26. Kapitel

In den Spiegel in Jagged Fels Garderobe war ein Holofeld eingelassen, auf dem immer der Imperiale Nachrichtendienst lief, und die Wahltagberichterstattung des Senders war für eine Sondermeldung unterbrochen worden. Anstelle der üblichen Nachrichtensprecher zeigte das Hologramm jetzt ein glasartiges, noch immer glühendes Einschlagloch am Rande eines staubigen Mondkraters. Eine Reporterin mit seidiger Stimme lieferte aus dem Off den Kommentar dazu.

»… Position einer kleinen Mine, die als die Mondmagd bekannt ist«, sagte sie gerade. »Zumindest war dem so, bevor die imperiale Fregatte Consolidator die Mine mit anhaltendem Turbolasersperrfeuer beharkte.«

Obgleich Jag mittlerweile schon seit einigen Tagen mit diesem Bericht gerechnet hatte, überraschte ihn der Zeitpunkt dennoch. Indem sie die Story so lange zurückgehalten hatten, bis es bloß noch wenige Minuten bis zum Wahltag-Rededuell der Kandidaten waren, versuchte der Vorstand des Senders zweifellos, seinen Wahlkampf zu torpedieren. Sie hatten sichergestellt, dass das gesamte Imperium die Nachrichten sehen würden – und ließen ihm keine Zeit, um angemessen darauf zu reagieren, bevor die Bürger ihre Stimme abgaben. Das war eine imperiale Intrige vom Allerfeinsten, und selbst, wenn es sich hierbei um einen der Aspekte seines Amts handelte, die Jag am meisten hasste, bewunderte er dennoch das Geschick seiner Widersacher.

Das Bild wechselte zum Gesicht eines attraktiven Leutnants des Imperialen Sicherheitsdienstes, und der Off-Kommentar fuhr fort: »Wie den Imperialen Nachrichten bekannt wurde, verrichtete Leutnant Dorch Vangur von der Einheit des Imperialen Sicherheitsdienstes auf Hagamoor Drei kurz vor dem Anschlag unweit der Mondmagd seinen Dienst. Er hat bestätigt, dass das Bombardement von Staatschef Jagged Fel auf Empfehlung einer bislang anonymen weiblichen Agentin befohlen wurde. Bedauerlicherweise hat Leutnant Vangur sich geweigert, die Identität dieser persönlichen Agentin zu enthüllen. Und bislang ist es unseren Rechercheuren hier beim Imperialen Nachrichtendienst nicht gelungen, jedwede Hinweise bezüglich ihrer Ankunft auf Hagamoor Drei zu finden – oder ihre Existenz auch nur zu bestätigen.«

»Das müssen ziemlich unfähige Rechercheure sein«, meinte Tahiri. Sie stand hinter der Maskenbildnerin und betrachtete Jags Reflektion im Spiegel. Ihr Gesicht war noch immer ramponiert und voller Blutergüsse, doch für jemanden, der erst kürzlich mit einer Machtwesenheit aneinandergeraten war, wirkte sie alles in allem bemerkenswert fit. »Auf dem Raumhafen von Hagamoor Drei gibt es mehr Überwachungskameras als im Palast auf Bastion. Jedem anständigen Reporter mit einer Stunde Zeit und tausend Credits im Ärmel wäre es gelungen, Aufnahmen von mir zu bekommen.«

»Um dir damit einen Grund zu verschaffen zurückzukommen?« Jag hielt ihrem Blick stand und schüttelte den Kopf. »Niemand verspürt das Bedürfnis, einer Hand des Imperiums zweimal zu begegnen.«

Im holografischen Einblendfeld erschien ein Wahlkampfplakat, und Jag wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Nachrichten zu. Das Plakat zeigte Daala in einer weißen Admiralsuniform im Profil, wobei ihre Augenklappe markant hervorgehoben wurde. Der Slogan darunter lautete: NATASI DAALA. DIENST UND OPFERBEREITSCHAFT HABEN FÜR SIE TRADITIONFÜR IHR IMPERIUM! Das Plakat war ausgesprochen wirkungsvoll – so wirkungsvoll, dass sich Jag förmlich dazu gezwungen fühlte, für sie zu stimmen.

»Dies ist eins von Admiralin Daalas Wahlkampfplakaten«, kommentierte die Reporterin. »Unsere ersten Nachforschungen bestätigen, dass die Mondmagd tatsächlich als Admiralin Daalas Wahlkampfhauptquartier fungierte.«

Das Plakat wurde durch das Gesicht einer attraktiven brünetten Reporterin ersetzt. »Meine geschätzten Mitbürger. Ich weiß, dass Sie alle angesichts dieser neuesten Entwicklungen an diesem ersten imperialen Wahltag dieselbe Frage beschäftigen muss. Und vermutlich haben Sie daraus bereits einige nur allzu offensichtliche Schlussfolgerungen gezogen. Allerdings wäre es verfrüht von mir zu erklären, dass wir es hier mit einem frappanten Machtmissbrauch zu tun haben. Eine solche Behauptung würde Beweise erfordern, die mir in diesem Moment schlichtweg noch nicht vorliegen. Aus diesem Grund kann ich bloß das berichten, was der Imperiale Nachrichtendienst im Augenblick mit Bestimmtheit weiß.« Das Hologramm wechselte wieder zu dem glasartigen Krater. »Noch vor Kurzem war dies Admiralin Daalas Wahlkampfhauptquartier, dessen Bombardierung Staatschef Fel persönlich autorisiert hat. Wie Sie sehen können, war der Angriff eindeutig dazu gedacht, sämtliche Hinweise auf die wahre Natur der Anlage auszulöschen.«

Der Glaskrater wurde durch Bilder der Kandidaten um das Amt des Staatschefs ersetzt – Jagged selbst, Natasi Daala und Vitor Reige.

»Fürs Erste«, fuhr die Reporterin fort, »können wir nichts anderes tun, als Fragen zu stellen. Was hat dieser jüngste Vorfall mit dem Drei-Kandidaten-Wettkampf zu schaffen, mit dem das nächste Staatsoberhaupt des Imperiums ermittelt werden soll? War dieser verheerende Anschlag am Ende doch mehr als ein Versuch von Jagged Fel, den Wahlkampf seiner Herausforderin Natasi Daala zu unterminieren? Warum hat der dritte Kandidat im Rennen – Admiral Vitor Reige – die Consolidator überhaupt nach Hagamoor Drei entsandt?« Die Bilder der drei Kandidaten wurden durch die Reporterin ersetzt, ihr Antlitz schmal und schön, mit einer scharf geschnittenen Nase und grünen, ovalen Augen. »So viele Fragen bleiben unbeantwortet. Das war Shei Harsi, mit dem Versprechen, dass der Imperiale Nachrichtendienst weitere Nachforschungen anstellen wird, bis die Wahrheit ans Licht kommt.«

Das Hologramm wechselte zum Senderlogo des IND, das einen gekrönten Helm darstellte, und eine tiefe Männerstimme verkündete: »Der Imperiale Nachrichtendienst wird weiterhin Sonderberichte bringen, sobald neue Informationen zu dieser topaktuellen Story verfügbar sind. Bis dahin setzen wir unser Programm für den imperialen Wahltag planmäßig mit Tozz Relaton und Salia Deradal fort.«

In dem Hologramm erschienen zwei Kommentatoren. Beide trugen auffällige weiße Gewänder und übergroße Brillen und wirkten damit mehr wie zwei Gravball-Sprecher als wie politische Analysten.

»Also, das ist ja wirklich eine Bombe, die da ausgerechnet heute geplatzt ist, Salia – und das wenige Stunden vor Beginn der Wahl«, sagte der Mann, ein Mensch mit ausgesprochen großen Zähnen und einem Lächeln, so breit wie das eines Gorg. »Die große Frage lautet: Wie werden sich diese Enthüllungen auf Jagged Fels Siegchancen auswirken?«

»Nun, Tozz, die Antwort darauf werden wir bekommen, sobald in gut acht Stunden die Wahlergebnisse vorliegen«, sagte Salia, eine sorgsam frisierte Blondine, die es fertigbrachte, beim Sprechen unbeirrt weiterzulächeln. »Allerdings wird das maßgeblich davon abhängen, wie Staatschef Fel im Zuge der großen Wahltagsdebatte, die in wenigen Minuten hier beim IND beginnt, auf diese Fragen reagieren wird.«

»Das stimmt, Salia. Diese Debatte sollten sich unsere Zuschauer wirklich nicht entgehen lassen – besonders, da sie von Gesetzes wegen ohnehin dazu verpflichtet sind, sie sich anzusehen!«, stimmte Tozz zu. »Heute könnte der Tag der Abrechnung für Admiralin Daala sein, deren Machtbasis in der Galaktischen Allianz einen herben Schlag erlitt, als sich Staatschef Fel vollkommen unerwartet aus den Galaktischen Vereinigungsgesprächen auf Coruscant zurückzog.«

Das Holo verwandelte sich in Statikschnee, als Tahiri die Fernbedienung betätigte. Dann trat sie ans andere Ende des Schminktisches und wandte sich Jag zu. »Das war wirklich miserable Berichterstattung«, sagte sie. »Ungenau, unvollständig und voller Unterstellungen – die sich bei der Debatte als Problem erweisen werden.«

Jag, der das Auge nicht voller Wimpernverstärker haben wollte, widerstand dem Drang zu nicken. »Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass sie Reige mit in die Sache reinziehen«, sagte er. »Dieser Teil war vollkommen unvorhergesehen.«

»Erwartet?«, echote Tahiri. »Du wusstest, dass das kommen wird?«

»Natürlich«, sagte Jag. »Sie baten mich um eine Stellungnahme. Ich bin mir sicher, dass sie mein Dementi gleich noch im selben Beitrag bringen wollten.«

»Und du hast die Vorwürfe nicht abgestritten?«, fragte Tahiri. »Oder, noch besser, die Story einfach unter den Teppich gekehrt? Das hier ist das Imperium, nicht wahr? Der Staatschef hat die Macht dazu.«

»Dessen bin ich mir bewusst, Tahiri«, sagte Jag. »Allerdings versuche ich, dem Imperium beizubringen, nach neuen Regeln zu leben. Welchen Eindruck würde es wohl auf die Bürger machen, wenn ich einen Bericht unter den Teppich kehren würde, bloß weil er ungenau, parteiisch, unvollständig und irreführend ist?«

»Das würde gar keinen Eindruck auf sie machen – weil niemand davon erfahren würde«, entgegnete Tahiri. »Genau darum geht es ja gerade, wenn man eine Story killt.«

Jag hob die Hand, um ihre Einwände mit einem Wink abzutun. »Das Einzige, das noch nutzloser ist als voreingenommene, inkompetente Medien, sind mundtot gemachte Medien«, sagte er. »Die imperialen Bürger sind nicht dumm. Sie werden die Wahrheit erkennen, wenn sie sie hören.«

Tahiri verdrehte die Augen. »Nun, ich hoffe, du hast dir etwas Gutes einfallen lassen, um sie ihnen zu erklären«, sagte sie. »Denn so, wie diese Debatte zeitlich angesetzt ist, wird es später keine Gelegenheit mehr dazu geben.«

Jag lächelte bloß. Soweit Tahiri wusste, bestand der einzige Grund dafür, diese Debatte am Morgen des imperialen Wahltags abzuhalten, darin, Daala aus der Reserve zu locken und sie daran zu hindern, das Wahlergebnis zurückzuweisen. Angesichts des Umstands, dass sich alle drei Kandidaten und der gesamte Moff-Rat im Gilad-Pellaon-Auditorium auf Bastion befanden, glaubte das Wahlkomitee – unter dem Vorsitz von Kommodore Selma Djor –, dass es den Verlierern unmöglich sein würde, die Ergebnisse nicht offiziell anzuerkennen und in neuerliche Feindseligkeiten zu verfallen. Tatsächlich hatte das Komitee die Absicht, die Verliererkandidaten und den gesamten Rat der Moffs darum zu bitten, dem Sieger die Treue zu schwören – live vor der Kamera während der Wahlkampfnachberichte beim IND. Jeder, der sich dem widersetzte, würde heimlich, still und leise verhaftet und wegen Hochverrats ins Gefängnis gesperrt werden.

Jag fand, dass dem Plan trotz allem ein leichter Beigeschmack von Tyrannei anhaftete, doch er hatte sich darauf eingelassen, weil Djor davon überzeugt zu sein schien, dass es die einzige Möglichkeit sei, Daalas Behauptungen ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Wichtiger jedoch noch war, dass die Debatte Jag eine Möglichkeit verschaffte, sich ein letztes Mal vor der Wahl an das Imperium zu wenden – und seine Falle zuschnappen zu lassen.

Als Jag zu lange schwieg, fragte Tahiri: »Jagged – du hast doch eine Erklärung für das Bombardement, nicht wahr?«

Jag runzelte die Stirn. »Hab ein wenig Vertrauen, Tahiri.«

Tahiri schaute besorgt drein, aber bevor sie irgendetwas darauf erwidern konnte, ertönte ein rasches Klopfen an der Tür. »In zwei Minuten sind wir drauf«, sagte eine junge Stimme. »Das heißt, wir sind drauf, sobald Sie bereit sind, Staatschef. Verzeihen Sie.«

Jag blickte zu seiner Maskenbildnerin auf, die ihm ein knappes Nicken schenkte. »Ich komme sofort«, sagte er. »Vielen Dank.«

Die Maskenbildnerin verpasste Jags Augenbrauen den letzten Schliff, ehe sie das Flimsilätzchen entfernte, das sie in seinen Kragen gestopft hatte, um die Uniform nicht zu beschmutzen. Er dankte ihr und verließ zusammen mit Tahiri seine Garderobe. Sein Assistent Ashik und ein Quartett von Leibwächtern eskortierten ihn exakt fünfzehn Schritte den Korridor entlang zum Bühneneingang, wo Tahiri seinen Arm drückte und ihm viel Glück wünschte – das er natürlich nicht brauchen würde.

Sowohl Reige als auch Daala standen bereits in ihren Paradeuniformen hinter den Podesten. Jag beschlich der Wunsch, sich lieber für zivile Kleidung entschieden zu haben, anstatt für die schwarze Uniform des Oberbefehlshabers, die Djor ihm vorgeschlagen hatte. Allerdings hätte es vermutlich bloß Daalas Argwohn geweckt, irgendetwas Unerwartetes zu tragen, und wenn sein Plan funktionieren sollte, musste er sie weiterhin in dem Glauben lassen, die Oberhand zu haben.

Als Jag die Bühne betrat, erhoben sich die Moffs in dem halbvollen Auditorium und schenkten ihm einen sehr verhaltenen Applaus. Offensichtlich glaubten sie, dass der IND-Bericht seine Siegchancen bei der Wahl zunichtegemacht hatte.

Jag stoppte beim ersten Podest, wo Vitor Reige stand, der nervös und unglücklich wirkte.

Jag hielt ihm die Hand hin. »Ein bisschen mehr Stolz, Admiral«, wies er ihn an. »Immerhin kandidieren Sie für das höchste Amt des Imperiums. Sie sollten zumindest so wirken, als wollten Sie gewinnen.«

Reige drückte sofort seine Schultern durch. »Natürlich, Staatschef.« Sein Blick fiel auf das Mikrofon, das in der Halterung seines Podests steckte – zweifellos, um sicherzugehen, dass es ausgeschaltet war –, ehe er seine Stimme senkte. »Was Hagamoor Drei betrifft … Wenn Sie wollen, dass ich die Verantwortung für die Bombardierung übernehme …«

»Nicht im Geringsten. Tatsächlich verbitte ich mir das sogar.« Jag beugte sich dicht zu ihm und sagte: »Ich will nicht, dass Sie in dieser Angelegenheit eigenmächtig handeln, Vitor. Das würde einen guten Schlachtplan zunichtemachen.«

In Reiges Augen leuchtete Erleichterung auf. »Sehr wohl, Sir.«

»Admiral Reige, ich befehle Ihnen, bezüglich des Vorgehens der Consolidator die Wahrheit zu sagen«, erklärte Jag. »Die ganze Wahrheit. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

Reige wirkte wieder ein wenig besorgter, doch er nickte. »Absolut klar, Sir.«

»Schön zu hören.« Jag schüttelte ihm die Hand, bevor er wieder lauter sprach. »Viel Glück, Admiral. Auf eine gute Debatte.«

»Ihnen auch viel Glück, Sir.« Reige warf Daala einen Seitenblick zu, die sie von ihrem Podest auf der anderen Seite der Bühne aus beobachtete, und fügte dann hinzu: »Möge der beste Mann gewinnen.«

Jag konnte sich eines Grinsens nicht erwehren. »Gut gesagt, Admiral. Sehr gut gesagt.«

Er ging zu Daalas Podest hinüber und streckte ihr die Hand hin, doch Daala starrte sie bloß finster an, wie einen halb verwesten Kadaver.

»Ich glaube nicht, dass das nötig ist, Jag«, sagte sie. »Sie etwa?«

Jagged ließ seine Hand sinken. »Charmant bis zuletzt, wie ich sehe«, sagte er. »Also, gut, Admiralin. Ich vertraue darauf, dass Sie bereit sind, die Bedingungen des Wahlvertrages einzuhalten, den wir unterzeichnet haben?«

»Warum sollte ich das nicht tun?«, entgegnete Daala. »Nach Hagamoor Drei hege ich keinerlei Zweifel mehr am Ausgang dieser Wahl.«

Jag nahm seine Hand runter. »Ich schätze, das ginge mir genauso, wenn ich an Ihrer Stelle wäre«, sagte er. »Das war wirklich ein ausgesprochen bedauerlicher Fehler. Vielleicht waren unsere Informationen einfach schlecht.«

Daala schenkte ihm ein knappes Lächeln. »Wenn Sie gewinnen wollen, müssen Sie sich schon ein bisschen mehr einfallen lassen, Staatschef Fel.«

Jag bedachte sie mit einem widerwilligen Nicken. »Als ob ich das nicht wüsste.«

Eine Stimme drang aus den Studiolautsprechern, um zu verkünden, dass die Sendung in zehn Sekunden beginnen würde. Jag kehrte zu seinem eigenen Podest in der Mitte der Bühne zurück und nahm ein paar tiefe Atemzüge, die er eigentlich nicht brauchte – er fühlte sich überraschend ruhig –, ehe er höflich zuhörte, wie der Moderator das Publikum begrüßte und die Kandidaten vorstellte.

Der Mann war mit seiner Einführung kaum zu Ende gekommen, als Daala bereits vom vereinbarten Prozedere abwich und rüberkam, um ihren Gegnern viel Glück zu wünschen und erst Reige und dann Jag die Hand zu schütteln. Da die Holokameras ein kaum hörbares Surren von sich gaben und gerade außerhalb von Jags Sichtfeld schwebten, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie jetzt live im HoloNet zu sehen waren.

Jag drückte ihre Hand und lächelte. »Admiralin Daala, wie freundlich von Ihnen, mir die Hand zu reichen … Jetzt, wo die Holokameras laufen.«

Daala quittierte sein Lächeln mit einem, das sogar noch breiter war. »Ich wollte dies einfach nur einmal machen müssen, Staatschef«, sagte sie. »Ich bin sicher, das verstehen Sie.«

Diese scharfzüngige, von ihrem Mikrofon verstärkte Erwiderung entlockte vielen Moffs ein spontanes, amüsiertes Kichern. Jag blieb nichts anderes übrig, als ihr flüchtig zuzunicken und damit einzugestehen, dass Daala den ersten Treffer gelandet hatte. Sie kehrte zu ihrem Podest zurück und hörte dann höflich zu, wie der Moderator erklärte, dass jeder Kandidat fünf Minuten für ein Eröffnungsstatement hatte.

Das Mikrofonlicht an Jags Podest wurde grün, und eine Digitalanzeige zählte die fünf Minuten der Zeit herunter, die ihm für sein Statement zur Verfügung stand. Jag holte aus der Innentasche seiner Uniformjacke ein Datapad hervor und stellte es auf die Anzeige. Die Regeln dieser Gesprächsrunde scherten ihn nicht besonders – außerdem war er sich ziemlich sicher, dass ihn bloß noch eine einzige Person im Studio zum Schweigen bringen wollen würde, sobald er einmal das Wort ergriffen hatte.

Jag ließ den Blick über das Publikum schweifen und entdeckte Moff Getelles, der allein in einem ansonsten verwaisten Bereich an der Seite saß, nur begleitet von den beiden gepanzerten Wachleuten, die hinter ihm standen. Jag nickte dem alten Mann zu. Als Getelles das Nicken zögernd erwiderte, lächelte Jag und sah direkt in die Holokamera, die vor ihm schwebte. »Hochverehrte Moffs, teure Bürger …«, begann er. »Als Großmeister Skywalker und die Moffs mich am Ende des Zweiten Bürgerkriegs ersuchten, der Interimsstaatschef des Imperiums zu werden, gab es zwei Dinge, mit denen ich nicht rechnete. Erstens: Ich hätte niemals erwartet, fast vier Jahre als Vorsitzender des Moff-Rats zu überleben.« Dies entlockte dem Studiopublikum einen Chor demonstrativen Gelächters. Jag schaute auf und lächelte, als würde er die Angewohnheit der Moffs, ihre Vorsitzenden zu ermorden, ebenfalls als Lachnummer betrachten, und fuhr dann fort. »Zweitens: Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich dieses Amt so sehr lieben würde, wie ich es tue. Für beides bin ich dankbar. Und nicht zuletzt aufgrund dieser Dankbarkeit habe ich bei jeder Entscheidung, die ich als Ihr Staatschef getroffen habe, allein Ihre Interessen verfolgt. Die Interessen des Volkes.« Jag drehte sich zur Seite, um in die Holokamera zu schauen und sich jetzt direkt an die gewöhnlichen Bürger des Imperiums zu wenden. »Aber dennoch verdienen Sie mehr als das. Als Bürger des Imperiums verdienen Sie außerdem eine Regierung, die offen und ehrlich ist, und ich bedaure, sagen zu müssen, dass ich mich diesbezüglich nicht so gut gemacht habe, wie ich es gern getan hätte. Das wird sich jetzt ändern. Heute Morgen habe ich eine neue Satzung für den Imperialen Nachrichtendienst unterzeichnet, um dem Sender genügend finanzielle Mittel für die nächsten Jahrhunderte zur Verfügung zu stellen. Wichtiger noch, diese Satzung garantiert dem IND außerdem die Unabhängigkeit von jeder Form von Zensur durch die Regierung. Als Gegenleistung dafür«, fuhr Jag fort, »habe ich dem Imperialen Nachrichtendienst die Pflicht auferlegt, Regierungsskandalen auf die Schliche zu kommen und darüber zu berichten, auf jeder Ebene, auch und vor allem, wenn es den Staatschef und die imperialen Moffs betrifft. Das habe ich getan, damit Sie, die Bürger des Imperiums, über das Wissen verfügen, das nötig ist, um Ihre Regierung bei Bedarf zur Rechenschaft ziehen zu können.«

Ein verärgertes Gemurmel erfüllte das Auditorium, als die Moffs ihre Ränke zu schmieden begannen und untereinander ihrem Unmut darüber Luft machten.

Jag wartete, zuversichtlich, dass die empfindlichen Holokamera-Mikrofone jedes Flüstern auffangen und an die IND-Zuschauer übermitteln würden. Nachdem er einige Sekunden lang zugelassen hatte, dass das Murmeln lauter wurde, schaute er wieder direkt in die Holokamera. »Wie Sie sehen können, sind darüber nicht alle glücklich.« Jemand hinter der Bühne stieß ein unfreiwilliges Schnauben aus. Jag lächelte, in dem Wissen, dass die Milliarden Leute, die diese Debatte von ihren Heimatplaneten aus verfolgten, ebenfalls darüber lachen würden. Er hielt einige Momente lang inne, nahm sich Zeit, um einen ernsten Tonfall anzunehmen, und fuhr dann fort. »Wie jedermann im Imperium mittlerweile vermutlich weiß, scheint es bedauerlicherweise so, als hätten Shei Harsi und die Redaktionsleitung des IND mich unverzüglich beim Wort genommen, sodass ich mich jetzt in der Lage befinde, über die jüngsten Ereignisse auf Hagamoor Drei Rechenschaft ablegen zu müssen.« Jag packte die Seiten des Podests und versuchte, so zu wirken, als würde es ihm schwerfallen, das zu sagen, was er jetzt sagen würde. »Ich bedaure, Sie darüber informieren zu müssen, dass Shei Harsis Bericht größtenteils korrekt ist. Ich habe der Consolidator befohlen, Admiralin Daalas geheimes Wahlkampfhauptquartier in der Mondmagd auf Hagamoor Drei zu bombardieren.« Er hielt inne.

Weder von den Moffs noch von Daala kamen irgendwelche Ausbrüche von Wut oder Abscheu oder Überraschung – was eine Menge über das Imperium aussagte.

Solche Mittel waren in der imperialen Politik gang und gäbe, und der Mangel selbst von geheuchelter Empörung unter den Moffs sorgte dafür, dass Jag sich fragte, ob er nicht vielleicht ein wenig zu vorschnell damit war, das Imperium zu demokratisieren. »Zwei Fakten sollten Sie diesbezüglich wissen«, fuhr er fort. »Erstens: Jegliche Spekulationen darüber, dass Admiral Reige von diesen Befehlen wusste, sind vollkommen haltlos. Ich habe meine Befehle auf direktem Wege an die Consolidator übermittelt und Admiral Reige damit absichtlich in der Befehlskette übergangen. Als er erfuhr, was ich getan hatte, wurde er so zornig, dass er mir vorwarf, raumkrank zu sein.«

Das entlockte dem Moderator und mehreren Mitgliedern der Bühnencrew ein amüsiertes Grinsen.

»Das Zweite, das Sie wissen sollten«, sagte Jag, »ist der Grund dafür, warum ich die Bombardierung befohlen habe. Die Mondmagd war wesentlich mehr als Admiralin Daalas Wahlkampfhauptquartier – zudem beherbergte die Anlage auch ein geheimes Nanotechniklabor. Und dieses Labor hat ein illegales Jugendserum entwickelt, das aus Drochs gewonnen wurde.«

Jetzt zeigte das Publikum endlich eine Reaktion. Die Drochs waren jene entsetzlichen Insekten, die für die Todessaat-Seuche verantwortlich waren, die im Zuge von zwei separaten, sektorumfassenden Pandemien Milliarden von Leben gekostet hatten. Es war extrem schwierig, die Drochs, die ihren Wirten im wahrsten Sinne des Wortes die Lebensenergie entzogen, bei einer infizierten Person nachzuweisen, und aus diesem Grund überschritten Experimente mit Drochs die Grenzen zivilisierten Verhaltens selbst nach imperialen Maßstäben bei Weitem. Als sie Jags Behauptung vernahmen, verliehen die meisten Moffs ihrer aufrichtigen Verärgerung und Entrüstung lautstark Ausdruck.

Daalas Stimme war dabei lauter und noch vehementer als alle übrigen. »Lügner!« Ihre Augen waren groß und wild, und der Zorn in ihrer Stimme verriet, dass sie sofort realisiert hatte, wie sehr ihr diese Anschuldigungen, die sie vollkommen unvorbereitet getroffen hatten, schaden würden. »Wenn Sie glauben, Sie könnten von Ihrem eigenen Verbrechen ablenken, indem Sie mich der Beteiligung an einem anderen beschuldigen, haben Sie sich gründlich geirrt. Die Bürger des Imperiums sind zu gescheit, um auf ein so offenkundiges Täuschungsmanöver hereinzufallen.«

Sobald sich das Publikum beruhigt hatte, nickte Jag nur. »In der Tat, das sind sie.« Er schaute zu einer Ecke der Zuschauerplätze auf, wo Moff Getelles von zwei seiner bewaffneten Wachen flankiert saß, und zog eine Augenbraue hoch. »Was auch der Grund dafür ist, warum ich nicht von ihnen verlange, allein auf mein Wort zu vertrauen.«

Das war das Stichwort für Getelles aufzustehen. Er sprach so laut, wie seine zitternde Stimme es zuließ, und rief: »Staatschef Fel sagt die Wahrheit!«

Das sorgte unter den Moffs zu einem neuerlichen Tumult, und eine schwebende Holocam sauste vom Bühnenbereich auf Getelles zu. Während die Kamera die dreißig Meter Distanz zurücklegte, wandte Daala sich auf ihrem Podest um und starrte Jag mit einer Miene an, die zu gleichen Teilen aus Hass und Taxierung zu bestehen schien. Wie viel sie über das Projekt gewusst hatte, ließ sich ebenso wenig sagen, wie, ob sie glaubte, dass es sich hierbei um ein politisches Fantasiegespinst handelte, oder ob ihr bewusst gewesen war, dass Abeloth ihre Machtmagie tatsächlich von Getelles’ geheimem Nanotechnik-Labor aus gewirkt hatte. Allerdings war offensichtlich, dass sie begriff, dass schon allein die Anschuldigung, in Droch-Experimente involviert zu sein, sie den Wahlsieg kosten würde.

Als die Holokamera ihn erreichte, richtete Getelles sich zu voller Größe auf und wandte sich direkt an Daala. »Es tut mir leid, Admiralin«, sagte er. »Aber zu lügen hätte keinen Sinn. Sie haben Beweise

»Natürlich haben sie die«, sagte Daala von ihrem Podium aus. Sie wandte sich wieder Jag zu. »Manipulierte Beweise. Staatschef Fel hat diese Scharade offensichtlich bis ins letzte Detail geplant.«

»Ich bin entschlossen, die Wahrheit ans Licht zu bringen«, entgegnete Jag. Er winkte Gestelles mit einer Hand. »Bitte, fahren Sie fort, Moff Getelles.«

»Wie Sie wünschen«, sagte Getelles widerstrebend. »Die Wahrheit ist, dass Staatschef Fel wenige Wochen zuvor von der Existenz dieser Experimente erfuhr. Er befahl mir, das Projekt einzustellen, und gab mir sein Wort, Nachsicht walten zu lassen. Doch ich konnte es nicht tun. Ich brauchte das Jugendserum, nicht bloß für den Eigengebrauch, sondern auch wegen der Credits, um die es meine Schatzkammer bereichern würde. Deshalb ließ ich mich auf ein neuerliches Abkommen mit Admiralin Daalas Abgesandten ein. Ich willigte ein, der Admiralin dabei zu helfen, die Wahl zu gewinnen, und als Gegenleistung dafür wollte Daala mir erlauben, mein Jugendserum weiterzuentwickeln und auf den Markt zu bringen, sobald sie im Amt ist.«

»Herzlichen Glückwunsch, Staatschef«, sagte Daala zu Jag. »Das ist eine ausgesprochen überzeugende Lüge. Was hat Sie das gekostet?«

»Eine vollständige Begnadigung«, antwortete Jag wahrheitsgemäß. Natürlich handelte es sich bei den Abgesandten, die Getelles erwähnt hatte, um die Squibs. Genau wie Getelles waren sie erpicht darauf gewesen, sich das Jugendserum für ihre eigene Familie zu sichern. Allerdings sah Jag keinen Grund, das zu erwähnen. Die Erwähnung von Squibs verlieh einem Bericht nur selten Glaubwürdigkeit, ganz gleich, von wem er kam. Er blickte mit finsterer Miene zu Getelles auf. »Es war mir verhasst, dieser Begnadigung stattzugeben – insbesondere ein zweites Mal –, aber das Wohl des Imperiums verlangte es.«

»Sie haben eine überaus eigennützige Definition dessen, was zum ›Wohl‹ des Imperiums ist, Staatschef Fel«, sagte Daala. Sein Nachname klang bei ihr wie eine Beleidigung. »Allerdings haftet Ihrer Geschichte der Mief von höchst bequemer Zweckmäßigkeit an. Es besteht keinerlei Anlass, auch nur ein einziges Wort von dem zu glauben, was Sie oder Moff Getelles sagen. Diese unglaubliche Geschichte ist zweifellos ein Versuch, dem Opfer Ihres Verbrechens die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben – also mir

»Oh, mir fällt durchaus ein guter Grund dafür ein, alles zu glauben, was ich sage«, entgegnete Jag. »Ich habe nämlich nichts dadurch zu gewinnen, diesbezüglich zu lügen.«

Daala schnaubte unverhohlen. »Sie bezeichnen es als nichts, der Staatschef des Imperiums zu sein?«

»Nein, keineswegs. Aber mein Name steht nicht mehr zur Abstimmung.« Jag blickte geradewegs in die nächstbeste Holokamera und sagte: »Ich habe bereits die Anweisung erteilt, meinen Namen von den elektronischen Stimmzetteln zu entfernen, mit denen unsere Bürger heute Nachmittag abstimmen werden.«

»Was?« Daala schrie die Frage beinahe. »Das kann nicht Ihr Ernst sein!«

Jag sah unbeirrt weiter in die Holokamera. »Das ist mein voller Ernst. Denn bislang habe ich noch nicht erklärt, wie wir Moff Getelles’ illegalem Droch-Projekt auf die Schliche gekommen sind. Die Wahrheit ist, dass ich eine imperiale Agentin entsandt habe, um Admiralin Daalas Wahlkampfhauptquartier zu finden – und zu zerstören.« Natürlich verlor er kein Wort über Abeloth – es gab noch immer einige Dinge, die der Durchschnittsbürger besser nicht wusste. »Und allein durch die Beauftragung dieser Straftat kam ich Admiralin Daalas Beteiligung an einem sogar noch größeren Verbrechen auf die Spur«, erklärte Jag. »Deshalb habe ich zum Wohle des Imperiums beschlossen, meine Kandidatur zurückzuziehen und dem einzig würdigen Kandidaten im Rennen meine volle Unterstützung zuzusichern: Admiral Vitor Reige.«

»Was?« Der Ausruf kam nicht von Daala, sondern von Reige. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«

»Das ist mein absoluter Ernst.« Jag hatte Mühe, die Euphorie, die er empfand, aus seiner Stimme herauszuhalten. Und nicht allein deshalb, weil er Daala so vollkommen unvorbereitet erwischt hatte, würde es ihr niemals gelingen, die Wahl zu gewinnen. Er hatte überhaupt nie der Staatschef des Imperiums sein wollen. Am Ende des Zweiten Bürgerkriegs hatte Luke Skywalker ihn in dieses Amt gedrängt, als Teil eines übergeordneten Friedensplans, und er hatte sich allein deshalb darauf eingelassen, um dabei zu helfen, den Feindseligkeiten ein Ende zu machen. Jetzt, wo er selbst aus dem Rennen war und Daalas Ruf von einem illegalen Droch-Experiment überschattet wurde, blieb bloß noch ein tragfähiger Kandidat übrig – Jags Ansicht nach der beste Mann für das Amt.

Jag blinzelte Daala verschlagen zu, ehe er von seinem Podest trat und stehen blieb, um Reige die Hand zu schütteln. »Herzlichen Glückwunsch, Vitor«, sagte er. »Sie werden ein ausgezeichneter Staatschef sein.«