Donnerstag, 24. Juni
Endlich hatte ich einen Tag für mich und nutzte ihn, um die Gegend um den Regent’s Park zu Fuß zu erforschen. Bin den Nash Crescent zwanzig bis dreißig Mal abgegangen, habe das Haus in der Wimpole Street gesehen, wo Robert Browning zu Besuch bei Elizabeth war, bin auf der Harley Street gegangen – und dann Devonshire Street, Devonshire Place, Devonshire Mews, Devonshire Close und Devonshire Mews Close, dies ist eine wunderschöne Stadt.
Als ich zurückkam, lag an der Rezeption eine Nachricht für mich. Keine Anrede.
Können Sie am Samstag Punkt zwölf hier sein? Wir fahren nach Windsor und Eton und haben ein ziemlich großes Programm.
In Eile –
P.B.
Wir fahren nach Windsor und Eton. Ich fahre dahin.
Mir gefällt die Art und Weise, wie er schreibt, ganz ohne Anrede. Jedes Mal, wenn ich an jemanden von der Telefongesesllschaft oder von einer Versicherung schreibe, regt es mich auf, dass ich mit »Dear Sirs« anfangen muss, wo doch der Angeredete und ich genau wissen, dass er weit davon entfernt ist, mir lieb und teuer zu sein.
Ich sitze und schreibe in der Lounge des Kenilworth. Nicht zu verwechseln mit dem Fernsehraum des Kenilworth, wo alle in völliger Dunkelheit kerzengerade auf kleinen, harten Stühlen sitzen und auf eine Comedy-Show starren. Die Lounge geht von der Halle ab. Es ist ein freundlicher Raum mit Sesseln und einem Sofa, aber wenn man dort in sein Tagebuch schreiben möchte, muss man erst einen raschen Blick hineinwerfen, bevor man das Zimmer betritt. Sitzt eine Frau allein in der Lounge, dann sucht sie jemanden, mit dem sie sich unterhalten kann. Sitzen zwei Frauen da und unterhalten sich bereits, dann sind sie so wohl erzogen und freundlich, dass sie einen Dritten mit einschließen, und wie soll man sich dem entziehen, ohne unerzogen und unfreundlich zu erscheinen?
Als ich heute Abend hereinkam, saß nur ein Mann am Schreibtisch und schrieb Briefe, gerade ist er gegangen. Er bat mich um Feuer, und als er meinen amerikanischen Akzent hörte, erzählte er mir, er habe ein Jahr lang in New York gelebt.
»Und eines Tages ging ich mit einem amerikanischen Freund die Fifth Avenue entlang, und ich sagte zu ihm: ›Warum rennst du so?‹ Und er sagte: ›Ich renne doch gar nicht!‹ Und da wusste ich, dass es an der Zeit war, zurückzukehren.«
Hier wird man nur dann um Feuer gebeten, wenn man selbst raucht und jemand sich seine Zigarette an der des anderen anzünden kann. Niemand käme auch nur auf die Idee, um ein Streichholz zu bitten, das wäre so, als würde man um Geld bitten. Streichhölzer bekommt man hier nicht umsonst. Sie liegen nicht in den Aschenbechern in der Halle und auch nicht auf den Tischen in den Restaurants. Man muss sie im Geschäft kaufen, wahrscheinlich sind sie importiert und zu teuer, als dass man sie verschleudert, wie wir das in Amerika tun.
Gerade kam eine Dame herein und fragte, ob ich die Schriftstellerin sei. Sie lebt in Kent, London mag sie nicht, sie ist in der Stadt, weil ihr Bruder hier im Krankenhaus liegt, aber wenigstens bekommt sie so ein bisschen von Bloomsbury zu sehen, er will nichts davon hören, dass sie den ganzen Tag im Zimmer sitzt, deswegen war sie am Nachmittag beim Dickens House in der Doughty Street, ob ich da schon gewesen sei?
Sie will sich unterhalten, also unterhalten wir uns.