Nachmittags

Ich liege unter einem Baum im St. James’s Park. Es gibt drei Parks, die alle miteinander verbunden sind: St. James’s Park, Green Park, beide klein, und der große Hyde Park.

Alle Parks hier sind sehr heiter, sehr lieblich. Junge Paare schlendern Arm in Arm vorüber, sie sind leise, haben keine Transistorradios oder Gitarren dabei. Familien sitzen friedlich auf dem Rasen und machen Picknick. Hunde laufen, an der Leine geführt, vorbei, ebenfalls ganz friedlich, und gucken weder rechts noch links, mit einer Ausnahme: Eine Frau führte einen kleinen grauen Pudel an der Leine, und ich sagte dem Pudel hallo; der kam auf mich zu, erfreut, einer freundlich gesinnten Seele zu begegnen, aber die Frau zerrte ihn zurück.

»Bitte lassen Sie das!«, sagte sie in scharfem Ton zu mir. »Ich versuche ihm Manieren beizubringen.«

Ich dachte: »Schade, dass er Ihnen keine beibringen kann«, und musste plötzlich an die Sonntagnachmittage auf dem Dog Hill denken und fragte mich, wie es wohl allen dort geht.

Eines Abends haben wir dort ein Picknick veranstaltet – Dick, der im gleichen Haus wohnt wie ich und einen Bobtail hat, meine Freundin Nikki und ich. Ich hatte ein paar Scheiben kalten Truthahn für die Sandwiches besorgt und machte einen Curry-Eiersalat, Dick bereitete eine Thermoskanne mit Bloody Mary vor, und wir gingen mit Chester, dem Bobtail, zu dem Hügel im Park. Nikki kam direkt aus dem Büro und stieß zu uns. Man muss verrückt sein, wenn man auf dem Dog Hill ein Picknick machen möchte, aber Dick und ich wollten es unbedingt versuchen. Wir kamen erst um halb sieben dort an, und die meisten Hunde waren schon nach Hause gegangen.

Dog Hill ist ein breiter, sanft abfallender Hügel im Central Park und der größte Hundetreffpunkt der Welt. An einem normalen Nachmittag am Wochenende kann man dort vierzig bis fünfzig Hunde antreffen, die unangeleint herumtollen und sich mit Freunden treffen. (Man geht mit seinem Hund nur zum Dog Hill, wenn es ein weltoffener Hund ist, aber ich kenne keinen Hund in New York, der das nicht ist.) An einem guten Tag begegnet man dort allen möglichen Rassen, von Afghanen und norwegischen Elchhunden bis zu Chihuahuas und Lhasa Apsos, ganz abgesehen von den normalen Rassen. Die Hundebesitzer sitzen auf dem Rasen oder stehen herum wie Eltern bei einem Kindergeburtstag und achten darauf, dass es keinen Streit um einen Stock oder einen Ball gibt.

»George, wenn du nicht schön spielst, gehen wir nach Hause!«

»Mabel, lass ihn los! Hör auf damit, sag ich dir, lass ihn los!«

Man darf sich nicht auf dem Rasen ausstrecken und sich sonnen, denn wenn zwei dänische Doggen und ein Collie ein Wettrennen veranstalten, sehen sie nicht ein, dass sie um einen, der auf der Strecke liegt, einen Bogen machen sollen.

Dick und Nikki und ich ließen uns oben auf dem Hügel nieder, und Dick goss Bloody Mary für uns in die Pappbecher. Ein paar Hunde spielten weiter unten, und normalerweise hätte sich Chester, der Bobtail, ihnen angeschlossen. Aber er hatte schon auf dem Weg in den Park fortwährend an dem Picknickkorb geschnuppert, deswegen streunte er nur ein wenig herum, beschnüffelte die anderen Hunde und kam zu uns zurück, in der Absicht, nicht von der Stelle zu weichen, bis es Essenszeit war.

Ich hatte Verständnis dafür, und als ich die Sandwiches auspackte, gab ich Chester eine Scheibe kalten Truthahn von meinem Sandwich. Mehr war nicht nötig. Binnen fünf Sekunden hatte sich ein Halbkreis von Hunden vor mir gebildet: Sämtliche Hunde, die noch auf dem Hügel waren, hatten sich zu dem Picknick eingefunden.

Zwei Bassets-Brüder namens Sam und Sid, Romulus, eine dänische Dogge, ein mir nicht bekannter Beagle und eine sehr schüchterne junge deutsche Schäferhündin namens Helga – sie alle standen reglos da, die Augen auf mich und mein Ttruthahn-Sandwich geheftet. Dem Beagle lief der Speichel.

Ich hatte noch ein Sandwich in Reserve, also überließ ich das, von dem ich schon abgebissen hatte, den Hunden und gab ihnen allen eine Scheibe kalten Truthahn. (Helga war sehr nervös, sie war begierig, vorzutreten und ihr Stück Truthahn in Empfang zu nehmen, aber wie sollte sie wissen, dass ich sie nicht beißen würde?)

Chester, der Bobtail, fand, dass er zu viel Konkurrenz bekommen hatte, und trottete davon, um Nikkis Sandwich einen Besuch abzustatten. Und als ich gerade den Rest von dem Truthahn an die letzten Hunde verfütterte, machte Nikki ein großes Trara, weil Chester einen Schluck von ihrer Bloody Mary genommen hatte. Dick rief: »Chester, Platz!« Und Chester, der zeigen wollte, wie gut erzogen er war, setzte sich auf Nikkis Eiersalat. Worauf Nikki ausrastete. (Sie ist jung und hübsch, und sie war ein Jahr auf der London School of Economics, aber sie mag Katzen lieber.) Ich drehte mich um und rief Chester zu mir, um ihn von ihr wegzulocken – und kaum hatte ich den anderen Hunden den Rücken zugewandt, schnappte sich der Beagle (ich glaube, er heißt Morton) das Reserve-Sandwich und rannte damit den Hügel runter.

Seine Herrin kam zu mir, entschuldigte und bedankte sich; sie sagte, er esse nur Geflügel und jetzt brauchte sie nicht für ihn zu kochen, wenn sie nach Hause kämen.

Wir gingen durch den Park zu dem Eingang an der Zweiundsiebzigsten, kamen an einem Baseball-Spiel vorbei und einer Marimba-Band, die sich spontan zusammengefunden hatte und sich gegen das Rockkonzert durchzusetzen versuchte, das von der Neunundfünfzigsten heraufschallte.

Während ich in dem friedlichen St. James’s Park lag, wurde mir bewusst, wie sehr die Parks einer Stadt das Wesen ihrer Bewohner widerspiegeln. Die Parks in London sind ruhig, still, ein bisschen zugeknöpft, und ich liebe sie. Aber auf lange Sicht würde ich die lärmende Überschwänglichkeit des Central Park bitter vermissen.