28. Kapitel
In ihrem Traum sehnte Jaina sich danach, den Shikkar des Khai-Mädchens abzuwehren, bevor er sich in Bens Auge grub, doch dass sie eingriff, war gegen die Regeln. Das Schicksal der Galaxis hing vom Ausgang dieses Kampfes ab, und wenn Jaina wollte, dass die Galaxis in Zukunft ein gerechter Ort war, dann durfte sie sich nicht einmischen, nicht einmal, wenn das bedeutete, dass Ben ein Auge verlor – oder sein Leben.
Jaina konnte sich nicht entsinnen, wessen Regeln das waren. Sie wusste bloß, dass sie beide in einen erbitterten Kampf verwickelt vorgefunden hatte, als sie am Rande der Schlucht angelangt war. Ihre Lichtschwerter knisterten und schlugen Funken, als sie einander auf dem steinigen Hof hin und her trieben. Sie hatte ihr eigenes Lichtschwert von ihrem Gürtel gerissen und war in den gelben Dunst hinuntergesprungen, der vom Quell der Kraft aufstieg – um sich schlagartig dort wiederzufinden, wo sie gerade noch stand, mit ihrem Lichtschwert wieder am Gürtel hängend.
Eine Stimme, die weder männlich noch weiblich war, hatte »Nein!« gesagt, und da hatte Jaina begriffen, dass sie ihrem jüngeren Cousin nicht helfen konnte. Das Gleichgewicht selbst hing von dem Kampf zwischen Ben und seiner Sith-Freundin ab – nicht davon, wie die Sache ausging, sondern von dem Kampf selbst.
Im letzten Moment wich Ben dem heranschwirrenden Shikkar aus, doch die Klinge zischte so dicht an seinem Kopf vorbei, dass Jaina Blut spritzen und ein abgetrenntes Ohrläppchen zu Boden segeln sah.
Dann lichtete sich der gelbe Dunst wieder, und Jaina spürte, wie sie durch die zähflüssige Wärme eines Bacta-Bads in die Höhe glitt. Sie hatte keine Ahnung, wie lange es her war, seit das Rettungsteam sie – und Luke und Corran – aus dem Jedi-Tempel geborgen hatte. Ihre Verletzungen schmerzten nicht mehr, doch sie wusste, dass sie frühzeitig wieder aus dem Zylinder geholt wurde. Im Bereich des Bruchs fühlte sich ihr Arm ein bisschen schwach an, und wenn sie ihre Lunge auszudehnen versuchte, zögerte sie unwillkürlich einen Moment lang, was darauf hindeutete, dass ihr Körper nach wie vor Schmerzen erwartete.
Sobald ihr Kopf über die Oberkante des Tanks hinausragte, schweifte Jainas Blick über das zweckmäßig eingerichtete Innere der Krankenstation des Galaktischen Justizzentrums. So wie die meisten Gefängnisspitäler, handelte es sich dabei um kaum mehr als einen langen Gang mit einer Reihe blickdichter Badezylinder auf der einen und Behandlungskabinen auf der anderen Seite. Gavin Darklighter – der Admiral, der das Kommando über die Rauminfanterie der Galaktischen Allianz führte – hatte befohlen, die Station als Feldlazarett zu verwenden, und überall lagen stöhnende Weltraum-Marines – auf Schwebetragen geschnallt, die auf dem zentralen Mittelgang warteten; ausgestreckt auf Untersuchungstischen in den Behandlungskabinen; sogar auf dem Fußboden lagen welche, in Embryonalstellung zusammengerollt. Mindestens ein Dutzend Medidroiden führte in aller Öffentlichkeit Operationen durch, und schätzungsweise dreißig Krankenschwestern waren damit beschäftigt, den Gesundheitszustand der Patienten für die weitere Behandlung einzuschätzen oder lebenserhaltende Notfallmaßnahmen durchzuführen. Offensichtlich tobte die Schlacht um den Jedi-Tempel noch immer – und es lief nicht gut für ihre Seite.
Als Jaina aus dem Zylinder raus war, schwang die Winde sie zur anderen Seite hinüber und ließ sie dort zu Boden sinken, wo eine erschöpft wirkende Duros-Frau in blutverschmierter Kleidung stand und mit einem Finger auf einen Knopf an der Kontrolltafel drückte. In der anderen Hand hielt die Duros Jainas Lichtschwert und ihren Ausrüstungsgürtel, und über ihrem Arm lag ein Ensemble zusammengefalteter, sauberer Klamotten.
»Sie sehen beschäftigt aus«, sagte Jaina, als sie nach den Kleidern griff. »Ich kann mich allein anziehen.«
Die Duros zog ihren Arm weg. »Eigentlich solltet Ihr noch zwölf Stunden länger im Tank sein.« Sie hielt Jaina Unterwäsche hin. »Deshalb muss ich bleiben, um sicherzustellen, dass Ihr nicht ohnmächtig werdet.«
»Jedi werden nicht ohnmächtig«, sagte Jaina, als sie die Unterwäsche überstreifte. »Und Sie haben eine Menge anderer Patienten, die Ihre Hilfe wirklich brauchen.«
»Und je eher Ihr aufhört, mit mir zu streiten, und Euch fertig anzieht, desto früher kann ich mich um sie kümmern«, beharrte die Duros. »Abgesehen davon habe ich eine Nachricht für Euch, Meisterin Solo. Ihr sollt Euch dem Rest des Jedi-Rats so schnell wie möglich anschließen. Sie treffen sich in Senator Wuuls Büro im Senatsgebäude.«
Unter anderen Umständen hätte es Jaina womöglich einen Kick verschafft, als Meisterin angesprochen und ersucht zu werden, sich dem Jedi-Rat anzuschließen. Stattdessen lastete das Gewicht ihrer neuen Verantwortung schwer auf ihr. Hier stand die Zukunft von Coruscant selbst auf dem Spiel, und ein Wesen, das niemand wirklich zu erfassen vermochte, hatte sich im Jedi-Tempel verschanzt. Jaina wusste, dass man sie schon bald darum bitten würde, erneut das Unmögliche zu vollbringen – und sie fragte sich, ob sie der Aufgabe dieses Mal gewachsen sein würde. Sie ließ ihren Blick auf der Suche nach Luke und Corran die lange Reihe von blickdichten Bacta-Tanks entlangschweifen. Als sie dank der Macht spürte, dass es sich bei keinem der Leute in den Tanks um Jedi handelte – oder auch nur um Machtsensitive –, nickte sie der Duros zu.
»Ich verstehe – und ich werde mit Sicherheit nicht ohnmächtig. Wie lange ist es her, dass die Meister Skywalker und Horn aufgebrochen sind?«
»Nach seiner Knie-Operation brauchte Meister Horn den Tank bloß für ein paar Stunden«, entgegnete die Duros. »Allerdings hat Meister Skywalker die Behandlung von sich aus verfrüht abgebrochen, vor weniger als einer Stunde.«
»Verfrüht?« Jaina schnappte sich ihr Chrono und stellte fest, dass sie und die anderen fast vier Tage lang in den Tanks gewesen waren. »Dabei muss er doch eine mörderische Gehirnerschütterung gehabt haben.«
»Die Gehirnerschütterung war nicht das Problem«, gab die Duros zurück. »Die Brandwunde auf seiner Brust ist nur langsam verheilt. Sehr langsam. Er ist immer noch nicht hundertprozentig wieder auf dem Damm.«
»Könnte das an den Machtblitzen liegen?«, fragte Jaina mit einem besorgten Stirnrunzeln.
Die Duros zuckte die Schultern. »Das wüsstet Ihr eher als ich.«
Ein plötzliches Beben ließ den ganzen Raum erzittern – so heftig, dass Jaina das Bacta in den Tanks schwappen hörte. »Was war das?«, fragte sie und raffte ihr Gewand zusammen.
»Eigentlich hatte ich gehofft, das könntet Ihr mir sagen«, entgegnete die Duros. »Das Beben scheint stärker und häufiger zu werden. Das muss doch etwas mit den Kämpfen zu tun haben, oder nicht?«
»Das würde Sinn ergeben«, stimmte Jaina zu. »Allerdings bin ich mir nicht sicher, worum es sich dabei handelt. Vielleicht setzen sie unten in den Untergeschossen Baradium-Bomben ein oder so was.«
Die Gesichtsfarbe der Duros verblasste zu einem blassen Blau. »Hoffen wir, dass es eher ›oder so was‹ ist. Auf Coruscant gibt es nicht genügend Medizentren, um so viele Baradium-Vergiftungen zu behandeln.« Sie studierte Jaina einen Moment lang, ehe sie ihr ihr Lichtschwert und den Ausrüstungsgürtel reichte. »Vielleicht solltet Ihr als Erstes Euer Komlink überprüfen. Jemand hat den ganzen Morgen über versucht, Euch zu erreichen.« Damit drehte sich die Duros um und ging.
Jaina legte rasch ihren Ausrüstungsgürtel um und das Lichtschwert an, ehe sie sich ihrem Komlink zuwandte und feststellte, dass Tahiri Veila mehrfach versucht hatte, sie via HoloNet-Übertragung zu erreichen. Jaina kletterte das Herz bis in den Hals. Sofort beschlich sie die Sorge, dass Tahiri sie zu kontaktieren versuchte, um ihr zu sagen, dass Jag etwas zugestoßen war, weshalb sie der Krankenstation rasch den Rücken kehrte und sich auf den Weg zum nächstbesten Turbolift machte. Erst, als sie in der Kabine war und nach unten auf die Lokaltransportebene des Galaktischen Justizzentrums zusauste, wagte sie es, sich die jüngste Nachricht anzuhören, die für sie hinterlassen worden war. Es war Jags Stimme, erfüllt von Sorge – und vielleicht auch ein bisschen Verärgerung.
»Wo steckst du? Ich fange an, mir Gedanken zu machen.« Es folgte eine kurze Pause, dann sagte Jag: »Hör zu, wir springen gleich. Um elf Uhr siebzehn Galaktischer Standardzeit sollen wir planmäßig wieder ins System eintreten. Wenn dich diese Botschaft vorher erreicht, hinterlass eine Nachricht auf Tahiris Komlink, um mich wissen zu lassen, wie es dir geht. Wir haben gehört, dass der Tempel gestürmt wurde und man dich in ein Medizentrum gebracht hat, aber das war’s auch schon … Wir sehen uns in Kürze – und dann solltest du besser wohlauf sein.«
Jaina schaute wieder auf ihr Chrono und sah, dass ihr bloß noch drei Minuten blieben, bis Jag laut Plan ins System eintreten sollte. Als sie auf der Transitebene schließlich aus dem Turbolift trat, hatte sie sich ein halbes Dutzend frühere Nachrichten von Jag angehört, in denen er ihr mitteilte, dass er und Tahiri unterwegs nach Coruscant seien, ohne jedoch einen Grund dafür zu nennen. Der Tonfall seiner Stimme ließ Jaina annehmen, dass er gute Neuigkeiten hatte, aber das war auch schon alles, das sie seinen kryptischen Mitteilungen entnehmen konnte.
Glücklicherweise war die Halteplattform angesichts des Umstands, dass auf dem Gemeinschaftsplatz noch immer die Schlacht um den Tempel tobte und das Galaktische Justizzentrum erbebte und erzitterte, praktisch verwaist. Jaina blieb kaum genügend Zeit, um die Nachrichten auf ihrem Komlink zu löschen, bevor sie allein in einer Vier-Personen-Kapsel saß, die durch die Transitröhren schoss. »Wie lange dauert es bis zum Senatsgebäude?«, fragte Jaina die leere Kapsel.
»Schätzungsweise drei Minuten und zehn Sekunden.« Die Antwort kam aus dem winzigen Lautsprecher in der Decke. Die Stimme klang gestelzt und plump, weil Kapseldroiden nicht sonderlich viel zusätzlicher Arbeitsspeicher zugestanden wurde, der über die Steuerungssysteme hinausging. »Euch wurde bereits im Vorfeld eine Sicherheitsfreigabe erteilt, sodass es keine Verzögerung geben wird.«
Jainas Chrono zeigte an, dass es elf Uhr sechzehn war – noch eine Minute, bis Jag und Tahiri planmäßig den Hyperraum verlassen und wieder über ein HoloNet-Relais erreichbar sein sollten. Sie öffnete den Kanal trotzdem schon. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit sie Jags Stimme gehört hatte, und angesichts der knappen Zeit, die ihr nur zur Verfügung stand, bevor sie wieder abschalten musste, wollte sie sie jede Sekunde hören, die sie nur konnte.
Nach einer kurzen Verzögerung überraschte sie ein Verbindungssignal, das in ihrem Ohrhörer ertönte, und Jags Stimme fragte: »Jaina?«
»Ja, Jag. Ich bin’s.«
Dem folgte ein Moment stiller Erleichterung, als sie innehielten, um im Klang der Stimme des jeweils anderen zu schwelgen.
Dann schien Jag zur Besinnung zu kommen und fragte: »Wie geht es dir? Ich habe mir Sorgen gemacht.«
»Ich weiß. Tut mir leid«, sagte Jaina. »Ich war in einem Bacta-Tank, und die Ärzte haben im Augenblick einfach zu viel zu tun, um Nachrichten übermitteln zu können.«
»Aber du bist in Ordnung?«, drängte Jag.
»Ich habe beim Angriff auf den Tempel ein bisschen was abbekommen, aber jetzt geht es mir gut.« Jaina warf einen Blick auf ihr Chrono. »Hör zu, Jag, wir haben nicht viel Zeit. Ich bin unterwegs zu einem Ratstreffen.«
»In diesem Fall muss ich dich an Tahiri weitergeben«, entgegnete Jag. »Ich habe zwar auch wichtige Neuigkeiten, aber sie hat Informationen, die die Meister unbedingt erfahren müssen, wenn du sie siehst.«
»Jag, was für Neuigkeiten?«
»Das kann warten … Ich liebe dich, Jaina.« Seine Stimme wurde leise, als er das Komlink an Tahiri weitergab, jedoch nicht so leise, dass sie nicht gehört hätte, wie er sagte: »Ich übernehme das Schiff.«
»Alles klar«, bestätigte Tahiri, die Jag offenbar die Steuerung über das Gefährt überließ, mit dem sie unterwegs waren. Ihre Stimme in Jainas Ohrhörer wurde lauter und deutlicher. »Es ist schön, deine Stimme zu hören, Jaina.«
»Danke, Tahiri – deine auch.« Angesichts all dessen, was momentan in der Galaxis vor sich ging, war Jaina froh darüber, eine Freundin und ehemalige Jedi an Jags Seite zu wissen – besonders, da es klang, als habe er sonst nicht allzu viel Schutz. »Du und Jag, ihr fliegt ein eigenes Schiff?«
»Ich fürchte, ja«, entgegnete Tahiri. »Die Pellaeon ist zusammen mit dem Amt des Staatschefs flöten gegangen.«
»Jag hat die Wahl verloren?«, entfuhr es Jaina.
»Nicht so richtig«, erwiderte Tahiri. »Er …«
»Wir haben bloß zwei Minuten Zeit«, unterbrach Jags Stimme sie im Hintergrund. »Sag ihr, was sich auf Hagamoor Drei zugetragen hat.«
»Okay … Was hat sich denn auf Hagamoor Drei zugetragen?«, fragte Jaina, die widerwillig akzeptierte, dass sie noch auf Jags Neuigkeiten warten müssen würde. »Und wo genau ist Hagamoor Drei?«
»Dieser Mond umkreist Antemeridias«, sagte Tahiri. »Und dort haben Boba Fett und ich Abeloth vernichtet.«
»Tatsächlich?«, fragte Jaina. Angesichts von Jags Eifer, das Gespräch weiterzugeben, und Tahiris Behauptung, dass ihr derselbe Kopfgeldjäger geholfen hatte, der Daala aus der Gefangenschaft befreit hatte, begann sie sich allmählich zu fragen, ob es sich bei den Leuten um Blender handelte. »Du hast mit Boba Fett zusammengearbeitet?«
»Lange Geschichte«, entgegnete Tahiri. »Du hast doch gehört, wie ich sagte, dass wir Abeloth vernichtet haben, oder?«
»Ich hab’s gehört«, sagte Jaina vorsichtig. »Allerdings bereitet es mir gewisse Schwierigkeiten, das zu glauben. Abeloth hätte uns im Jedi-Tempel fast umgebracht.«
Ein kurzes Schweigen folgte. Dann fragte Tahiri: »Musste Meister Skywalker sie auf Pydyr nicht auch zweimal töten?«
»Richtig. In zwei verschiedenen Körpern.« Jaina beschlich das ungute Gefühl, dass sie doch mit der richtigen Tahiri sprach. »Eigentlich hatte ich angenommen, dass Abeloth lediglich von einem sterbenden Körper in einen lebendigen übergewechselt ist.«
»Aber wenn wir beide gegen Abeloth gekämpft haben und zu diesem Zeitpunkt Tausende von Lichtjahren voneinander getrennt waren …« Tahiri ließ den Satz unvollendet ausklingen und seufzte dann tief. »Dann haben wir jetzt also die Gewissheit: Machtwesen können tatsächlich an zwei Orten gleichzeitig sein.«
»Hoffen wir, dass es wirklich nur zwei sind.« Jaina sah wieder auf ihr Chrono und meinte: »Warum gibst du mir nicht eine kurze Zusammenfassung?«
»Ich werd’s versuchen«, meinte Tahiri. »Allerdings sind zwei Minuten nicht sonderlich viel Zeit …«
Tahiri gab die wichtigsten Fakten über ihre Begegnung mit Abeloth wieder, angefangen mit der starken Machtpräsenz, die sie die Blockade von Exodo II durchbrechen gespürt hatte, um dann rasch mit ihrer Vermutung darüber fortzufahren, welche Rolle Abeloth bei der Wahl gespielt habe. Sie glaubte, dass Abeloth hinter Daalas Plan gesteckt hat, durch das Abhalten einer Wahl einen blutigen Bürgerkrieg zu verhindern. Als offensichtlich wurde, dass Abeloth die Macht benutzte, um Daalas Sieg zu gewährleisten, hatte Tahiri das Wesen auf Hagamoor 3 aufgespürt und sich mit Boba Fett zusammengetan, der sich zufällig ebenfalls auf dem Mond aufhielt und seine eigenen Ziele verfolgte.
Ohne weiter darauf einzugehen, warum Abeloth ausgerechnet diese Anlage als ihren Schlupfwinkel ausgesucht hatte, fasste Tahiri rasch zusammen, wie sie und Fett sie in einem Geheimlabor aufgespürt hatten, das Tol Getelles gehörte. Sie hatten ihre Beute im rasch verfallenden Körper von Lydea Pagorski vorgefunden – demselben imperialen Leutnant, der sich bei Tahiris Prozess auf Coruscant der Falschaussage schuldig gemacht hatte. Darauf folgte ein erbitterter Kampf mit Abeloth, den Tahiri und Fett nur knapp überlebt hatten.
»Der einzige Grund, warum du jetzt mit mir reden kannst«, erklärte Tahiri, »ist der, dass Abeloth mich nicht sofort getötet hat. Als Nächstes brauchte sie meinen Körper, da Pagorskis ausgebrannt war. Offenbar halten die Körper von Machtnutzern länger.«
Die Transportkapsel wurde langsamer, als sie sich der Haltestation des Senatsgebäudes näherte.
»Bist du sicher, dass ihr sie getötet habt?«, fragte Jaina.
»Das hängt davon ab, wie du töten definierst, schätze ich«, sagte Tahiri. »Pagorskis Körper wurde von einem Thermaldetonator zerstört. Dann hat eine imperiale Fregatte das gesamte Labor so lange bombardiert, bis von dem Ding bloß noch ein Glaskrater übrig war. Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass Abeloth tatsächlich vernichtet wurde. Bis ich von der anderen im Jedi-Tempel erfahren habe, dachte ich wirklich, wir hätten sie erwischt. Jetzt jedoch habe ich einfach bloß Angst.«
»Ja, ich bin auch nicht allzu glücklich darüber, dass mehr als ein Abeloth-Ding in der Galaxis herumrennt.« Jaina hielt inne, als sie sich daran erinnerte, wie die Abeloth im Tempel mit einem Mal schwächer wurde und geflohen war. »Du weißt nicht zufällig, wann genau du den Pagorski-Avatar getötet hast, oder?«
»Eigentlich weiß ich das sogar ganz genau«, sagte Tahiri. »Es war zwei Minuten vor zwölf Uhr mittags …«
»Vor vier Tagen«, beendete Jaina den Satz für sie. Die Kapsel kam zum Stillstand, und die obere Hälfte glitt zurück, damit Jaina aussteigen konnte. »Richtig?«
Tahiri schwieg einen Moment lang und sagte dann: »Woher wusstest du es?«
»Das sage ich dir, wenn wir uns sehen«, gab Jaina zurück, die endlich das Gefühl hatte, allmählich ein wenig besser zu verstehen, wie sie Abeloth vernichten konnten. »Die Meister werden dich persönlich sprechen wollen, damit du sie auf den neuesten Stand bringst. Das Senatsgebäude dient uns als vorläufiges Hauptquartier.«
»Wir sind noch einige Stunden entfernt«, entgegnete Tahiri. »Wir melden uns, sobald wir landen.«
»Gut.« Die Kapsel piepste, um Jaina darüber zu informieren, dass es Zeit wurde auszusteigen. Sie kletterte auf die Plattform und ging auf die Turboliftreihe im hinteren Bereich der Station zu. »Jetzt lass mich mit Jag sprechen.«
Es folgte eine kurze Pause, als Tahiri Jag das Komlink zurückgab und die Steuerung übernahm. Dann fragte Jag: »Habe ich recht gehört? Du wurdest im Kampf gegen Abeloth verletzt?«
»Später«, sagte Jaina. »Erst mal bin ich mit Fragenstellen dran. Was ist da mit der Wahl gelaufen?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Jag. »Aber im Wesentlichen lief es darauf hinaus, dass ich meine Kandidatur zurückziehen musste.«
»Dann hat Daala also gewonnen?«
»Jaina, da solltest du mich doch wirklich besser kennen«, sagte Jag ehrlich überrascht. »Ich habe meine Kandidatur zurückgezogen, damit sie verlieren würde.«
Jaina trat in den Turbolift, wählte jedoch noch kein Stockwerk aus. Anti-Schwerkrafttechnologie und Komlink-Übertragungen vertrugen sich nicht allzu gut miteinander, und vermutlich würde die Verbindung abbrechen, sobald sie den Repulsorantrieb aktivierte.
»Wer ist dann jetzt der Staatschef des Imperiums?«, fragte sie.
»Ein wahrer Imperialer«, entgegnete Jag. »Vitor Reige.«
»Pellaeons ehemaliger Adjutant?«
»Vitor ist einer meiner besten Admiräle«, sagte Jag und klang ein wenig defensiv. »Er wird ein ausgezeichneter Staatschef sein.«
»Das weiß ich«, sagte Jaina. »Es ist nur so, dass … Nun, damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Es tut mir sehr leid, Jag.«
Jags Stimme klang verwirrt. »Was tut dir leid?«
»Natürlich, dass du deine Kandidatur zurückziehen musstest.«
Jetzt lachte Jag. »Nun, mir tut es nicht leid.«
Der Turbolift piepste, um Jaina dazu zu drängen, entweder eine Zieletage zu wählen oder auszusteigen – sie ignorierte es.
»Tatsächlich?«, fragte sie. »Wird es dir nicht fehlen, dein eigenes interstellares Reich zu regieren?«
»Mordversuchen zu entgehen und Steuererhebungsberichte zu analysieren? Das macht weniger Spaß, als du denkst.« Zum ersten Mal seit Ewigkeiten klang Jags Stimme tatsächlich glücklich. »Im Moment besteht meine größte Angst darin, dass Reige einen Weg finden könnte, mir das Amt wieder aufs Auge zu drücken, sobald er merkt, wie gleichermaßen langweilig und nervenaufreibend es ist, der Staatschef zu sein.«
Jaina lachte ebenfalls. »In diesem Fall … Herzlichen Glückwunsch!« Das Piepsen des Turbolifts wurde zu einem konstanten, lästigen Bimmeln. »Hör zu …«
»Du musst los«, brachte Jag den Satz für sie zu Ende. »Ich liebe dich, Jaina Solo. Wir sind bald wieder vereint – und daran wird sich dann auch nichts mehr ändern.«
»Verlass dich darauf«, sagte Jaina. »Und ich liebe dich auch, Jagged – selbst wenn du es einfach nicht schaffst, einen Job zu behalten.«
Jag brach in prustendes Gelächter aus. Widerwillig, die Verbindung zu unterbrechen, wählte Jaina Wuuls Etage und ließ den Kanal offen, um dem Frohsinn ihres künftigen Ehemannes zu lauschen, bis sich das Signal schließlich in statisches Rauschen verwandelte.