Elf Uhr abends

Das Connaught ist in der Nähe vom Grosvenor Square, deshalb habe ich mir dort erst das Roosevelt Memorial angesehen. Jemand hat mir erzählt, die britische Regierung habe nach Roosevelts Tod beschlossen, das Geld für ein Denkmal durch eine öffentliche Subskription aufzubringen und den einzelnen Beitrag auf einen Shilling zu begrenzen, damit jeder sich daran beteiligen könne. Man kündigte an, die Subskription werde so lange ermöglicht, bis die Summe in Ein-Shilling-Beiträgen beisammen sei.

Die Subskription wurde nach siebenundzwanzig Stunden geschlossen.

Ich fand die Geschichte ergreifender als das Denkmal. Es stellt FDR dar, aufrecht, eine Hand am Stock, und mit wehendem Cape. Seine Züge sind erkennbar, aber sein Wesen und seine Persönlichkeit sind nicht getroffen. Und ich nehme ihnen die Statue von einem stehenden FDR übel, auf Beinen, die während seiner ganzen Zeit im Weißen Haus verkrüppelt und nutzlos waren. Man kann Roosevelts enorme Leistung nicht ermessen, wenn man die Tatsache, dass er vom Bauch abwärts gelähmt war, außer Acht lässt. Ich würde ihn als sitzende Skulptur meißeln, mit der Decke, die er immer über die Knie legte, um seine verkümmerten Beine zu verstecken. Alles andere ist eine Geringachtung des Edelmuts und des Humors in seinen unerschrockenen Gesicht. Da bei dieser Statue Edelmut und Humor ohnehin nicht zum Ausdruck kommen, ist es auch wiederum unerheblich. Aber es ist schön, dass so viele Engländer ihn geliebt haben.

Jean und Ted Ely erstaunen mich immer aufs Neue. Sie hatten mich in New York zum Essen eingeladen, nachdem sie mein Buch gelesen hatten. Sie wohnen in einer sehr eleganten Wohnung an der Fifth Avenue, überall glänzendes Mahagoni und alte Teppiche und warme Farben, und ich fand, dass sie das schönste Paar sind, das ich kenne. Beide sind schlank und aufrecht, beide haben dichtes graues Haar, ebenmäßige Züge und heitere, glatte Gesichter – und als Jean mir nebenbei erzählte, dass sie beide Mitte siebzig seien, war ich wie vor den Kopf geschlagen. Sie sind so unglaublich attraktiv und von der Zeit unberührt wie die Eltern einer Debütantin in einem Film aus den dreißiger Jahren.

Beim Abendessen sprachen wir von P.B. Ich habe ihm ein Briefchen geschickt und ihm erzählt, dass ich zwei Wochen länger bleibe, Jean sagte, dass er vielleicht einen Ausflug mit uns dreien macht.

Ich wurde von einer Limousine mit Fahrer zum Hotel gefahren; wie soll ich mich bloß wieder an das Leben in der Second Avenue gewöhnen, wenn ich nach Hause komme? Ena rief an und fragte, ob mir Sonntagmorgen passen würde und ich Zeit für sie hätte. Worauf ich mich so einlasse, wenn ich ein wenig Gin getrunken habe!