9. Kapitel
Vestara wusste, dass der Angriff erfolgreich verlaufen würde, und das aus einem einzigen simplen Grund: Die Jedi kannten ihren uralten Tempel besser, als es die Sith-Besetzer jemals tun würden. Noch in dieser Stunde würden die Jedi gewaltsam in das gewaltige Bauwerk eindringen, und der Zirkel der Lords würde endlich begreifen, wie sehr sie Luke Skywalker unterschätzt hatten. Wenn Skywalker schließlich mit ihnen fertig war, würde auf Coruscant kein einziger Hochlord mehr am Leben sein, und alle Überlebenden zu Hause auf Kesh würden zu sehr damit beschäftigt sein, sich wegen ihm zu sorgen, als dass ihnen auch nur der Gedanke käme, Jagd auf sie zu machen.
Zumindest hoffte Vestara das. Wenn sich der Jedi-Angriff als erfolgreich genug erwies, würde sie möglicherweise sogar in Erwägung ziehen, den überlebenden Hochlords eine Nachricht zukommen zu lassen, um ihnen damit zu drohen, die Position von Kesh preiszugeben, wenn sie auch nur einen Sith witterte, der nach ihr suchte. Eine solche Drohung würde allerdings bloß Wirkung zeigen, wenn die Hochlords wahrhaftig Angst vor Luke und seinen Jedi hatten – und nach dem heutigen Tag würde dem so sein.
Ein dumpfes Scheppern hallte durch die dicht gedrängte Pumpstation, und das große Ablassrohr vor Vestara erzitterte, als sich der Innendruck darin veränderte. Die obere Hälfte rotierte beiseite, um das feuchte Innere einer Hauptwasserleitung von gut anderthalb Metern Durchmesser zu enthüllen. Ben und seine Cousine Jaina hievten eine Wartungskapsel in das Rohr und öffneten dann die Luke. Im Innern der Kapsel befand sich eine beengte Passagierkabine, komplett mit Doppelliegen und einem Steuerhebel.
Ben aktivierte die Kontrolltafel und wartete, während ein zweisekündiger Systemcheck durchgeführt wurde, ehe er einen Fuß auf die Zutrittsstufe setzte und sich an Vestara wandte. »Bereit?«
»So bereit, wie ich es nur sein kann.« Vestara berührte den leeren Lichtschwerthaken an ihrer Hüfte. »Ich wünschte bloß, ich hätte eine Waffe – und wenn’s auch nur ein Blaster wäre.«
Ein Schatten fiel über Bens Gesicht, doch bevor er darauf etwas erwidern konnte, trat Jaina vor.
»Tut mir leid, Vestara. Leider geht es nicht anders.« Ihre Stimme war fest, aber nicht aggressiv. »Wenn es dir Sorgen bereitet, unbewaffnet zu sein, kannst du jederzeit hierbleiben.«
»Eigentlich nicht«, sagte Vestara, die eine Spur von Einsicht in die Stimme legte. »Ich muss meine Loyalität unter Beweis stellen.«
Ben schüttelte den Kopf. »Ves, du solltest das Ganze nicht …«
»Bitte, lass gut sein, Ben«, sagte sie. »Ich verstehe, warum es den Meistern schwerfällt, mir zu vertrauen. Wirklich, das tue ich.«
»Das gilt nicht bloß für die Meister«, meinte Jaina und kam noch einen Schritt näher. Allmählich beschlich Vestara das ungute Gefühl, dass Jaina dieses Spiel besser beherrschte als sie selbst. »Nicht jeder im Jedi-Orden hat Zeit mit dir verbracht. Für viele von uns ist es schwer, einer Sith zu trauen.«
»Einer ehemaligen Sith«, korrigierte Ben. »Komm schon, Jaina. Ihr eigener Vater hat versucht, sie zu töten.«
»In Ordnung, einer ehemaligen Sith«, sagte Jaina, ohne ihn eines echten Blickes zu würdigen. »Ich meine es ernst, Vestara. Falls du ein Problem damit hast, unbewaffnet in die Schlacht zu ziehen, dann bleib hier.«
»Und woher wollen die Jedi dann wissen, wer die Hochlords sind?«, fragte Vestara. »Woher wollen sie wissen, dass sie den Großlord aufgespürt haben?«
»Wir kommen schon klar«, entgegnete Jaina.
»Oder ihr gebt mir die Schuld, wenn irgendetwas schiefgeht.« Vestara stieg die Stufe hoch und legte eine Hand auf Bens Taille. »Du gehst nirgendwo ohne mich hin. Ich muss da sein, um dir den Rücken freizuhalten – selbst, wenn ich keine Waffe zur Verteidigung habe.«
Von der Interfacetafel der Pumpstation drang ein ungeduldiges Zwitschern herüber, und die in den Datenport eingeklinkte R9-Einheit blinkte ihnen mit ihrer Projektionslampe zu.
»Ich schätze, wir sollten lieber einsteigen«, sagte Ben. »Wir halten den Betrieb auf.«
Vestara kletterte in die Kapsel und streckte sich auf der Passagierpritsche aus, ehe sie in der nach Antiseptikum riechenden Luft darauf wartete, bis Ben neben sie rutschte und den Steuerhebel zwischen seine Knie zog. Die Luke schloss sich automatisch, und ein sanfter grüner Lichtschein erfüllte das Innere. Sobald sich Vestara angeschnallt hatte und den Navigationsschirm aktivierte, gab Ben Energie auf die Steuerdüsen.
Hinter ihnen ertönte ein gedämpftes Tschump, als der Droide das Rohr von Neuem öffnete, dann echote ein lautes Gurgeln durch die Kapsel, und Vestara spürte, wie sich ihr der Magen hob, als sie langsam beschleunigten. Bens Blick wanderte geradewegs zum Navigationsschirm, der voraus nichts anzeigte außer einem langen Abschnitt ununterbrochener Rohrleitung.
Vestara ließ die ersten paar hundert Meter der Fahrt ein unbehagliches Schweigen zwischen ihnen in der Luft hängen, bis sie schließlich fragte: »Also, wohin geht’s? Abgesehen davon, dass wir zum Jedi-Tempel unterwegs sind, meine ich.«
Ben antwortete nicht sofort, sondern behielt den Bildschirm im Auge, während er offenkundig mit sich darum rang, wie viel er ihr erzählen sollte.
»Oh, richtig. Das werde ich ja schon erfahren, sobald wir da sind.« Vestara richtete ihren Blick wieder auf die von innen gepolsterte Einstiegsluke, die sich bloß ein Dutzend Zentimeter über ihrem Gesicht befand. »Und ich werde nicht versäumen, Jaina zu berichten, wie sorgsam du darauf bedacht warst, mich diesbezüglich im Dunkeln tappen zu lassen.«
Ben seufzte. »Das ist es nicht, Ves«, sagte er. »Ich weiß bloß nicht so recht, wie ich es dir erklären soll.«
»Ist schon in Ordnung, Ben.« Sie zog ihren Arm von der Seite weg, sodass er ihn nicht länger berührte, und verschränkte die Arme über dem Bauch. »Ich verstehe das.«
»Hör zu, alles, was ich weiß, ist, dass wir uns zu Ebene eins-fünfundsiebzig, Sektor zwölf, zweiundzwanzig Nord achtzehn begeben sollen«, erwiderte Ben. »Sagt dir das irgendwas? Denn ich kann damit nicht das Geringste anfangen.«
»Ebene eins-fünfundsiebzig?«, fragte Vestara. »Das ist ziemlich hoch oben, oder?«
»Klar – für eine Granitschnecke«, spöttelte Ben. »Aber es ist noch immer weiter unten, als ich für gewöhnlich gehe. Ich nehme an, es handelt sich dabei um einen der Maschinenkerne.«
»Kern?«, wiederholte Vestara. »Wie in Zentralkern?«
»Ja, Ves«, entgegnete Ben. »Dort befindet sich der ›Kern‹ normalerweise. In der Zentrale – im Zentrum.«
»Mag wohl sein«, sagte Vestara, die zuließ, dass etwas von ihrer zunehmenden – und sehr realen – Furcht in ihre Stimme sickerte. »Vielleicht hätte ich besser auf Jaina hören sollen.«
Ben warf stirnrunzelnd einen Blick zu ihr hinüber. »Warum sagst du das?«
»Ich glaube nicht, dass die Meister das Ganze gründlich genug durchdacht haben«, sagte sie. »Ben, ich komme von einem Planeten mit Zehntausenden von Sith. Und vermutlich befindet sich die Hälfte davon genau hier, auf diesem Planeten, versteckt im Jedi-Tempel.«
Ben senkte sein Kinn, bemüht, sein Lächeln zu verbergen. »Genau darauf bauen wir doch, Vestara.«
Mit einem Mal fühlte sich Vestaras Bauch wie ausgehöhlt an. Sie hatte angenommen, dass die Aufgabe ihres Teams darin bestand, ein Frachtdock zu erobern, damit die Jedi einen Brückenkopf hatten, über den sie in den Rest des Tempels vorstoßen konnten. Dies klang allerdings eher, als hätten sie vor, weit hinter den feindlichen Sith-Linien aufzutauchen und sich dann nach außen vorzukämpfen – und wenn das ihre Absicht war, konnte das nur bedeuten, dass die Jedi eine Möglichkeit kannten, die Schilde aus der Ferne zu deaktivieren und ebenso »ferngesteuert« die Tore des Tempels zu öffnen.
»Die Jedi haben einen geheimen Überbrücker, nicht wahr?«, fragte sie. »Du machst einfach die Türen auf und lässt all diese Marines rein, damit sie wild um sich ballern?«
»So ähnlich.« Ben schaute zu ihr rüber. In seinem Blick lag Sorge. »Hast du damit ein Problem?«
Vestara zögerte einen Moment. Dann nickte sie. »Ja, ich schätze, das habe ich tatsächlich.« Es wäre sinnlos gewesen, etwas anderes zu behaupten. Ben hätte die Lüge sofort gefühlt. »Es gibt da drinnen kein einziges Schwert, das mir nicht unverzüglich ein Lichtschwert in den Hinterkopf rammen würde, also weiß ich, dass mir das eigentlich egal sein sollte. Aber …«
»Aber es sind nun mal deine eigenen Leute. Dein eigenes Volk.« Ben nickte. »Du wärst kein Mensch, wenn es dir nichts ausmachen würde mitanzusehen, wie sie getötet werden.«
»Danke, Ben. Ich bin froh, dass du das verstehst.«
»Kein Problem«, entgegnete er. »Ich weiß, dass das alles nicht leicht für dich ist.«
Die Navigationseinheit gab einen Signalton von sich, und auf dem Schirm erschien eine Y-Kreuzung weiter vorn. Bens Fingerknöchel wurden bleich, als sein Griff um den Steuerhebel fester wurde, und Vestara sah, wie er lautlos runterzählte, als er sich bereit machte, in den Tempel abzubiegen. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich auszumalen versuchte, ein Leben mit ihm zu führen, bei dem es keine Rolle spielte, Jedi oder Sith zu sein, bloß zwei ganz gewöhnliche Menschen, die versuchten, in der Galaxis ihr Auskommen zu haben. Natürlich würden sie niemals ganz gewöhnlich sein. Aber sie konnte sich vorstellen, dass sie sich als professionelle Spieler oder sogar als Kopfgeldjägerpärchen gut machen würden – vorausgesetzt natürlich, dass sie Ben dazu bewegen konnte, die Macht für etwas anderes einzusetzen, als dafür, die Galaxis zu retten.
Bens Blick war auf den Navigationsschirm fixiert, und er steuerte sie behutsam um die Kurve. Es gelang ihm, nur einmal von der Rohrwand abzuprallen, bevor er die Kapsel wieder unter Kontrolle bekam. Fast sofort tauchte am unteren Rand des Schirms eine weitere Weggabelung auf, zusammen mit einem kleinen, ins Bild eingelassenen Grundriss, der ein verworrenes Netzwerk navigierbarer Wasserleitungen zeigte.
»Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, nehme ich an«, sagte Vestara.
»Nur noch ein paar Minuten«, entgegnete Ben. »Wir haben soeben die Tempelmauern passiert.«
»Ben?«, fragte Vestara. Ihr Wunsch danach, sich jenseits des Jedi-Ordens ein gemeinsames Leben aufzubauen, war genauso eine Fantasterei, wie es diese Briefe gewesen waren, die sie an einen imaginären, liebevollen Vater geschrieben hatte, doch eine Sache musste sie wissen – mit Gewissheit –, bevor die Schlacht begann. So viel schuldete sie Ben. »Hast du je daran gedacht, wie es wohl wäre, kein Jedi zu sein?«
»Klar«, sagte er und überraschte sie damit. »Allerdings das letzte Mal, als ich noch ein Junge war.«
»Du wolltest kein Jedi sein, als du klein warst?«
Ben schüttelte den Kopf. »Absolut nicht.« Er rollte die Kapsel auf die Seite und bereitete sich darauf vor, in ein ansteigendes Rohr einzutreten, auf das sie zusteuerten. »Ich war in der Zuflucht, als Abeloth mit den jungen Jedi in Verbindung trat.«
»Und du warst nicht davon betroffen?«
»Bloß, weil ich mich von der Macht abgekapselt hatte.« Bens Blick blieb auf den Bildschirm gerichtet, und er schien ihr nur mit einem Ohr zuzuhören. »Ich erinnere mich nicht an allzu viel von dem, was damals geschah.«
»Was ist mit jetzt?«, fragte Vestara. »Könntest du dir vorstellen, etwas anderes zu machen?«
Ben kippte den Steuerhebel zur Seite, und seine Stirn legte sich vor Konzentration in Falten, als er sie in das Steigrohr navigierte. »Warum sollte ich?« Ein metallisches Dröhnen hallte durch die Kapsel, als sie gegen die Röhre krachte und dann auf der anderen Seite anstieß. Ben fluchte leise. »Ich muss mich darauf konzentrieren, dieses Ding zu steuern. Können wir später darüber reden?«
»Ist nicht notwendig«, erwiderte Vestara. »Es war ohnehin eine dumme Frage.«
Jetzt hatte sie ihre Antwort – und fühlte sich, als habe sich in ihrem Innern ein Schwarzes Loch aufgetan. Vestara würde niemals eine Jedi sein können, nicht im eigentlichen Sinne des Wortes. Und Ben konnte nichts anderes sein als genau das. Ihre Liebe war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen – letztlich schon fünftausend Jahre, bevor sie auch nur geboren wurden –, und nun konnte sie nichts mehr weiter tun, als die Realität zu akzeptieren und eine Möglichkeit zu finden, ohne die Jedi zu überleben, die sie vor der Vergeltung des Vergessenen Stammes schützten.
Glücklicherweise würde Vestara etwas in der Hand haben, mit dem sie um ihr Leben feilschen konnte, wenn es dazu kam. Zunächst war ihr die Bedeutung des Gesprächs zwischen Meister Skywalker und Bazel Warv nicht bewusst gewesen. Die meisten jungen Mädchen hatten Geheimnisse, weshalb sie einen Moment gebraucht hatte, um zu begreifen, was an Amelia Solos »Geheimnamen« so wichtig war. Aber Meister Skywalkers Reaktion – und wie rasch er die Unterhaltung beendet hatte, als ihm klar wurde, dass sie nicht allein waren – hatte Vestara deutlich gemacht, dass die Jedi selbst Amelias Geheimnis sehr ernst nahmen. Die endgültige Bestätigung dafür war die Woge der Besorgnis gewesen, die sie gefühlt hatte, als sie um die Ecke bog und mit Ben durch die Tür trat, weil Meister Skywalker – und bis zu einem gewissen Grad auch Ben – unvermittelt klar geworden war, was sie gerade zufällig mitangehört hatte.
Anschließend war es Vestara nicht sonderlich schwergefallen, das Puzzle zusammenzusetzen. Beim Teich des Wissens hatte sie genügend von dem Antlitz der Frau erhascht, die Hochlord Taalon auf dem Thron des Gleichgewichts sitzen sah, um zu wissen, dass die Jedi-Königin eine Rothaarige war, die der hapanischen Königinmutter Tenel Ka verblüffend ähnlich sah. Es war allgemein bekannt, dass Tenel Ka und Jacen Solo auf der Jedi-Akademie auf Yavin 4 Kameraden gewesen waren, und die Klatschpresse behauptete, dass sie »Freunde« geblieben seien, bis Jacen Kashyyyk in Flammen setzte.
Es entsprach den Tatsachen, dass Tenel Ka ein Mädchen namens Allana zur Welt gebracht hatte, deren Vater sie niemals genannt hatte. Berichten zufolge war Allana im Zweiten Bürgerkrieg umgekommen, als Moffs versucht hatten, Tenel Kas gesamte Familie mit einem ihrer Nanoviren zu ermorden. Etwa zur selben Zeit hatten die Solos eine machtsensitive Kriegswaise im selben Alter adoptiert.
Als Vestara sich jetzt zurückerinnerte, stellte sie jedoch fest, dass der Tag am aufschlussreichsten gewesen war, als sie Han und Amelia gemeinsam in einem Hologramm gesehen hatte. Vestara befand sich gerade an Bord der Jadeschatten, als sich Han Solo über Kom gemeldet hatte, um zu berichten, dass Leia verhaftet worden war, und Amelia war zusammen mit ihm in dem Holo gewesen. Vestara hatte vorgeschlagen, Han solle das Kind doch mitnehmen, wenn er die Staatschefs Padnel Ovin und Wynn Dorvan aufsuchte, um sie um die Freilassung seiner Frau zu ersuchen. Damals hatte sie gedacht, sie würde lediglich so reagieren, weil Amelia so niedlich war. Nun jedoch wurde ihr klar, dass mehr dahintersteckte – dass sie in Wahrheit auf eine gewisse Familienähnlichkeit hin reagiert hatte.
Amelia Solo hatte die Augen und den Mund von Han Solo. Noch vielsagender war die Andeutung eines schiefen Grinsens in Amelias Lächeln. Vestara schloss ihre Lider und schweifte in ihrer Erinnerung zurück, bediente sich Meditation und der Macht, um ihr Gedächtnis zu schärfen, um jede Einzelheit des Kopfs des kleinen Mädchens möglichst deutlich vor sich zu sehen – und das verschaffte ihr den letzten Beweis, den sie noch brauchte, um ihre Annahme zu bestätigen.
Amelias Haar war nicht von Natur aus schwarz. Es hatte rote Ansätze – rotgoldene, um genau zu sein. Und rotgolden waren auch die berühmten Locken der hapanischen Königinmutter.
Damit war Amelia Solo also dazu bestimmt, zu der Königin zu werden, die Lord Taalon im Teich des Wissens erblickt hatte. Die Skywalkers wussten dies. Bazel Warv wusste es. Und nun wusste Vestara Khai es ebenfalls.
Fürs Erste würde sie dieses Wissen für sich behalten. Bis sie die Umstände ihres neuen Lebens kannte, brachte es ihr keinerlei Vorteil, diese Information mit jemandem zu teilen, und sie schuldete es Ben, das Geheimnis zu wahren – zumindest, bis sie es gegen etwas sehr Wichtiges eintauschen konnte – wie etwa dafür, ihre eigene Haut zu retten.
Sie brachten ein Dutzend weitere Weggabelungen hinter sich, ehe der gesamte Schirm gelb aufleuchtete und Ben den Steuerhebel behutsam nach hinten zog. Er steuerte die Kapsel in einen Nebenschacht und gelangte in eine Sackgasse. Ein feuchtes Knirschen vibrierte durch die Außenhülle, als sich die Kontrollventile automatisch neu justierten, und dann floss auch schon das Wasser gurgelnd ab.
Ben löste sein Sicherheitsgeschirr und schaute zu Vestara hinüber. »Bereit?«
Vestara nickte. »Du hast ja keine Ahnung, wie bereit«, sagte sie und schnallte sich ebenfalls ab. »Nach dem heutigen Tag wird kein Jedi mehr an mir zweifeln. Das verspreche ich dir.«
Ein Ausdruck der Besorgnis trat in Bens Antlitz. »Tu bloß nichts Leichtsinniges, Ves«, sagte er. »Zeig uns einfach die Hochlords. Du musst niemandem etwas beweisen.«
Vestara zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht nicht dir.«
Über ihnen erklang das gedämpfte Scheppern eines sich verschiebenden Zugangsschotts, ehe sich die Einstiegsluke der Kapsel zischend öffnete. Bens Blick verweilte noch einen Moment auf Vestara, und er flüsterte: »Ich mein’s ernst – sei vorsichtig.« Dann kletterte er hinaus.
Vestara folgte ihm einen Augenblick später und stand schließlich auf der Plattform neben dem Rohr vor Ben und den Horn-Zwillingen, Valin und Jysella.
Valin streckte Ben die Hand entgegen. »Willkommen zu Hause.«
»Danke«, sagte Ben. »Es ist schön, wieder hier zu sein.«
Jysella musterte Vestara, als würde sie darüber nachgrübeln, ob sie ihr eine ähnliche Begrüßung zuteilwerden lassen sollte. Dann aber wies sie lediglich auf die Wartungskapsel. »Komm«, sagte sie. »Hilf mir, das Ding aus dem Weg zu schaffen.«
»Natürlich.«
Vestara streckte ihre Hand nach dem Kranhaken am hinteren Ende der Kapsel aus und nutzte die Macht, um das Gefährt aus der Rohrleitung zu heben. Jysella tat dasselbe an der Vorderseite, und gemeinsam deponierten sie die Kapsel auf einem wachsenden Haufen identischer Wartungskapseln, die sich am anderen Ende der Plattform stapelten.
»Danke.« Jysella wandte sich an Ben und deutete auf den vorderen Bereich der von trüber Dunkelheit erfüllten Kammer. Dort war alles voller Filtereinheiten, Pumpenmotoren und Aufbereitungstanks. »Dein Vater ist irgendwo da vorn. Er sagte, ihr sollt zu ihm kommen, sobald ihr hier seid, um euch eure Aufträge abzuholen.«
Ben quittierte die Nachricht mit einem knappen Nicken und bedeutete Vestara vorauszugehen. Stattdessen verharrte sie, wo sie war, um ihr Machtbewusstsein allmählich in die Düsternis auszudehnen. Irgendetwas fühlte sich falsch an, doch sie konnte nicht recht bestimmen, was.
Die Kammer hatte die Größe eines Sternenjägerhangars, war jedoch so vollgestopft mit Ausrüstung, Schränken und Ersatzteilen, dass man eher das Gefühl hatte, sich in einem unterirdischen Labyrinth zu befinden, als in dem großen Gewölbe, in dem man war. Wo sie auch hinschaute, verliefen tropfende Rohre von einer Maschine zur anderen und verschwanden in der Dunkelheit über ihren Köpfen in Bündeln, die so dick wie Baumstämme waren. Einige Ausrüstungsstücke hatten die Größe von Frachtschlitten, und der Lärmpegel war hoch genug, dass sie sich wünschte, ein Paar Schalldämpfer parat gehabt zu haben. Die Bedingungen waren ideal, um einen Wachposten oder einen Spion zu verbergen. In Anbetracht der Bedeutung dieser Kammer – und des direkten Zugangs von außerhalb des Tempels – konnte sich Vestara beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Sith es versäumt hatten, eine so grundlegende Vorsichtsmaßnahme zu treffen.
Als Vestara keinerlei dunkle Präsenzen wahrnahm, die in dem Bereich lauerten, fragte sie: »Wie viele Wachen haben die Jedi-Ritter getötet, die als Erstes hier waren?«
»Keine«, entgegnete Jysella. »Die Kammer war verlassen.«
Vestara drehte sich zur Seite, um sie anzusehen. »Und das kommt euch nicht seltsam vor?«
»Meister Skywalker hat das gesamte Gewölbe von einem Team durchsuchen lassen, bloß, um auf Nummer sicher zu gehen«, sagte Valin. »Im Augenblick jedoch sind von Jedi angeführte Kompanien von Rauminfanteristen draußen vor dem Tempel, die dreißig verschiedene Eingänge gleichzeitig attackieren. Meister Skywalker denkt, dass die Sith all ihre Wachposten zu den Außentoren und runter in die unteren Ebenen abgezogen haben.«
»Genau das war der Plan«, fügte Jysella hinzu und ließ ein knappes Lächeln aufblitzen. »Und manchmal funktionieren Pläne tatsächlich.«
Der Scherz trug wenig dazu bei, Vestaras Stimmung zu heben. Falls Meister Skywalkers Angriffsteam hier eine katastrophale Niederlage erfuhr, würde das ihre Lebenserwartung um den Faktor zehn sinken lassen – und sie hatte mittlerweile genug über die Verteidigungssysteme des Tempels erfahren, um zu wissen, dass es einer entschlossenen Gruppe von Sith gelingen würde, dem Angriff der Weltraum-Marines auf unbegrenzte Zeit standzuhalten. Und selbst, wenn ihnen das nicht gelang, blieb den Hochlords jede Menge Zeit, um lebend zu entkommen. Um Vestaras Pläne voranzutreiben, mussten Skywalker und sein Team Erfolg haben, und das rasch, damit sie den Zirkel der Lords zerschlugen und ihr die Möglichkeit auf ein Leben verschafften, in dem sie nicht vorgeben musste, eine Jedi-Anwärterin zu sein.
Sie ergriff Bens Arm und näherte sich dem hinteren Ende der Plattform. »Wir müssen uns umsehen«, sagte sie. »Die Sith verstehen genauso viel von Ablenkungsmanövern wie die Jedi, und sie würden nicht den Fehler machen, diese Kammer unbewacht zu lassen.«
»Die Befehle von Meister Skywalker waren eindeutig«, rief Jysella ihnen nach. »Ihr sollt euch unverzüglich bei ihm melden.«
»Vielen Dank, Jedi Horn«, sagte Vestara über die Schulter hinweg. »Wir haben verstanden.«
Sie ging voraus und eine kurze Metalltreppe hinunter, bis zu einem Abdeckgitter aus Durastahl, das sich etwa einen Meter über dem eigentlichen Boden befand, der mit so einer Art dunkler, dünner Schicht bedeckt war. Zunächst wusste Vestara nicht recht, was es damit auf sich hatte, bis ihr auffiel, dass der gesamte Boden zu einer Vertiefung in der Mitte des Raums hin abfiel. Offensichtlich waren Lecks und Überschwemmungen ein hinreichend großes Problem, dass ein zentraler Abfluss installiert worden war.
Ben trat von der Treppe und blieb neben Vestara stehen. »Ves, wir müssen den Anweisungen Folge leisten. Ich bin mir sicher, dass sie hier alles überprüft haben.«
»Und ich bin mir sicher, dass sie das versucht haben«, erwiderte Vestara, die sich einem Pumpenmonitor von Gleitergröße näherte. »Aber hier stimmt definitiv etwas nicht. Spürst du das nicht auch?«
Ben schwieg und schaute sich um, zweifellos, während er sein Machtbewusstsein in die dunklen Nischen der Kammer ausdehnte. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, ich spüre nicht das Geringste«, sagte er. »Das hat allerdings nicht viel zu bedeuten. Ich bin sicher, die meisten Sith wissen genauso gut wie wir, wie man seine Machtpräsenz verbirgt.«
»Das meine ich nicht. Es ist einfach zu ruhig …« Vestara ließ den Satz unvollendet, als ihr endlich klar wurde, was ihr so seltsam vorkam. »Wo sind die Droiden?«
Ben runzelte die Stirn. »Die Droiden?«
»Auf Coruscant kann man keine hundert Schritte weit gehen, ohne auf einen Droiden zu stoßen«, sagte sie. »Und du willst mir erzählen, dass die Jedi keine einsetzen, um diese Anlage zu betreiben?«
Ben blickte düster drein. »Ich verstehe, worauf du hinauswillst.« Er sah sich wieder um. Der Raum war zu sehr mit Ausrüstung vollgestopft, um ganz bis nach vorn sehen zu können, doch genau dort wartete Jysella zufolge sein Vater. »Wir sollten uns trotzdem bei Dad melden. Vielleicht hat er bei der Einsatzbesprechung einfach vergessen, uns etwas zu erzählen.«
»Geh du ruhig schon vor«, meinte Vestara. »Ich werde mich hier noch etwas umsehen.«
Ben ergriff ihren Arm und führte sie auf die Vorderseite der Kammer zu. »Ves, komm mit!«
Vestara, der der warnende Ton seiner Stimme nicht entging, ließ sich von ihm mitziehen. »Warum, Ben?« Beim Gehen streckte sie weiterhin ihre Machtsinne aus, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis auf den Wachposten, der sie irgendwo aus der Dunkelheit heraus beobachten musste. »Damit der Rest des Teams nicht misstrauisch wird, weil ich etwas Eigeninitiative zeige?«
»Nein, sondern weil auch Jedi Befehle befolgen«, sagte Ben und beschleunigte seine Schritte. »Besonders in Gefechtsituationen.«
Vestara schickte sich gerade an, Ben daran zu erinnern, dass er sie einstmals dazu gedrängt hatte, an sich selbst zu denken – dann spürte sie, wie das Bodengitter unter ihren Füßen schwankte. Normalerweise hätte sie keinen weiteren Gedanken daran vergeudet. Allerdings hatte ihre Meisterin, Lady Rhea, sie gelehrt, allem Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie in die Schlacht zog – dass sie nicht vergessen durfte, dass selbst das winzigste Detail ihr das Leben retten konnte. Also schaute Vestara nach unten.
Zuerst sah sie die Waffen, zwei Blaster und drei Lichtschwerter, alle teilweise in den Falten einer schwarzen Robe oder in der Ellbogenbeuge verborgen. Die Leute, die die Waffen in Händen hielten, lagen nebeneinander auf dem Rücken, Seite an Seite, ihre Gesichter mit dunklen Schals umwickelt. Ihre Augen hatten sie zu schmalen Schlitzen zusammengepresst, um zu verhindern, dass sich das Weiß darin zeigte, und sie verharrten vollkommen reglos, um zu verhindern, dass jemand sie entdeckte.
Vestara wandte den Blick ab, darum bemüht, sich so zu verhalten, als habe sie die Gestalten unter dem Gitter nicht bemerkt. Allerdings hatte sie schon auf den ersten Blick mindestens ein halbes Dutzend ausgemacht, und es gab keinen Grund anzunehmen, dass das alle waren. Die Jedi liefen geradewegs in einen Hinterhalt – und das konnte nur bedeuten, dass die Sith wussten, dass sie kamen.
Vestara hatte keine Ahnung, wie ihr Volk von den Plänen des Jedi-Angriffs erfahren hatte, doch sie wusste mit Bestimmtheit, wem sie die Schuld daran geben würden – vorausgesetzt, dass sie das Glück hatte, so lange am Leben zu bleiben. Wenn schon sonst nichts, so waren Sith erstklassige Attentäter, und bei dieser Falle schien es sich um eine Variante der sogenannten »Lautlosen Rückkehr« zu handeln. Wenn sie damit rechneten, dass das Ziel beim Betreten der Todeszone wachsam und argwöhnisch sein würde, zogen Sith-Attentäter es vor, sich irgendwo anders aufzuhalten, bis sich das Opfer in Sicherheit wog, um dann über einen geheimen Zugang zurückzukommen und zuzuschlagen. Sie nahm an, dass diese Gruppe aus der Kammer unter ihnen gekommen war, durch ein Loch, das sie einige Stunden zuvor in die Decke geschnitten hatten, um sich unter der Abflussmembran zu verbergen.
Vestara ging weiter neben Ben her, bestrebt, sich darüber klar zu werden, wie sich der Hinterhalt auf ihr eigenes Vorhaben auswirkte. Die Sith würden sie genauer beobachten als jeden der Jedi mit Ausnahme von Großmeister Skywalker, was es ihr unmöglich machte, vor Beginn des Angriffs zu verschwinden. Abgesehen davon musste der Jedi-Angriffstrupp intakt sein, damit ihr eigener Plan funktionierte.
»Ves?«, fragte Ben. »Wach auf, ja? Wir sind dabei, in die Schlacht zu ziehen.«
»Oh ja, die Schlacht«, sagte sie. Jetzt, wo sie wusste, was für ein Hinterhalt ihnen drohte, wollte sie lediglich so schnell wie möglich zur Kontrolltafel gelangen. »Natürlich hast du recht.«
»Ach, habe ich das?«, fragte Ben und wandte den Kopf zur Seite, um zu ihr hinüberzusehen. »Was hat dich dazu gebracht, deine Meinung …«
Sein Satz endete in einem unerwarteten Schweigen – ebenso wie das Geräusch ihrer Schritte und das Rascheln von Vestaras Gewand. Doch als sie zu Ben rüberschaute, stellte sie fest, dass er noch immer den Mund bewegte, als würde er seine Worte weiter im eigenen Kopf hören. Irgendjemand nutzte die Macht, um die Luft zum Stillstand zu bringen und so zu verhindern, dass sie Schallwellen weitergab – und das konnte nur eins bedeuten.
Vestara streckte ihre Machtsinne nach Meister Skywalker aus, überflutete ihre Machtpräsenz mit Beunruhigung, packte Ben dann am Arm und wirbelte herum – bloß um zu sehen, dass ein zehn Meter langer Abschnitt des Bodengitters auf sie zuflog. Eine explosionsartige Woge von Überraschung und Verwirrung durchtoste die Macht, während sich Ben bemühte, das zu begreifen, was er da sah, und Vestara wusste, dass er nicht rechtzeitig genug reagieren würde. Sie donnerte ihm ihren Unterarm gegen die Brust und trat ihm die Füße weg, ehe sie ihre eigenen Beine vor sich schnellen ließ.
Sie landeten Seite an Seite auf dem Rücken, nur einen Moment, bevor das Bodengitter über sie hinwegsegelte, kaum eine Handbreit von ihren Gesichtern entfernt. Bens Augen quollen weit aus den Höhlen, und sein Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei der Überraschung – dann rutschte Vestara über das Gitter zurück in Richtung ihrer Angreifer. Sie hob den Kopf und sah eine ganze Wand von ihnen in dunklen Umhängen. Mit feuernden Blastern und aktivierten Lichtschwertern sprangen sie aus ihren Verstecken hervor.
Plötzlich hörte Vestara auf zu rutschen. Sie warf einen hastigen Blick hinter sich und sah, dass Ben eine Hand nach ihr ausgestreckt hatte und sie mit der Macht in seinem Griff hielt, um sie zurückzuziehen.
Heftiger Schmerz puckerte in ihren Hüften und Schultern, und Vestara hatte das Gefühl, auseinandergerissen zu werden. Dann wurde ihr bewusst, dass das wahrscheinlich sogar zutraf. Sie schrie vor Pein und schüttelte ihren Kopf, während sie Ben zubrüllte, sie loszulassen.
Vestara vermochte nicht zu sagen, ob Ben sie über den Kampflärm – das Kreischen von Blasterschüssen und das Summen von Lichtschwertern – hinweg tatsächlich hörte oder nicht. Sie begann einfach, schneller zu rutschen als zuvor.
Hinter ihr riss Ben sein Lichtschwert vom Gürtel und sprang auf die Füße, ehe er sich rasch nach vorn warf und einen Salto schlug, als sich um ihn herum ein Hagel von Blastersalven in das Bodengitter bohrte. Einen Moment lang fürchtete Vestara, dass er die Klinge aktivieren und sie beide bei seinem Versuch umkommen würden, sich zu ihr durchzukämpfen.
Sie hätte es besser wissen müssen, als Ben Skywalker zu unterschätzen. Er schlug einfach weiter Saltos und nutzte die Macht, um im Zickzack über das Deck zu schnellen. Als er aufsprang, ruckte seine Waffenhand in ihre Richtung und schleuderte ihr sein Lichtschwert entgegen. Vestara streckte ihre Machtsinne danach aus, während sie gleichzeitig einen Blick auf die Angreifer warf.
Die ersten Sith stürmten bereits vorbei und setzten ihre blutroten Lichtschwerter ein, um die Flut von Blasterschüssen beiseitezuschlagen, mit denen sie eine Gruppe von Jedi beharkte, die aus dem vorderen Teil der Kammer angelaufen kam. Bens Lichtschwert landete in ihrer Hand. Sie betätigte mit dem Daumen den Aktivierungsschalter, rollte sich dann auf den Bauch und schwang die zischende Klinge durch zwei Paar laufender Beine. Als ein kalter Schauer ihr Rückgrat hinablief, rollte sie sich weiter ab und riss die Waffe hoch, um zu blocken.
Ein Funkenregen blitzte auf, als Vestaras Klinge auf eine andere traf, und sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein lavendelfarbenes Keshiri-Gesicht, das von der anderen Seite des lodernden X knurrend auf sie herabstarrte. Die beiden Klingen glitten knisternd übereinander, und dann lag Vestara unter ihrer Angreiferin und kämpfte darum, das Lichtschwert der Frau von sich fernzuhalten. Irgendwo in der Nähe des vorderen Teils der Kammer ertönte das Tschump-Tschump explodierender Granaten, und in ihrem Hinterkopf realisierte sie, dass die Jedi von zwei Seiten attackiert wurden.
Vestara entspannte ihre Arme ein wenig, und das Lichtschwert der Keshiri näherte sich ihrem Gesicht.
»Zuerst nehme ich dir deine Schönheit«, sagte die Frau. »Danach werde ich …«
Vestara verpasste ihr einen Machtstoß und ließ sie rücklings gegen einen Haufen Sith krachen, die gerade durch das fehlende Stück Bodengitter nach oben kletterten. Die noch immer aktivierte Klinge der Keshiri schlitzte einen der Krieger entzwei, und mit ihrem Körper riss sie zwei weitere von den Füßen.
Hinter dem Gewirr von Gliedmaßen und Klingen erhaschte Vestara einen flüchtigen Blick auf Valin und Jysella Horn, die noch immer oben auf der Rohrplattform waren. Valin setzte sein Lichtschwert ein, um Jysella vor Sith-Blasterschüssen zu verteidigen, während sie sich in eine offene Zugangsklappe lehnte. Vestara folgte dem Strom der Lasersalven mit den Augen, bis sie einen Sith-Krieger ausmachte, der zwischen zwei Pumpengehäusen hindurchfeuerte. Sie holte ihn mit einem Machtstoß von den Beinen.
Mehr Zeit brauchte Valin Horn nicht, um zu handeln. Er sprang mit einem fliegenden Radschlag von der Rohrplattform. Vestara kam der Gedanke, dass sie und die Jedi diesen Hinterhalt womöglich doch überleben würden. Dann sprang sie auf – und vernahm eine tiefe Männerstimme hinter sich.
»Genug!«
Ihre Schädelbasis explodierte vor dumpfem, puckerndem Schmerz, als sie etwas Hartes und Schweres – zweifellos der Griff eines Lichtschwerts – traf. Sie wirbelte herum und erhaschte lediglich einen flüchtigen Blick auf schwarzen Stoff, als ihr Angreifer hinter sie huschte.
Der Griff sauste erneut hernieder.
Ihre Knie gaben nach, wirbelten sie herum, weg von ihrem ungesehenen Angreifer. Ihr Blickfeld schrumpfte, doch fünfzehn Meter entfernt entdeckte sie oben auf der Plattform des Hauptwasserrohrs eine kleine Jedi, die aus einer offenen Zugangsluke kletterte. Die Frau aktivierte ihr Lichtschwert und sprang dann mit einem Satz über das Sicherheitsgeländer der Plattform. Braunes Haar umwehte ihr Haupt, und ihre violette Klinge wirbelte durch die Luft.
Nun wusste Vestara, dass das Gefecht in vollem Gange war. Jaina Solo, das Schwert der Jedi, war auf dem Schlachtfeld eingetroffen.