Kapitel 31
Päpstliche Theorien
Zwang in Glaubenssachen
Warum liest der Papst Dialoge aus dem späten
Mittelalter? Über die Themen Glauben und Vernunft, aber vor allem
über die Verbindung zwischen Religion und Gewalt, Religiösen und
Krieg? Gerade jenen, »den der gelehrte byzantinische Kaiser Manuel
II. Palaeologos wohl 1391 im Winterlager zu Ankara mit einem
gebildeten Perser über Christentum und Islam und beider Wahrheit
führte«. So erzählte Benedikt XVI. fast beiläufig bei der Vorlesung
in Regensburg, er habe einen Teil dieses Dialogs »kürzlich«
gelesen; sei fasziniert und inspiriert davon gewesen. Studierte er
den Text gar im griechischen Original? Zur Entspannung am
Feierabend, wenn sonst alles getan ist? War Benedikt durch Zufall
darauf gekommen?
So war es wohl nicht. Vielmehr hatte, so war zu
hören, der Professor Joseph Ratzinger, der im April 2005 Papst
geworden war, im Sommer darauf seine ehemaligen Schüler, frühere
Doktoranden und nun wohlbestallte Gelehrte, in die päpstliche
Sommerresidenz nach Castel Gandolfo eingeladen, um mit ihnen drei
Tage lang das Großthema Islam, das Verhältnis zwischen Kirche und
Moschee akademisch zu verhandeln. Was bei dieser
professoral-päpstlichen Sommerakademie als Ergebnis herauskam, wie
aus den Ansichten verschiedener Religionsexperten, Theologen mit
historischen Fachkenntnissen unter höchster Aufsicht, gesicherte
gemeinsame Einsichten wurden, unterliegt strenger Vertraulichkeit.
Es sollte nicht aus Benedikts Intellektuellenwerkstatt geplaudert
werden! Dennoch geht man
wohl nicht fehl mit der grundsätzlichen Einschätzung, dass sich
die Teilnehmer in der Mehrheit nach diesem Brainstorming keinen
Illusionen über die Dialogfähigkeit des Islam insgesamt hingaben.
Lange vor Regensburg.
Denn, so die Analyse, ein »Aggiornamento« - ein
Anpassen des Glaubens an die Notwendigkeiten der modernen Zeit, wie
es die Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den
Sechzigerjahren für die christliche Botschaft gefunden habe, auf
Geheiß Johannes’ XXIII. und unter der Autorität Pauls VI., nach
langen Vorbereitungen und unter großen Wehen, Reformen nach innen
und nach außen - sei bei der Lehre des Propheten äußerst schwierig.
Aber man könne sich ja positiv überraschen lassen, hörte man etwas
flapsig.
Zum anderen, so vernahm man weiter vertraulich aus
der Runde, habe man ein Zitat gesucht, mit dem man nun nicht wie
Archimedes die ganze Welt aus den Angeln heben, aber doch
schlagartig die Problematik von »Zwang in Glaubenssachen« im Islam
demonstrieren könnte. Bei den Schülern gefragt, für den Papst
gefunden.
Benedikt machte sich das Zitat zu eigen. Das ganze,
vollständig. Die Folgen davon - mit der Empörung in der
muslimischen Welt, aber auch mit der Initialzündung für den
späteren Dialog - sind bekannt und bereits hier beschrieben.
Gemeinsame Ketten und Konflikte
Aber noch nicht beschrieben sind die historischen
Voraussetzungen. Nicht die des byzantinischen Kaisers. Nicht die
der Päpste. Nicht mal wenigstens ein paar Glieder jener
geschichtlichen Kette, die Christentum und Islam seit 1400 Jahren
aneinanderbinden, jener Konflikte, welche sich oft von latenten
Bedrohungen zwischen zwei konkurrierenden Religionen zu offenen
Kriegen zwischen zwei Weltkulturen steigerten. Ketten und
Konflikte, die stärker sind, als man noch vor zwanzig, dreißig
Jahren dachte. Wenigstens einige Personen auf der Cathedra Petri
müssen in ihrem geschichtlichen Umfeld skizziert, das Grundproblem
von Zwang, Gewalt und Krieg innerhalb
von Religionen, von Religiösen wenigstens kurz aufgezeigt
werden.
Einem Papst konnten die Muslime im September 2006
ein abträgliches Wort über Mohammed übel nehmen. Aber sie können
schwerlich einem byzantinischen Kaiser vom Ende des 14., Anfang des
15. Jahrhunderts verübeln, dass dieser auf Mohammed und seine
Anhänger, im Fall Manuels II. auf die muslimischen Türken des
Osmanischen Reiches, nicht gut zu sprechen war.
Was die Muslime erstaunlicherweise Benedikt weniger
ankreideten, war, dass Päpste als oberste geistliche Herren der
Kirche oder Vertreter der Christenheit im Lauf der Geschichte
Kontrahenten, Widersacher, Gegner waren - wie immer man diesen
Antagonismus verschiedener Religionen nennen will. Natürlich, sein
mussten. Wie hätten sie es auch nicht sein können! Aber waren sie
geistliche Rivalen oder Kriegstreiber des Abendlands?
Die christliche Geistesgeschichte mit der
Entwicklung der Glaubenswissenschaft (Dogmatik) und Moraltheologie
zeigt, dass sich auch die Lehre der Päpste über den Krieg gewandelt
hat. Die traditionellen Auffassungen von einem »gerechten Krieg«
sind einer grundsätzlichen Ablehnung gewichen, nach den furchtbaren
Erfahrungen der Europäer mit Kriegen, unter der Drohung einer
totalen Zerstörung durch Atomwaffen und schließlich mit dem Blick
auf das Leid der Menschen: Was kann gewonnen werden, wenn durch
Krieg alles verloren wird? Vielleicht ist diese Einsicht auch für
Muslime nicht so schnell und leicht zu erlangen.
So ist es im 21. Jahrhundert für Europäer
selbstverständlich, jedweden Krieg zu verurteilen und ihm jegliche
Rechtfertigung - und zuallererst jene durch Religion -
abzusprechen. Sie verabscheuen spontan Gewalt, Extremismus und
Terrorismus zur Durchsetzung politischer oder anderer Ziele. Sie
sind des Krieges müde geworden, er erfüllt sie nur mit Horror. Doch
das europäische Tabu gilt nicht unbedingt für andere Kontinente und
Kulturen, die nicht friedenssatt sind, erst recht nicht für frühere
Zeiten.
Krieg als Motor der Geschichte
Krieg als Kampf und Auseinandersetzung zwischen
Mächten und Nationen, Kulturen und Religionen, rivalisierenden
Staaten und Städten, als Gewalt zwischen einzelnen Menschen über
die höfliche Diskussion hinaus ist - leider - ein Motor der
menschlichen Geschichte. Der Krieg, so stellte der griechische
Philosoph Heraklit schon ein halbes Jahrtausend vor Christus fest,
»ist der Vater von allem«. Dabei ist es geblieben. Der preu ßische
General Carl von Clausewitz (1780-1831) verfeinerte die Erkenntnis
mit der bekannten Definition: »Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung
der Politik mit anderen Mitteln.« Das war lange die herrschende
Meinung in der Geschichte der Menschen, der Christen wie der
Muslime. Der Lehrsatz von Clausewitz wird auch heute noch auf den
Militärakademien vorgetragen und in die Praxis umgesetzt. Siehe
Afghanistan, erst von der Sowjetunion, dann von der NATO. Siehe die
Länder des Persisch-Arabischen Golfs, Irak, Iran, die Vereinigten
Staaten mit der Achse der willigen Bündnisstaaten.
Erst in jüngster Zeit sind die Päpste strikt gegen
Krieg. Johannes Paul II. wurde zum praktischen Pazifisten, der
daraus nur keine Ideologie machen wollte. Krieg gilt ihnen und der
freien Weltöffentlichkeit als höchst verwerflich, vor allem
deshalb, weil Krieg, kriegerische und kriegsähnliche Anwendung von
Gewalt durch die Atomwaffen zu gefährlich und wegen der
Anfälligkeit der hoch entwickelten Gesellschaft zu zerstörerisch
geworden ist.
Doch auch da bleibt ein alarmierendes Problem: Die
Bewohner von Felsenhöhlen stehen der Gewalt wohl unbekümmerter
gegenüber als die Benutzer von Wolkenkratzern. Die extremistischen
Verächter des westlichen Lebensstils in Europa oder Nordamerika
sind weniger moderat als etwa Händler und Manager in den
Vereinigten Arabischen Emiraten mit ihren Zukunftsplanungen.
Erst recht verdammenswert erscheint es, wenn die
Definition vom Krieg als bloßer Fortsetzung der Politik mit anderen
Mitteln auf die Religion angewandt wird. Gewalt darf unter keinen
Umständen die bloße Fortsetzung von Religionspolitik mit anderen
Mitteln sein.
Herr der Heerscharen
War sie aber. Theoretisch und praktisch. In der
jüdischen Bibel taucht Jahwe als Gott »Sabaot[h]« oder »Zebaoth«
zwar erst spät, noch nicht im frühen vorchristlichen Judentum auf,
aber der »Herr der Heerscharen« kann ein kriegerischer Gott sein.
Dieser mächtige Gott hat jedoch das jüdische Volk nicht zu einer
weltpolitischen Großmacht im Orient erhoben. Er hat nicht einmal,
wie eigentlich dem Stammvater Abraham verheißen, die
Nachkommenschaft so zahlreich gemacht »wie die Sterne am Himmel und
wie den Sand am Ufer des Meeres«.
Diesen Gott haben die Christen im »Alten Testament«
gleichsam übernommen. Sie haben auch - um nur ein Beispiel zu
nennen - mit den Psalmen, die von katholischen Priestern regelmäßig
am Tag gebet werden (sollten), ein typisches »Freund-Feind«-Schema
übernommen, mit den Freunden des wahren Gottes und den Feinden der
falschen Götter.
Die Lehre des milden Jesus Christus weiß kaum etwas
von Krieg und Gewalt. Es heißt zwar einmal in einem schwer
deutbaren Wort bei Matthäus, 10. Kapitel, 34. Vers: »Ihr sollt
nicht wähnen, dass ich gekommen sei, Frieden zu bringen auf die
Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das
Schwert.« Das steht in Widerspruch zu den viel häufigeren Worten
vom Frieden. Vor allem gebietet Jesus dann, als es darauf ankommt,
dem Petrus: »Stecke dein Schwert in die Scheide!« Diese Worte haben
- jenseits aller wissenschaftlichen Exegese und Worttüftelei - das
Wesen des Christentums als gewaltloser Religion bestimmt. Gerade
diese Friedlichkeit des Christlichen haben entschiedene
Religionskritiker wie Friedrich Nietzsche (1844-1900) dem Jesus von
Nazareth vorgeworfen.
Ganz anders stellt sich der Anfang des Islam in
seinen ersten Jahrhunderten für die Anhänger Allahs und des
Propheten Mohammed dar. Die Geschichte des Islam ist die einer
meist wohl gelungenen Expansion. Muslimische Reiche entstanden
als Großmächte in weitem Bogen um das südliche Mittelmeer bis tief
in den Balkan hinauf nach Norden, von der Arabischen Halbinsel bis
zum Inselreich von Indonesien. Es ist historisch unmöglich, daraus
Krieg und Gewalt zu entfernen, den Propheten Mohammed als gänzlich
Friedfertigen und seine Botschaft als lupenreine Gewaltlosigkeit
erscheinen zu lassen. Aber die Erfolgsgeschichte des Islam ist
keineswegs nur mit Gewalt und Kriegen zu erklären. Die Verheißung
Gottes für Abraham hingegen hat sich an den Anhängern Mohammeds
erfüllt. Bis zu der Möglichkeit, wegen der zahlreichen
Nachkommenschaft und eines hohen Bevölkerungsüberschusses - statt
der Heere und Flotten zwischen dem 7. und 17. Jahrhundert -
Migrationsströme nach Europa fließen zu lassen. Mit offenem Ausgang
für die Religionen.
Erfolgsgeschichte des Islam
Die Erfolgsgeschichte des Islam stockte jedoch mit
dem Erstarken der modernen europäischen Mächte. Oder wurde sie nur
unterbrochen? Weil die europäischen Staaten als Kolonialmächte in
die Länder und Völker des Islam eingriffen, doch nach dem Zweiten
Weltkrieg (1945) auf dem Rückzug sind? In diese Entwicklungen mit
verschiedenen Faktoren wurden die Päpste als Leidtragende mit
hineingenommen. Als Träger der ältesten ununterbrochen bestehenden
Weltkultur sind sie sich dieser weit zurückreichenden historischen
Tradition und des weiten globalen Bogens bewusst.
Zur gleichen Zeit, im Lauf der letzten drei, vier
Jahrhunderte, mussten die Päpste eine Schwächung des Christlichen
und seines Absolutheitsanspruchs in Europa hinnehmen, von Religion
insgesamt. Es kann deshalb sein, dass dem sechs Jahrhunderte
jüngeren Islam diese Evolutionen noch bevorstehen. Mögliche
Parallelen, wenn auch zeitverschoben, drängen sich auf.
Im 16. Jahrhundert wurde die religiöse Autorität
der Päpste durch die Reformation erschüttert. Die Christen lehnten
sich gegen religiöse Bevormundung durch die traditionellen Führer
auf. Im 17. Jahrhundert wurde - etwa durch den Fall des
Galileo Galilei - evident, dass neue, wissenschaftlich gesicherte
Erkenntnisse, rational nachprüfbar, und traditionelle religiöse
Vorstellungen auseinanderklaffen können; die Entwicklung von
Naturwissenschaft und Technik lehrte, Lebensverbesserung immer
weniger von der Religion zu erwarten. Die Aufklärung des 18.
Jahrhunderts deckte die Unstimmigkeiten, die menschlichen
Mechanismen der Religion, auch des Christlichen und Kirchlichen
auf. Das 19. und das 20. Jahrhundert verstärkten diese Tendenzen.
Die Geschichte der Papstkirche in dieser Zeit ist auch ein Kampf
gegen diese modernen Errungenschaften. Und es gibt christliche
Religion und Kirche immer noch.
Süßholz raspeln
Doch zurück zum byzantinischen Kaiser und seinen
Kriegsproblemen: Dessen christliches (Oströmisches) Reich wurde
seit dem Entstehen des Islam im 7. Jahrhundert, also seit bald 800
Jahren, in der Regierungszeit Manuels II. (1391-1425), ständig von
Muslimen bedrängt und sollte nur eine Generation später mit der
Eroberung von Konstantinopel gänzlich vernichtet werden. Seine
Herrscherjahre waren diplomatisch und militärisch von nichts
anderem bestimmt als von der Abwehr der kriegerischen Muslime. So
die Fakten der Geschichte. Wie sollte Manuel II. da über den
interreligiösen Dialog akademisch Süßholz raspeln können! Der Feind
stand vor den Mauern, wie Benedikt ausführte: »Der Kaiser hat
vermutlich während der Belagerung von Konstantinopel zwischen 1394
und 1402 den Dialog aufgezeichnet.«
Benedikt XVI. war auf dem Katheder so »feinfühlend«
genug, nicht die Zitate und Aktionen von Päpsten gegen den Islam
und gegen Muslime aus der Schatzkammer der Geschichte zu holen.
Auch das sind Dokumente und Fakten der Geschichte.
Weil Krieg selbstverständlich war. Als Fortsetzung
kultureller und religiöser Divergenzen mit den Mitteln der Gewalt.
In der Geschichte des Christentums. Der Päpste. Ebenso wie bei der
Expansion des Islam, aus einer kleinen arabischen Wüstenstadt in
die halbe Welt.
Benedikt XVI. diente das Zitat, der kleine Exkurs
in die Geschichte, dazu, sein generelles Anliegen zu verdeutlichen:
Dass nämlich Gewalt und Religion nichts miteinander zu tun haben
dürfen. Weil, so wörtlich, »Gewalt der Vernunftgemäßheit Gottes
widerspricht«. Deshalb kann Gott nicht zur Gewalt anleiten, und
auch der Prophet Mohammed nicht. Es sei denn, er würde »Schlechtes
und Inhumanes« befehlen. Sodass Muslime ihrem Mohammed und Allah so
nicht folgen dürften.
Ist das nun aber nur eine besondere Meinung des
gegenwärtigen Papstes? Wendet er sich nur in Zeiten eines
internationalen Terrorismus, eines muslimischen Extremismus gegen
Gewalt? Oder muss Benedikt auf das heute weitverbreitete
Verständnis von Religion als einer gewaltbereiten oder
gewaltgeneigten Institution eingehen, um es als Missverständnis zu
entlarven? Wäre dann vielleicht nur das Christentum nach leidvollen
Erfahrungen friedlich geworden? Die päpstliche Schlussfolgerung
lautet generell: Gewalt widerspricht der Vernünftigkeit Gottes.
Gewalt ist deshalb keine Kategorie der Religion, kein Wesensmerkmal
des Geistigen oder Geistlichen.
Der gemeinsame Stammvater Abraham
Vielleicht kann angesichts vieler offener Fragen
über die Deutung der geschichtlichen Ereignisse die Besinnung auf
Abraham helfen, jeglicher Gewalt, jedwedem Zwang in Glaubenssachen
abzuschwören. Denn er gilt als der »Urstammvater« für Juden,
Christen und Muslime, Abraham aus Ur im Lande der Chaldäer, dort,
wo der Euphrat im Irak seinen Lauf zum Persischen Golf fortsetzt,
wo es immer wieder Kriege gab. Als Stammvater vieler Völker wird
dieser Abraham verehrt, als Patriarch dreier monotheistischer
Religionen: des Judentums, der Christenheit und des Islam. Zudem
ist er - wie es die Evangelien der Bibel nach Matthäus und Lukas
auflisten - Urvater des Jesus in Bethlehem. Die Evangelisten
Matthäus und Lukas müssen genaue Forschungen betrieben oder über
Geheimwissen verfügt haben, um den Stammbaum Jesu, des Sohnes
Davids, bis auf den Patriarchen aus Ur zurückführen zu
können.
Abraham ist für Juden, Christen und Muslime das
Vorbild des Glaubenden, der sich auf Gott verlässt. So, wenn er
dessen persönlichen Befehl für sinnvoll hält und sich deshalb zur
Auswanderung aus Ur entschließt, nach Westen Richtung Mittelmeer
zum verheißenen Land. (Historisch sind Emigranten aus Mesopotamien
nach Syrien und Kanaan zwischen 2000 und 1700 v. Chr.
nachgewiesen.) Aber auch, wenn er an den göttlichen Ratschlüssen
Jahwes, des unsichtbaren Allmächtigen, keine Zweifel hegt, schon
das Messer gegen seinen Sohn Isaak hebt, doch von einem göttlichen
Engel am blutigen Opfer gehindert wird.
Da fallen die entscheidenden Worte: »Weil du
solches getan hast und hast deinen einzigen Sohn nicht verschont,
will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel
und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen
die Tore ihrer Feinde besitzen, und durch dein Geschlecht sollen
alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme
gehorcht hast.«
Streiten sich darum drei Religionen? Oder gibt es
gar keinen Grund dazu?
Weil Gott der Herr mit Abraham einen universalen
Bund geschlossen hat, mit der Beschneidung der Kinder männlichen
Geschlechts als Zeichen. Und ihm verhieß: »Ich will dich sehr
fruchtbar machen und will aus dir Völker machen, und auch Könige
sollen von dir kommen. Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen
mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht.« Da
gehören nun viele dazu.
All dies ist nachzulesen im ersten Buch der Bibel.
Aus diesem hat es wohl auch der Prophet Mohammed oder er hat es
zuvor von Juden oder Christen auf der Arabischen Halbinsel gehört.
So gut gefiel dem Begründer des Islam dieser Urgläubige in seinem
Gottesvertrauen, dass Abraham in der 2., 3., 4., 6. und 22. Sure
des Koran als der »erste Muslim« bezeichnet wird und die 14. Sure
des islamischen Glaubensbuches nach Abraham (Ibrahim) benannt ist.
Dort steht auch, dass Abraham Gott dafür dankt, dass er ihm in
seinem hohen Alter - 99, heißt es - »noch den Ismael [von der
Ägypterin Hagar] und den Isaak [von der greisen Ehefrau Sarah]
gegeben hat«.
Theologen, liberale oder strenggläubige,
vergleichende Religionswissenschaftler, friedliche oder engherzige,
mögen da Interessantes berichten können. Sicher ist, dass die Juden
als die Söhne Israels (gleich Jakobs, des Sohnes Isaaks), die
Christen als die »jüngeren Brüder« der Juden und schließlich die
Muslime als die Letztgeborenen alle Kinder Abrahams sind. Letztere
müssen bedenken, dass Abraham viele Nachfahren hatte und dass im
Koran 15 Suren und 93 Verse von Jesus, dem Gottesknecht und Kind
Abrahams, handeln.
Vielleicht hätte Benedikt Abraham zitieren
sollen.