22. Kapitel
Dank der imperialen Geheimdienst-ID, mit der Jagged Fel sie versehen hatte, hatte Tahiri keine Probleme, sich die Kooperation der Mitarbeiter des einzigen Raumhafens auf Hagamoor 3 zu sichern. Sie erklärte einfach, sie käme vom Büro des Sicherheitsbeauftragten, und verlangte die Daten über den Mandalorianer zu sehen, der einige Tage zuvor eingetroffen war.
Der Offizier – ein grauhaariger alter Captain – schob ihren Identichip in sein Entschlüsselungspad, und sein Gesicht erbleichte. Er nahm ruckartig Haltung an und bedachte sie mit einem strammen Salut. »Verzeihung, Milady«, sagte er. »Ich wurde nicht darüber informiert, dass Staatschef Fel die Hände wieder in Dienst gestellt hat.«
Die Aufregung des Captains war verständlich. Die »Hände«, die allein dem Staatsoberhaupt des Imperiums unterstanden, waren machtsensitive Agenten, die Palpatine einst nach eigenem Gusto als gnadenlose Werkzeuge eingesetzt hatte, um jedem Tod und Unheil zuteilwerden zu lassen, der sich seinen Zorn zuzog. Tahiri wusste genau, dass Jag sie niemals auf dieselbe ruchlose Art und Weise einsetzen würde – doch er baute mit Sicherheit darauf, dass allein die Bezeichnung nach wie vor Wirkung zeigte.
Zehn Minuten später stand Tahiris StealthX gut bewacht in einem versiegelten Hangar, und sie selbst saß vor einem Vidschirm. Auf dem Monitor lief ein vier Tage altes Überwachungsvideo, das Boba Fett zeigte – oder zumindest jemanden in einer identischen Rüstung und mit einem sehr ähnlichen Gang –, der durch einen aufblasbaren Fußgängertunnel marschierte.
Bedauerlicherweise wirkte Fetts mandalorianische Rüstung in dem Tunnel nicht im Geringsten fehl am Platz. Hangamoor 3 war ein allgemein zugänglicher Bergbaumond, auf dem Glücksritter, Erzdiebe und alle möglichen Arten von Schwindlern nach Opfern suchten. Außerdem gab es hier ein florierendes Leibwächtergewerbe. Jede dritte Person auf dem Bildschirm war bewaffnet und trug einen Schutzpanzer. Um die Sache noch weiter zu verkomplizieren, waren die Straßen vollgestopft mit Truppen, die Pro-Daala-Demonstranten in Schach hielten, wie Tahiri feststellte, als Fett das Geschäftsviertel in der Hauptkuppel erreichte. Natürlich waren die Leute auf beiden Seiten gepanzert. In dem Versuch, Fett weiterhin im Auge zu behalten, musste sich Tahiri schließlich damit begnügen, nach seinem ramponierten grünen Helm Ausschau zu halten. Mit dem T-förmigen Visier und dem markanten Entfernungsmesser, der auf einer Seite emporragte, war es am einfachsten, ihm so von einem Videoarchiv zum nächsten zu folgen.
Fett war sorgsam darauf bedacht, sich in der Nähe von anderen Gestalten in Rüstung zu halten und einigen der Überwachungskameras auszuweichen, doch er konnte es sich nicht erlauben, zu sehr aufzufallen. Jeder verdächtigte Versuch, sich in einem imperialen Bevölkerungszentrum der Überwachung zu entziehen – selbst in einem, das so rustikal war wie Hagamoor-Stadt –, weckte bloß noch mehr Argwohn. Während Tahiri ihn beobachtete, suchte der Mandalorianer eine Reihe von Gasthäusern und Geschäften auf. Zwar erstreckte sich das Überwachungsnetz nicht auf das Innere der meisten Gebäude, doch einmal erhaschte sie durch eine Transparistahltür einen flüchtigen Blick auf Fett. Ein Verkäufer drehte einen Datenschirm so herum, dass der Mandalorianer eine Warenliste studieren konnte.
Fett war zweifellos auf der Suche nach jemandem, und Tahiri beschlich allmählich das Gefühl, dass es ihn nicht kümmerte, ob jemand davon erfuhr. Er hätte seine wahren Absichten verschleiern können, indem er ein paar Vorräte kaufte, die Länge seiner Besuche variierte oder die Läden mit einer Handvoll Werbebroschüren wieder verließ. Stattdessen begab er sich einfach so schnell wie möglich von einem Geschäft zum anderen und blieb gerade lange genug, um denjenigen, der zufällig hinter dem Tresen stand, zu bestechen oder einzuschüchtern. Fast schien es, als würde er wollen, dass seine Zielperson erfuhr, dass er kam.
Vielleicht stimmte das tatsächlich. Hagamoor 3 befand sich in Moff Getelles’ Sektor, und wenn Daala diesbezüglich ein Wörtchen mitzureden hatte, waren Getelles’ Tage gezählt. Er hatte sie verraten – und eine entscheidende Rolle dabei gespielt, sie und ihre Verbündeten bei Exodo II einzukesseln. Deshalb war es durchaus einleuchtend, dass Daala an Getelles ein Exempel statuieren wollen würde, um andere potenzielle Abtrünnige auf Linie zu halten. Und was gab es für eine wirkungsvollere Methode, um ihren Standpunkt deutlich zu machen, als den berüchtigten Boba Fett zu schicken, damit er für Daala Vergeltung übte?
Natürlich war Tahiri klar, dass Fetts Beteiligung keine Garantie dafür war, dass auch Abeloth auf Hagamoor 3 auftauchen würde. Was das betraf, so folgte Tahiri nach wie vor allein ihrer Intuition. Da sie beide eine Verbindung zu Daala hatten – Fett hatte Daala von Coruscant gerettet, und Abeloth hatte die Blockade bei Boreleo durchbrochen, um ihr einen Besuch abzustatten –, hoffte sie, dass sich beide letztlich am selben Ort blicken lassen würden. Doch selbst, wenn Fett sie nicht zu Abeloth führte, würde es Jag mit Sicherheit nützen zu wissen, was der Söldner auf Hagamoor 3 trieb.
Tahiri ging die Überwachungsaufnahmen der nächsten drei Tage im Schnelldurchlauf durch, ehe sie Fett schließlich dabei entdeckte, wie er einen Gebrauchtfahrzeughandel betrat. Kurze Zeit später rauschte ein Luftgleiter mit geschlossenem Verdeck durch die hintere Luftschleuse der Kuppel und brauste über die staubige Oberfläche des Mondes davon. Ein Kom-Anruf von einem der Sicherheitsbeamten des Außenpostens bestätigte, dass der Landgleiter von jemandem erworben worden war, der eine grüne mandalorianische Rüstung trug. Außerdem gab der Händler ihnen den Aktivierungscode für den Notfallpositionsgeber des Fahrzeugs.
Hagamoor 3 war imperiales Territorium, sodass der Sicherheitsbeamte den Signalgeber einschalten konnte, ohne dass der Fahrer etwas davon mitbekam. Kurz darauf erfuhr Tahiri, dass der Speeder einen Kilometer vor der sogenannten »Mondmagd« angehalten hatte, einer unterirdischen Mine, die in den vergangenen zwei Wochen massiv um neue Arbeitskräfte geworben hatte. Allerdings ergab eine Überprüfung der Steuerunterlagen, dass in letzter Zeit keine neuen Arbeiter eingestellt worden waren. Tatsächlich schien die Belegschaft der Mine vergleichsweise klein zu sein und über wesentlich mehr technische Mitarbeiter zu verfügen, als angebracht war. Ein ziemlich kryptischer Vermerk am Anfang der Steuerunterlagen wies darauf hin, dass die Mine Suarl Getelles – der ältesten Tochter des Moffs – gehörte und von ihr betrieben wurde. In der Datei – oder sonst irgendwo – fand sich allerdings keinerlei Hinweis darauf, welche Art von Erz in der Magd gefördert wurde.
Der Kommandant des Raumhafensicherheitsdienstes war so freundlich, ein Transportmittel für Tahiri zu arrangieren, und kurz darauf brach sie in einem Geländeangriffsschlitten vom Typ Mabartak G7 auf. Es dauerte bloß ein paar Stunden, um Fetts Fahrzeug aufzuspüren, das verlassen bloß ein paar Kilometer von der Mondmagd entfernt parkte. Einige Minuten danach stand Tahiri in einem fest versiegelten Schutzanzug des Taktik-Sonderkommandos des Imperialen Sicherheitsdienstes in der engen Luftschleuse des Mabartak. Ihrer Einschätzung nach war sie im besten Falle weniger als einen halben Tag hinter Boba Fett – oder demjenigen, wer auch immer seine Rüstung trug, ermahnte sie sich. Es schien unwahrscheinlich, dass sie einem Betrüger nachjagte, der sich lediglich als der legendäre mandalorianische Kopfgeldjäger ausgab, aber wenn es um Fett ging, war es in höchstem Maße unklug, irgendetwas als gegeben hinzunehmen.
Das war auch der Grund dafür, warum Tahiri sich dazu entschlossen hatte, nicht das in den Schutzanzug eingebaute Komlink zu verwenden. Fett würde das Signal mit Sicherheit orten, selbst wenn es ihm an der Software mangelte, die erforderlich war, um die Übertragung zu entschlüsseln. Stattdessen ließ Tahiri ihr Visier hochschnappen und aktivierte das Interkom des Mabartak.
»Ich bin so weit«, sagte sie. »Öffnen Sie die Luftschleuse.«
»Sind Sie sicher, dass Sie keine Eskorte wollen?«, fragte der Kommandant des Vehikels – ein attraktiver Leutnant in etwa ihrem Alter. »Das Aufklärungsteam versucht noch immer, in Erfahrung zu bringen, was da drinnen tatsächlich vorgeht, aber sie schaffen es nicht, jemanden reinzubringen. Und nun haben wir es auch noch mit Boba Fett zu tun, der dort herumschnüffelt? Fett ist niemand, mit dem man sich allein anlegen sollte.«
Tahiri lächelte beinahe. »Sie sind wirklich süß, aber … nein, ich brauche keine Eskorte.« Sie nahm den Ausrüstungsrucksack auf, den sie in der Waffenkammer des Außenpostens bestückt hatte. »Seien Sie einfach hier, wenn ich zurückkomme, Leutnant Vangur. Vielleicht ist dann sogar eine Belohnung für Sie drin.«
Vangurs Stimme wurde hoffnungsvoll. »Eine Belohnung, Ma’am?«
»Etwas für das Aufklärungsteam«, sagte Tahiri. Vangur hatte auf dem gesamten, dreistündigen Flug von Hagamoor-Stadt hierher versucht, mit ihr zu flirten, und die Wahrheit war, dass sie froh über diese Ablenkung gewesen war. Jetzt wurde es allerdings Zeit, sich auf die Mission zu konzentrieren – und Vangur dazu zu bringen, sich gleichermaßen seiner Aufgabe zu widmen. Sie legte eine gewisse Schärfe in die Stimme. »Ich hoffe, Sie denken nicht, dass ich damit etwas anderes gemeint habe, Leutnant.«
»Nein, Ma’am. Dieser Gedanke wäre mir nie in den Sinn gekommen.«
Tahiri schlang sich den sperrigen Rucksack über die Schultern und fragte dann: »Und welchen Gedanken meinen Sie damit?«
»Jeden Gedanken, den Sie als unangebracht empfinden würden.« In Vangurs Stimme lag ein Anflug von Belustigung – ja, beinahe von Spöttelei –, der andeutete, dass er von seiner Passagierin nicht so eingeschüchtert war. »Ma’am.«
»Lügen Sie nie eine Hand des Imperiums an, Leutnant«, warnte Tahiri. Tatsächlich fand sie Vangurs Übermut durchaus ansprechend, auch wenn sie im Moment weder irgendetwas Ansprechendes noch Übermütiges gebrauchen konnte – sie brauchte Verlässlichkeit. »Das ist schlecht für Ihre Gesundheit.«
»Ich verstehe, Ma’am.« Vangurs Stimme blieb zuversichtlich, doch dieses Mal lag kein Humor darin. »Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Gut«, sagte Tahiri. »Seien Sie einfach hier, wenn ich zurückkehre, dann haben wir beide allen Grund, fröhlich zu bleiben.«
Sie schloss ihr Visier und wartete. Als die Statusleuchte an der Kontrolltafel auf Grün umsprang, öffnete sie die Schleuse und trat auf die staubige Oberfläche von Hagamoor 3 hinaus. Fetts Landgleiter stand hundert Meter entfernt auf seinen Landestützen, am Fuße eines gekrümmten Gebirgsgrats, der wie der Rand eines kleinen Einschlagkraters aussah.
Da sie wusste, dass jeder Versuch, sich dem Fahrzeug zu nähern, aller Wahrscheinlichkeit nach einen Alarm auslösen würde, der Fett über die Gegenwart eines Verfolgers informierte, dehnte Tahiri stattdessen ihre Machtwahrnehmung in Richtung des Speeders aus. Als sie niemanden im Innern wahrnahm, kletterte sie den Hang zu einer kleinen Einbuchtung hinauf, wo Fetts Fußspuren über den Bergrücken führten. In der schwachen Schwerkraft des Mondes war der Aufstieg so einfach, dass sie nicht einmal das Kühlsystem des Anzugs aktivierte. Allerdings musste sie die Macht einsetzen, um zu verhindern, dass sie eine Staubwolke aufwirbelte, die mühelos bis zu dreißig Meter hätte emporsteigen können. Als sie sich dem Kamm näherte, ließ sie sich auf Hände und Knie fallen. Sorgsam darauf bedacht, allen Felsbrocken auszuweichen, die ihren Anzug beschädigen könnten, kroch sie den Rest des Weges und hob ihren Kopf dann über den Gebirgsgrat.
Im Innern des Kraters drängten sich Hunderte von Fahrzeugen, von denen die meisten in adretten, ordentlichen Reihen auf ihren Landestützen ruhten. Stiefelspuren im Staub führten zum Eingang der Mine, einem kleinen Permabetonportal, über dem der Name MONDMAGD prangte. Hinter und über dem Portal ragte ein gedrungenes Bürogebäude aus Durastahl mit zwei schmalen, horizontalen Transparistahlfenstern aus dem Hang hervor. Das Fehlen sichtbarer Türen – oder irgendein Hinweis auf einen Weg, der den Hang weiter unten hochführte –, wies darauf hin, dass man das Gebäude bloß vom Innern der Mine aus betreten konnte. Unmittelbar hinter dem Rand des Kraters löste sich eine Wolke heißen gelben Rauchs, der zweifellos aus einem Abgasschacht aufstieg, den Tahiri von ihrer Position aus nicht sehen konnte, in der Leere in Nichts auf.
Sie konnte Fetts nachklingende Verwirrung beinahe in der Macht fühlen. Die Anzahl der Fahrzeuge, die in dem Krater parkten, deutete auf eine Belegschaft hin, die in die Tausende ging. Der Größe des Portals und des Bürogebäudes nach zu urteilen, war die Mondmagd jedoch eine kleine Unternehmung – so klein, dass sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hatten, einen Grenzzaun zu errichten oder Sicherheitsposten aufzustellen. Auch entdeckte Tahiri keinerlei Gerätschaften für die Förderung, Verarbeitung oder Lagerung von Erz. Und wenn in der Mondmagd überhaupt nicht mit Erz gearbeitet wurde, war dies auch keine gewöhnliche Mine.
Tahiri aktivierte die Aufklärungsfunktionen ihres Helms. Die Elektromagnetismussensoren registrierten Dutzende kleiner Emissionsquellen, die in regelmäßigen Abständen entlang des inneren Kraterrands angeordnet waren. Mit ziemlicher Sicherheit handelte es sich dabei um versteckte Überwachungskameras. Als sie sich das Bürogebäude mit zwanzigfacher Vergrößerung ansah, stellte sie fest, dass die Mauern unterhalb der länglichen Transparistahlfenster mit getarnten Waffenscharten versehen waren – viele davon groß genug für Laserkanonen. Und das Portal selbst war nicht mit einem normalen Luftschleusenschott versiegelt, sondern mit einer Panzertür, die massiv genug war, um einem Turbolasertreffer standzuhalten.
Am beunruhigendsten jedoch waren die Thermaldaten der Mine. Hagamoor 3 war ein Brocken metallhaltigen Felsgesteins, kaum groß genug, um seine eigene schwache Schwerkraft zu erzeugen, und die winzige Menge an Kompressionswärme, die der Mond generierte, ließ die Umgebungstemperatur nur knapp über den absoluten Nullpunkt steigen. Allerdings ähnelte der Bereich nahe der Mine in der Thermalansicht eher dem Boden rings um einen Geysir. Tahiri machte sich allmählich Sorgen, dass der gelbe Rauch, der jenseits des Kraters aufstieg, womöglich bedeutete, dass die gesamte Mine in Flammen stand.
Als sie feststellte, dass Fett von hier aus nicht auf direktem Wege in den Krater hinabgestiegen war, ging sie den Hang hinunter, bis sie sich unterhalb der Sichtlinie der Mine befand, und folgte Fetts Spur einige hundert Meter außen am Rand entlang, ehe sie auf den Kamm zurückkehrte. Jetzt befand sie sich neben dem Portal, ungefähr fünfzig Meter darüber. Hier endete Fetts Fährte, und ein großer Brandkreis auf dem Boden deutete darauf hin, dass er sein Jetpack aktiviert hatte, um mit einem einzigen Satz zu dem Portal hinunterzusausen.
Tahiri selbst besaß zwar keinen Raketenrucksack, aber dafür hatte sie die Macht. Sie nahm sich einen Moment, um den Staub von der Emittermündung ihrer Blasterpistole zu wischen. Sie holte zwei Thermaldetonatoren aus ihrem Rucksack, um sie stattdessen im Gürtel zu verstauen, dann nahm sie ihr Lichtschwert zur Hand und atmete tief durch. Sie hatte das Gefühl, dass es vielleicht besser wäre, einen Statusbericht abzuliefern, bevor sie in die Offensive ging, aber selbst, wenn sie die Funkstille hätte brechen wollen, brachte das nicht viel. Falls sie nicht zurückkehrte, würde Vangur Staatschef Fel über das Offensichtliche informieren: dass die Hand des Imperiums Boba Fett in die Mondmagd gefolgt und nicht zurückgekehrt war.
In der schwachen Schwerkraft brauchte Tahiri bloß zwei Machtsprünge, um zum Grund des Kraters hinabzusteigen. Ihr dritter Sprung brachte sie vor das Eingangsportal der Mondmagd, bei dem es sich tatsächlich um eine schwere Panzertür handelte. So konstruiert, dass die beiden ineinandergreifenden Hälften nach außen aufschwangen, schien die Tür aus einer reflektierenden Durataniumlegierung zu bestehen, die für laserbasierte Artillerie praktisch undurchdringbar war. Ein matter Schimmer in dem Metall deutete darauf hin, dass das Gelände von einem Annullierungsfeld geschützt wurde, wie es für gewöhnlich in Militäreinrichtungen zum Einsatz kam, um die Zünder von Thermaldetonatoren und anderen mobilen Sprengsätzen zu stören. Was Tahiris Aufmerksamkeit jedoch am meisten fesselte, war das Gefühl von brodelnder Dunkelheit, das sie in der Macht spürte – eine Wolke von Furcht und Kummer, die sich irgendwo tief im Innern der Mine zusammenzubrauen schien. Möglicherweise hatte Fett sie am Ende doch zu Abeloth geführt.
Könnte ich wirklich solches Glück haben?, fragte sich Tahiri. Könnte ich wirklich solches Pech haben?
Aus dem Augenwinkel erhaschte sie durch das Visier eine flüchtige Bewegung, als eine Sicherheitskamera auf ihrem Kontrollarm nach unten glitt, um sie einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Sie streckte eine Hand aus und nutzte die Macht, um die Kamera in ihren Griff zu ziehen, ehe sie die Linse dicht an ihr Visier heranbrachte und den Kinnknopf ihres Komlinks betätigte.
»Imperialer Sicherheitsdienst.« Sie schickte einen Spannungsstoß aus Machtenergie in die Linse, um einen gleißenden Blitz zu erzeugen, der die Kamera vorübergehend blenden würde. »Lassen Sie mich rein … sofort!«
»Na klar, Boss.« Die Erwiderung war so von statischem Rauschen überlagert, dass es unmöglich war, die Spezies des Sprechers zu bestimmen, doch für einen Menschen klang die Stimme zu dünn und zu piepsig. »Wenn Sie sicher sind, dass Sie das wollen.«
Tahiri spürte, wie der Boden schwach vibrierte, als sich eine der Panzertürhälften ächzend auftat, um einen Spalt zu erzeugen, der gerade breit genug war, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Halb in der Erwartung, dass die Wache die Tür wieder zufallen lassen würde, sobald sie die Schwelle überquerte, huschte sie mit einem einzigen raschen Satz durch die Öffnung, um sich auf der anderen Seite in einer industriellen Luftschleuse wiederzufinden. Die Schleuse sah genauso aus wie tausend andere, die sie kannte – abgesehen davon, dass in dieser hier zwei Blasterkanonen hoch droben unter der Decke montiert waren. Sie winkte mit einem Finger in Richtung beider Kanonen und nutzte die Macht, um die Läufe wegzudrücken – und um die Kalibrierung des Waffenkontrollsystems zu ruinieren.
»Hey!«, ertönte eine kratzige Stimme. »Für wen oder was halten Sie sich?«
»Das sagte ich doch schon«, entgegnete Tahiri. »Imperialer Sicherheitsdienst.«
Sie ging zu der mannsgroßen Luke in der Rückwand der Luftschleuse hinüber und spähte durch ein Sichtfenster in Kopfhöhe in einen langen, gut erhellten Tunnel, der von weißen Plastoidpaneelen gesäumt war, die viel zu sauber für eine in Betrieb befindliche Mine waren. Der Wachposten – wo auch immer er sich befinden mochte – war nirgends auszumachen.
»Öffnen Sie diese Luftschleuse jetzt?«, forschte Tahiri. »Oder muss ich mir den Weg durch dieses Schott freischießen und Ihre gesamte Anlage dekomprimieren?«
»Sie sagten nicht, dass Sie es eilig haben.« Die Panzertür schloss sich hinter ihr mit einem dumpfen Krachen, und die Stimme sagte: »Warten Sie nur eine Minute, damit der Druck …«
»Nein.«
Tahiri trat von der Schleuse zurück und setzte dann die Macht ein, um die Notentriegelung zu betätigen und die Luke aufzustoßen. Aus einem gewaltigen Quietschen wurde ein gewaltiges Brüllen, und sie wurde beinahe von den Füßen gerissen, als ein Windstoß in die Kammer strömte. Nach einer Sekunde ebbte der Wind zu einer starken Bö ab, und sie sprang aus der Schleuse.
Tahiri spürte die drohende Gefahr und wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um in der Tür einer kleinen Wachkabine eine Schießscharte aufgleiten zu sehen. Da im Sichtfenster weiter oben kein Gesicht auszumachen war, streckte sie lediglich eine Hand in Richtung der Scharte aus und stieß mit der Macht dagegen. Im nächsten Moment zuckte eine Spur von Blasterschüssen über die Innenseite des Fensters und setzte sich über die Decke fort.
Tahiri aktivierte ihr Lichtschwert und ging zu der Kabine hinüber, ehe sie durch das karbonversengte Sichtfenster schaute. Auf dem Boden der Kammer lag ein pelziges, einen Meter großes, nagetierartiges Wesen – ein männliches Wesen –, das einen T-21-Repetierblaster umklammerte, der fast so lang war wie es selbst. Dank der übergroßen Ohren und der großen, runden Augen hätte man den Kerl als niedlich beschreiben können – zumindest, wenn er kein Squib gewesen wäre. Tahiri nutzte die Macht, um das Schloss zu öffnen, ehe sie die Tür von außen aufmachte und in die enge Kabine trat.
Sie schob ihr Visier nach oben. »Hast du vielleicht Todessehnsucht?« Mit der Macht riss sie das T-21 aus seinem Griff. »Ich sagte: Imperialer Sicherheitsdienst.«
»Ja, schon klar. Und ich soll Sie einfach beim Wort nehmen?«, gab der Squib scharf zurück. »Halten Sie mich vielleicht für einen Winzling, der noch Flaum hinter den Ohren hat?«
Tahiri musterte sein geschecktes Fell und die übergroßen Ohren, und dann wurde ihr klar, dass sie eine ziemlich gute Ahnung hatte, um wen es sich bei dem Squib handelte. Kurz, nachdem sie in Jagged Fels Dienst getreten war, hatten die Solos den Staatschef mit drei Squibs bekannt gemacht – einem weiblichen und zwei männlichen. Das Trio hatte sich freiwillig gemeldet, um ein experimentelles Jugendserum auszuprobieren, das von niemand anderem als Moff Getelles entwickelt worden war. Testpersonen, die das Serum benutzten, tendierten dazu, übermäßig jugendliche Eigenschaften zu entwickeln – so wie große Ohren und scheckiges Fell. Nach einem Moment nickte sie. »Um ehrlich zu sein, siehst du tatsächlich noch aus wie ein Winzling«, sagte sie. »Welcher bist du? Du bist ein Kerl, also musst du entweder Grees oder Sligh sein.«
Der Squib verengte die Augen zu Schlitzen. »Kennen wir uns?«
»Du kennst meinen Vorgesetzten, Jagged Fel«, sagte Tahiri. In Wahrheit war sie sich nicht ganz so sicher, wie sie ihren Status als halb Gefangene und halb Agentin des Imperiums angemessen umschreiben sollte. »Du hast vor nicht allzu langer Zeit einen Undercover-Auftrag für ihn erledigt – einen Auftrag, der eigentlich längst erledigt sein sollte.«
»Dieser Auftrag ist erledigt«, versicherte der Squib. Er kroch auf dem Boden nach hinten – und stieß prompt gegen die Wand. »Das hier ist ein anderer.«
Tahiri zuckte die Schultern. »Wie du meinst …« Sie hielt inne, als würde sie die Macht auf dieselbe Art und Weise einsetzen, wie Meister Skywalker es tat – um die Namen von Leuten aus ihren eigenen Gedanken zu erfahren. Dann riet sie einfach. »Sligh.«
Als sich die Ohren des Squibs besorgt zurückbogen, wusste sie, dass sie richtig lag. »Warum erzählst du mir nichts von diesem neuen Auftrag, den ihr habt?«, fragte sie. »Und vergiss nicht: Ich merke, wenn du lügst.«
Sligh schüttelte den Kopf. »Das denke ich nicht, Blondchen.«
»Okay, dann sage ich dir, was Sache ist«, erklärte Tahiri, die gerade beschlossen hatte zu bluffen. »Ihr arbeitet jetzt für Daala.«
»Falsch«, sagte Sligh selbstgefällig. »Na, du bist mir ja ’ne feine Jedi.«
»Ich bin keine Jedi – nicht mehr«, korrigierte Tahiri. Sie öffnete sich wieder der Macht und spürte dieselbe wogende Dunkelheit, die sie bereits von außerhalb des Portals wahrgenommen hatte – und dieselbe Wolke von Kummer und Leid. »Und du hast mich nicht aussprechen lassen. Ihr arbeitet für Daala, die euch über ihre Handlangerin angeheuert hat – einen imperialen Leutnant namens Lydea Pagorski.«
Sligh wandte den Blick ab. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Das musstest du auch nicht«, entgegnete Tahiri. »Pagorski leitet Daalas Wahlkampf, sofern man das Anstacheln von Aufständen so nennen kann.«
Sligh zuckte die Schultern. »So werden die Dinge im Imperium nun mal gehandhabt. Wer sind wir, dass es uns zustünde, darüber zu urteilen?«
»Da hast du wohl recht«, meinte Tahiri. Sie verfiel auf eine freundlichere Verhörtechnik, deaktivierte ihr Lichtschwert und bedeutete Singh aufzustehen. »Worauf ich mir allerdings keinen Reim machen kann, ist, warum Pagorski hierhergekommen ist, nach Hagamoor Drei. Das ist Getelles’ Territorium, und Getelles steht auf Jags Seite.«
»Was bringt dich auf den Gedanken, dass wir damit irgendwas zu tun haben?«, wollte Sligh wissen. »Wir sind bloß Dienstleister.«
Selbst, wenn sie die Nervosität des Squibs nicht in der Macht gespürt hätte, hätte Tahiri gewusst, dass er log. »Ihr habt Pagorski hergebracht … weil ihr früher schon mal hier wart«, sagte sie. Plötzlich wusste sie genau, wie die Puzzleteile zusammenpassten. »Die Mondmagd ist gar keine Mine, sondern das Labor, in dem Getelles sein Jugendserum entwickelt hat – das Labor, in dem mit euch Experimente durchgeführt wurden.«
Sligh blinzelte bloß und versuchte, unschuldig zu wirken.
»Pagorski suchte nach einer geheimen Operationsbasis, wo niemand auf den Gedanken kommen würde, nach ihr zu suchen«, fuhr Tahiri fort, während sie den Squib eingehend im Auge behielt. »Und sie brauchte einen Ort, an dem eine Menge Leute einfach verschwinden konnten, ohne dass es auffällt. Denn sie ist nicht mehr Lydea Pagorski, nicht wahr? Sie ist jetzt etwas wesentlich Tödlicheres – etwas, das ihr nicht versteht; etwas, von dem ihr euch vermutlich längst wünscht, euch nicht damit eingelassen zu haben. Richtig?«
Die Art und Weise, wie Sligh rasch den Blick senkte, war für Tahiri Bestätigung genug.
»Und dann wurde alles noch viel schlimmer, nicht wahr, Sligh? Fett hat euch hier aufgespürt – weil er nach den Wissenschaftlern sucht, die mit euch experimentiert haben.« Die Wissenschaftler, die das Jugendserum entwickelt hatten, hatten auch ein Nanokillervirus kreiert, das speziell auf Boba Fetts genetischen Code »programmiert« war – ein Nanovirus, das die Moffs in der Atmosphäre von Mandalore freigesetzt hatten, um dafür zu sorgen, dass es Fett nicht möglich sein würde, jemals wieder auf seinen geliebten Planeten zurückzukehren. »Fett wurde nicht von Daala hierhergeschickt. Er ist hier, weil er es auf eure Wissenschaftler abgesehen hat. Und ihr konntet ihn auch nicht daran hindern reinzugehen. Er ist bereits den Tunnel runtergegangen, um sie zu suchen – ist es nicht so, Sligh?«
Slighs Ohren klappten gerade nach hinten, und seine Hände flogen so rasch in die Höhe, dass Tahiri instinktiv ihr Lichtschwert aktivierte. Allerdings presste der Squib bloß die Hände gegen die Wangen, und dann wirbelte er von Tahiri fort und fing an, den Kopf so schnell und ruckartig hin und her zu drehen, dass sie fürchtete, er würde sich das Genick brechen. Dann drehte er sich plötzlich um und warf sich gegen ihre Beine.
Tahiri ließ ihr Lichtschwert herniedersausen und schlug ihm beinahe den Kopf ab, bevor ihr bewusst wurde, dass in seiner Machtaura keine Aggressivität lag – bloß Panik, Entsetzen und Verwirrung. Im letzten Moment schaltete sie die Klinge aus, ehe sie gerade noch rechtzeitig ein Bein hob, um zu verhindern, dass sie von den Füßen gerissen wurde, als der Squib unter ihr auf den Boden schlug.
Er schoss aus der Wachkabine in den weißen Korridor hinaus. Dann schaute er zurück, während er seinen Kopf weiterhin von einer Seite auf die andere warf, und brüllte: »Raus aus meinem Kopf, Hexe!«