52. KAPITEL
Nashville, Tennessee
Samstag, 27. Dezember
16:00 Uhr
Taylor und Baldwin hatten ihre Koffer fertig gepackt und warteten auf das Taxi, das sie zum Flughafen bringen sollte. Die Vorbereitungen verliefen völlig reibungslos – ihr Gepäck war noch vom vorigen Samstag bereit, und sie musste nur ihre Kulturtaschen hineinwerfen, sich ins Taxi setzen und verschwinden.
Baldwin ging im Erdgeschoss auf und ab und schaute immer wieder aus dem Fenster. Taylor saß am Esstisch und trank eine Tasse Tee. Sie konnte es nicht erwarten, aus der Stadt zu kommen, das ganze Chaos hinter sich zu lassen.
Ihr Vater war wegen verschiedener Punkte angeklagt worden, darunter Unterschlagung, Bestechung und die RICO-Satzungen. Alles reine Wirtschaftsverbrechen. Er würde in ein nettes kleines Gefängnis kommen, wo er Kakihosen tragen und Kaffee aus echten Tassen anstatt aus Styroporbechern trinken konnte. Taylor war es egal. Sie war einfach nur froh, dass er für seine Rolle in L’Uomos Geschäften bestraft wurde.
Conrad Hawley, der Generalbundesanwalt von New York, hatte still und leise seinen Rücktritt eingereicht, als die Polizei von Nashville ihn wissen ließ, dass sie ein Band von seinen sexuellen Aktivitäten mit einer minderjährigen Illegalen hatten, die zur Prostitution gezwungen worden war. Seine Verhaftung diese Woche verlief nicht ganz so still. Zusammen mit einer Reihe anderer Männer, die anhand der Videos identifiziert werden konnten, war er dem Haftrichter vorgeführt worden. Die Polizei war immer noch dabei, weitere Fotos und Filmaufnahmen auszuwerten.
Jane Macias war in ihr Zuhause nach Long Island zurückgekehrt. Von Nashville hatte sie offensichtlich genug. Taylor konnte es ihr nicht verübeln. Einem Serienmörder so nah zu sein, zu wissen, dass man die Nächste war, konnte nicht einfach sein. Ihr Artikel über L’Uomo würde demnächst in der New York Times veröffentlicht.
Der Schneewittchenmörder war neben seiner Tochter und seiner Frau auf einem Privatfriedhof im Norden von Nashville beerdigt worden. Sein Sohn Joshua behielt das Haus und bekam eine Vollzeitpflegerin an die Seite gestellt.
Frank Richardsons Familie würde ein Journalistenstipendium in seinem Namen einrichten. Daphne Beauchamp war zur Leiterin der Stiftung ernannt worden.
Die vielen Opfer des Schneewittchenmörders und seines Lehrlings wurden in verschiedenen Artikeln des Tennessean betrauert. Die Menschen atmeten auf, nachdem der Fall anscheinend so gründlich analysiert und endlich gelöst worden war. Giselle, Glenna, Elisabeth und Candace waren alle in der Bar namens Control gewesen. Ihre Gesichter würden Taylor noch lange in ihren Träumen verfolgen.
Der Lehrling war verschwunden.
Taylor grübelte über die Entwicklungen. Die letzten paar Tage waren verrückt gewesen, um es milde auszudrücken. Aber jetzt war es wirklich an der Zeit, dass sie hier wegkamen.
Baldwin hörte auf, herumzulaufen, und kam zu ihr ins Esszimmer. Er legte eine Hand auf ihre, als sie ihre Teetasse abstellte.
“Also, was machen wir jetzt wegen der Hochzeit?
Taylor schüttelte den Kopf. „Gar nichts. Ich glaube, das war ein Zeichen.“
„Wir werden nie heiraten?“
Sie stand auf und zeigte zum Fenster. Das Taxi war endlich vorgefahren. „Lass uns einfach unsere Flitterwochen genießen. Da haben wir genügend Zeit, um alles in Ruhe zu besprechen.“
Baldwin lächelte und beugte sich vor für einen Kuss. „Was immer du sagst, Taylor.“