Kapitel 6
Sonderfall Italien - Der Papst als »Primas
Italiae«
Es ist in Rom und in ganz Italien unvergessen. Am
Montag, dem 19. Juli 1943, einem heißen Sommertag, flogen 500
Bomber der alliierten Streitkräfte einen Luftangriff auf Rom, die
Hauptstadt des Königreichs Italien und des faschistischen Diktators
Mussolini. Ihre Bomben sollten die Stazione Tiburtina, einen
wichtigen Bahnhof für die Transporte der italienischen und der
verbündeten deutschen Truppen, zerstören; sie trafen jedoch vor
allem die umliegenden Wohnhäuser und die Kirche San Lorenzo fuori
le mura. Papst Pius XII. eilte herbei und hob, umgeben von einer
gläubigen Menge, weit die Arme zum Himmel. Klick. Historisches
Foto.
Die Wirkung war gewaltig. Nicht einmal eine Woche
später wurde Mussolini entmachtet. Die Italiener wollten sich ihre
schönen Städte und die Ewige Stadt nicht zerbomben lassen. Das
Königreich Italien wechselte auf die Seite der Alliierten, und die
historischen Innenstädte wurden - anders als die deutschen - von
Bomben künftig weitgehend verschont. Der Papst, Bischof von Rom
und, wie sein fünfter Ehrentitel lautet, »Primas Italiae«, hatte
sich als Schutzherr von Stadt und Land gezeigt. So sahen es die
Italiener.
Patriarch des Abendlands
So war es seit Jahrhunderten. Seitdem aus dem
römischen Kirchenführer im Mittelalter der Herr der
Sieben-Hügel-Stadt und ein Landesherr, der des »Patrimonium Petri«,
des mittelitalienischen
Kirchenstaates, geworden war. Der Papst in Rom fühlte sich für
Italien verantwortlich, als »Primas von Italien«. Mehr noch. Er war
als »Patriarch des Abendlands« auch Oberhaupt der lateinischen
Westkirche, im Unterschied zu den orientalischen Kirchen des Ostens
mit den Kaisern in Konstantinopel-Byzanz (bis 1453). Ob aus
Anmaßung, wie gefälschte Urkunden des Mittelalters von einer
»Konstantinischen Schenkung« oder der »Pseudo-Isidorischen
Dekretalen« besagen wollen, oder aus beherztem Sendungsbewusstsein,
wie es die Geschichte zuweilen vorantreibt - egal. (Erst im Jahr
2006 hat Benedikt den Ehrentitel »Patriarch des Abendlands« für den
Bischof von Rom außer Gebrauch gesetzt, aus Ehrerbietung gegenüber
den vier altkirchlichen Patriarchen des Orients, von
Konstantinopel, Antiochien, Alexandrien und Jerusalem, kaum aus
Rücksicht auf muslimische Empfindlichkeiten.)
Die päpstlichen Bischöfe von Rom organisierten, so
weit sie konnten, durch Bündnisse oder Hilferufe an christliche
Volksstämme und Mächte im Norden den Schutz der italienischen Lande
gegen die Eroberungspläne der muslimischen Araber. Die neue
Religion des Propheten Mohammed (seit dem 7. Jahrhundert) war eine
doppelte Bedrohung für sie, geistlich und machtpolitisch. Italien
war für die Araber wegen der strategischen Lage in der Mitte des
Mittelmeers besonders verlockend. Oft genug versuchten die Muslime,
ihre Macht auf der Apenninhalbinsel zu begründen und auszubauen.
Doch auf längere Dauer mussten sie sich mit Sizilien, Sardinien und
einem Teil Süditaliens begnügen.
Die Küstenstriche und -städte in Italien litten ein
Jahrtausend lang - bis zur Seeschlacht von Lepanto 1571 und der
Abwehr der osmanischen Türken bei der Belagerung von Wien 1683 -
unter den Einfällen der Sarazenen. Diese muslimischen Piraten
tauchen in der Chronik vieler Städte Italiens auf. Sie plündern,
brandschatzen, verwüsten, zerstören und bleiben bedrohlich im
kollektiven Gedächtnis. Der Kinderschrei »Mamma, i Turchi« ist noch
heute sprichwörtlich. Im 11. Jahrhundert, als im Abendland ein
allgemeiner Aufschwung alles voranbrachte, wirtschaftlich,
demografisch und nicht zuletzt auch die Macht
der Päpste, kam den römischen Bischöfen die Idee mit den
Kreuzzügen. Zur Befreiung der heiligen Stätten des Christentums,
wie es allgemein hieß.
Eine mitteleuropäisch zentrierte
Geschichtsschreibung sieht da vor allem »im Blut watende Ritter« am
Werk, die gegen edle Muslime religiös motivierte Gewalt üben. Die
dramatischen Berichte der Chronisten waren eindrucksvoller als
strategische Überlegungen. Italienische Historiker jedoch,
international in der Vergangenheit viel weniger einflussreich als
jene in der Nachfolge der berühmten preußisch-protestantischen
Geschichtswissenschaft, erkennen darin auch - als erwünschten und
geplanten Neben- oder gar Haupteffekt - die militärische und
machtpolitische Entlastung Italiens gegenüber muslimischen
Machtansprüchen und dem konkurrierenden (christlichen)
byzantisch-oströmischen Kaisertum. In der Tat blühten mit den
Kreuzzügen (ab 1099) die italienischen Regionen und Städte auf,
wirtschaftlich und kulturell, und auch die Macht der Päpste im
Abendland nahm weiter zu.
Festzuhalten ist: Die Gegnerschaft zum Islam - in
Abwehr des muslimischen Eindringens in das südliche und westliche
Europa - hat offenbar nicht nur der Entwicklung des lateinischen
Europa, des Abendlands, genutzt, sondern auch den Päpsten.
Aber das ist Geschichte.
Muslime in Italien heute
Aktuell ist, dass
- im »katholischen« Italien rund eine Million
Muslime leben, etwa 1,7 Prozent von 58,8 Millionen
Gesamtbevölkerung; im Unterschied zu Deutschland sind sie nie als
»Gastarbeiter« eingeladen worden, sondern, auf der Suche nach
besseren Lebensbedingungen, oft spektakulär als Bootsflüchtlinge
über das Mittelmeer, eingesickert; sie werden in Industrie und
Landwirtschaft als billige Arbeitskräfte gebraucht;
- von ihnen 150 000 ohne Aufenthaltserlaubnis und
weitere 200 000 nicht erfasst sind;
- die meisten sozial bedürftigen Schichten
angehören;
- etwa 50 000 Muslime die italienische
Staatsbürgerschaft besitzen, davon 10 000 Konvertiten sind;
- dass sich in Rom, der Stadt des Papstes, die
größte Moschee Europas befindet.
Die italienischen Regierungen - links (Prodi, 2006
bis 2008) wie rechts (Berlusconi, 2001 bis 2006 und seit Mai 2008)
- zögern nicht, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus
muslimischen Extremismus zu verfolgen. Anfang 2008 wies
Innenminister Amato (des Linkskabinetts Prodi) mit sofortiger
Wirkung den marokkanischen Muslimführer Mohammed Kohaila aus
Italien aus. Der 44 Jahre alte Prediger musste sofort in sein
Ursprungsland zurückkehren, aus dem er vor 19 Jahren nach Italien
gekommen war. Ihm wurde vorgeworfen, mit seinen Predigten in der
Moschee und im Kulturzentrum Porta Palazzo in der Innenstadt von
Turin die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit
gefährdet zu haben. Imam Kohaila war bekannt geworden, als
Filmaufnahmen mit versteckter Kamera seine Aufforderungen zum Hass
gegen Ungläubige und zum Heiligen Krieg in einer populären
Fernsehsendung landesweit zeigten.
Mitte August 2008 wurde der Vorsteher der
islamischen Gemeinde von Varese, Abdelmajid Zergout, festgenommen.
Die vorläufige Festnahme des 43 Jahre alten Marokkaners erfolgte
aufgrund eines Haftbefehls aus Marokko wegen des Verdachts des
internationalen Terrorismus mit der Bitte um Auslieferung. Bereits
drei Jahren zuvor war der muslimische Aktivist ins Visier der
italienischen Geheimdienste geraten und verhaftet worden. Ein
Mailänder Gericht sprach ihn jedoch ein Jahr zuvor frei. Der
Königliche Gerichtshof von Rabat beschuldige, wie es in Varese
hieß, den Imam der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung
mit dem Ziel, Terroranschläge vorzubereiten und zu finanzieren
sowie die öffentliche Ordnung zu untergraben.
Lega Nord als Stimme des Volkes
Die Lega Nord (LN), die Protestpartei aus
Norditalien und kleinerer Partner der Mitte-Rechts-Regierung,
repräsentiert nicht allgemein die politischen Anschauungen der
Italiener gegenüber dem Islam und den Muslimen. Aber ihre Führer
sprechen aus, was die einen wegen höherer Ziele für sich behalten,
andere befürchten, wieder andere anstreben - kurz, was in vielen
kleinen Bars des Landes Tagesgespräch ist. Die Lega gewinnt
Beachtung auch dadurch, dass ihre frühzeitigen Warnungen - es
handle sich nicht um demütige Gäste, sondern um selbstbewusste
Migranten, die auf ihr Anderssein pochten und sich in der
Gastgesellschaft breitmachen wollten - eingetroffen sind. Häufig
hat man der Lega deshalb Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
Dialogverweigerung mit den Muslimen vorgeworfen. Der internationale
Terrorismus hat seit 2001 viele belehrt, dass etwas Vorsicht im
Umgang mit den Anhängern des Propheten nicht schaden könne, dass
man es mit dem Bau von Moscheen und Minaretten nicht so eilig haben
müsse, wo es doch in Padanien, dem christlichen Kulturland der
Po-Ebene, so schöne Kirchen und Campanili gebe. Multikulturelles
schmeckt Lombarden und Venetiern nicht so recht. Restriktion für
muslimische Wünsche scheint angesagt.
Die Fakten sind (nach Angaben des italienischen
Innenministeriums):
- Waren vor 20 Jahren fünf Prozent der
Gefängnisinsassen »Extracomunitari«-Ausländer (von außerhalb der
Europäischen Gemeinschaft), vor zehn Jahren 15 Prozent, so sind es
jetzt in Norditalien 70, im ganzen Land 38 Prozent (von 55 250);
die Gefängnisse werden dadurch zu einer Art Durchgangslager vor der
Abschiebung, die jedoch nicht schnell erfolgen kann.
- Nach Angaben des nationalen italienischen
Statistikamtes (vom Januar 2008) leben 3 432 651 Ausländer in
Italien. Sie kommen aus 123 Staaten, vor allem jedoch nach Rumänien
(625 278) - besonders seit dessen Aufnahme in die Europäische Union
2007 - aus Albanien (401 949), Marokko
(365 908), Tunesien (93 601) und Ägypten (69 572); dazwischen
schieben sich jedoch immer stärker - trotz der größeren
geografischen Entfernung, also nicht von der muslimischen
Gegenküste des Mittelmeers - Chinesen (15 6 5 19), Ukrainer (132
519), Filipinos (105 675) und Polen (90 2I8). Ungeachtet von
Dunkelziffern und Wechselbewegungen stellt also nicht die
muslimische Fremdheit allein ein Problem der mentalen und sozialen
Integration dar. Muslime müssen sich auch mit anderen Volksgruppen
messen.
- Italien weist eine der geringsten Geburtenraten
Europas auf. Doch die Mailänder Frauenkliniken melden neue Rekorde,
eine beträchtliche Zunahme gegenüber dem Vorjahr, weil
Ausländerinnen gern dort gebären. Im vergangenen Jahr waren von 11
865 Neugeborenen 2709 Ausländer, weniger als ein Viertel; in diesem
Jahr ist es jedes dritte Baby. Ägypten liegt als Herkunftsland an
der Spitze, gefolgt von den (katholischen) Philippinen und
China.
Politik, Medien, Bilder verschieben die Fakten:
- Die illegalen Einwanderer wurden durch
politische Entscheidungen der verschiedenen Regierungen immer
wieder legalisiert.
- Gewalttaten gegen Frauen hat es in Italien
immer gegeben; aber jene mit Migrationshintergrund werden von den
Medien aufmerksamer und mit ausführlicherer Berichterstattung
wahrgenommen.
- Die Bilder von der kleinen Mittelmeerinsel
Lampedusa ganz im Süden mit den überfüllten Booten der Flüchtlinge
und einem kleinen Aufnahmelager suggerieren - was? Für die einen,
dass auch das Schiff Italien schon voll ist; für die anderen ist es
ein Aufruf, dass Mitgefühl in tatkräftige Hilfe umschlagen
muss.
Wohlverhaltensregeln für Muslime
Die Lega Nord hingegen will gesetzlich die
Verbreitung des Islam in Italien eindämmen. So schlug es Ende
August 2008 der Fraktionsvorsitzende der LN-Abgeordneten in der
römischen Kammer, Roberto Cota, dem Parlament unter den Gesetzen
zur Föderalismusreform neben neuen Regeln für die Justiz vor:
- Der Islam soll sich auf rein religiöse
Aktivitäten beschränken.
- Die Kompetenz für die betreffenden Fragen geht
von Rom an die Regionen über; damit würde die Lega in den von ihr
beherrschten Regionen Lombardei und Venetien ausschlaggebend. Nach
Angaben des Innenministeriums gibt es in der Lombardei (mit
Mailand) 31, in Venetien 23, in Latium (mit Rom) 20, auf Sizilien
38 islamische Zentren.
- Für den Bau einer Moschee soll ein
Volksentscheid notwendig sein.
- Die Größe der Moschee muss in Proportion zur
örtlichen Zahl der Muslime stehen.
- Die Moschee muss einen Kilometer von einer
Kirche entfernt sein.
- Technische Verstärkergeräte auf den Minaretten
sind verboten.
- Staatliche Zuwendungen fallen weg; Spender
müssen angegeben werden.
- Predigten dürfen nur auf Italienisch gehalten
werden; die Gemeindevorsteher (Imam) müssen von den Behörden
anerkannt sein.
- Die Laizität des Staates muss von den Muslimen
anerkannt, auf Polygamie verzichtet werden.
- Religiöse Geheimpraktiken sind untersagt.
- Nicht religiöse Praktiken wie Handel auf
Märkten, Schulen oder Bildungseinrichtungen sind nicht
erlaubt.
Politiker von Koalition und Opposition fürchten
weniger, dass diese Vorschläge der Lega eins zu eins in Gesetze
umgewandelt
würden, sondern die öffentliche Diskussion darüber. Etwa wenn die
Lega im Oktober 2008 mit einer Gesetzesänderung populistisch
fordert, für illegale Einwanderer - nicht nur für Muslime, aber die
trifft es vor allem - den kostenlosen Gesundheitsdienst
abzuschaffen. Klipp und klar verkünden die Lega-Führer, dass sie
den Muslimen nicht trauen. Einen moderaten Islam, so sagen sie,
gebe es nicht; denn Muslime »unterscheiden nicht zwischen Religion,
Politik und Kultur«; »der Islam ist deshalb mit unserem
Rechtssystem unvereinbar«. Muslime in Italien hätten nie eine
verbindliche Anerkennung dieses Staates unterschrieben; es liege
deshalb an ihnen, deutlich zu machen, dass der koranische Begriff
»Dschihad« - zwischen Heiligem Krieg und religiösem Engagement -
sich in eine pluralistische Gesellschaft ohne Ängste der Bürger
einfüge. Die Lega schiebt den Muslimen die Beweislast zu; die
Friedlichkeit des Islam ist für sie keine Glaubenssache.
Päpstliches Regierungsprogramm
Und für den deutschen Papst als Primas von
Italien? Nur einen Tag nach dem feierlichen Beginn seines
Pontifikats mit einem Pontifikalamt auf dem Petersplatz empfing
Benedikt XVI. am 25. April 2005 Autoritäten anderer Religionen. Die
»Vertreter von christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften
sowie von anderen nichtchristlichen Religionen«, so das römische
Protokoll, wurden in die Sala Clementina des Apostolischen Palastes
zur Audienz gebeten. Sie schienen nicht wenig beeindruckt. Am
Vortag waren sie dabei, wie Hunderttausende von Gläubigen nicht nur
auf dem Petersplatz, sondern auch in der Via della Conciliazione
bis hin zur Engelsburg und in den umliegenden Straßen des
Borgo-Viertels die fast drei Stunden dauernde spektakuläre
Zeremonie der päpstlichen Amtseinführung verfolgt, wie
Regierungsdelegationen aus aller Welt sich ergeben eingereiht
hatten.
Der mächtigste Religionsführer der Welt warnte da
»die Mächtigen, die Starken der Welt«, die Angst hätten. Die
befürchteten, dass die Freiheit des Glaubens, das Engagement der
Gläubigen ihnen etwas von ihrer Macht wegnehmen könnten. »Ja«,
rief der Papst, man würde ihnen schon etwas wegnehmen, nämlich »die
Herrschaft der Korruption, der Rechtsbeugung, der Willkür. Aber
[es] würde nichts wegnehmen von dem, was zur Freiheit des Menschen,
zu seiner Würde, zum Aufbau einer rechten Gesellschaft gehört.« Wie
Joseph Ratzinger noch als Kardinalpräfekt der Glaubenskongregation
die Ideologie des Kommunismus als »Schande unserer Zeit« gegeißelt
hatte, hieb er wieder zu: »Alle Ideologien der Gewalt rechtfertigen
sich mit diesen Motiven: Es müsse auf solche Weise zerstört werden,
was dem Fortschritt und der Befreiung der Menschheit
entgegenstehe.« Damit war die »Kriegserklärung« des Papstes, eines
gänzlich pazifistischen Menschen, wie er sich selbst beschrieb,
gegen jede Ideologie der Gewalt, wie immer - und gerade, wenn - sie
religiös motiviert sein mochte, ausgesprochen. Diese Worte hatten
die Vertreter der muslimischen Weltgemeinde noch in Erinnerung, als
sich Benedikt in der Sala Clementina direkt an sie wandte:
»Besonders dankbar bin ich, dass [Sie] anwesend
sind, und ich bekunde meine Anerkennung für die Entfaltung des
Dialogs zwischen Muslimen und Christen, sowohl auf lokaler als auch
auf internationaler Ebene. Ich sichere Ihnen zu, dass die Kirche
auch weiterhin Brücken der Freundschaft mit den Anhängern aller
Religionen bauen will, um das wahre Wohl jedes Menschen und der
ganzen Gesellschaft zu suchen. Die Welt, in der wir leben, ist oft
von Konflikten, Gewalt und Krieg geprägt, aber sie sehnt sich
ernsthaft nach Frieden, einem Frieden, der vor allem ein Geschenk
Gottes ist, einem Frieden, für den wir unablässig beten müssen. Der
Friede ist jedoch auch eine Aufgabe, zu der sich alle Völker
verpflichten müssen, vor allem diejenigen, die ihre Zugehörigkeit
zu religiösen Traditionen bekennen. Unsere Bemühungen,
zueinanderzufinden und den Dialog zu fördern, stellen einen
wertvollen Beitrag zum Aufbau des Friedens auf einer soliden
Grundlage dar. Papst Johannes Paul II., mein verehrter Vorgänger,
schrieb zu Beginn des neuen Jahrtausends: ›Der Name des einzigen
Gottes muss immer mehr zu dem werden,
was er ist, ein Name des Friedens und ein Gebot des Friedens. ‹ Es
ist daher geboten, dass wir in einen authentischen und ehrlichen
Dialog miteinander treten, gegründet auf den Respekt der Würde
jedes Menschen, der, wie wir Christen fest glauben, nach dem Abbild
und Gleichnis Gottes geschaffen wurde. Zu Beginn meines Pontifikats
richte ich an Sie und an alle Gläubigen der von Ihnen vertretenen
religiösen Traditionen sowie an alle Menschen, die mit aufrichtigem
Herzen die Wahrheit suchen, die ausdrückliche Einladung, gemeinsam
zu Stiftern des Friedens zu werden im gegenseitigen Streben nach
Verständnis, Respekt und Liebe.«
Das war schon im Kern ein Regierungsprogramm des
Primas von Italien im Verhältnis zum Islam und den Muslimen.