die Sessel in der Ecke zu. »Aber gib mir nicht die Schuld, wenn Tesar dir den Arm abbeißt. Er mag Rontoschädel nämlich auch nicht.«