32. Kapitel
Als die Böses Erwachen weiter vorwärtsjagte, begannen die feuergesäumten Sphären voraus rasch anzuschwellen und auseinanderzudriften. Das Gebiet zwischen ihnen war mit lodernden Wirbeln von Akkretionsgas durchsetzt. Vor diesem strahlend hellen Hintergrund erschien auch Schiff immer größer und schwoll von einem Triebwerksleuchten von der Größe eines Staubpartikels zu einer dunklen Sphäre an, so groß wie Jainas Daumen.
Zwischen den beiden Schiffen zuckte ein steter Strom von Beschuss hin und her: Kanonenschüsse von der Erwachen und Plasmaladungen von Schiff. Beide Schiffe wurden von den Angriffen direkt in die vorderen Schilde getroffen, ohne dass eins von ihnen den Versuch unternahm auszuweichen. Angesichts des gierigen Griffs der schwarzen Löcher, die von beiden Seiten eines stetig schmaler werdenden Sicherheitskorridors nach ihnen langten, hatten sie keinen Platz zu manövrieren oder sogar zu fliehen. Fliegerisches Können war hier ebenso wenig von Belang wie Kampftraining. Hier hatten Piloten bloß eine einzige Möglichkeit: die Sache frontal auszutragen.
Und bei dieser Art von Gefecht überlebte normalerweise der Pilot, der am schnellsten und entschlossensten angriff. Jaina überprüfte die Distanz zwischen ihnen, und als sie sah, dass die beiden Schiffe schneller aufeinander zurasten, als sie dachte, machte sie die erste Rakete der Böses Erwachen scharf.
Jaina hatte die Böses Erwachen aus gutem Grund ausgewählt: Es handelte sich um ein Leerenspringer-Kampfschiff. Das bedeutete, dass es schnell war, der Entdeckung entging sowie ordentlich etwas einstecken und zugleich einen verheerenden Angriff ausführen konnte. Tatsächlich handelte es sich dabei um eins der gefürchtetsten taktischen Kampfvehikel in der Galaxis, dazu entworfen, sich ein direktes Duell mit einem mandalorianischen Bes’uliik zu liefern und dabei das Schiff zu sein, das am Ende aus dem Feuerball herausgeflogen kam. Jaina konnte sich kein besseres Schiff vorstellen, um gegen Schiff anzutreten – besonders nicht, nachdem sie das gesamte Raketenmagazin mit Baradium-Sprengköpfen versehen hatte. So viel zum Thema »Böses Erwachen«.
Der Zielcomputer piepste einmal, um zu verkünden, dass die beiden Schiffe die effektive Raketenreichweite fast erreicht hatten. Jaina machte sich nicht die Mühe, zu versuchen, ihr Ziel zu erfassen – Schiff war der automatischen Zielerfassung ohnehin überlegen, und bei diesem Gefecht hing alles von einem schnellen Angriff ab. Sie feuerte einfach, ehe sie die Schubregler nach hinten zog, damit sich die Erwachen nicht innerhalb des Explosionsradius befand, wenn das Baradium hochging. Jenseits des Cockpits erschien der blendend grelle Kreis eines Schubrings, der rasch zu einem weißen Punkt zusammenschrumpfte, als die Rakete davonzischte.
Im nächsten Moment tauchte vor der Erwachen ein winziger grauer Punkt auf, der innerhalb eines Augenblicks zur grauen, länglichen Masse von einem von Schiffs machtgeschleuderten Felsbrocken heranwuchs.
Jaina widerstand dem Impuls, auszuweichen – ein Fehler, der sie leicht in den Einflussbereich von einem der schwarzen Löcher hätte bringen können. Stattdessen hielt sie die Pinasse ruhig und betätigte mit dem Daumen den Schalter für die Gegensprechanlage an ihrem Steuer. »Achtung, da hinten: Auf Aufprall vorbereiten«, sagte sie. »Dieses Ding macht mit unseren Schilden kurzen Prozess.«
Luke stieg ruckartig aus seinem Körper empor und schwebte dann über diesem, um auf die Unterseite der zweiten Koje über sich zu starren. Eine Woche verstrich, oder vielleicht war es auch eine Sekunde – er vermochte es nicht zu sagen. Außerhalb des Körpers existierte keine Zeit. Ein Herzschlag währte eine Woche, eine Lebensspanne sauste in einem Lidschlag vorüber. Luke Skywalker jedoch verweilte, eine Manifestation von Machtessenz, die Leib und Geist verkörperte, realer, als die materielle Hülle, die er angeschnallt in der Koje unter sich zurückließ.
Er atmete aus – oder zumindest stellte er sich vor auszuatmen –, und die Verbindung zu seinem Körper wurde schwächer. Es gibt kein Leben, es gibt nur die Macht. Das war die Vorstellung der Geistwandler, die Behauptung, dass das Materielle eine Illusion sei, dass ein Lebewesen nichts weiter war als ein leuchtender Wirbel in der Macht – und vielleicht hatten sie damit sogar recht.
Luke atmete erneut aus, und über ihm erschien ein violettes Leuchten, das durch das grobe Material der oberen Koje schien, als sei sie ein Hologramm. Er streckte die Hand danach aus, und das Licht strömte zu ihm herab, um ihn mit einer Gelassenheit zu erfüllen, so umfassend wie das All. Er wurde zur Macht, und die Macht wurde zu ihm, und dann kannte er bloß noch die reine, ewige Freude der Existenz.
Luke rief sich einen See ins Gedächtnis, den er einst besucht hatte, einen schmalen Bergsee, der sich zwischen einer Granitkuppe und einer von Felsbrocken übersäten Wiese mit Hügeln voll kniehohem Moos schmiegte, und setzte sich in Bewegung. Ob die Reise eine Woche oder eine Sekunde dauerte, ließ sich unmöglich sagen. Doch dann war er da, stand am Ufer des Sees der Erscheinungen und ließ den Blick über das reglose, schwarze Wasser zu den silbernen Nebeln hinüberschweifen, die das andere Ende verhüllten.
In dem Nebel schwebte keine Silhouette, keine halb verborgene Frau, die ihn vorwärts winkte. Abeloth war nirgends zu sehen.
Natürlich nicht. Luke war derjenige, der auf einen Kampf aus war, nicht Abeloth. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre göttliche Familie zu erschaffen, damit, Ben und Vestara in eine verdrehte Version des Sohns und der Tochter zu verwandeln, die einst das Gleichgewicht der Macht bewahrt hatten. Das Letzte, was Abeloth jetzt wollte, war, sich Luke zu einem letzten Gefecht zu stellen, das sie möglicherweise verlor.
Allerdings blieb ihr diesbezüglich keine andere Wahl.
Luke ging ins Wasser und watete los. Seine Bewegungen verursachten weder schwappende Geräusche noch kräuselten sie die dunkle Oberfläche. Kurz darauf zeigten die Hügel und Felsbrocken entlang des Ufers Reflektionen – nicht von sich selbst, sondern von den Gesichtern der Toten: von Wookiees, Barabel, Menschen und hundert anderen Spezies. Ihre Augen schienen allesamt Luke zu beobachten, als er vorbeiging. Einige zeigten Enttäuschung, wenn sie sahen, dass seine Züge nicht die eines geliebten Verwandten waren, während in anderen Erkennen und Neugierde aufflackerte, als sie bemerkten, dass sie den Großmeister des neuen Jedi-Ordens vor sich hatten.
Viele der Gesichter, die Luke sah, gehörten alten Freunden – Ganner Rhysode, Numa Rar, Tresina Lobi und einem Dutzend anderer –, doch er watete an ihnen vorüber, ohne innezuhalten. Im Laufe seiner vier Jahrzehnte als Jedi hatte Luke hundert gute Freunde und mehr Bekannte verloren, als er zählen konnte, und er baute auf ihr Verständnis dafür, dass er keine Zeit hatte, um stehen zu bleiben und sie alle zu begrüßen.
Schließlich gelangte er zu dem Antlitz, nach dem er gesucht hatte – zu einem schlanken, von rotbraunem Haar umrahmten Frauengesicht mit hohen Wangenknochen, vollen Lippen und großen, grünen Augen. Voller Sehnsucht und mit wachsender Sorge verfolgte die Frau, wie Luke näher kam. Er blieb neben ihr stehen und hockte sich auf die Fersen, während er darauf wartete, dass ihr Gesicht an die Oberfläche trieb, und sich wünschte, dass er die Hilfe, um die er zu bitten gedachte, nicht so verzweifelt gebraucht hätte, wie er es tat.
Sobald ihr Antlitz die Oberfläche durchbrach, runzelte sie die Stirn und sagte: »Wir müssen wirklich aufhören, uns so zu treffen, Skywalker.«
Trotz allem musste Luke lächeln. »Dies ist das letzte Mal«, sagte er. »Versprochen.« Dann fügte er ernst hinzu: »Mara, ich brauche deine Hilfe.«
»Ich kann nicht mehr viel für dich tun«, entgegnete Mara, die eher enttäuscht denn traurig wirkte. »Das weißt du.«
»Kannst du mir dabei helfen, Abeloth aus der Reserve zu locken?«
Mara musterte ihn einen Moment lang schweigend und schüttelte dann den Kopf. »Du kannst sie nicht töten, Luke. Sie ist eine der Uralten.«
»Was sie ist, kümmert mich nicht«, sagte Luke härter, als er eigentlich beabsichtigt gehabt hatte. »Sie hat Ben in ihrer Gewalt.«
Maras Augen wurden groß, doch sie sagte nichts.
Stattdessen ertönte links von Luke eine andere, verächtliche Stimme. »Wie ist denn das passiert?«
Luke drehte sich zur Seite und sah sich Jacen Solos hagerem Gesicht gegenüber, das aus dem dunklen Wasser zu ihm emporlugte. »Wir haben versucht, die Katastrophe abzuwenden, die du verursacht hast.«
Jacens Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Ihr Jedi werdet es wohl nie müde, dem Dunklen Lord die Schuld für eure eigenen Misserfolge zuzuschieben, was?«
»Meine Misserfolge haben hiermit nicht das Geringste zu tun«, sagte Luke. »Du bist derjenige, der Abeloth entfesselt hat.«
»Ich?«, spöttelte Jacen. »Da war ich bereits tot.«
»Thuruht sagt, dass du es dadurch getan hast, dass du die Zukunft verändert hast«, erklärte Luke. »Sie sagen, auf diese Weise wird Abeloth immer befreit.«
Jacen wirkte mit einem Mal ein bisschen weniger selbstsicher. »Wer ist Thuruht?«
»Das älteste Killik-Nest«, erläuterte Luke. »Das Nest, das beim Bau der Centerpoint-Station half und Abeloth einkerkerte, als sie das letzte Mal entkam.«
»Dann solltest du wohl eher mit Thuruht reden anstatt mit Mara und mir«, gab Jacen – jetzt wieder überheblicher – zurück. »Wir können nichts tun. Wir sind tot.«
Luke wandte sich wieder an Mara. »Ich will lediglich ihre Schwachstellen wissen oder wie ich sie im Nebel des Vergessens finden kann«, sagte er. »Alles, das mir dabei hilft, sie aufzuhalten, bevor sie … bevor sie Ben etwas Schreckliches antut.«
Maras Augen wurden glasig vor Kummer. »Luke … Diesmal spricht Jacen die Wahrheit«, sagte sie. »Wir können dir nicht helfen.«
Ich schon. Luke fühlte die Stimme eher, als dass er sie hörte, eine Dunkelheit, die von hinten an ihm zog. Und ich bin bereit dazu.
Luke drehte sich um und machte die Gestalt eines von Schatten umhüllten Menschen aus, der sich vom selben Ufer aus näherte, an dem Luke ins Wasser gewatet war, vom selben Ufer, das alle Sterblichen zum See der Erscheinungen führte. Der Silhouette nach war er groß und breitschultrig, mit einem Haupt, über dem die Dunkelheit lastete wie eine Kapuze, und glühenden Augen, deren Farbe niemals gleich zu sein schien, die von Braun über Orange und Gelb bis zu Blau wechselten, um manchmal so dunkel wie Ebenholz zu werden, sodass es schien, als gäbe es sie gar nicht. Als die Gestalt näher kam, nahm sie Ähnlichkeit mit einem Mann an, den Luke viele Jahre zuvor gesehen hatte, mit einem Mann, der ihm nur in seinen Träumen erschienen war – und das immer, kurz bevor er beklommen und verängstigt erwachte.
Luke warf Mara einen raschen Blick zu und sagte: »Das ist er.«
»Wer?«
»Der Mann, den ich immer wieder in meinen Träumen gesehen habe, bevor Jacen zum Sith wurde.«
Mara schaute verwirrt drein. »Aber der Mann in deinen Träumen war doch Jacen.«
»Zumindest dachte ich das«, entgegnete Luke. »Wer hätte es sonst sein sollen?«
Er wandte sich wieder der Gestalt zu und sah, dass sich die Schatten, die den Mann verhüllten, zu einer dunklen, stachelbewehrten Rüstung verdichtet hatten. Der rechte Arm des Neuankömmlings wirkte wie ein Phantomglied, als habe er dort, wo der Arm hätte sein sollen, bloß eine holografische Projektion. Und sein linkes Auge war ein leerer weißer Kreis, sodass es mehr wie ein Fenster in ein anderes Universum als wie ein echtes Organ wirkte. Sein Gesicht war verwittert und kantig, und nicht zuletzt wegen eines Geflechts von Tätowierungen, die von seinen wütenden Augen und dem tief eingegrabenen, finsteren Stirnrunzeln nach außen hin ausstrahlten, konnte man ihn nicht als attraktiv bezeichnen. Er blieb drei Schritte entfernt stehen und starrte Luke einfach nur weiter an, als würde er versuchen, sich darüber klar zu werden, ob er Luke attackieren oder mit ihm reden sollte.
»Ihr«, sagte Luke. Es war der Mann mit dem tätowierten Gesicht – der Mann, der auf dem Manarai-Raumhafen hinter Lukes Team in der Schlange gestanden und Yaqeel Saav’etu später in der Nähe des Gemeinschaftsplatzes entwaffnet hatte. »Wer seid Ihr?«
»Niemand, dessen Hilfe du annehmen willst«, sagte Jacen. »Das ist der dunkle Mann, den ich auf dem Thron des Gleichgewichts gesehen habe.«
»Und der Einzige, der Euch helfen kann«, sagte der Fremde. »Da die Einen nicht mehr sind, gibt es bloß einen einzige Weg, Abeloth aufzuhalten … Die Jedi und die Sith müssen sie gemeinsam vernichten.«
Luke musterte den Fremden einen Moment lang, ohne etwas darauf zu erwidern, während er sich den Mann ohne die finstere Miene vorzustellen versuchte. Er war zwar gewiss nicht hässlich, teilte jedoch offenkundig nicht die übliche Obsession des Vergessenen Stammes für intensive Körperpflege und gutes Aussehen. Und die Tätowierungen waren ebenfalls ungewöhnlich. Vestara hatte behauptet, dass die Angehörigen des Vergessene Stammes zwar gern ihre Körper mit dekorativen Vor’shandi-Symbolen bemalten, sich jedoch niemals durch Permanenttinte besudeln würden. Natürlich war es möglich, dass sie diesbezüglich gelogen hatte – es wäre gewiss nicht das erste Mal gewesen –, aber Luke konnte nicht erkennen, wie ihr das zum Vorteil gereicht hätte. Schließlich sagte er: »Ich kenne Euer Gesicht. Ihr habt die Schlacht auf Coruscant verfolgt.«
»Und das überrascht Euch?«, fragte der Fremde. »Das, was auf Coruscant geschieht, bestimmt das Schicksal der gesamten Galaxis. Natürlich beobachten wir. Wir beobachten immer.«
»Was auch der Grund dafür ist, warum Ihr so viel über Abeloth wisst«, vermutete Luke. »Ihr habt einen Spion.«
»Was lässt Euch glauben, dass es bloß einer ist?«, erwiderte der Fremde. »Wir Sith sind Legion … wir Ihr jetzt wisst.«
Luke schüttelte den Kopf. »Würdet Ihr dem Vergessenen Stamm angehören, wäre Euer Auftreten wesentlich kultivierter. Und Ihr hättet keine solchen Tätowierungen.«
»Zu viel Gerede, Meister Skywalker«, sagte der Fremde und trat an Luke vorbei. »Ich bin hergekommen, um zu kämpfen. Lasst sie uns suchen.«
Luke wandte sich um, um ihm zu folgen – und da war sie, eine graue Silhouette, die just in diesem Moment aus dem Nebel des Vergessens trat. Ihr langes, safrangelbes Haar fiel in Kaskaden fast bis ins Wasser hinab, und ihre winzigen, stecknadelkopfgroßen Augen leuchteten in Augenhöhlen, so tief wie Brunnen.
Lukes Hand fiel zur Hüfte, als er automatisch nach einem Lichtschwert griff, das es jenseits der Schatten nicht gab. Er versuchte, die Bewegung fortzusetzen und die Hand in die Höhe zu reißen, um einen Schub Machtenergie zu entfesseln, doch bis dahin war Abeloth bereits selbst zum Angriff übergegangen und schleuderte einen Machtblitz, der geradewegs durch den Fremden hindurchzischte und Luke traf. Von Schmerzen verzehrt wurde er nach hinten katapultiert, sein gesamtes Wesen eine Säule aus blauem, knisterndem Machtfeuer.
Das, was Saba in der Macht spürte, war weniger ein Befehl, loszuschlagen, als vielmehr eine Woge lodernder Qual, so intensiv, dass sich ihre Schuppen sträubten und sie um Meister Skywalker fürchtete. Trotzdem war die Botschaft klar. Die Jagd war vorüber, und der Todesstoß stand dicht bevor – selbst, wenn die Beute das erste Blut gefordert hatte. Saba beugte sich vor und spähte um die Ecke, um einen dunklen Korridor hinaufzublicken, der beim Computerkern in einer Sackgasse endete. Für ihre Barabelaugen, die bis ins Infrarotspektrum hineinsehen konnten, war der Gang eine lange, rechteckige Röhre mit kühlen blauen Wänden, der in das orangefarbene Glühen der Computerkern-Luftschleuse mündete. Ein paar Dutzend grüne Klumpen lagen auf dem Boden verstreut: Sith-Leichen, die schon lange genug tot waren, dass sie inzwischen allmählich abkühlten.
Zufrieden damit, dass sich seit ihrem ersten Angriff hier nichts verändert hatte, zog Saba den Kopf zurück und ließ ihren Blick über die Überlebenden des eigenen Rudels schweifen. Tahiri hatte den Wandel in Sabas Gemütsverfassung offenbar bemerkt und die vier Leerenspringer darauf aufmerksam gemacht. Alle hatten ihre Thermalsichtgeräte über die Augen gestreift und schauten in Sabas Richtung.
Fünf Überlebende von einem Rudel, das ursprünglich aus fünfzehn Mitgliedern bestand. Der Kampf darum, Abeloth blind für das zu machen, was um sie herum vorging, und ihre Energieleitungen zu durchtrennen, war gleichermaßen blutig wie lang gewesen. Die Leerenspringer hatten all ihre Infiltratoren, beide Scharfschützen und Techniker und einen ihrer Sprengmeister verloren. Trotzdem führte Olazon die Leerenspringer noch immer an. Er befand sich nach wie vor in guter körperlicher Verfassung, genau wie die beiden Stampfer in den Energierüstungen. Der überlebende Sprengmeister hatte eins seiner Beine unterhalb des Knies eingebüßt, aber es war ihm dennoch gelungen, genügend Sprengstoff klarzumachen – und andere bezüglich der strategischen Platzierung der Ladungen in den angrenzenden Ebenen zu instruieren –, um zu verhindern, dass Sith-Verstärkung zum finalen Sammelpunkt vordringen konnte.
Trotz der Verluste war es ein gutes Rudel. Saba neigte ihr Kinn zu einem knappen Nicken. Ihre Gefährten – abgesehen von Baan, dem verletzten Sprengmeister – stemmten sich auf die Füße und brachten ihre Waffen in Anschlag. Olazon sprach in sein Kehlkopfmikro, und Stampfer Eins trat in die Mitte der Formation. In seinen Anzuggreifern hielt er eine rechteckige Kugel von etwa einem Meter Durchmesser. Darauf befand sich ein Aktivierungsfeld mit einem Digitalzähler, der 0:05:000 anzeigte.
Saba fletschte zustimmend die Fangzähne. »Es ist an der Zeit, unser Ei im Nest abzuliefern«, sagte sie. »Möge die Macht mit euch sein.«
»Danke.« Olazon löste die Sicherung seines Splittergewehrs. »Mit euch auch.«
Er schickte sich an vorzutreten, um sie um die Ecke zu führen, blieb jedoch stehen, als Tahiri die Macht einsetzte, um ihn wieder zurückzuziehen, und tadelnd mit einem Finger wackelte.
»Wo sind nur Ihre Manieren, Sergeant Major?« Sie aktivierte ihr Lichtschwert und trat an Sabas Seite. »Ladys first!«
Der Scherz entlockte Saba ein Zischeln. Dann schaltete sie ihre Klinge ebenfalls ein, und die beiden ungleichen Frauen stürmten um die Ecke … in einen Korridor, in dem es nur so von den roten Augen der Sith-Schattenghule wimmelte.
Wenn überhaupt, war der Wasserdampf noch dichter geworden als zuvor. Ben war nur fünf Meter vom Quell der Kraft entfernt, und doch verriet ihm allein das Gurgeln des Wassers, wo genau er sich befand. Selbst Vestara, die zwischen ihm und dem Quell stand, wirkte mehr wie ein grauer Machtschatten als wie die Frau, die er liebte.
»Ves, wir trinken nicht davon«, sagte Ben. »Du hast gesehen, was mit Taalon passiert ist, nachdem er in den Teich fiel. Uns wird dasselbe – oder noch Schlimmeres – widerfahren, wenn wir vom Quell trinken. Das weißt du!«
»Vielleicht sollen wir uns ja verändern«, sagte Vestara. »Abeloth verkörpert die Destruktoren aus den Keshiri-Legenden, und wir sind die Protektoren, Ben – du und ich. Deshalb hat die Macht uns überhaupt erst zusammengeführt. Wir sind die Einzigen, die sie aufhalten können.«
Ben schüttelte den Kopf. »Nicht, indem wir vom Quell trinken.« Er trat näher an Vestara heran und wies auf die Fontäne hinter ihr. »Dieses Ding ist ein Nexus der Dunklen Seite – vermutlich der mächtigste in der ganzen Galaxis. Und so etwas Mächtiges benutzt man nicht. Es würde uns benutzen.«
»Also lassen wir einfach zu, dass Abeloth uns übernimmt?«, hielt Vestara dagegen. »Dass sie unsere Körper benutzt, um die Galaxis auszulöschen?«
»Nein, Ves – wir wehren uns«, sagte Ben. »Aber das tun wir, ohne von diesem Brunnen zu trinken – ohne uns von der Dunklen Seite besudeln zu lassen. Das ist der einzige Weg, um zu verhindern, dass wir zu genau dem Ding werden, das wir zu vernichten versuchen.«
Vestara musterte Ben mit einem Blick, in dem zu gleichen Teilen Mitleid und Anerkennung lag, und sagte schließlich: »Du bist ein edelmütiger Narr, Ben.« Sie wandte sich ab und ging auf die Fontäne zu. »Aber ich bin es leid, weiter darüber zu diskutieren. Ohne die Kraft des Quells können wir Abeloth nicht besiegen.«
Ben blieb, wo er war. »Und allein kannst du das genauso wenig, Ves.«
Er wartete darauf, dass sie einen Blick zu ihm zurückwarf oder zumindest zögerte. Als sie das nicht tat, drehte er sich um – und sah sich direkt Abeloth gegenüber.
Ihre Tentakel waren bei ihm, bevor er auch nur aufschreien konnte, umschlangen seinen Körper und zogen ihn dicht zu ihr heran, schlängelten sich über seine Augen und sondierten seine Ohren, glitten zwischen seinen Lippen hindurch in seinen Mund.
Ben biss fest zu und spürte, wie sich eine knorpelige Spitze von der Größe seines kleinen Fingers vom Tentakel löste. Sofort füllte ein dünnflüssiges, widerlich schmeckendes Öl seinen Mund. Angewidert spie er sowohl die Tentakelspitze als auch das ranzige Blut in Abeloths bodenlose Augenhöhlen.
Sie zog ihn bloß noch näher zu sich. Ein Tentakel schlang sich um seinen Nacken, bevor es in die Nase glitt und nach oben wanderte. Er schlug und trat, malträtierte ihren Körper mit Fäusten und Ellbogen und stampfte auf ihre Beine ein, rammte die Knie gegen ihre Oberschenkel und in ihren Unterleib. Doch er war immer noch zu nah am Quell, um die Macht einzusetzen, und ohne die Macht zeigten seine Attacken bei ihr nicht die geringste Wirkung. Abeloth steckte alles ein, was er zu bieten hatte, ohne auch nur zusammenzuzucken oder zu ächzen – ihre einzige Reaktion bestand in einem Lächeln. Der Tentakel bahnte sich durch Bens Nase den Weg in seine Stirnhöhlen, und sein Gesicht verzog sich vor unerträglichem Druck und Schmerz.
»Du wirst trinken, junger Skywalker, oder du wirst mir auf andere Weise dienen«, sagte Abeloth mit ihrer Vielzahl von Stimmen sprechend. »Diese Wahl ist die einzige, die dir …«
Die Drohung fand ein krachendes Ende, und Abeloths Tentakel wurde aus ihm herausgerissen, als sie von einem Machtblitz getroffen wurde, der so dick wie Bens Bein war, und rückwärts nach hinten flog.
Ben fiel auf die Knie. Der Schmerz ließ rasch nach, und Blut strömte ihm aus der Nase.
Gute drei Meter weiter krachte Abeloth zu Boden, von dem Machtblitz blau illuminiert und an den Pflastersteinen festgenagelt. Während sie sich wand, schlangen sich ihre Tentakel umeinander, um wieder zu Armen zu verschmelzen. Ihr langes, goldenes Haar wurde seidig und dunkel, die Augen länglich und normal, und ihre Haut nahm den Lavendelton einer Keshiri-Sith an.
Vestara tauchte neben Ben auf. Sie hatte ihre Hände noch immer Abeloth entgegengestreckt, um die am Boden liegende Keshiri mit Machtblitzen einzudecken. »Ben?«, fragte Vestara. »Bist du verletzt?«
Statt zu antworten, kniete Ben weiter auf dem Boden und sah zu Vestara auf. Ihr Haar und ihre Kleidung waren noch immer relativ trocken, und er sah keine Rötungen in ihrem Gesicht oder an den Händen, die darauf hingewiesen hätten, dass sie sie tatsächlich in das strömende Wasser getaucht und getrunken hatte. Gleichwohl, als sie unbeirrt weiter Machtblitze in die Keshiri jagte, konnte er die dunkle Energie der Fontäne über den Hof fließen fühlen, konnte fühlen, wie sie über ihn hinweg und durch ihn hindurchwirbelte, um ihn mit dem kalten, üblen Schmerz ihrer korrumpierenden Kraft zu erfüllen.
»Ben?«, fragte Vestara wieder. »Antworte mir!«
»Ich bin okay«, sagte er.
»Dann komm hoch!«, forderte Vestara ihn auf. Ihr Gesicht strahlte förmlich, und Ben redete sich ein, dass es nicht Vergnügen war, das er darin sah – dass ihre Züge etwas anderes widerspiegelten, als den üblichen Machtdurst der Sith. »Zusammen können wir Abeloth vernichten.«
Ben stemmte sich auf die Knie und schlang einen Arm um Vestaras Beine. Er kam hoch, warf sie sich über die Schulter und benutzte die freie Hand, um ihren anderen Arm zu packen und sie festzuhalten.
»Nein!«
Er begann, den Hof zu überqueren, weg vom Quell der Kraft.
»Nicht so. So schaffen wir das nicht.«
Die weißen Punkte am Grund von Abeloths Augen flammten zu Horten blauer Blitze auf, die immer größer und heller wurden, bis sie schließlich aus ihren Höhlen strömten, um den gesamten Kopf zu umschließen. Luke schleuderte einen weiteren Schub Machtenergie in ihre Richtung, ehe er sich wappnete, um dem verheerendsten Gegenangriff bislang zu trotzen.
Doch der Gegenangriff blieb aus. Stattdessen schleuderte der Machtstoß Abeloth nach hinten und riss ihr ein Bein unterm Körper weg, sodass sie tausend Herzschläge lang über dem See der Erscheinungen in der Waage hing. Rings um das faustgroße Brandloch herum war Lukes Brust ein einziger siedender Schmerz, und seine Machtessenz sickerte aus einem Dutzend kleinerer Wunden, um eine Sichel funkelnden Lichts auf dem dunklen Wasser zu hinterlassen. Er stürzte sich trotzdem auf sie.
Abeloth schien lediglich zusammenzusacken, und es sah so aus, als würde sie in der Ewigkeit, die das Wasser brauchte, um sie zu erreichen, in die Fluten stürzen. Doch das wäre zu einfach gewesen. Luke und der fremde Sith waren ihr ein Leben – oder vielleicht auch nur einen Augenblick – lang mit Machtattacken zu Leibe gerückt, und dies war das erste Mal, dass sie irgendeine Reaktion zeigte.
Dann war Luke an Abeloths Seite, trat wuchtig nach ihren Beinen, versetzte ihr einen Handkantenschlag an die Kehle und griff nach ihrem Kopf. Es war, als würde Wolle auf Gaze treffen – keine reißenden Bänder oder berstende Knorpel, bloß Machtessenz, die gegen Machtessenz drängte. Dennoch zeigte sein Angriff Wirkung. Lukes Fuß fuhr durch Abeloths Knie, und ihr Bein knickte ein. Seine Hand versank in ihrem Kehlkopf, und sie wich keuchend zurück.
Er wirbelte hinter sie, schwang einen Arm um ihre Schulter und packte ihr Kinn, während er den anderen Arm unter ihren schob und sein Handgelenk gegen ihre Kehle drückte. Allerdings funktionierte es jenseits der Schatten gänzlich anders, jemanden zu packen. Es gab keine Druckpunkte, Hebel oder Würgegriffe, bloß seine Präsenz, die mit ihrer verschmolz, um ihn in einem sich windenden Energieknoten an sie zu fesseln.
Tentakel schlugen nach seinem Gesicht, tasteten nach seiner Nase, den Ohren, dem Mund. Zwei graue Tentakelspitzen schossen in Sicht, schemenhaft und größer werdend. Luke schloss beide Augen und wandte sich ab, doch er war nicht schnell genug. Seine rechte Augenhöhle explodierte vor Schmerz, und auf dieser Seite seines Kopfes versank alles in Dunkelheit.
Der tätowierte Fremde huschte von links heran, ehe er nach vorn glitt und seine steifen Finger tief in Abeloths Magengrube trieb. Ein schwarzer Sprühregen schoss aus der Wunde, und sie wand sich vor Pein, als der Fremde in ihr nach etwas tastete, das er packen konnte.
Abeloth entfesselte einen Machtstoß, um den Fremden abzuwehren. Er jedoch hielt sich unbeirrt fest, genau wie Luke, sodass alle drei schließlich in einer verhedderten Masse aus Gliedmaßen und Tentakeln durch den See torkelten.
Dann spürte Luke ein eisiges Stechen zwischen den Schulterblättern. Dann fühlte er, wie etwas Kaltes in der Mitte des Rückens nach unten floss. Zuerst dachte er, es sei Abeloth, dass sie einen Tentakel in seinem Rückgrat versenkt hatte – bis das Schlagen ihrer Tentakel langsamer wurde und sie zu zittern begann.
Erst eine Ewigkeit später, als der Fremde sich wieder auf die Füße rollte und sie alle mit einem Ruck zum Stillstand brachte, verstand Luke, was geschah. Der Sith schien im selben Maße stärker zu werden, wie Abeloth an Kraft verlor, und Fetzen dunklen Rauchs umwirbelten seine Schultern und seinen Kopf. Man brauche kein Jedi-Großmeister zu sein, um zu erkennen, dass der Fremde eine Machttechnik einsetzte, um Luke seine Energie zu entziehen und sie sich selbst einzuverleiben.
Ohne Abeloth loszulassen, verlagerte Luke seine Hüfte, rollte sie beide auf die Seite und trat mit einem Fuß nach dem Knie des Fremden. Das Gelenk gab nach, und der Sith klatschte auf die Oberfläche des schwarzen Wassers, noch immer auf Abeloths anderer Seite, gegenüber von Luke.
»Ich lasse sie los!«, warnte Luke.
»Abeloth?« Der Fremde schüttelte den Kopf. »Niemals!«
Trotz der Worte des Sith klang das kalte Stechen in seinem Innern ab, und Luke wurde klar, dass der Fremde nicht mehr so stark saugte. Abeloth setzte sich weiterhin zur Wehr, schlang zwei Tentakel um Lukes Hals und versuchte, sich loszureißen. Allerdings schwand ihre Kraft noch schneller als Lukes.
Das Aussaugen schien tagelang weiterzugehen. Dann warf der Fremde den Kopf zurück und schrie vor Schmerz, und mit einem Mal schien es, als sei bloß ein einziger Atemzug verstrichen. Glänzend schwarze Machtenergie floss aus den Wunden des Sith in den See, um sich wie ein Ölfilm um sie herum auszubreiten, so heiß, dass das Wasser dampfte und zischte. Trotzdem saugte der Fremde Abeloth weiter aus, und Luke wurde klar, dass der Sith überhaupt nicht versuchte, ihn seiner Kraft zu berauben – vielmehr hatte er bei dem Angriff genauso viel Schaden erlitten wie Luke.
Abeloth riss ihr Kinn aus Lukes Hand, zerriss den Energieknoten, wo er sie miteinander verband, und sorgte dafür, dass ein funkelnder Strahl ihrer beider Machtessenzen über die Oberfläche des Sees spritzte. Sie rollte ihren Kopf zähneknirschend und spuckend herum, versuchte, ihre Fänge in Lukes Arm oder in den des Fremden zu graben – in alles, das sich in ihrer Reichweite befand.
Luke schlang den Arm nach unten, um ihre Kehle, und zog kräftig, um seine Gestalt mit ihrer zu verschmelzen und sein Bestes zu tun, um sie unter Kontrolle zu halten.
»Macht weiter«, drängte Luke den Fremden. »Entzieht ihr alle Kraft!«
Das rote Glühen in den Augen der Schattenghule verblasste unvermittelt zu einem Rosa, und in ihrer überraschten, geschlossenen Formation taten sich Lücken auf. Saba sprang in die erste Öffnung hinein. Sie hielt ihr aktiviertes Lichtschwert zwischen sich und den nächstbesten Ghul und versuchte, den Leichnam zu erwischen, mit dem er über einen langen, sich windenden Schwanz verbunden war. Das Ding versuchte unbeirrt, dem violett-weißen Schein der Klinge auszuweichen, um nach ihrem Kopf, ihren Schultern oder ihrer Hüfte zu langen.
Saba rückte hinter einem wirbelnden Schild aus Block- und Schlagmanövern vor, durchtrennte hier einen schattenhaften Arm, kappte dort ein Bein, ja, sogar einen Hals oder einen Rumpf. Die Gliedmaßen fielen ab und lösten sich zuckend in Nichts auf, bevor sie den Boden erreichten, und dem Ghul wuchs sofort Ersatz. Dennoch genügte das konstante Hacken, um das Ding daran zu hindern, Saba zu berühren, und schließlich erreichte sie die Leiche selbst. Sie trennte den Schwanz von der Brust des Kadavers ab, während sie sich gleichzeitig hinkniete und nach seinem Gesicht griff.
Doch so schnell sie auch war, der Ghul tauchte bereits wieder aus dem Leichnam auf. Er stürzte sich auf sie, um zwei schattige Pranken in ihren Oberschenkel zu graben. Sabas gesamtes Bein wurde taub, ehe es vor eisigem Schmerz explodierte, als die Schattenklauen des Dings durch ihren Muskel fuhren.
Saba nutzte zwei Finger, um der Leiche die Augen für immer zu schließen, ehe sie sich zischend und fluchend aufrappelte und davonhumpelte. Sofort war Olazon an ihrer Seite, um dem Ding einen Stoß mit dem Flammenwerfer zu verpassen und es in Brand zu stecken. Derweil sprang Tahiri bereits mit einem Satz an ihnen vorbei, um den nächsten Schattenghul zurückzudrängen. Sie hatten versucht, die Kadaver aus sicherer Entfernung abzufackeln – bevor sie die Augen geschlossen hatten –, aber das hatte die Sache bloß noch weiter verkompliziert. Die Schattenghule hatten sich nicht von den verkohlten Überresten gelöst, und es war unmöglich, sie zu verscheuchen, solange die Augenhöhlen nicht geschlossen waren.
Sobald Olazon fertig war, drang seine Stimme über den Empfänger in Sabas Ohr. »Ihr werdet schneller«, sagte er. »Und diesmal hat es Euch bloß einmal erwischt. Seid Ihr in Ordnung?«
Saba verlagerte ihr Gewicht auf das schmerzende Bein, und als sich der Muskel lediglich vor Schmerz verkrampfte und nicht nachgab, nickte sie. »Jaaa, aber diese hier wird nicht schneller«, sagte sie. »Vielmehr wird der Feind langsamer. Lasst unz weitergehen.«
»Seid Ihr sicher, Meisterin Sebatyne?« Das war Stampfer Zwei, der ebenfalls über das Kom-Netz sprach. »Die Veränderung in ihren Augen gefällt mir nicht – und wie sie ihre Formation geöffnet haben. Das könnte eine Falle sein.«
Die Vorsicht des Leerenspringers war verständlich. Das Rudel war bislang bloß fünfzehn Meter weit vorgerückt, doch schon waren nur noch vier Jäger von ihnen übrig. Ein Schattenghul war in die Energierüstung von Stampfer Eins eingedrungen und hatte dafür gesorgt, dass sie sich selbst zerstörte, was der Grund dafür war, warum Stampfer Zwei jetzt die Nachhut des Rudels bildete, eine stark verbeulte EMP-Bombe in den Greifzangen. Und niemand vermochte mit Gewissheit zu sagen, was aus Braan, dem verletzten Sprengmeister, geworden war. Aus seiner Richtung war bloß eine Woge des Entsetzens durch die Macht gerollt, und dann war ein Thermaldetonator explodiert.
Trotzdem vermutete Saba, dass die Veränderung ein gutes Zeichen war. Bei ihrer Strategiebesprechung auf Coruscant war den Jedi klar geworden, dass es möglich war, zumindest eine von Abeloths Inkarnationen vorübergehend zu schwächen, indem sie eine andere vernichteten. Eine zu töten schwächt die andere. Entsprechend gingen sie davon aus, dass Abeloth theoretisch nur eine einzige Machtpräsenz besaß, die sich ihre Avatare teilten, was bedeutete, dass es mit jedem Avatar, dem sie Schaden zufügten, leichter werden würde, sie alle unschädlich zu machen. Vorausgesetzt, dass die Schattenghule von Abeloth zum Leben erweckt worden waren – und Saba sah diesbezüglich keine andere Möglichkeit –, dann schwand ihre Kraft, weil Luke im Schlund mit seiner Mission Erfolg hatte.
Und das machte es sogar noch wichtiger, hier ebenfalls zu obsiegen – und das rasch. Es würde der Galaxis nicht zum Vorteil gereichen, Abeloth im Schlund zu töten, wenn sie hier überlebte.
Tahiri ließ sich auf ein Knie fallen, streckte die Hände aus, um einer Leiche die Augen zu schließen, und ein zweiter Ghul driftete herüber, um von hinten nach ihr zu greifen. Saba eilte zu ihrer Verteidigung und schlug dem Ding seine Schattenarme ab, bevor sie vorrückte, um den Ghul mit einem Wirbel von Lichtschwerthieben zurückzudrängen.
Während sie kämpfte, warf Saba einen raschen Blick den Korridor hinunter. Angesichts des Blitzens ihrer Lichtschwerter und des feurigen Loderns von Olazons Flammenwerfer war ihre Infrarotsicht vollkommen verschwommen, sodass sie unmöglich sagen konnte, wie weit sie noch entfernt waren. Doch die Augen der Ghule waren trotzdem noch zu sehen, und aus der Dunkelheit voraus starrten sie mindestens ein Dutzend Paare finster an. Zu viele – es würde zu lange dauern, alle zu erledigen.
Saba zerteilte den nächsten Schattenghul in der Mitte und sprang dann durch seinen zerfallenden Leib auf die Leiche zu, mit der er verbunden war. Sie landete rittlings auf der Brust des Toten, schmerzgeplagt und verfroren bis auf die Knochen, und schloss rasch seine Augenlider – ehe sie eine Thermalgranate von ihrem Ausrüstungsgeschirr zog, sie scharf machte und den Leichnam auf den Sprengsatz rollte.
»Granate!«, rief sie und stürzte sich auf das nächste glühende Augenpaar.
Die Keshiri bebte vor Pein. Öliger, dunkler Rauch stieg von einer ihrer Schultern auf, die so übel versengt war, dass sie wie ein verkohlter Nerfbraten aussah. Ihre Wangen waren eingefallen, ihre Haut so bleich, dass sie blassblau wirkte, und ihre tief in den Höhlen liegenden Augen waren rotgerändert. Aber sie stand noch immer auf den Beinen und kam über die moosbewachsenen Pflastersteine des Hofs auf sie zu.
Obwohl er wusste, was die Frau war, traute Ben seinen Augen kaum. Vestara hatte ihr einen Machtblitz verpasst, der stark genug gewesen war, um einen Schwebepanzer der Canderous-Klasse außer Gefecht zu setzen. Trotzdem hatte sich der Avatar sofort wieder aufgerappelt, als sich Vestara zu weit vom Quell der Kraft entfernt hatte, um weiterhin von ihrer Energie zu zehren. Und nun stand Vestara an seiner Seite und zitterte sogar noch schlimmer als die Keshiri, ihr Teint noch immer von der dunklen Energie der Fontäne überschattet, ihre Augen von der Machtüberladung getrübt.
Als die Keshiri ihr Lichtschwert vom Gürtelhaken riss und die purpurne Klinge aktivierte, war Ben beinahe erleichtert. Das war eine so alltägliche Gefahr, dass ihm der Gedanke kam, dass Vestaras Angriff Abeloth am Ende vielleicht doch vertrieben hatte – dass sie es jetzt womöglich bloß noch mit einer einfachen Sith-Lady zu tun hatten. Dann sprach die Keshiri, und seine Hoffnung löste sich in Luft auf. »Unsere Geduld ist am Ende«, sagte sie mit tausend Stimmen. »Trinkt gemeinsam … oder sterbt gemeinsam!«
Ben öffnete sich vollends der Macht und schirmte sich vor der Dunkelheit des Quells der Kraft ab, indem er seine Energien durch die Kraft von allem filterte, das er in der Galaxis liebte, durch seinen Glauben an die Sache der Jedi und das Versprechen der Zukunft – durch sein Vertrauen in Vestara und die sichere Überzeugung, dass sie ihm schon bald in den Rängen der Jedi-Ritter Gesellschaft leisten würde. Die Macht strömte von allen Seiten in Ben hinein, unaufhaltsam und rein, eine Flut aus Licht und Bestimmung, dem sich kein Geschöpf in der Galaxis widersetzen konnte. Er fühlte, wie er zur Macht wurde, zu einem Wirbel von Kraft und Energie, und alles, was er war, konzentrierte er auf die näher kommende Keshiri-Frau, um ihr einen Machtstoß zu verpassen, der eine Fregatte aus dem Orbit geschleudert hätte.
Der Angriff traf Abeloths Inkarnation direkt in die Brust und ließ ihre Schultern mindestens zwei Zentimeter nach hinten rucken. Sie hielt einen Moment fast merklich inne, ehe sie ihren nächsten Schritt tat.
Ben taumelte erschöpft zurück und stolperte beinahe, doch da schloss sich Vestaras Hand um seinen Oberarm. Sie zog ihn wieder auf die Füße und wich zurück, um ihn auf die Wasserdampfwolke zuzuziehen, die noch immer den Quell der Kraft einhüllte. »Also, Ben, was sollte denn das sein?«, fragte sie. »Die Kraft der Hellen Seite?«
»Du hast dich auch nicht viel besser geschlagen«, gab Ben zurück. Er löste den Arm aus ihrem Griff und blieb einige Meter jenseits des Wasserdampfs stehen. »Und du hast Kraft aus der Fontäne gezogen.«
»Ja … Weil ich das hier ganz gern überleben möchte«, entgegnete Vestara, die widerwillig neben ihm verharrte. »Worauf willst du hinaus?«
»Dass wir uns ihr nicht ergeben müssen«, flüsterte Ben. Sein Blick schweifte über den Hof zu den Überresten des Bogengangs hinüber, ehe er die Macht nutzte, um einen Brocken von einer umgestürzten Säule anzuheben und ihn auf den Hinterkopf des Avatars zuschnellen zu lassen. »Wir müssen einfach zusammenarbeiten.«
Vestara blieb keine Zeit für eine geistreiche Erwiderung. Sie hob einfach die Hände und entfesselte einen weiteren gegabelten Machtblitz, der jedoch wesentlich schwächer war als zuvor, als sie von der Energie der Fontäne gezehrt hatte. Die Hand der Keshiri ruckte so schnell in die Höhe, dass Ben kaum sah, wie sie sich bewegte, und ihm wurde klar, dass ihre List tatsächlich funktionieren konnte – dass selbst ein Avatar auf ein taktisch geschicktes Ablenkungsmanöver hereinfallen konnte.
Die Keshiri fing den Blitz mit ihrer Handfläche ab, dessen glühend weiße Energie daraufhin zu einem Funken zusammenschrumpfte. Allerdings segelte die Säule weiter auf sie zu, um sie mit einem widerlichen, dumpfen Laut am Hinterkopf zu treffen, einen Sprühregen aus Schädel und Hirn über den ganzen Hof zu verteilen und Bens und Vestaras Beine zu besudeln.
Die Inkarnation fiel nicht sofort tot um. Sie taumelte noch einige Schritte vor, vom Schwung des Aufpralls getragen, und hob dann ihren zerschmetterten Kopf. Dabei zeigte sich, dass eins ihrer Augen aus der Höhle gedrückt worden war und jetzt auf ihrer Wange baumelte. Das andere Auge richtete seinen Blick auf Ben.
»Sheeka, Ben!« Vestara wich einen Schritt von ihm zurück – nicht, um ihn im Stich zu lassen, dessen war Ben sich gewiss, sondern weil es ein kluger taktischer Schachzug war. »Ich glaube, jetzt hast du sie wirklich wütend gemacht.«
»Dann lass sie uns so richtig sauer machen«, meinte Ben, der seine Machtsinne nach einem weiteren Säulenbrocken ausstreckte. »Verpass ihr nochma… aaargh!«
Seine Worte fanden ein stranguliertes Ende, als er spürte, wie er nach hinten in den Bogengang geschleudert wurde. Seine Schultern krachten geradewegs gegen eine Säule und bogen sich so weit nach hinten, dass beide Schulterblätter Stein berührten. Dann ertönte in seinem Schädel ein gewaltiges Ka-rach, und sein Kopf explodierte vor dunklem Schmerz. Er registrierte, wie er an der Säule hinab auf das Pflaster unter sich zurutschte, und das Letzte, was er sah, war Vestara, die in Richtung des Quells der Kraft zurückwich, um mit Abeloths Inkarnation dicht auf den Fersen in dem gelben Wasserdampf zu verschwinden.
Abeloth lag verdreht in Lukes Armen, eine sich windende Masse aus Machtenergie, die eine Sekunde oder einen Tag zuvor unvermittelt erschlafft war, bloß um sich eine Sekunde oder Nanosekunde später in eine wild um sich schlagende Furie zu verwandeln, die dafür sorgte, dass sie alle durch das dunkle Wasser des Sees der Erscheinungen torkelten. Der Fremde wankte neben ihnen her, seine Hand noch immer in Abeloths Brust vergraben, vor Schmerz heulend, als schimmernde schwarze Machtenergie aus seinen Wunden strömte.
Sie waren jetzt so dicht am Ufer, dass Luke die Sorge beschlich, Abeloth könnte womöglich versuchen, sie vom See fort und zu einem anderen Ort jenseits der Schatten zu lotsen. Und was dann? Sein Rücken schlug wieder ins Wasser, und er warf sie alle drei herum, sodass seine Füße gen Ufer wiesen. Er stemmte die Füße gegen einen Mooshügel und stieß sich ab – sodass sie alle mit einem Salto zurück in die Mitte des Sees flogen. Abeloth hörte auf, sich zu wehren, und schien in seinen Armen zu schrumpfen, und Luke riskierte den Gedanken, dass sie vielleicht, nur vielleicht, endlich die Hoffnung verloren hatte – dass sie sie so sehr erschöpft hatten, dass sie einfach nicht länger kämpfen konnte.
Dann war sie fort, und mit einem Mal waren alles, was sich noch zwischen Luke und dem Fremden befand, zwanzig Zentimeter Luft und der Handstumpf des Sith, der jetzt auf Lukes Brust wies und noch immer Machtenergie in sich aufsaugte, die jetzt nicht mehr von Abeloth, sondern geradewegs von Luke stammte.
So verharrten sie für eine Ewigkeit, und in Luke wuchs eine Leere aus kaltem Nichts heran, als der Fremde weiterhin in der Luft über ihm schwebte und ihn aussaugte. Luke fand, dass der Sith ihn ein bisschen zu vorschnell verriet und sie sich zumindest davon überzeugen sollten, dass Abeloth tatsächlich tot war, bevor sie sich gegeneinander wandten … aber das war nun einmal nicht der Weg der Sith.
Luke riss die Hand hoch, in der Absicht, dem Fremden einen Machtstoß zu versetzen. Doch bevor er den Angriff entfesseln konnte, durchstießen die Füße des Sith die Wasseroberfläche, und er hob seinen Armstumpf, um zum anderen Ende des Sees zu zeigen.
»Da!«
Luke reckte den Hals und sah, wie sich Abeloths Silhouette in den Nebel des Vergessens flüchtete – das Handgelenk des Fremden ragte immer noch aus ihrer Brust hervor.
»Haltet sie auf!«, rief Luke. »Wenn sie in diesem Nebel verschwindet …« Er ließ den Satz unvollendet, als eine Fontäne öliger schwarzer Machtenergie aus dem vorstehenden Handgelenk schoss. Abeloths Mund klaffte auf, und ihr durchdringendes Kreischen hallte über den See, vibrierte einem Donnerschlag gleich über das Wasser. Luke warf einen raschen Blick hinüber und sah den Fremden neben sich stehen. Er wies in ihre Richtung und nutzte die Macht, um seine abgetrennte Hand zu seinem Armstumpf zurückschweben zu lassen.
Abeloth tänzelte nicht wieder heran, um zum Gegenangriff überzugehen, ja, sie versuchte nicht einmal, in die Defensive zu gehen und sie mit einem Machtblitz zu schwächen. Für solche Taktiken hatte sie keine Zeit. Luke bezweifelte, dass sie überhaupt vor dem Kampf geflohen wäre, wenn sie nicht bereits dabei war zu sterben, und angesichts des Umstands, dass ihre Machtessenz aus ihr herausschoss wie ein Geysir, blieb ihr nichts anderes übrig, als jetzt anzugreifen – und das tat sie auch.
Im nächsten Augenblick stand Abeloth einfach vor dem Fremden und rammte ein Tentakelknäuel tief in ihn hinein. Luke sprang vor, um zu helfen – und spürte eine grässliche Kälte, die tief in seine eigene Brust hineinglitt. Seine gesamte rechte Seite explodierte vor eisiger Agonie, und die Tentakel fingen an, zu graben und zu reißen, auf eine Art und Weise, wie es kein Lichtschwert und kein Blaster je vermocht hätten.
Luke griff trotzdem an und rammte ihr einen Ellbogen seitlich gegen den Kopf. Wie zuvor war da kein Knochenknacken, kein physisches Gefühl von Widerstand, bloß Machtenergie, die durch Machtenergie pflügte, um Wogen des Schmerzes und der Verletzung durch sie beide schießen zu lassen. Luke spürte, wie sein Ellbogen freikam, als er auf der anderen Seite von Abeloths Kopf wieder austrat. Dann kippte sie einfach beiseite. Ihre noch immer geballten Tentakel wurden aus Luke und dem Fremden rausgerissen … und jeder Tentakel hielt eine Handvoll tropfender, pulsierender Machtessenz umklammert.
Der Fremde brach mit einem klaffenden Loch in der Brust zusammen. Luke spürte, wie sein eigener Körper schlaff und schwach wurde, und er realisierte, wie sein Mund aufklappte, um zu schreien. Dann stürzte er hilflos und nach Atem ringend ins Wasser.
Jaina hatte schon viele Todesschreie gehört, auf Schlachtfeldern von Anthus bis Zelaba, und sie alle hatten eins gemeinsam: Todesschreie bargen stets genauso viel Überraschung wie Schmerz, genauso viel Zorn und Unglaube wie Leid. Es war, als könnten Männer, die ein gewaltsames Ende fanden, einfach nicht glauben, was geschah, als könnten sie einfach nicht glauben, dass sie am Ende doch auf einen Kämpfer getroffen waren, der besser war und mehr Glück hatte als sie. Oder vielleicht war es der Tod selbst, den sie verfluchten, wütend darüber, dass er es vorzog, große Krieger um ihr Leben zu betrügen, anstatt es ihnen bei einem fairen Kampf zu nehmen. Zwar konnte sich Jaina nicht sicher sein, welche Emotionen hinter dem Schrei steckten, den sie gerade vernahm, doch eins wusste sie mit Sicherheit: Ein Todesschrei war immer krude und laut.
Und einen Schrei dieser Art hatte sie gerade aus der Medistation der Böses Erwachen gehört, wo Luke seinen Körper festgeschnallt hatte, bevor er die Reise nach jenseits der Schatten antrat.
Allerdings kam es angesichts zweier schwarzer Löcher, die von beiden Seiten nach der Pinasse griffen, sowie des Umstands, dass Schiff den Engpass noch immer mit einem steten Strom von Felsbrocken und Plasma hielt, nicht infrage, den Pilotensessel zu verlassen, um nach ihm zu sehen. Die Schutzschilde der Erwachen waren längst ausgefallen, und ihre Bugpanzerung wies so viele Schwachstellen auf, dass Jaina ernsthaft darüber nachdachte, das Schiff herumzuschwingen, damit das Heck die nächsten Schäden abbekam.
Natürlich hatte sie sich zur Wehr gesetzt – sie hatte Schiff mit einem steten Sperrfeuer von Baradium-Raketen unter Beschuss genommen. Ihr Ziel war, lange genug durchzuhalten, damit Luke von jenseits der Schatten zurückkehren konnte. Sie hoffte, dass die Erwachen den Engpass bis dahin weit genug passiert haben würde, um mit einer letzten Attacke durchbrechen zu können. Allerdings hatte Lukes Schrei ihr schlagartig die Torheit ihres langmütigen Vorgehens vor Augen geführt. Sie musste diese Sache schleunigst zu Ende bringen und sich zu Abeloths Planet begeben.
Jaina überprüfte das Raketenmagazin – noch drei übrig. Sie feuerte zwei ab, im Abstand von einer Sekunde. Dann gab sie Energie auf die Triebwerke und schoss ihnen hinterher. Diesmal würde es an Schiff sein zu beurteilen, wie verrückt die andere Pilotin war.
Als Saba die Luftschleuse am Eingang des Computerkerns erreichte, waren die Schattenghule nicht einmal mehr Schatten. Ihre Augen waren zu Weiß verblasst, und sie bewegten sich so langsam, dass es nicht schwer war, an ihnen vorbeizutänzeln und den Leichen, mit denen sie verbunden waren, die Augen zu schließen. Und selbst, als es einem der Ghule gelang, sie zu berühren, spürte sie keinen Schmerz, und ihr wurde auch nicht das Leben ausgesaugt. Da war bloß ein plötzlicher, kalter Stich, der genauso schnell wieder verging, wie der Ghul vernichtet wurde.
Zweifellos hatte Meister Skywalker Abeloth viel von ihrer Kraft geraubt. Allerdings fürchtete Saba, dass er ebenfalls stark geschwächt worden war, da sie nicht spüren konnte, dass er seine Machtsinne nach ihr ausstreckte, um sie wissen zu lassen, dass er erfolgreich gewesen war – um sie wissen zu lassen, dass Abeloth jetzt verzweifelt nach einem Ausweg suchen würde. Saba blieb vor der Luftschleuse stehen und suchte in der Macht nach Luke, aber da war nichts … keinerlei Hinweis darauf, ob er erleichtert war oder Schmerzen hatte, ob er Abeloth vernichtet hatte oder nicht.
Tahiri tauchte hinter ihr auf und sagte: »Das war schon fast zu leicht.« Ihre Stimme zitterte vor Erschöpfung, doch es schwang kein Schmerz darin mit, bloß die Freude darüber, mit ihrem wahren Rudel weiter auf die Jagd zu gehen. »Denkt Ihr, das ist eine Falle?«
»Diese hier denkt immer, es ist eine Falle«, sagte Saba. »Das ist die beste Art zu jagen.«
»Das habe ich nicht gemeint«, entgegnete Tahiri. »Mir gefällt nicht, wie dieser Kampf plötzlich einfacher wurde. Abeloth führt irgendwas im Schilde.«
»Genau wie wir«, sagte Olazon, der herüberhumpelte, um sich zu ihnen zu gesellen – und damit jeder Diskussion über ihr Vorgehen abrupt einen Riegel vorschob. Das Rudel hatte diesen Teil des Angriffs bereits geplant gehabt, bevor Tahiri zu ihnen gestoßen war, und es wäre nicht klug gewesen, ihr ihre Absichten zu erklären, wenn die Gefahr bestand, dass Abeloth sie belauschte. »Und wenn das leicht gewesen sein soll, könnten wir bei den Leerenspringern ein paar Jedi brauchen.«
Mit diesen Worten zog Olazon einen glockenförmigen Sprengsatz aus seiner Ausrüstungstasche und brachte ihn in der Mitte der Außenluke der Luftschleuse an. Saba konnte Dutzende dunkler Flecken auf seinen Armen und seinem Körper sehen – totes Gewebe, wo die Ghule ihn berührt hatten und sein Fleisch keine gewöhnliche Wärme mehr ausstrahlte. Sie wusste, dass er, wenn er das hier überlebte, die nächsten paar Wochen in einem Bacta-Tank zubringen würde, um das Fleisch zu regenerieren, das die Medidroiden würden wegschneiden müssen.
Sobald er den Timer eingestellt hatte, fragte Olazon: »Hat irgendwer noch einen Detonator übrig?«
Saba zog einen von ihrem Kampfgeschirr und reichte ihn Tahiri. »Jedi Veila hat einen.«
»Jetzt schon.« Tahiri schaute stirnrunzelnd zu Saba auf, ehe sie sich an Olazon wandte. »Zeitzünder auf eine Sekunde und reinschweben lassen?«
Olazon lächelte. »Offenbar haben Sie so was schon mal gemacht.«
»Ein paar Mal«, meinte Tahiri, was offenkundig untertrieben war.
Olazon nickte. Dann wandte er sich an Stampfer Zwei, der noch immer die glänzende, arg verbeulte Kugel der EMP-Bombe trug. »Bereit?«
»Großer Blender scharf und entsichert«, meldete der Leerenspringer. »Ich starte den Zündtimer, sobald Jedi Veila die Innenluke hochjagt.«
»Gut.« Olazon machte den ersten Sprengsatz scharf, indem er den Zündschalter umlegte, ehe er vom Schott zurücksprang und sich am Ende des Korridors flach gegen die Wand drückte. »Volle Deckung!«
Alle anderen folgten seinem Beispiel, Stampfer Zwei auf Olazons Seite des Korridors und Saba und Tahiri auf der gegenüberliegenden.
»Meisterin Sebatyne«, fragte Tahiri, »wie sieht der Rest unseres Plans …«
Das Wort aus ging in einem ohrenbetäubenden Knall unter. Ein schmaler Kegel Rückstoßflammen schoss fünf Meter weit in den Korridor hinaus, doch die größte Wucht der Explosion fegte in die andere Richtung. Das gesamte Schott wölbte sich nach innen, um das Innere der Luftschleuse mit einer Wolke aus Durastahltrümmern zu erfüllen.
Die Flammen waren kaum erloschen, als Tahiri sich auch schon von der Wand wegrollte und die Macht einsetzte, um den Thermaldetonator auf die innere Luke zuschweben zu lassen. Eine Sekunde später flammte im Innern der Luftschleuse ein weißer Blitz auf.
Saba war um Tahiri herum und durch das Schott, noch bevor das Baradium-Glühen erloschen war. Sie sprang mit einem Satz über ein drei Meter breites Loch hinweg, das der Detonator in den Boden gerissen hatte, und landete auf einem Wartungsbalkon aus Transparistahl im Innern des Computerkerns. Der Balkon ragte ungefähr ein Dutzend Meter in eine gewaltige, kreisrunde Kammer hinein, die von den blassrosa Schlieren unter Energieknappheit leidender Schaltplatinen erfüllt war. In der Kammer waren eine Handvoll umhertreibender, leuchtender Wolken verstreut – die kleinste Menge an Speicherkapazität, die ein unter Energiemangel leidender Computer benötigte, um aktiv genug zu bleiben, dass er ein Abschalten verhindern konnte.
Aus den Tiefen der Kammer glitt eine weiß glühende, gleißende Wolke von der Form eines Frauengesichts auf Saba zu, jedoch mit einem ungeheuer breiten Mund und so tief eingesunkenen Augen, dass sie wie Brunnenschächte wirkten. Als die Wolke näher kam, gingen Lichttentakel davon aus, die nach Saba langten.
Tahiri landete neben Saba. »Stampfer Zwei!«, brüllte sie. »Den Großen Blender – sofort!«
»Bleib hier!«, befahl Saba, die Tahiri stehen ließ und auf eine Reihe von Bildschirmen und Schnittstellenkonsolen am vorderen Ende des Balkons zuhuschte. »Sichere den Großen Blender.«
»Meisterin Sebatyne, wartet!«, rief Tahiri. »Sie ist pure Energie – ihr braucht die Impulsbombe, um sie zu vernichten.«
Saba, die ihr ausgeschaltetes Lichtschwert auf Hüfthohe und nicht in Kampfposition hielt, ignorierte die Warnung und rückte weiter vor. Was Tahiri nicht wusste, war, dass Abeloth in die Zukunft sehen konnte, und das bedeutete, dass sie sich die Zukunft zunutze machen mussten, um sie zu bezwingen. Das war auch der Grund dafür, warum Olazon so viel geopfert hatte, um die Impulsbombe hierherzubringen – damit Abeloth vorhersehen würde, wie sie den Computerkern mit ihr darin zerstörte.
Was die Beute hingegen nicht wissen konnte, war, wie Saba zu reagieren gedachte, wenn Abeloth den Versuch unternahm, die Zukunft zu ändern – oder zumindest hoffte Saba, dass Abeloth das nicht wusste. Als die leuchtende Wolke schließlich den vorderen Rand des Wartungsbalkons erreichte, hatten sich die Lichtranken zu fleischigen Tentakeln verfestigt, und Abeloths Antlitz hatte seinen Glanz verloren und fing an, undurchlässig zu werden.
Saba, die ihr Lichtschwert noch immer neben der Hüfte hielt, katapultierte sich mit einem Machtsprung in die Luft. Sofort streckten sich ihr die Tentakel entgegen, die bereits von der dunklen Machtessenz pulsten, die Abeloth in Saba hineinpumpen wollte – die sie in Saba hineinpumpen musste, wenn sie einen neuen Körper übernehmen und darin entkommen wollte, um sich von den Wunden zu erholen, die sie bereits im Schlund erlitten hatte.
Sie trennten noch zwei Meter, als der erste Tentakel Sabas Gesicht berührte. Dann war ihr gesamter Kopf von Tentakeln umschlungen, die überall in sie einzudringen versuchten – durch die Nasenlöcher, die Augen und den Mund –, und die Mittelohrmembranen betasteten, die ihre Gehörgänge bedeckten, ja, sogar unter ihre Schuppen gleiten wollten.
Saba aktivierte ihr Lichtschwert und ließ es emporschwingen, um sämtliche Tentakel an Abeloths Schulter zu durchtrennen. In der Erwartung, dass ein Sturzbach von Abeloths Machtessenz aus den Wunden schießen würde, schloss sie sogleich die Membranen, die ihre Augen und Nasenlöcher schützten. Allerdings schien die Hitze der Klinge die Verletzungen ausgebrannt zu haben, und alles, was passierte, war, dass die Tentakel in alle Richtungen davonflogen. Dem folgte ein Moment verblüffter Stille, ehe Abeloth ein ohrenzerfetzendes Kreischen voller Schmerz und Zorn ausstieß.
In der nächsten Millisekunde krachten beide zusammen auf eine Schnittstellenkonsole. Saba spürte, wie sich Metall verbog und Klarplast zersplitterte, bevor sie auf gegenüberliegenden Seiten von der Konsole stürzten. Saba schlug unweit von Tahiri auf dem Boden auf, während Abeloth am Rande des Balkons auf ihren Füßen landete. Aus Angst davor, dass ihre Beute versuchen könnte, den Rückzug in den Computerkern anzutreten, packte Saba Abeloth mit der Macht, während sie mit ihrem Lichtschwert gleichzeitig die Konsole spaltete, die sie voneinander trennte.
Schlagartig erlosch die Klinge. Einen Moment lang dachte Saba, die Impulsbombe sei zu früh explodiert. Sie verfluchte den Mangel an Vertrauen ihres Rudels in ihre Fähigkeiten, doch dann stürmte Abeloth auf sie zu, wesentlich schneller, als Saba sie zu sich heranzog, und der Barabel wurde klar, dass ihre Beute das Lichtschwert irgendwie außer Gefecht gesetzt hatte.
Selbst jetzt, wo sie keine Arme mehr hatte, mit denen sie sich zur Wehr setzen konnte, war Abeloth weiterhin entschlossen, Sabas Körper zu übernehmen. Ihr gewaltiger Rachen klaffte auf, um zwei Reihen spitzer Zähne zu entblößen – Zähne, die scharf genug waren, um Schutzpanzer zu zerfetzen, in einem Kiefer verankert, der breit genug war, um den Hals eines Rancors durchzubeißen.
Gleichwohl, so gegen eine Barabel anzutreten, war fast schon eine Beleidigung. Saba rammte beide Fäuste zusammen in die Höhe, um sie Abeloth in einem von der Macht verstärkten Doppelschlag ins Maul zu rammen. Der Hieb schlug eine zehn Zentimeter große Lücke in beide Zahnreihen, und als Abeloth zubiss, schloss sich nichts weiter als ungefährliches Zahnfleisch um Sabas schuppige Unterarme.
Trotzdem war der Schmerz schier unerträglich, und Saba war kurz davor, von ihrer Beute abzulassen, doch dann spürte sie, wie ihre Unterarme brachen. Vor Schmerz zischelnd, ballte sie dennoch die Fäuste und grub die Krallen tief in Abeloths Kehle. Mit einem geschmeidigen Ruck riss die den Kopf ihrer Beute seitlich nach unten und entblößte ihren Hals.
Dann biss Saba fest mit ihren Fangzähnen zu. Sie drangen durch Haut und Knorpel und senkten sich immer tiefer hinein, bohrten sich durch Muskeln, Knochen und Rückenmark. Abeloths Körper erschlaffte vor Schock. Saba schaffte es, ihren Kopf mit den gebrochenen Armen noch weiter nach unten zu reißen, um noch mehr von ihrem Hals freizulegen. Sie riss Fleisch heraus. Sie zerkaute Sehnen. Sie zerbiss Wirbel. Sie schwang ihre Schnauze brutal hin und her und spürte, wie sich der Kopf ihrer Beute mit einem letzten Ruck löste.
Erst da lockerte sich Abeloths Kiefer und gab Sabas gebrochene Arme frei. Sie öffnete die Hände, und die Krallen glitten aus dem Fleisch ihrer Beute. Der Kopf flog über den Balkon und landete zu Füßen von Tahiri und den beiden Leerenspringern. Alle drei starrten das grausige Ding mit unverhohlenem Entsetzen an, bis Tahiri sich schließlich wieder zu fangen schien und zu Saba hinüberschaute.
»Meisterin Sebatyne?«, keuchte sie. »Ist sie … Habt Ihr sie erwischt?«
»Ja, Jedi Veila«, sagte Saba und rappelte sich auf. »Jetzt haben wir beide eine Abeloth getötet.«
Bens Hirn war so umnebelt – und sein Blickfeld so verschwommen –, dass er die flackernde blaue Kugel im ersten Moment für eine Sonne hielt, die unmittelbar davorstand, zur Nova zu werden. Als Nächstes dachte er, dass es sich dabei womöglich um die Abgasöffnung eines abfliegenden Raumschiffs handelte. Dann bemerkte er hinter sich die Wölbung eines steinernen Bogengangs und den Pflastersteinhof um sich herum, und er erinnerte sich daran, dass er sich auf einem Planeten irgendwo im Schlund befand. Er war von einer Sith-Meditationssphäre namens Schiff hierher verschleppt worden, auf Befehl eines Wesens mit Namen …
Abeloth.
Seine Augen schweiften zu der Säule gelben Nebels im Herzen des Hofs hinüber. Das war die Ursache der Blitze. In ihrem Innern tanzte eine knisternde Kugel aus blauer Energie, die hin und her trieb. Und da war auch eine Stimme, die vertraute Stimme einer Frau … die seinen Namen rief.
»Ben?«
Vestara Khais Stimme.
»Ben!«
Die Stimme seiner Freundin.
»Ben, wo bist du?«
Sie klang verängstigt.
»BEN! Ich brauche dich!«
Ihre Stimme begann zu zittern.
»Ben, gib mich … nicht … auf.«
Sie rang deutlich hörbar nach Luft.
»Bitte, nicht … Lass nicht zu, dass dies …«
Ben sprang auf. Sein Kopf dröhnte so heftig, dass er glaubte, er würde explodieren, und er fühlte, wie warmes Blut seinen Nacken hinabströmte. Er taumelte trotzdem vorwärts – und musste sich fast übergeben, als er in die gelbe Wolke wankte und seinen ersten Atemzug ätzenden Dampfs nahm.
Die blaue Kugel tanzte jetzt auf ihn zu. Als sie näher kam, konnte er erkennen, dass das Glühen von einem knisternden Käfig aus Machtblitzen herrührte. In dem Käfig waren zwei Gestalten in ein Hand-und-Tentakel-Gemenge verwickelt – die eine eine schöne junge Frau mit braunen Augen, die andere ein abscheuliches, übel zugerichtetes Ding mit zertrümmertem Schädel und hervorquellender Hirnmasse. Es sah aus, als seien einer Keshiri Tentakel gewachsen, ehe sie in einer Dreschmaschine gelandet war.
Die schöne junge Frau – Vestara – verpasste dem Ding einen steten Strom von Machtblitzen, in dem Versuch, ihre Angreiferin in Schach zu halten. Das Keshiri-Ding langte mit zwei Knäueln Armtentakeln nach ihr und benutzte eins davon, um sie zusammenzuhalten, während die Tentakel des anderen Arms nach ihrem Mund und ihren Nasenlöchern tasteten. Aus einer kleinen Scheide am Gürtel der Keshiri ragte der Griff eines Glasdolchs hervor.
Ben erkannte den Dolch als eine der bevorzugten Waffen des Vergessenen Stammes der Sith, als schmales Glasstilett, das als Shikkar bekannt war. Er zögerte keine Sekunde und nutzte die Macht, um den Shikkar aus seiner Scheide zu ziehen, ehe er es mit der Spitze nach oben mitten durch den Rücken der Keshiri trieb, wobei er die Klinge so anwinkelte, dass sie ihr Rückenmark durchtrennte und ihr geradewegs ins Herz stieß.
Rings um das Heft des Shikkars spritzte ein Sprühregen dunklen Bluts hervor, und die Keshiri brach auf die Knie, ehe sie ihren zerschmetterten Kopf zurückwarf und ein unheimliches Heulen ausstieß. Ihre Tentakel ließen von Vestara ab und schwangen um sie herum, um nach ihrem Rücken zu tasten.
Ben nutzte die Macht, um den Griff des Shikkars abzubrechen.
Vestara verpasste der Keshiri einen Machtblitz direkt ins Gesicht.
Die Keshiri kippte nach hinten und lag zuckend am Boden, offenkundig hilflos, aber irgendwie noch immer am Leben. Ben setzte die Macht ein, um sie aus dem gelben Nebel herauszuziehen, weg vom Quell der Kraft und hinaus ins Licht der gleißenden blauen Sonne des Planeten.
Die Keshiri hörte auf, sich zu winden, und ihre Augen wurden leer und glasig. Ihre Tentakel verschmolzen wieder zu Armen, ehe ihr gesamter Körper erschlaffte. Ben nutzte die Macht, um das Säulenfragment, das er zuvor dazu benutzt hatte, um ihr den Schädel einzuschlagen, herbeischweben zu lassen, und ließ es auf ihre Brust krachen. Er hörte ihre Knochen knacken und wie die Luft pfeifend aus ihrer Lunge getrieben wurde, aber keine Schreie, kein Stöhnen und kein halbherziges Geheul, das darauf hingedeutet hätte, dass die Frau irgendetwas anderes war als mausetot.
Dann schritt Vestara aus dem gelben Nebel. Ihr Gesicht war wild, und die dunkle Energie der Fontäne umwirbelte ihre Beine so dicht, dass es aussah, als würde sie auf einer schwarzen Wolke dahinschweben. Sie hob die Hände und richtete sie auf den Leichnam. Offensichtlich beabsichtigte sie, ihr einen weiteren Machtblitz zu verpassen – um die Leiche vollkommen zu verkohlen und jede Spur des Dings zu vernichten, das versucht hatte, sie sich einzuverleiben.
»Nein, Vestara.« Ben eilte rasch an ihre Seite, legte ihr eine Hand auf die Unterarme und drückte sie behutsam nach unten. »Dazu besteht kein Anlass. Wir sind jetzt mit ihr fertig.«
Schiff schwebte am Ausgang des Engpasses, ein kleiner dunkler Fleck, dessen Umrisse sich vor der riesigen blauen Sonne abhoben. Jaina wusste, dass ihr Gegner genauso mitgenommen sein musste wie die Böses Erwachen. Nachdem sie der Sphäre zwei Baradium-Treffer verpasst und sie aus der Enge hinausgetrieben hatte, hatte Schiff aufgehört, das Feuer zu erwidern. Allerdings hatte Schiff sich geweigert, vollends aufzugeben, und blieb die ganze Zeit gerade nah genug, um eine Bedrohung darzustellen, als sei es entschlossen, auf die Gelegenheit für einen letzten selbstmörderischen Angriff zu warten und sie beide zu vernichten.
Bedauerlicherweise hatten die Schockwellen der Explosionen auch von der Erwachen selbst ihren Tribut gefordert. Das Schiff hatte mindestens drei Hüllenbrüche, sodass Jaina gezwungen gewesen war, ihren Helm zu schließen und die Kabine auf der Medistation zu versiegeln, in der Luke angeschnallt in einer Koje lag. Jetzt blieb ihr wirklich nur noch eine einzige Chance, um ihn zu retten – vorausgesetzt, dass das überhaupt noch möglich war. Sie mussten auf einem Planeten mit einer Atmosphäre landen – und so tief im Schlund kam dafür nur Abeloths eigene Welt infrage.
Jaina feuerte die letzte Baradium-Rakete ab. Dann betete sie, dass die Erwachen noch einen harten Schlag wegstecken würde, und beschleunigte – der Rakete nach … um ungläubig mitanzusehen, wie der ferne Punkt mit einem Mal schrumpfte und sich dann scheinbar in Nichts auflöste.
Zu guter Letzt hatte Schiff abgedreht und war geflohen.