24. Kapitel
Lukes Chrono zufolge war es 11:52 GSZ. Um Punkt zwölf würde eine Brigade von Leerenspringern beim Ventilationseinlass landen. Das bedeutete, dass Luke und seinem Team acht Minuten Zeit blieben – acht Minuten, in denen drei Jedi entweder das Unmögliche vollbringen oder sterben würden. Natürlich hofften die Jedi auf das Unmögliche.
Ihr Ziel war ein kleiner Deflektorschildgenerator, der die Hauptventilationsöffnung in dieser Ecke des Tempels sicherte. Der Generator befand sich hundertfünfzig Meter weiter vorn, am Ende einer langen Reihe von Belüftungsröhren. Zwischen Lukes Team und dem Ziel lagen zwei senkrechte Luftschächte, die von unten in den Hauptschacht mündeten. Luke war so erschöpft, dass er sich nicht mehr genau daran erinnern konnte, welchen seltsamen Begriff die Ingenieure dafür verwendeten. Er wusste bloß, dass die Schächte zwei breite, windige Abgründe waren, die ungefähr fünfzig Meter auseinanderlagen, und dass der Grieß, der die wild herumwirbelnde Luft schwängerte, dafür sorgen würde, dass man noch mehr den Eindruck hatte, in einem Sandsturm auf Tatooine gefangen zu sein, wenn sie durch den engen Schacht vorrückten.
Aber zumindest war die Wartungsbeleuchtung des Schachts automatisch aufgeflammt, sodass es ihnen möglich war, das größte Problem auszumachen, mit dem sich Luke und sein Team gegenwärtig konfrontiert sahen. Am anderen Ende des Schachts knieten vier Sith hinter einem auf einem Dreibein sitzenden schweren Blaster. Natürlich befand sich der Deflektorschildgenerator wiederum hinter den Sith, wo er in der Mitte der Ventilationsöffnung auf einem mit Ketten gesicherten Schwebeschlitten stand.
Falls es Luke und seinem Team gelang, den Schildgenerator zu zerstören, würden mehrere Tausend Elite-Leerenspringer durch den Ventilationseinlass gekracht kommen. Gemeinsam mit ihren Jedi-Kontaktpersonen würden sie sich im Tempel verteilen und die Sith-Verteidigung noch an anderen Stellen durchbrechen, und dann würde der Rest von Bwua’tus Weltraum-Marines-Freiwilligen hereinstürmen, um die Sache zu Ende zu bringen.
Dieser neue Schlachtplan würde wesentlich mehr Opfer auf Seiten der Galaktischen Allianz fordern als der ursprüngliche Plan des Admirals. Allerdings war es ihnen so möglich, die Sith schnell in die Enge zu treiben, und da der Feind dann zahlenmäßig in der Unterzahl war, würden die Jedi und ihre Verbündeten den Tempel früher oder später befreien.
Zwar würde die Befreiung weder den Krieg gegen die Sith gewinnen noch auch nur der Schlacht um Coruscant ein Ende machen, doch Luke und seine Alliierten bauten darauf, dass es der Wendepunkt sein würde, der die Sith von verschanzten Verteidigern zu gejagter Beute machte und dafür sorgte, dass sich das Blatt wieder zugunsten der Jedi wendete. Alles, was Lukes Team dafür tun musste, war, diesen Schildgenerator außer Gefecht zu setzen.
An den meisten Tagen wäre das für zwei Jedi-Meister und Jaina Solo, die als das Schwert der Jedi etliche Male bewiesen hatte, dass sie es im Kampf mit jedem im Orden aufnehmen konnte, ein Leichtes gewesen. Allerdings befanden sich Luke und seine beiden Gefährten nicht in ihrer »normalen« Verfassung. Sie hatten einfach schon zu lange gekämpft und sich zurückgezogen – meistens Letzteres. Mittlerweile hatten sie alle ernste Verletzungen erlitten. Jaina hatte einen gebrochenen Arm und vermutlich mehrere gebrochene Rippen. Corran hatte durch einen Blasterquerschläger zwei Finger verloren, und er humpelte auf einem Knie umher, das zur Größe eines Hubba-Kürbis angeschwollen war. Luke hatte einen Schlag gegen den Kopf abbekommen, der ihn immer noch Sterne sehen ließ, und eine schmerzhafte Lichtschwertverbrennung zog sich über seine linke Seite. Alle drei zehrten so massiv von der Macht, dass sie förmlich vor Zellüberlastung glühten. Jaina war bereits in einen Zustand der Machteuphorie verfallen, und es würde nicht mehr lange dauern, bevor sie einen Zusammenbruch erlitt, der genauso heftig sein würde wie der eines Spicejunkies, der nach einer Überdosis abstürzte.
Corran Horn stupste Luke mit einer dreifingerigen Hand an, ehe er sich gegen den Kopf tippte und krächzte: »Gesellschaft.«
Luke sah in die Richtung, in die Corran wies, den Schacht hinter ihnen entlang. Ungefähr zweihundert Meter entfernt kam eine lavendelhäutige Keshiri um die Ecke. Die Entfernung war zu groß, um ihre Züge deutlich erkennen zu können, doch das brauchte Luke auch gar nicht. Er wusste auch so, dass sie dunkles Haar, ovale Augen und ein breites, grausames Lächeln hatte. Ihr Name war Korelei, und sie war der Grund dafür, warum Luke und seine Gefährten sich am Rande des Zusammenbruchs befanden.
Die drei Jedi waren Korelei das erste Mal im Korridor außerhalb des Computerkerns begegnet, als sie die Sith weggelockt hatten, damit Ben und die Horn-Geschwister Rowdy hineinschaffen konnten. Als Luke auffiel, wie sich die anderen Sith nach ihr richteten, hatte er absichtlich gewartet, bis sie sich auf Höhe der ersten Detonitmine befand, bevor er sie ausgelöst hatte. Doch anstatt sie und jeden anderen Sith im Umkreis von drei Metern in Stücke zu reißen, war die Explosion lediglich an einer Art Machtschild abgeprallt, den sie instinktiv erschaffen hatte.
Und von diesem Moment an hatte sich die Lage zusehends verschlechtert. Seitdem waren Korelei und ihre Krieger den drei Jedi unbeirrt auf den Fersen, ohne ihnen je eine Verschnaufpause zu gönnen. Wann immer sie sich irgendwo versteckten, fanden die Sith sie und trieben sie kontinuierlich weiter vom Computerkern weg. Es war schwer zu verstehen, wie sie so gerissen und mächtig sein konnte und trotzdem nicht die Großlady des Vergessenen Stammes war, doch bislang hatte sie dafür gesorgt, dass ihre Beute zu beschäftigt war, um sich eingehender mit solchen Spekulationen befassen zu können. Sie hatte es Lukes Team unmöglich gemacht, sich wieder mit Ben und den Horn-Geschwistern zusammenzutun – oder auch nur in Erfahrung zu bringen, wie es ihnen ergangen war. Luke und Corran wussten bloß zwei Dinge über das Schicksal von Ben, Valin und Jysella. Erstens: Es war ihnen nicht gelungen, die Schutztore zu öffnen oder die Hauptschilde zu deaktivieren. Zweitens: Weder Luke noch Corran hatten irgendetwas in der Macht gespürt, das darauf hindeutete, dass eins ihrer Kinder umgekommen war. Abgesehen davon blieb den beiden Vätern nichts anderes übrig, als mit dem Schlimmsten zu rechnen und auf das Beste zu hoffen.
Luke zog seine Blasterpistole. »Zeit zu verschwinden.«
»Nein-wir-müssen-noch-warten!« Jaina sprach rasend schnell und voller Aufregung, ein Symptom der Machteuphorie, die das Einzige war, was sie davon abhielt, einfach zusammenzubrechen. »Bis zwölf sind es noch fünf Minuten.«
»Ich weiß«, sagte Luke. »Doch wir können nicht länger warten.«
»Aber wenn der Generator zu früh hochgeht, wird jeder Schütze auf dieser Seite des Tempels den Angriffskorridor ins Visier nehmen!«, beharrte Jaina.
»Jaina, wir müssen jetzt handeln.« Corrans Stimme war schroff und ungeduldig, ein Zeichen dafür, dass er sich selbst in so schlechter Verfassung befand, dass er nicht zu erkennen schien, was mit Jaina geschah. »Wann ist es uns je gelungen, dieses Voork-Miststück zu überraschen, das uns jagt?«
»Nie.« Luke verfolgte, wie Korelei im Schacht stehen blieb. Vielleicht gewahrte sie den Blaster in seiner Hand, da sie mehrere ihrer Begleiter vor sich winkte. »Sie ist die erste Sith, die mir tatsächlich Sorgen bereitet.«
»Danke«, sagte Jaina. »Das zu hören, hätte ich mir gern erspart.«
»Tut mir leid.« Luke bereute seinen Schnitzer sofort. Offenbar war er selbst ebenfalls nicht in Topform. »Ich dachte, das wäre dir selbst schon aufgefallen. Aber wir können nicht länger warten – nicht, wenn sie uns so dicht im Nacken sitzt.«
»Es ist immer noch besser, die Schilde frühzeitig außer Gefecht zu setzen als überhaupt nicht«, stimmte Corran zu. »Ich schalte den Generator aus.«
»Gut«, sagte Luke. »Nimm Jaina mit. Ich halte euch den Rücken frei.«
»Allein?« Jaina klang verwirrt. »Wie willst du die alle ganz allein aufhalten?«
»Ich muss sie gar nicht aufhalten, Jaina«, sagte Luke geduldig. »Es reicht, sie ein bisschen hinzuhalten. Das, was jetzt zählt, ist, den Schildgenerator zu deaktivieren – das ist das Einzige, was zählt.«
Jaina wollte schon nicken, ehe sie mit einem Mal zu begreifen schien, was er damit sagen wollte, und heftig den Kopf schüttelte. »Auf keinen Fall«, sagte sie. »Ich lasse dich nicht einfach hier zum Sterben zurück. Nicht …«
»Jaina!« Corran packte sie am Arm. »Höchstwahrscheinlich werden wir ohnehin alle sterben. Lass uns das hier einfach vorher noch erledigen, in Ordnung?«
Jainas Augen strahlten Besorgnis aus. Dann senkte sich eine plötzliche Gelassenheit über ihr Antlitz, und Luke wusste, dass ihre Machteuphorie abklang. Ihr blieben bloß noch Minuten, bevor ihr Körper schlappmachen würde, im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt von dem konstanten Fluss von Machtenergie, der hindurchgeströmt war. Sie zog ihren Arm sanft aus Corrans Griff und nickte. »Okay.« Sie blickte auf ihren geschienten Arm hinab und versuchte, die Hand zur Faust zu ballen, doch es gelang ihr nicht. »Sieht so aus, als sollte ich die Führung übernehmen.«
Corran musterte sie schweigend. Zweifellos deutete er ihre Worte genauso wie Luke. Jaina bot an, als lebender Schild für Corran zu fungieren, der zumindest beide Hände benutzen konnte und sich damit in der bestmöglichen Verfassung befand, um die Sache zu Ende zu bringen, wenn er die Sith erreichte, die den Generator sicherten. In Anbetracht der Umstände war das eine vernünftige Taktik, und es brach Luke schier das Herz, als er zustimmend nickte.
Es konnte nur wenig Zweifel daran bestehen, dass er seine Nichte in den Tod schickte – genauso, wie er es bei ihrem Bruder Anakin getan hatte. Aber was blieben ihm sonst für Möglichkeiten? Der Angriffsplan der Jedi war katastrophal gescheitert, und der Preis für dieses Versagen war der Tod – mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seiner, Jainas und Corrans. Aber wenn sie den Schildgenerator außer Gefecht setzen und für die Leerenspringer einen Weg in den Tempel freimachen konnten, dann drängten sie die Sith damit zumindest in die Defensive – und sie würden Ben, Valin und Jysella eine Chance verschaffen, es lebend aus dem Tempel herauszuschaffen.
Als Jaina ihr Lichtschwert vom Gürtel löste und sich zum Gehen wandte, ließ Luke Gefühle von Respekt und Dankbarkeit in seine Präsenz strömen. Er streckte seine Machtsinne nach ihr aus und sagte dann: »Meisterin Solo?«
Jaina blieb stehen, ohne sich umzudrehen, und einen Moment lang glaubte Luke, er habe den falschen Zeitpunkt gewählt. Gleichwohl, nach einigen Atemzügen fühlte er, wie sie ruhiger und stärker in der Macht wurde, und dann fragte sie: »Ja, Großmeister Skywalker?«
»Ich wollte bloß, dass du hörst, wie ich es sage«, entgegnete Luke. »Möge die Macht mit dir sein.«
Jaina nickte, ohne sich umzudrehen. »Danke«, sagte sie. »Das bedeutet mir gerade eine Menge.«
»Schön, dass du dich bereit dafür fühlst, Meisterin Solo«, fügte Corran hinzu. »Der Orden braucht dich jetzt mehr als jemals zuvor.«
Jaina schwieg einen Moment lang. Der Kummer in ihrer Machtaura verriet Luke, dass sie an die dachte, die ihr nahestanden – an ihre Eltern Han und Leia, an ihre verlorenen Brüder Anakin und Jacen, an ihre Nichte Allana und am meisten an Jagged Fel, den Mann, den sie jetzt vermutlich niemals heiraten könnte.
Beinahe hätte Luke ihr gesagt, sie solle warten – dass er und Corran die Sache allein durchziehen würden. Aber so war Jaina Solo einfach nicht. Sie war eine Kriegerin, und ob nun angeschlagen oder nicht, lieber hätte sie sich den eigenen Arm abgeschnitten, bevor sie zugelassen hätte, dass Luke und Corran die Sith ohne sie angriffen.
Einen Moment später nickte Jaina Corran zu und sagte: »Das sagst du ja bloß, weil ich vorangehe.«
Ohne auf eine Erwiderung zu warten, stemmte sie sich in die Höhe, um sich hinzuhocken, und sprintete durch den Hauptschacht davon; ihre Schritte dröhnten auf dem Metall wie Donner. Corran humpelte ihr nach; für einen Mann mit einem verletzten Knie bewegte er sich überraschend schnell. Einige Atemzüge später eröffneten die feindlichen Schützen mit dem schweren Blaster das Feuer, um die Röhre mit einem kreischenden Sturm aus Licht und Hitze zu erfüllen, der jedoch fast sofort wieder verstummte, als Jaina ihren gebrochenen Arm hob und die Macht nutzte, um das Geschütz mitsamt des Dreibeins gegen den Ventilationseinlass dahinter zu schleudern.
Die Sith sprangen beiseite. Eine Sekunde lang hingen der Blaster und das Dreibein im Schacht, gefangen zwischen der Schwerkraft und den stürmischen Aufwinden, die von den riesigen turbinenangetriebenen Umlaufdüsen erzeugt wurden, die die Luft durch das Ventilationssystem des Tempels saugten. Am Ende gewann die Schwerkraft, und das Geschütz trudelte außer Sicht.
Inzwischen war Jaina bei der ersten Ansaugöffnung angelangt und sprang über den zwei Meter breiten Graben hinweg, der sich im Boden auftat. Die Sith entfesselten einen kombinierten Hagel aus Machtblitzen und Blasterfeuer. Sie waren immer noch gut hundert Meter entfernt, sodass die Pistolenschüsse als Querschläger von der Metallverkleidung des Schachts abprallten und ihre gesamte Energie einbüßten, bevor sie Jaina erreichten. Allerdings fanden beide Machtblitze ihr Ziel – gerade, als sie sich über der Öffnung in der Luft befand.
Jaina fing die erste Blitzgabel mit der Klinge ihres Lichtschwerts ab. Der zweite Blitz schien sie direkt in die Brust zu treffen. Luke sah, wie ihre Schultern zurückgeworfen wurden, dann war ihr Schwung dahin, und sie begann zu fallen.
Corran war einen halben Schritt hinter ihr in der Luft. Irgendwie schaffte er es trotz seines angeschwollenen Knies, mit ihr mitzuhalten. Er griff nach unten und bekam einen Teil ihres Gewandes zu fassen. Zusammen krachten sie nur wenige Zentimeter hinter der Ansaugöffnung auf den Boden und rollten den Schacht entlang, bis sie vor den Machtblitzen in Sicherheit waren. Am anderen Ende des Schachts rückten die Sith in Richtung der zweiten Ansaugöffnung vor, um Jaina und Corran daran zu hindern, darüber hinwegzuspringen.
Leider konnte Luke es sich nicht leisten zu verfolgen, was als Nächstes geschah. Für ihn war der Moment gekommen, um Corran und Jaina ihren Aufgaben zu überlassen und sich seiner eigenen zuzuwenden. Er drehte sich um und sah, dass Koreleis Trupp noch etwas weiter als hundert Meter entfernt war, mit zwei weiteren Ansaugöffnungen zwischen ihm und seinen Gegnern. Die Sith stürmten den Hauptschacht entlang, immer drei nebeneinander, und ihre knisternden Lichtschwerter schufen eine mobile Blase karmesinroten Lichts. Korelei selbst war nicht zu sehen, auch wenn Luke irgendwo in der zweiten oder dritten Reihe eine bedrohliche Präsenz wahrnahm, die nur sie sein konnte.
Luke beschloss, sich seine Umgebung auf dieselbe Art und Weise zunutze zu machen, wie es die Sith taten, die den Schildgenerator verteidigten, und trat zum Rand des nächstgelegenen Ansaugschachts, um über den Abgrund hinweg das Feuer zu eröffnen. Die drei Sith in der ersten Reihe schlugen seine Blastersalven zu ihm zurück, also ließ er sich auf den Bauch fallen und feuerte weiter auf ihre Brust – bis sie zur ersten Öffnung im Boden gelangten und durch die Luft sprangen. In diesem Moment änderte Luke sein Vorgehen und fing an, zwischen Bein- und Kopfschüssen hin und her zu wechseln.
Wie er es gehofft hatte, überraschte der plötzliche Wechsel die Sith. Eins ihrer Schwerter kassierte einen Beintreffer und brach in einem stöhnenden Haufen zusammen, als es auf Lukes Seite des Grabens landete. Ein zweites wurde unvorsichtig, als es versuchte, einen Gesichtsschuss abzublocken, und dabei der Frau neben sich den Kopf abtrennte. Ein dritter Sith fand sein Ende, als der durch die Luft segelnde Kopf ihn ins Gesicht traf und er am Rand der Öffnung stolperte, um dann kopfüber in den Schacht zu stürzen.
Die anderen jedoch schafften es auf die andere Seite, ein halbes Dutzend Sith, die jetzt bloß noch fünfzig Meter entfernt waren, mit Korelei in der zweiten Reihe, die sie anspornte, weiter vorzurücken. Luke feuerte weiter, wechselte zwischen ihren Beinen und Köpfen hin und her und schaffte es kaum, sie zu verlangsamen. Hinter ihm steigerte sich das Kreischen und Knistern des Kampfs zwischen Jaina und Corran und den vier Sith, denen sie sich gegenübersahen, zu einem Crescendo – ein sicheres Zeichen dafür, dass Jaina und Corran sich dem letzten Ansaugschacht näherten. Die Chancen, diese unmöglich zu vollbringende Mission trotz allem doch zu meistern, sanken mit jeder Sekunde.
Dann rief Jaina Corran zu: »Los!«
Koreleis Meute war immer noch vierzig Meter entfernt, als Luke einen raschen Blick zurückwarf – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Jaina abrupt auf dieser Seite der Ansaugöffnung innehielt und die Macht einsetzte, um ihr Lichtschwert zu schleudern, das horizontal quer durch den Schacht wirbelte. Corran war nur einen Schritt hinter ihr, und seine eigene Klinge schwirrte irrwitzig durch die Luft, als er Blasterschüsse beiseitehieb.
Jainas Lichtschwert erreichte die andere Seite des Schachts und wurde rasch von einem der Sith beiseitegeschlagen. In diesem Moment sprang Corran bereits mit einem Satz über den Abgrund, seine Klinge zu einem hoch angesetzten Abblockmanöver erhoben, während sein Stiefel in die Höhe schoss, um wuchtig zuzutreten – ein Tritt, der ihm mit ziemlicher Sicherheit ein Bein kosten würde, bis Jaina unversehens ihre Hände ausstreckte. Sie verpasste den Sith einen brachialen Machtstoß, obgleich Luke nicht geglaubt hatte, dass sie noch die Kraft besaß, dergleichen heraufzubeschwören, und alle vier Gegner wankten zurück.
Einen Augenblick später war Corran auf der anderen Seite der Ansaugöffnung. Nun war alles, was sich noch zwischen ihm und dem Schildgenerator befand, vier noch immer schwankende Sith und fünfzig Meter Schacht. Luke sah, wie er das Heft seines Dualphasen-Lichtschwerts drehte, dann wurde die silberne Klinge violett und war schlagartig ein Drittel länger, als der zweite Fokussierkristall aktiviert wurde. Der erste Sith schrie, und Luke fing an, sich wesentlich besser zu fühlen, was ihre Erfolgschancen betraf.
Auf dieser Seite des Ansaugschachts jedoch zeigte sich, dass Jaina am Ende war. Sie hockte – vor Erschöpfung wankend – auf den Knien, gefährlich dicht davor, einfach ohnmächtig zu werden. Luke nutzte die Macht, um sie ein sicheres Stück vom Rand des Schachts wegzuziehen, ehe er sich umdrehte und feststellen musste, dass er genug eigene Probleme hatte. Als er sah, dass die erste Sith-Reihe bloß noch zwei Schritte von der anderen Seite des Grabens entfernt war, warf er seinen Blaster hinter sich und streckte eine Hand aus, um vier Sith-Knöchel mit einem zermalmenden Machtgriff zu packen. Er zog sie auf den Abgrund zu.
Unversehens stürzten drei der Sith in den Ansaugschacht. Sie schrien und wanden sich, suchten verzweifelt nach etwas, woran sie sich festhalten konnten – um Sekundenbruchteile später außer Sicht zu verschwinden. Dem vierten Sith gelang es, sich mit einem Machtsprung nach hinten zu katapultieren und auf seiner Seite des Schachts zu landen. Bevor Luke ihn jedoch nach vorn ziehen konnte, schwirrte ein Glasparang aus der Scheide, die am Gürtel des Mannes hing, und flog auf ihn zu.
Luke brauchte kaum mehr als einen Gedanken einzusetzen, um das Parang abzulenken, doch inzwischen waren Korelei und ein weiterer Keshiri über dem Ansaugschacht in der Luft, mit aktivierten Lichtschwertern und auf Luke fixierten Augen. Er schaltete seine eigene Waffe ein und sprang auf die Füße, während er den beiden gleichzeitig einen Machtstoß versetzte, der den Keshiri-Mann wieder über den Graben zurücktrudeln ließ.
An Korelei hingegen schien der Angriff vollkommen spurlos vorüberzugehen. Sie ließ lediglich ihr Lichtschwert nach unten sausen, um Lukes Hieb abzublocken, ehe sie ihm einen stampfenden Tritt gegen die Brust verpasste und ihn rückwärts durch den Lufttunnel segeln ließ.
Luke landete fünf Meter entfernt, mit einem drückenden Schmerz in der Brust. Er mühte sich einzuatmen. Korelei war kaum zwei Schritte weit weg, und ihre Finger glühten bereits blau von dem Machtblitz, den sie sich zu schleudern anschickte. Da Luke weder die Zeit noch die Kraft hatte aufzuspringen, packte er sie einfach mit der Macht, richtete die Spitze seines Lichtschwerts in ihre Richtung und zog.
Sie krachten so heftig gegeneinander, dass Luke der Kopf schwirrte und seine Knochen schmerzten. Er wusste, dass das Lichtschwert sein Ziel gefunden hatte, da er verkohltes Fleisch roch. Der Griff wackelte in seiner Hand, als Korelei sich von der sengenden Klinge zu befreien versuchte. Er spürte, wie sie eine Handfläche gegen seine Brust presste und hob die freie Hand, um ihren Arm zu packen … doch zu spät. Sein gesamter Körper erzitterte im vernichtenden Griff eines Machtblitzes.
Die Agonie schien ewig zu währen. Luke konnte spüren, wie sein eigenes Fleisch unter der gegen seine Brust gepressten Handfläche verkohlte. Der Blitz paralysierte ihn, außerstande, sich freizukämpfen, mit einem Kopfstoß anzugreifen oder auch nur ruckartig seine Lichtschwertklinge herumzudrehen und Korelei den Rest zu geben. Er hing einfach wie gelähmt da, umklammerte mit einer Hand ihren Arm, drückte ihr mit der anderen den Griff in die Brust und fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie endlich starb.
Offensichtlich wesentlich länger als die Zeit, die Luke blieb, bevor ihn dasselbe Schicksal ereilte. Sein freier Arm glitt zwischen ihnen in die Höhe und stieß sie weg, um etwas Platz zu schaffen. Dann ruckte sie herum, schleuderte ihn gegen die Schachtwand … und glitt seitlich von seinem Lichtschwert. Das Manöver öffnete eine klaffende Wunde in ihrem Oberkörper.
Allerdings verlangsamte die schwere Verletzung sie nicht einmal. Sie ließ von Luke ab, der unbehelligt hinstürzte, und lief durch den Schacht hinter Corran her, der inzwischen drei der Sith ausgeschaltet hatte, die den Schildgenerator verteidigten, und jetzt einen blitzenden Ansturm von Lichtschwertattacken einsetzte, um den vierten Sith in Richtung des Hauptventilationseinlasses zurückzudrängen. Als Luke auf dem Boden aufschlug, war Korelei bereits auf halbem Wege zum nächsten Ansaugschacht. Ihre Schultern schwangen unbeholfen über einer Wunde hin und her, die eigentlich schon zehn Schritte zuvor dafür hätte sorgen müssen, dass sie als lebloser Haufen am Boden lag.
Luke blieb keine Zeit, darüber nachzugrübeln, woher sie diese Kraft und Zähigkeit nahm. Schon konnte er Stiefel hören, die auf dem Schachtboden widerhallten, als ihre letzten beiden Gefolgsleute herbeieilten, um zu ihr aufzuschließen. Noch immer zitternd von den Nachwirkungen ihres Machtblitzes, wirbelte er herum, um in die Richtung zu schauen, aus der sie kam, und sah, wie sich das Duo dem nächstgelegenen Ansaugschacht näherte. Angesichts der niedrigen Höhe des Schachts hielten sie ihre Köpfe und Schultern nach vorn gebeugt, sodass sie eher wie zwei Mini-Rancoren denn wie Sith wirkten.
Sie schienen der Ansicht zu sein, dass Luke noch immer außer Gefecht war, da sie einander nicht einmal Deckung gaben, als sie über den Graben sprangen. Welche Überheblichkeit! Er wartete, bis sie sich über der Mitte des Schachts befanden, ehe er einen Wink mit der Hand vollführte, um den linken mithilfe der Macht gegen den rechten Sith zu donnern. Beide donnerten gegen die Schachtwand und stürzten wie Steine ab. Ihre Arme flogen nach vorn, als sie versuchten, die Kante zu fassen zu bekommen. Luke bewegte die Hand ruckartig in ihre Richtung, um ihnen einen Machtstoß zu versetzen, der beide Männer nach hinten schleuderte. Sie schrien vor Überraschung auf – oder möglicherweise auch vor Wut – und verschwanden in der Tiefe des Schachts.
Erleichtert darüber, dass zumindest einige Sith auf die Art und Weise umgekommen waren, wie sie umkommen sollten, ließ Luke seinen abgelegten Blaster zu sich schweben und wandte sich wieder Jaina zu – bevor ihm allmählich klar wurde, warum es so schwer war, Korelei zu töten. Von hinten sah es so aus, als würde das Voork-Miststück eher schweben als laufen, und die grauenhafte Wunde, die Luke ihr beigebracht hatte, schien weniger zu bluten, als vielmehr dunklen, öligen Qualm abzusondern, der in die Luft emporstieg und sich unter der Decke des Schachts ausbreitete.
Korelei war genauso wenig eine »normale« Keshiri wie Luke. Sie war eine ganz andere Art von Wesen – und sie war auf halbem Wege zu Jaina, die zusammengesackt in der Mitte des Tunnels kniete, so reglos, dass Luke der Gedanke kam, sie wäre vielleicht tot.
Ein gequälter Schrei hallte durch den Tunnel, als Corran den letzten Sith niedermetzelte, der sich noch zwischen ihm und dem Schildgenerator befand.
Korelei – oder wer oder was immer sie auch in Wahrheit sein mochte – hob einen Arm, und ein gewaltiger Machtblitz schoss den Tunnel hinunter, um Corran zu erwischen, der überrascht aufschrie und stürzte. Dann lag er zuckend und zitternd auf dem Schachtboden, von tanzenden Gabeln blauer Energie umschlossen und außerstande, sich aus eigener Kraft davon zu befreien.
Luke eröffnete mit seinem Blaster das Feuer, und selbst auf eine Distanz von über dreißig Metern gelang es ihm, dem Korelei-Ding mehrere Salven zu verpassen. Natürlich machte sie das kein bisschen langsamer.
Luke musste dieses Etwas aufhalten – er konnte sich nicht dazu durchringen, ihren wahren Namen auch nur zu denken, andernfalls würde die letzte Hoffnung der Jedi, den Tempel zu stürmen, verloren sein. Er öffnete sich vollends der Macht, und die Energie strömte so schnell herbei, dass sie ihn beinahe in die Luft emporzuheben schien, um ihn auf einem tosenden Energiefluss die Röhre hinabzutragen. Als er sich seiner Beute näherte, feuerte er wieder, um diesmal so viele Schüsse in ihre Beine zu ballern, dass eins tatsächlich in Flammen aufging.
Doch auch das machte keinen Unterschied. Dieses Ding – dieses Wesen – besaß Kräfte, die nahezu jedes Verständnis überstiegen. Gleichzeitig jedoch begann Luke zu verstehen.
»Jaina!« Luke streckte seine Machtsinne nach ihr aus und war erleichtert, Leben in ihrer Aura zu fühlen. Er legte die Stärke der Macht in die Stimme und richtete seine Worte direkt an sie. »Meisterin Solo! Die Jedi brauchen dich … jetzt!«
Jaina rührte sich nicht.
Luke ging dazu über, auf den Kopf seiner Beute zu feuern. Ein Schuss traf das Korelei-Ding gleich hinter dem Ohr und trat auf der anderen Seite, begleitet von einem Sprühregen von Knochen und Hirnmasse, wieder aus.
Das Korelei-Ding strauchelte.
Er feuerte abermals, doch jetzt wirbelte die Kreatur herum und riss seine freie Hand hoch, um den Schuss abzuwehren und ihn als Querschläger wieder durch den Schacht zurückzuschicken. Luke scherte sich nicht darum, da Corran am anderen Ende der Röhre mittlerweile wieder frei war und auf Händen und Knien auf den Schildgenerator zukroch. Luke packte Jaina mit der Macht. »Jedi Solo! Stellung halten und kämpfen!« Als sie sich immer noch nicht regte, feuerte Luke von Neuem.
Das Wesen fing den Schuss mit der Hand auf und hielt ihn, noch immer lodernd, fest. Dort, wo der Blasterschuss gerade eben ausgetreten war, klaffte ein versengtes Loch in ihrer Wange. Ihre lavendelfarbene Haut war zu einem blaustichigen Alabaster verblasst, und als ihr Blick Lukes fand, hatten sich ihre Pupillen zu bloßen Punkten silbrigen Lichts zusammengezogen. Als sie lächelte, zog sich ihr Mund so sehr in die Breite, dass das Lächeln von einem Ohr zum anderen reichte. Dann peitschte ihr Arm vor und ließ den knisternden Blasterschuss geradewegs auf Lukes Augen zuschießen, und da konnte er die Wahrheit nicht länger leugnen.
Abeloth war hier.
Unten in dem rauchverhangenen Genlabor auf Hagamoor 3 blieb Tahiri keine Zeit, um nach Hilfe zu rufen. Nicht, dass Fett ihr viel Unterstützung hätte zuteilwerden lassen können. Ein Tentakel peitschte auf den Arbeitsraum zu, in dem Tahiri stand, und der Kopf, der am Ende schwebte – der, der wie der hängebackige Moff Quillan aussah –, krachte gegen das Transparistahlfenster, das die beiden Räume voneinander trennte.
Anstatt an dem Fenster zu zerplatzen, wie Tahiri erwartet hatte, explodierte der Schädel allerdings in einem purpurnen Blitz aus Machtenergie. Tahiri riss den Arm hoch, nutzte die Macht, um sich gegen die Druckwelle zu stemmen, und schaffte es kaum zu verhindern, dass sie von dem Gestöber von Metallsplittern in Stücke geschnitten wurde, die auf sie zuflogen.
Dann flog Tahiri und wurde durch das zertrümmerte Sichtfenster in die sengende Hitze des Genlabors gerissen. Wie viel Zeit verstrichen war, seit sie das letzte Mal auf ihr Chrono gesehen hatte, vermochte sie nicht zu sagen. Vielleicht zwei Minuten, aber nicht mehr als drei – und sie musste Abeloth mindestens acht Minuten über beschäftigt halten. Nicht gut.
Tahiri schob eine Hand in eine der Oberschenkeltaschen ihres Schutzanzugs und fühlte die beruhigende Glätte eines Thermaldetonators – und dann war sie in Abeloths Griff, so dicht von einem Tentakel umschlungen, dass sie kaum atmen konnte. Ein zweiter Tentakel wickelte sich um Tahiris Handgelenk und zog ihre Hand aus der Tasche, in der sie den noch nicht scharf gemachten Detonator hielt.
Abeloth schleuderte Tahiri herum, und sie sah sich einer monströsen Fratze gegenüber – einem so von Machtenergie verzehrten Gesicht, dass es kaum noch menschlich wirkte. Das bisschen Fleisch, das noch übrig war, war so grau wie Asche und pellte sich in Schuppen in der Größe von Daumennägeln ab. Die Nase war so eingefallen, dass bloß noch zwei offene Höhlen zu sehen waren, und die Lippen waren zu braunen Strichen verwittert, die aussahen, als würden sie jeden Moment abfallen.
Dennoch, die Augen waren ihr schockierend vertraut. Sie besaßen dieselbe eisblaue Iris, die Tahiri im Zeugenstand angestarrt hatte, als Pagorski ausgesagt hatte – als sie gelogen hatte, was die Umstände von Admiral Pellaeons Tod betraf. Allerdings gehörten diese Pupillen nicht Pagorski. Sie waren groß, und sie wirkten dunkel und bodenlos, ohne irgendwelchen Glanz, abgesehen von den beiden winzigen silbernen Punkten, die sich noch weiter zusammenzuziehen schienen, als Tahiri in sie hineinsah, wie um sie in die kalte, seelenlose Leere hinabzuzerren, aus der es kein Entkommen gab.
In Tahiris Kopf sagte Abeloths feine Stimme: Für Sprengstoff besteht kein Anlass, Kind.
Der Tentakel drückte Tahiris Handgelenk zusammen, bis sich ihre Hand öffnete und der Thermaldetonator zu Boden fiel – noch immer nicht scharf.
Wir werden für lange Zeit zusammen sein, du und ich.
Tahiri rammte Abeloth die Emitteröffnung ihres Lichtschwerts in die Magengrube. »Nicht, wenn ich es verhindern kann.« Sie drückte mit dem Daumen auf den Aktivierungsschalter und sah, wie die Spitze ihres saphirblauen Lichtschwerts aus Abeloths Rücken wieder austrat. In der Annahme, dass mehr als eine einzige Stichwunde nötig sein würde, um eine Machtentität zu vernichten, ließ Tahiri ihre Hand sogleich nach unten sausen und zog die Klinge in einem schrägen Winkel durch den Leib ihrer Gegnerin – oder zumindest hatte sie das beabsichtigt.
Als sich die Klinge nicht vom Fleck rührte, schaute Tahiri nach unten und erkannte, dass diese Hand ebenfalls von einem Tentakel umschlungen war. Sie versuchte, sich loszureißen, und stellte fest, dass sie nicht bloß außerstande war, die Hand zu bewegen, sondern dass sie sie nicht einmal mehr spüren konnte.
Genau das ist der springende Punkt, mein Kind, sagte Abeloth. Du kannst es nicht verhindern.
Zwischen ihnen stieg ein Tentakel in die Höhe, der sich dann nach vorn bog und sich an Tahiris Kinn emporschlängelte.
»Was?«, keuchte Tahiri. In ihr stieg kaltes Entsetzen auf, und sie musste darum kämpfen, nicht in Panik zu geraten. »Was tust du da?«
Sagte ich das nicht bereits?, entgegnete Abeloth. Wir werden zusammen sein. Der Körper des Leutnants ist schwach. Deiner ist stark. Deiner hat die Macht gespürt …
Die Erklärung wurde vom scharfen Zischen einer Minirakete unterbrochen, deren Brüllen schriller wurde, als sie heransauste. Tahiri warf einen raschen Blick zum zertrümmerten Fenster hinüber und sah Fett dort stehen, den Arm mit dem Raketenwerfer noch immer runter ins Labor gerichtet.
Dann wirbelte Abeloth zur Seite, schlitzte ihren eigenen Leib an Tahiris Lichtschwertklinge auf und war verschwunden. Einen Augenblick später erreichte die Minirakete ihr Ziel, traf den Boden vor Tahiri … und explodierte nicht. Fett ließ seinen Helm sinken – wie um zu sagen Gern geschehen –, bevor er sich herumwarf und kaum zwei Atemzüge vor Abeloth verschwand. Sie sprang hinter ihm her durch das Loch. Eine ölige, dunkle Rauchfahne kräuselte sich aus der Wunde in ihrer Seite.
Tahiri brachte einige Herzschläge lang, um sich zu vergewissern, dass sie nicht den Verstand verloren hatte. Es schien unmöglich, aber Fett hatte gerade sein Leben riskiert, um ihres zu retten. Und jetzt spielte er selbst den Köder, obwohl er sich ebenso gut auch einfach seine Wissenschaftler hätte schnappen und abhauen können. Vielleicht war er letztlich doch kein so schlechter Kerl – oder vielleicht war ihm sein Wort schlichtweg wichtiger als sein Leben.
So oder so, Tahiri hatte nicht die Absicht, die Zeit zu vergeuden, die er ihr gerade verschafft hatte – höchstwahrscheinlich auf Kosten seines Lebens. Sie holte zwei weitere Thermaldetonatoren aus den Taschen ihres Schutzanzugs hervor und machte beide scharf, ehe sie den einen Zünder auf zwanzig Sekunden einstellte und den Sprengsatz in einer Oberschenkeltasche verstaute. Den anderen Detonator behielt sie in der Hand, nachdem sie den Zünder auf zehn Sekunden programmiert hatte.
Kaum dass Tahiri ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatte, blitzten in dem Arbeitsraum gleißende orangeblaue Salven auf, als Fett sein gesamtes Arsenal auf Abeloth abfeuerte. Während sie im Kopf runterzählte, hechtete Tahiri mit einem Machtsprung durch das zertrümmerte Sichtfenster und wandte sich dem anderen Ende des Raums zu, wo sich die beiden Nanotechnik-Wissenschaftler – Tarm und Yu – noch immer angekettet in ihre Sesseln duckten.
Fett war vor den beiden Wissenschaftlern. Er kauerte hinter dem großen Labortisch, der die Mitte des Raums beherrschte, und feuerte mit allem auf Abeloth, was ihm zur Verfügung stand. Sie ließ das Blasterfeuer jedoch einfach ungerührt über sich ergehen. Ihr verwundeter Leib zuckte kaum, als sich ein Schuss nach dem anderen durch ihr Fleisch brannte. Das Feuer hielt sie mit einem Schild aus Machtenergie auf, der dafür sorgte, dass purpurne Flammenzungen in jede Richtung leckten, nur nicht in ihre. Und die Miniraketen brachte sie mit Machtstößen einfach vom Kurs ab, um sie an sich vorbeizulenken, sodass sie harmlos hinter ihr an der Wand explodierten.
Tahiris Countdown langte bei fünf an. Abeloth hatte das Gesicht von ihr abgewandt. Sie war mit einem Satz auf den Tisch gesprungen und ging darauf auf Fett zu. Tahiri hob den Thermaldetonator, damit Fett zumindest die Chance hatte, ihren Plan zu erahnen, dann öffnete sie die Hand und nutzte die Macht, um den Sprengsatz vorsichtig auf Abeloth zuschweben zu lassen.
Der Detonator hatte kaum die Hälfte der Distanz zurückgelegt, als sich Abeloth zur Seite drehte, sodass sie ihre beiden Gegner gleichzeitig sehen konnte, und streckte einen Tentakel aus. Die Kugel wurde aus Tahiris Machtgriff gerissen und segelte auf Fett zu.
Da bloß noch wenige Sekunden verblieben, bis der erste Detonator explodierte, ging Tahiri geradewegs zu Plan B über, aktivierte das Lichtschwert und ging mit einem Machtsprung zum Angriff über. Als sie bis zwei runtergezählt hatte, hatte sie Abeloth erreicht und hackte drei Tentakel durch – die auf die Tischplatte fielen und sich prompt um ihre Knöchel schlängelten.
Ein gewaltiges Brüllen erfüllte den Raum, als Fett sein Jetpack anwarf und auf sie zugeschossen kam. Mit einer Hand umklammerte er den Detonator, den Abeloth auf ihn zufliegen ließ – er hatte ihn sich einfach aus der Luft geschnappt. Er rammte ihn im selben Moment in die Rauch absondernde Wunde, in der Tahiris Countdown bei eins anlangte.
Sie wirbelte herum, um davonzuspringen – dann umklammerte etwas Kräftiges ihren Bizeps, und ihr Arm wurde beinahe aus der Gelenkpfanne gerissen, als sie in die Luft gerissen wurde. Als sie begriff, dass Fett so freundlich gewesen war, sie im Vorbeiflug zu packen, krachten sie bereits in die Vorderecke des Arbeitsraums. Alles wurde weiß und laut, und Tahiri fürchtete, dass es ihnen nicht gelungen war, aus dem Explosionsradius des Detonators zu entkommen.
Diese Angst verging einen Moment später, als sie als ächzender Haufen auf dem Boden aufschlugen. Fett landete auf ihr, eine Ansammlung von hartem Metall und scharfen Kanten, und Tahiri wurde klar, dass sie tatsächlich überlebt hatte.
Galt das auch für Abeloth?
Tahiri schaute zum Labortisch hinüber – oder besser: dorthin, wo sich eben noch der Labortisch befand, denn dort klaffte jetzt bloß noch ein fünf Meter breites Loch im Boden. Dr. Frela Tarm und Dr. Jessal Yu, beide vollkommen benommen von der Detonation, saßen da und starrten in das Loch hinab.
Tahiri versuchte, sich zu bewegen, aber Fett lag noch immer auf ihr, stumm und schlaff.
»Fett?«, rief sie. Als er nicht antwortete, tastete sie ihn mit der Macht ab und war tatsächlich ein bisschen erleichtert zu fühlen, dass er noch lebte. »Fett!« Tahiri rollte ihn behutsam von sich herunter – bis eine kleine Stimme in ihrem Kopf bei der Zahl fünfzehn anlangte und sie sich an Plan B erinnerte. »Fett!« Sie stieß ihn hart von sich und verstärkte ihre eigene Kraft mit der Macht. In der dürftigen Schwerkraft von Hagamoor 3 genügte das, um ihn durch die Luft zu schleudern. »Runter von mir!«
Fett krachte gegen die Decke und schien wieder zu sich zu kommen. Er stieß sich wuchtig ab und sank wieder auf den Boden zu, während er mit angeschlagener Stimme knurrte: »Keine Bewegung!«
Tahiri ignorierte ihn und öffnete die Ausrüstungstasche, in der sie den zweiten Detonator verstaut hatte.
»Du bist erledigt, Abschaum!«, rief Fett.
Tahiri schaute zur Seite, um ihn auf wackeligen Beinen dastehen zu sehen – und festzustellen, dass er seinen Flammenwerfer auf sie richtete. Sie nutzte die Macht, um seinen Arm in die andere Richtung zu drehen, ehe sie den Thermaldetonator so hochhielt, dass er ihn sehen konnte. »Zwei Sekunden«, sagte sie.
Fetts Benommenheit schien schlagartig zu verschwinden. Er wies auf das zertrümmerte Sichtfenster, das das Hauptgenlabor überblickte.
»Nimm den Flammenwerfer …« Tahiri schleuderte den Detonator auf das Sichtfenster zu und nutzte die Macht, um ihn zu leiten und voranzutreiben. Dennoch hatte die Kugel die Öffnung kaum passiert, als der Detonator auch schon explodierte. Ein gewaltiges Krachen erscholl, und ein blendend greller weißer Blitz loderte auf, der einen Großteil der Wand und des Fußbodens vor ihnen zu verschlingen schien … und dann ertönte ein zweites Krachen, diesmal tief und voll.
Die gesamte Anlage erbebte, als wäre sie von einem Asteroiden getroffen worden, und ein ohrenbetäubendes Poltern echote durch den Raum, als unzählige Tonnen Gestein auf die Oberseite der Decke prasselten.
Fetts Kopf drehte sich so, dass das Visier seines Helms auf Tahiris Gesicht gerichtet war. »Das sind ja wirklich hübsche Detonatoren. Wo haben Sie die denn her?«
Eine weitere Explosion erschütterte den Arbeitsraum, und diesmal löste sich ein zwei Meter durchmessender Kreis in der Decke einfach in Rauch auf. Das schrille Pfeifen entweichender Atmosphäre heulte durch den Raum, und alles, das nicht an den Wänden oder am Fußboden fixiert war – Metallsplitter, Flimsibögen, Datenchips – flog auf das Loch zu.
Tahiri schnappte sich den Helm vom Halteklipp an ihrer Schulter, zog ihn über den Kopf und versiegelte ihn mit einer raschen Drehung, während sie darum betete, dass ihr Schutzanzug bei dem Kampf keinen Schaden genommen hatte. Fett, dessen Rüstung raumtauglich war, betätigte einfach einige Tasten auf dem Kontrollfeld am Unterarm.
»Veila!«, brüllte er über ihre Anzug-Kom-Verbindung. »Haben Sie vielleicht vergessen, mir etwas zu erzählen?«
Eine weitere Detonation schüttelte die Anlage durch. Diesmal schien sich die Explosion irgendwo weiter vom Hauptlabor entfernt zu ereignen. Tahiri warf einen raschen Blick auf ihr Chrono und stellte fest, dass das Bombardement zwei Minuten früher begonnen hatte als geplant. Sie hoffte, dass Vangur bemerkt hatte, wie die Fregatte in Angriffsposition gegangen war, und sich daraufhin in sichere Entfernung zurückgezogen hatte.
Tahiri aktivierte ihr Kinnmikro. »Ich glaubte nicht, dass das von Belang ist«, sagte sie. »Ich dachte, dass wir jetzt ohnehin schon tot seien.«
»Sie vielleicht«, warnte Fett.
»Falls das irgendein Trost für Sie ist: Sie haben zwei Minuten zu früh angefangen«, fügte Tahiri hinzu. »Jag muss seiner Mannschaft wirklich Feuer unter dem Hintern gemacht haben.«
»Ausgerechnet jetzt ist die Imperiale Flotte plötzlich von der schnellen Truppe.« Fetts Helm wandte sich der Rückseite des Arbeitsraums zu, wo sich Frela Tarm und Jessal Yu bereits in den letzten Phasen der Dekompressionskrankheit befanden. Ihre Haut war blau angelaufen, und Blut quoll rings um die Ränder ihrer aus den Höhlen quellenden Augen hervor. »Typisch.«
Fett wandte sich dem Sichtfenster zu, durch das die Squibs sie vorhin attackiert hatten, ehe er eine Minirakete abfeuerte, um den restlichen Transparistahl aus dem Rahmen zu pusten. »Ladies first«, sagte er. »Und nein, ich werde Ihnen nicht in den Rücken schießen. Ich weiß, was passiert, wenn man das bei einer Jedi versucht.«
»Ich bin keine Jedi.«
»Doch, sind Sie«, sagte er. Ein weiterer Turbolasertreffer erschütterte die Anlage und dann noch einer. In der Decke des Arbeitsraums erschienen größere Löcher. Fett winkte Tahiri auf den leeren Fensterrahmen zu. »Ich hab’s langsam satt, nachsichtig zu sein.«
Tahiris Blick wanderte zu den beiden Nanontechnik-Wissenschaftlern zurück, die beide im Todeskampf von letzten Krämpfen geschüttelt wurden. »Was ist mit Ihrem Gegenmittel?«
Fett zuckte die Schultern, und sie konnte seine Enttäuschung in der Macht spüren. »Was soll damit sein?«, fragte er. »Die Sleemos, die es entwickelt haben, sind so gut wie tot, und es hat keinen Sinn, sich ihnen anzuschließen.«
»Vermutlich nicht«, stimmte Tahiri zu. »Aber, Fett, ich muss Sie fragen …«
»Ich bin nicht zum Plaudern hier«, unterbrach er sie. »Zeit zu verschwinden.«
»Das weiß ich.« Halb in der Erwartung, dass ein Tentakel auftauchen würde, warf Tahiri einen letzten Blick in Richtung des Hauptgenlabors. »Also, warum haben Sie mir vorhin das Leben gerettet? Ebenso gut hätten Sie sich einfach die Wissenschaftler schnappen und abhauen können.«
»Vielleicht hätte ich das tun sollen, aber Deal ist Deal«, meinte Fett. »Abgesehen davon haben Sie mich zuerst gerettet. Und ich hasse es, jemandem wie Ihnen etwas schuldig zu sein.«
»Jemanden wie mir?«
»Einem Jedi«, knurrte Fett. »Können wir jetzt gehen?«
»Sicher«, sagte Tahiri. »Aber warum haben Sie Ihr Leben riskiert, um mich ein zweites Mal zu retten.«
»Ich mag es, wenn man mir etwas schuldet.« Fett trat auf die Öffnung zu. »Ich verschwinde jetzt, Veila.«
»Warten Sie!« Tahiri ergriff seinen Arm und wandte sich zu den Computerstationen im hinteren Teil des Labors zu. »Da drin befindet sich ein Datenchip – und ich möchte, dass Sie ihn kriegen.«
Ein weiterer Treffer schlug ein. Diesmal krachten Tonnen von Gestein in die zentrale Höhle jenseits des leeren Sichtfensters.
Fett schaute vielsagend nach oben und sagte dann: »Dieser Datenchip sollte es besser in sich haben.«
»Das kann ich Ihnen zwar nicht versprechen, aber es ist Ihre einzige Chance«, entgegnete Tahiri. »Ich habe Yu jedenfalls gesagt, dass er seine ganzen Nanokiller-Daten kopieren soll, damit Sie die Forschungsunterlagen kriegen würden, wenn Sie sich ihn und Tarm schnappen.«
Fett neigte den Helm. »Warum sollten Sie das tun?«
Tahiri zuckte die Schultern. »Weil ich es ebenfalls mag, wenn man mir was schuldet«, antwortete sie. »Und weil ich damals Caedus’ Schülerin war.«
»Das hatte ich fast vergessen.« Fett drehte sich um und eilte in den hinteren Teil des Labors, um den Chip zu holen. »Aber damit sind wir jetzt quitt. In Ordnung?«
»In Ordnung«, sagte Tahiri. Und dann liefen sie beide auf den Ausgang zu. Fett hatte die Führung übernommen, Tahiri folgte ihm dichtauf. »Und danke.«
»Das macht uns trotzdem nicht zu Kumpels, Veila«, sagte Fett. »Für mich sind Sie bloß eine weitere stinkende Jedi.«
Von dort, wo Jaina in der Mitte des Ventilationsschachts kniete, das Gesicht der Seitenwand zugekehrt, konnte sie eine Menge Dinge sehen. Sie konnte sehen, dass es sich bei der Keshiri – mit halb gespaltenem Oberkörper und einer Blasteraustrittswunde an der Stelle, wo ihre linke Wange gewesen war – um keine gewöhnliche Sith handelte. Sie konnte sehen, wie Luke das Ding geradewegs gegen sie drängte. Und am anderen Ende des Schachts konnte sie Corran Horn auf den Rand einer riesigen Ventilationsöffnung zuhumpeln sehen, nur wenige Meter davon entfernt, den letzten Thermaldetonator des Teams auf den Schildgenerator zu schleudern. Sie konnte sehen, dass sich die Keshiri jetzt jeden Augenblick umdrehen und versuchen würde, ihn aufzuhalten, und Jaina konnte sehen, dass ihr Chrono anzeigte, dass es bis zwölf GSZ noch zweieinhalb Minuten waren.
Zweieinhalb Minuten waren für den Schützen einer Geschützstellung eine verdammt lange Zeit, um sein Ziel anzuvisieren – zu lange. Jaina wusste, dass der Sith-Geschützkommandant erkennen würde, dass eine neue Attacke bevorstand, sobald der Schildgenerator erledigt würde – und auch, aus welcher Richtung er kam. Er würde all seinen Schützen befehlen, ihre Gefechte mit den Blitzjägern und Angriffsschlitten einzustellen, die jetzt schon seit Tagen versuchten, die undurchdringlichen Verteidigungsanlagen des Tempels zu durchbrechen. Er würde sie anweisen, ihre Aufmerksamkeit dem Ventilationseinlass zuzuwenden. Und er würde ihnen den Befehl geben, den Himmel über dem Einlass mit Kanonensalven und Raketen zu füllen. Dann, in zweieinhalb Minuten, würden die Leerenspringer geradewegs in die Hölle hinabsausen.
Und aus diesem Grund ignorierte Jaina auch weiterhin Lukes Anweisung, hierzubleiben und zu kämpfen. Stattdessen verharrte sie reglos, drängte Corran mit ihrem Willen, langsamer zu machen, berührte ihn durch die Macht und ermahnte ihn, sich zurückfallen zu lassen. Allerdings konnte sie seine Besorgnis in der Macht fühlen, seine Angst davor, dass er Lukes Opfer vergeuden würde, indem er zuließ, dass die unzerstörbare Keshiri-Frau ihn einholte, wenn er sich weniger beeilte. In dem Moment, in dem die Frau an Jaina vorbeikam und freies Schussfeld auf Corran hatte, würde er sich auf den Schildgenerator katapultieren.
Allerdings wusste Jaina auch, dass sie niemals zweieinhalb Minuten lang gegen die Keshiri-Frau durchhalten würde – nicht mehr, nicht in ihrem aktuellen Zustand. Ihr gesamter Körper fühlte sich an, als würde er von innen heraus verbrennen, und sie war sich keineswegs sicher, dass ihre Muskeln ihr überhaupt gehorchen würden, wenn es so weit war – in zweieinhalb Minuten würde sie tot sein.
Jainas Chrono rückte auf zwei Minuten vor Mittag vor, und dann geschah etwas Seltsames. Die Keshiri heulte vor Schmerz auf. Doch es war nicht bloß die Art von Schrei, die jemand ausstoßen mochte, der einen Blasterschuss durch die Lunge bekam. Das hier war etwas Übernatürliches, ein Schrei, der in der Macht widerzuhallen schien und in Jainas Kopf herumrollte, ohne jemals tatsächlich an ihr Ohr zu dringen.
Die Frau schwankte, und als Luke ihr eine zweite Blastersalve verpasste, sammelte sie sich, um Corran mit einem gewaltigen Satz nachzustellen. Die Zeit war abgelaufen. Jaina streckte eine Hand nach ihrem Lichtschwert aus, ließ es in ihren Griff schnellen und nutzte gleichzeitig die Macht, um auf die Füße zu springen.
Die Frau überraschte Jaina damit, dass sie zwischen ihr und Luke verharrte, und Jaina sah sich der Fratze des Todes selbst gegenüber. Dort, wo der Mund nicht von Lukes Blasterschuss weggerissen wurde, war er zu einem abscheulich weit aufklaffenden, breiten Grinsen verzerrt, das von einem Ohr zum anderen reichte, während die Augen tief eingesunkenen Brunnen der Dunkelheit glichen, an deren Grund zwei winzige Lichtpunkte brannten.
Abeloth.
Jaina erinnerte sich gut genug an ihre Beschreibung, um zu erkennen, wem sie hier gegenüberstand, und sie wusste ebenfalls, dass ihre Chance zu überleben, um Jag wiederzusehen, gerade auf null gesunken war. Sie aktivierte ihr Lichtschwert und stürzte sich mit einem mächtigen Hieb auf ihre Körpermitte in die Schlacht, von dem sie hoffte, dass er ihre Gegnerin nach hinten treiben würde, in Lukes Klinge.
Abeloths Hand zuckte, und plötzlich trudelte Jaina rückwärts den Tunnel entlang. Sie sah das dunkle Rechteck eines Ansaugschachts unter sich vorbeihuschen, dann krachte sie zu Boden und überschlug sich zweimal, bevor es ihr schließlich gelang, die Macht einzusetzen, um anzuhalten. Sie rappelte sich auf die Knie auf, schaute in die Richtung zurück, aus der sie kam, und sah, wie Abeloth mit einem gewaltigen Satz über den Abgrund auf sie zusprang. Jaina schwang ihr Lichtschwert in einem hohen Abwehrmanöver herum – bloß, um Zeugin zu werden, wie ihre Angreiferin in die Öffnung fiel und außer Sicht verschwand.
Zu erschöpft und zu verwirrt, um sich zu erheben, blieb Jaina knien, wo sie war, halb in der Erwartung, dass eine Hand das Metallblech unter ihr durchstoßen und sie am Knöchel packen würde, um sie in den Tod hinabzuziehen. Stattdessen sah sie Luke näher kommen, mit dem Lichtschwert in einer und dem Blaster in der anderen Hand. Als er die Kante des Ansaugschachts erreichte, streckte er den Arm aus und schickte Abeloth blindlings einen Hagel von Blastersalven hinterher. Dann lugte er vorsichtig über den Rand in die Tiefe … und schaute verwirrt drein.
Sein Blick schweifte zu Jaina hinüber. »Was ist passiert?«
»Dasselbe wollte ich dich auch gerade fragen«, entgegnete Jaina. »Ich dachte, du …«
»Nicht ich«, sagte Luke kopfschüttelnd. »Das war etwas anderes – etwas, das wir noch nicht verstehen, denke ich.«
»Noch etwas anderes, das wir in Bezug auf sie nicht verstehen?«, gab Jaina zurück. »Klasse!«
Dann erinnerte sie sich an Corran – und dass sie bislang noch nicht das Krachen eines Thermaldetonators vernommen hatte. Jaina warf einen Blick auf ihr Chrono. Bis zur Mittagsstunde waren es noch immer anderthalb Minuten. Sie wirbelte herum und war erleichtert, Corran am Rande des Ventilationseinlasses stehen zu sehen, von wo aus er zu ihnen herüberschaute – nach wie vor mit dem Detonator in der Hand.
»Jetzt?«, rief er. »Mein Chrono hat den Geist aufgegeben.«
Jaina sah erneut auf ihr eigenes und schüttelte dann den Kopf. »Noch nicht.« Sie schätzte, dass sie nicht viel mehr als eine Minute brauchen würde, um diese letzten fünfzig Meter hinter sich zu bringen, und signalisierte Luke, sich ihr anzuschließen, ehe sie aufstand und durch das Rohr auf den Schildgenerator zuhumpelte. »Lass es uns gemeinsam durchziehen.«
»Gute Idee«, rief Luke. »Wenn wir alle an derselben Stelle zusammenbrechen, erleichtern wir dem Medi-Rettungsteam die Arbeit.«