Fünfunddreißig
Svetlana stieg zum gebrochenen Knochen des Knorpelschiffs auf, während der Skyside-Terminal allmählich zu einem Lichtknoten neben der größeren Zitadelle der Botschaft der Perückenköpfe schrumpfte. Die Wohnkuppeln und Versorgungseinrichtungen des Ebene-Zwei-Siedlungsprojekts waren kaum mehr als ein Kratzer auf der Oberfläche des Eisernen Himmels. Wenn sich die Menschen weiter in die Dunkelheit ausbreiteten, würde es noch Jahrhunderte dauern, bis sich die Bevölkerungsdichte der von größeren Städten auf der Erde angenähert hatte. Und wenn das geschehen war, wenn der Eiserne Himmel von Pol zu Pol vom Licht menschlicher Siedlungen erhellt wurde, konnten sie sich weiter nach draußen ausbreiten.
Das Helmdisplay blinkte. Ein Anruf.
»Sind Sie das, Svetlana?«, fragte die Sprecherpuppe in ihrer distinguierten, fast akzentfreien Stimme.
»Ich bin es.«
»Wir schicken Ihnen ein Shuttle, das Sie ins Schiff bringen wird. Tun Sie einfach gar nichts.«
Svetlana schaltete den Antrieb des Anzugs aus. Während sie dahintrieb, beobachtete sie ein kleines zystenähnliches Gebilde, das sich vom Knorpelschiff löste und einen elastischen Faden spannte, bis er zerriss. Das Ding näherte sich ihr mit schwer zu schätzender Beschleunigung. Wie das Mutterschiff bestand es aus sehnigen Fasern, die sich um einen Brocken aus harten, fremdartig aussehenden Maschinen schlangen. Eine Tür öffnete sich wie ein Brustkasten, den man zwecks einer Herzoperation auseinandergezogen hatte. Der Anzug trieb in den rot schimmernden Innenraum und kam dort zur Ruhe. Die Rippen schlossen sich und sperrten Svetlana ein. Durch die Helmscheibe erkannte sie ein schwaches rosafarbenes Leuchten und die Andeutung pulsierender Oberflächen. Die Statusanzeigen des Helmdisplays blieben ruhig. Der Chakri-5 hatte nichts bemerkt, was ihm Sorgen bereitete.
Die Reise zum Knorpelschiff dauerte nur ein paar Sekunden. Svetlana spürte keine Beschleunigung, bis die Tür wieder aufklaffte und eine größere Kammer offenbarte, die in denselben rosafarbenen Schein getaucht war. Es war eine Höhlung ohne erkennbare Trennung zwischen Boden, Decke und Wänden. Die Ausstattung bestand aus mehrschichtigen Ablagerungen in Form wächserner Klumpen und sehniger Rückstände. Stellenweise waren verschmierte Flecken in klaren Farben zu erkennen – in Gelb, Braun oder widerlichem Schleimgrün. Glatte Kugeln, die in runzligen, augenähnlichen Löchern steckten, sorgten für Beleuchtung.
Zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch von Neustadt hatte sie wieder Gewicht. Sie trat aus dem Shuttle auf den geriffelten Boden, der zum tiefsten Punkt der Kammer hinunterführte. Die Schwerkraft schien ungefähr bei Erdstandard zu liegen, obwohl das im Anzug schwer zu schätzen war. Svetlana blickte sich um und verschaffte sich ein Bild von der gesamten Höhle. Sie fühlte sich verpflichtet, alles genau zu beobachten, obwohl sie wusste, dass der Anzug alle Daten speicherte.
In der gegenüberliegenden Wand öffnete sich eine andere Rippentür. Die plötzliche Bewegung ließ sie zusammenzucken, aber sie bewahrte Ruhe. Dann kam ein Moschushund durch die Tür.
Zuerst erhielt sie ein völlig falsches Bild. Sie dachte, es wären mehrere und nicht nur ein Individuum. Das Alien sah aus wie zwei oder drei räudige Straßenhunde, die sich um einen Fleischfetzen stritten. Eine wilde Masse aus unterschiedlichen Gliedmaßen, Fell in der Farbe von getrocknetem Schlamm, zu viele zusammengedrängte Augen über einer schwarzen Schnauze mit vielen Zähnen. Es war schwierig, die Grundform des Körpers zu erkennen, weil sich das Wesen ständig kratzte, herumtrippelte und pisste. Aus zu vielen Öffnung schossen dampfende Urinstrahlen, während es sich scharrend und schnüffelnd durch die Kammer bewegte. Insgesamt reichte es ihr nur bis zur Hüfte.
Als es sprach, hörte Svetlana ein schnelles, ersticktes Röcheln und Gurgeln. Irgendein Mechanismus, den sie nicht sehen konnte, überlagerte die Laute mit der kühlen, künstlichen Stimme der CNN-Nachrichtensprecherin.
»Svetlana Barseghian, willkommen an Bord des Knorpelschiffes. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Selbstverständlich dürfen Sie jederzeit gehen, aber wir hoffen, dass sie eine Weile bei uns bleiben werden.«
»Danke«, sagte sie. Der Anzug übertrug ihre Worte nach draußen.
»Unsere Atmosphäre ist für Sie sicher. Es gibt keine Toxine, Viren oder Mikroorganismen, die Ihnen Schaden oder Unbehagen zufügen könnten.«
Sie warf einen Blick auf die Helmanzeige. Die Daten bestätigten, dass die Außenatmosphäre atembar war, obwohl darauf hingewiesen wurde, dass die Werte falsch sein könnten und Vorsicht angebracht war.
»Ich fühle mich hier drinnen sehr wohl, danke.«
Der Moschushund schnüffelte um ihren Anzug herum. Er streifte sie mit den Hinterbeinen. »Bitte überlegen Sie es sich noch einmal. Es würde uns sehr freuen, wenn Sie unsere Atmosphäre atmen.«
Sie schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, dass das Wesen diese Geste erkannte. Die Sprecherpuppe deutete darauf hin, dass sie sich bereits gründlich mit menschlicher Körpersprache vertraut gemacht hatten. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, werde ich den Anzug vorläufig geschlossen halten. Nicht dass ich Ihnen nicht traue – ich fühle mich hier drinnen einfach nur sicherer.«
Der Moschushund ließ von ihr ab. »Dafür haben wir Verständnis. Vielleicht beim nächsten Mal, wenn Sie sich an unser Schiff gewöhnt haben?«
»Vielleicht«, räumte Svetlana ein.
»Ich darf mich vorstellen. Ich bin der Grüßende.«
»Hallo, Grüßender. Danke, dass ich Ihr Schiff betreten durfte.«
Der Moschushund hielt inne, um Urin in eine Ecke der Kammer zu spritzen. Svetlana bemerkte, dass sich die Wand an dieser Stelle vorübergehend verfärbte.
»Das Vergnügen ist ganz auf unserer Seite. Würden Sie mir jetzt bitte folgen? Ich bin beauftragt, Sie zum Verhandelnden zu bringen.«
»Nur zu«, sagte Svetlana.
Sie folgte der wirren Masse aus rotbraunen Gliedmaßen, die immer wieder anhielt, um gegen die Wand zu urinieren. Der Moschushund führte sie in eine feuchte Kammer tief im Knorpelschiff. Hier waren die Wände mit denselben verklumpten Sekreten bedeckt, die sich in vielen Jahren abgelagert und verkrustet hatten, nach Svetlanas Schätzung bestimmt mehrere Meter dick. Wie es schien, war dieses Schiff zu einem großen Teil das Produkt solcher Absonderungen.
»Ich werde Sie allein lassen«, sagte der Moschushund und zog sich zurück.
Sein Artgenosse hockte vor einer Art Bildschirmwand, die ein Mosaik aus unregelmäßigen Facetten bildete, die in scheinbar wahllosen Winkeln in eine lehmartige Grundmasse gedrückt worden waren. Jede Facette zeigte einen anderen Kanal des Schiffsnetzes. Die Aufmerksamkeit des Wesens sprang mit manischer Unaufmerksamkeit von einem Bildschirm zum nächsten. Svetlana hörte das Plappern menschlicher Stimmen, die von einer synthetischen Wiedergabe in der Sprache der Moschushunde überlagert war.
Der zweite Moschushund wartete, bis der Grüßende gegangen war, erst dann nahm er Svetlanas Anwesenheit zur Kenntnis. Er wandte sich von der Bildschirmwand ab, hob die Schnauze und musterte sie hektisch schnuppernd.
»Der andere hat Sie berührt«, sagte er, während er um sie herumlief. Die Beine schlenkerten und verhedderten sich ineinander, als wäre die motorische Koordination des Aliens schwer gestört.
»Er hat meinen Anzug gestreift«, sagte Svetlana.
Das Wesen neigte den Kopf, als würde es die Bedeutung ihrer Worte abwägen. Nach einer Weile sagte der Moschushund: »Ich bin der Verhandelnde. Ich bin Ihnen sehr verbunden, dass Sie an Bord des Knorpelschiffs gekommen sind. Wir haben viele Dinge, mit denen wir Handel treiben können. Mit dem Schlüssel der Flüsterer erhalten Sie Zugang zu ansonsten verschlossenen Regionen der Struktur. Mit Femtotechnik und Frameshift verschaffen sie sich einen großen Verhandlungsvorteil gegenüber mehreren nicht so fortgeschritten Zivilisationen. Nachdem die Ungebändigten nun wieder frei sind, könnten solche Dinge den Unterschied zwischen Ausrottung und Überleben ausmachen. Sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass die Schacht-Fünf-Allianz Sie vor den Ungebändigten schützt. Die Stelzengänger haben es getan, und jeder weiß, was es ihnen eingebracht hat. Doch das sind nur die ersten von vielen Dingen, die wir Ihnen anzubieten haben. Noch viele werden folgen, wenn die Verhandlungen in harmonischer Atmosphäre verlaufen.«
Svetlana konnte nur wenig mit dem anfangen, was das Alien ihr erzählte, da sie nicht in den Genuss der Informationen gekommen war, die Bella von McKinley erfahren hatte. »Was erwarten Sie von uns?«, fragte sie.
»Die gleiche Leistung wie die Perückenköpfe. Wir möchten Zugang zu den Mechanismen in der Tiefe Ihrer Welt.«
»Sie wollen Energie von Janus abzapfen.«
»Genau das«, sagte der Moschushund nach kurzer Überlegung.
»Was brauchen Sie von mir, damit das geschieht?«
»Einfach nur Ihre Erlaubnis als Verhandlungspartner, der von Ihrer Zivilisation delegiert wurde.« Wieder neigte der Moschushund den Kopf. »Ihre Methode der Annäherung war außergewöhnlich. Gab es ein technisches Problem, das Sie dazu gezwungen hat, sich durch die transparente Konstruktion zu bohren?«
»Ja«, sagte Svetlana. Um in den Weltraum zu gelangen, hatte sie ein Schneidwerkzeug benutzen müssen, mit dem sie einen Ausstieg in den Aufzugsschacht bohren konnte, der das Loch im Himmel blockierte. Danach war sie durch den Schacht nach oben geklettert, bis sie sich auf der anderen Seite des Himmels befand, wo sie ein weiteres Loch gebohrt hatte. Der Schacht würde sich ohne Schwierigkeiten selbst reparieren, aber die Nachricht von der Beschädigung – und die Tatsache, dass sie die Moschushunde besuchte – war mittlerweile zweifellos bis zu Bella gelangt.
»Nun gut«, sagte der Moschushund verschmitzt. »Also sind keine weiteren Fragen erforderlich?«
»Keine.«
»Das ist gut. Für uns ist es immer sehr befriedigend, wenn wir uns sicher sein können, dass wir es mit einem delegierten Unterhändler und nicht mit einem abenteuerlustigen Einzelgänger zu tun haben. Sie können sich den großen Ärger vorstellen, den uns so etwas mehrfach eingebracht hat.«
»In dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen«, sagte Svetlana.
Sie war überzeugt, dass der Moschushund wusste, dass sie log. Er wusste es, aber es störte ihn nicht.
»Dann können wir unverzüglich beginnen. Als Zeichen unseres guten Willens haben wir Ihnen bereits mehrere Schmiedekesselprogramme in den Speicher Ihres Anzugs geladen. Es betrifft technische Errungenschaften aus der Zeit nach dem Aufkommen der Transgressiven Intelligenzen. Sie finden darunter Werkzeug, Waffen und Schutzeinrichtungen, außerdem Protokolle für effektivere Schmiedekesselkonstruktionen. All diese Geschenke sollten mit angemessener Gewissenhaftigkeit benutzt werden.«
»Ich verstehe.«
»Wir sind überzeugt, dass die Geschenke Sie in die Lage versetzen, Ihre Stellung als delegierter Unterhändler zu konsolidieren, Svetlana Barseghian.«
»Ich werde mein Bestes tun.« Svetlana rief ein Menü des Helmdisplays auf. Das Verzeichnis des Anzugspeichers listete mehrere neue Dateien auf, im Format, das für Schmiedekesselpläne üblich war. Selbst nach den technischen Umwälzungen der vergangenen fünfunddreißig Jahre ließen die Namen dieser Geschenke sie erschaudern, da sie den Klang fernster Zukunft hatten. »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte sie.
Der Moschushund blickte auf die Bildschirmwand. »Wir haben Ihre Datenprotokolle gründlich studiert. Ihr Anzug ist längst nicht so sicher, wie Sie vermuten.« Er sah sie wieder an und öffnete die Schnauze zu einem geifernden Lächeln. »Aber beunruhigen Sie sich deswegen nicht. Wir würden niemals versuchen, einen geschätzten Handelspartner zu übervorteilen.«
Svetlana blickte auf die Bildschirme. Nach dem, was im Schiffsnetz vor sich ging, herrschte Normalbetrieb in Crabtree. Bella hatte nicht die Pferde scheu gemacht und Svetlanas Vorgehen diskreditiert. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Wir werden über die Zugangsbedingungen reden. Wir beginnen mit einer einfachen Energieabzapfung. Sie wird keine nachteiligen Auswirkungen auf Ihre eigene Energiegewinnung haben. Im Gegenzug bieten wir Ihnen die Pläne an, mit denen Sie einen Schlüssel der Flüsterer nachbauen können.«
»Und damit kommen wir durch das Tor am Ende der Röhre?«
»Er lässt sich viermal benutzen, dann stellt er seine Funktion ein. Sie müssen erneut mit uns verhandeln, wenn Sie weitere Tore öffnen möchten. Dann würden wir Ihnen einen weiteren solchen Schlüssel verkaufen.«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, wie das funktionieren wird«, sagte sie.
»Was genau?«, fragte der Moschushund.
»Es gibt nur einen Weg in unsere Welt – durch das Loch im Himmel neben der Botschaft der Perückenköpfe.«
»Das haben wir bemerkt. Die Perückenköpfe zapfen bereits Energie aus dem Innern von Janus ab, nicht wahr?«
Sie antwortete mit der selbstverständlichen Autorität einer führenden Persönlichkeit. »Ja.«
»Gibt es physische Energieleitungen zwischen dem Innern und der Botschaft?«
»Nein«, sagte sie und verbarg ihre leichte Unsicherheit.
»Unsere Technik benötigt Leitungen. Wir müssen sie durch Löcher im Himmel zum Knorpelschiff verlegen.«
»Können Sie solche Löcher bohren?«
»Problemlos, wenn Sie es gestatten. Wir werden mit einem einzigen Loch anfangen und einer sehr diskreten Abzapfung. Wir können es sofort schneiden.« Der Moschushund musterte sie mit seltsam erwartungsvoller Miene. »Außerdem hoffen wir, dass Ihre Rückreise dadurch weniger problematisch wird.«
»Das klingt vernünftig.«
»Heißt das, wir haben Ihre Erlaubnis.«
»Davon können Sie ausgehen.«
»Dann wird der Plan für den Schlüssel in Kürze Ihrem Anzugspeicher zur Verfügung stehen.«
»Können wir ihn in unseren Schmiedekesseln herstellen?«
»Ja, aber bitte mit Vorsicht. Der Schlüssel kann nur mit Femtotechnik zusammengebaut werden, doch diese Maschinen benötigen lediglich einen Kern, der vorübergehend in einer Hülle aus normaler Nanotechnik montiert wird. Wenn der Schlüssel fertig ist, wird sich die Femtotechnik-Schicht wieder auflösen.«
»Das klingt kompliziert.«
»Der Bauplan wird sich um alle Einzelheiten kümmern. Später können wir über den Transfer eines permanenten Femtotechnik-Kerns verhandeln, womit Sie in der Lage sein werden, ein Frameshift-Triebwerk zu bauen.«
»Fangen wir erst einmal mit einem Loch und einer Abzapfung an.«
Der Moschushund nickte. »Es gibt da noch eine andere Angelegenheit, die wir klären müssen, bevor unsere Vereinbarungen zufriedenstellend besiegelt werden können. Es ist nur eine kleine Sache, die Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten dürfte. Wenn das geregelt ist, wird die Datei mit dem Schlüssel an Sie übermittelt.«
Etwas in seinem Tonfall machte sie skeptisch. »Was ist es?«
»Es betrifft den anderen Moschushund, den Grüßenden.«
»Ja«, sagte sie unbehaglich.
»Er wird in Kürze hier eintreffen, mit der Absicht, sie zurück in die Ankunftskammer zu führen. Es ist seine Aufgabe, Besucher zu empfangen und durch das Schiff zu geleiten. Deshalb wird er der Grüßende genannt.«
»Das verstehe ich, aber …«
»Wenn er kommt, müssen Sie sich weigern, ihn zu begleiten. Der Grüßende wird bestürzt und beleidigt reagieren und versuchen, Sie umzustimmen, aber sie dürfen nicht nachgeben. Sie müssen ihm sagen, dass Sie sein Verhalten als unverschämt empfunden haben und keinen Augenblick länger in seiner Gegenwart verweilen möchten.«
»Ich hatte keine Probleme mit ihm.«
»Dennoch müssen Sie lügen. Andernfalls können wir diese Verhandlungen nicht besiegeln.«
»Das verstehe ich nicht. Warum muss ich ihn belügen?«
»Ich habe nicht erwartet, dass Sie es verstehen.« Der Moschushund gähnte hörbar. Es klang fast wie ein menschlicher Seufzer. »Als Spezies sind wir in viele Gruppierungen zersplittert. Der Betrieb des Knorpelschiffs ist zwischen zahlreichen Fraktionen aufgeteilt … auf verschiedene Rudel von Moschushunden. Ständig versuchen diese Rudel, die Vorherrschaft über andere zu gewinnen.«
»Aha.«
»Zur Zeit gibt es einen Konflikt zwischen der Abteilung des Schiffs, die meiner Verantwortung untersteht – der Handelsabteilung –, und der, zu der der Grüßende gehört. Es ist unumgänglich, dass ich meine Autorität behaupte. Wenn der andere nicht gedemütigt wird, bedeutet das, dass meine Stellung unhaltbar wird. Und das würde auch Sie betreffen. Wir wären gezwungen, die Verhandlungen abzubrechen.«
»Trotzdem hat er nichts Falsches getan.«
»Als der Grüßende Sie gestreift hat«, sagte der Moschushund, »geschah es in der Absicht, Sie als sein Eigentum zu markieren. Er hat eine persönliche chemische Spur an Ihrem Raumanzug hinterlassen. Damit beansprucht er Sie für sich. Das kann ich nicht dulden.«
»Er hat mich als sein Eigentum beansprucht?«
»Wir haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass wir eine Spezies mit ausgeprägtem Revierverhalten sind.«
Die Anzuglautsprecher übertrugen ein Trippeln und Scharren. Der erste Moschushund war zurückgekehrt und schien in der Hektik fast über seine zahlreichen Gliedmaßen zu stolpern. Wenn Svetlana sie gleichzeitig sah, wusste sie nicht, wie sie die zwei Aliens voneinander unterscheiden sollte.
»Wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind, bin ich bereit, Sie zur Reisekapsel zurückzuführen«, teilte der Grüßende ihr mit.
»Die Verhandlungen sind sehr erfolgreich verlaufen«, sagte der Verhandelnde salbungsvoll. »Sogar ausgesprochen gut. Nicht wahr, Svetlana Barseghian?«
Als es getan war, als sie den Helm wieder aufgesetzt und die widerliche, übelriechenden Luft des Knorpelschiffs aus ihren Lungen getrieben hatte (obwohl sie durchaus atembar war, wie der Moschushund versprochen hatte), sagte sie: »Was wird nun mit dem anderen geschehen?«
»Dem anderen?«
Jetzt präparierte er ihren Anzug mit Duftmarkierungen und überschrieb die Spuren, die der erste Moschushund hinterlassen hatte. Seine feuchten Drüsen sonderten eine Substanz ab, die schnell aushärtete. Er streckte die Beine und urinierte. Er lief um den Anzug herum, hielt immer wieder inne und wässerte sie mit der pingeligen Sorgfalt eines ältlichen Gärtners.
»Der, den ich gerade gedemütigt habe«, sagte sie.
»Ach, der andere. Er wird zu seiner Gruppe zurückkehren. Man wird erfahren, dass er Ihr Missfallen erregte, dass Sie ihn verschmäht haben, dass Sie mit meinem Rudel Verhandlungen aufgenommen haben.«
»Und dann?«
»Wird man ihn bestrafen.«
Sie musste es wissen. »Und wie wird diese Strafe aussehen?«
»Man wird ihm die Gliedmaßen ausreißen«, sagte der Moschushund in desinteressiertem Tonfall. »Dann wird man ihn aufessen.«