7.

 

„Ein betrogener Betrüger ist gefährlicher als ein verletzter Saduj, denn er hat alles zu verlieren und nichts mehr zu gewinnen als Rache.“

Sinnspruch aus Roen Orm

 

Janiel duckte sich, als das schwere, ledergebundene Gebetsbuch in seine Richtung flog.

„Diese verdammte Hexe! Ich werde sie vernichten!“, brüllte Rynwolf außer sich vor Wut.

Janiel ließ den Erzpriester toben, sorgte nur dafür, dass er nicht zum Ziel der Geschosse wurde, die Rynwolf blindwütig um sich warf.

„Herr, wenn Ihr erlaubt“, begann er, als der ältere Geweihte sich schwer atmend an der Wand abstützte.

„Na los, sprich es aus! Sag mir, dass ich ein Narr gewesen bin, diese Dokumente zu besiegeln, du hattest mich früher schon davor gewarnt. Konnte ich denn ahnen, dass Ilat sich eine Hexe ins Bett holt? Bislang war er doch immer eine brave Marionette, glücklich, sich von mir beherrschen zu lassen!“ Müde starrte Rynwolf ihn an. „Ich will doch nur das Beste für Roen Orm, für die Priesterschaft, für alle hier. War alles umsonst?“, flüsterte er gebrochen.

„Herr, bitte! Ich bin sicher, es kann sich alles zum Guten wenden. Wir müssen verhindern, dass Ilat diese Frau heiratet, was bedeutet, wir brauchen so schnell wie möglich eine bessere Kandidatin. Vorzugsweise eine Adlige aus Lynthis, zur Sicherung des sehr wackligen Friedens. Wenn wir eine geeignete Frau finden, werden die Ratsmitglieder sie eher unterstützen als irgendeine Exotin aus Kashuum, das sowieso niemand kennt und sehr weit weg ist. Soll Ilat seine Hexe als Mätresse behalten, eine Krone darf er ihr nicht aufsetzen! Falls uns das gelingt, besteht Hoffnung, dass er die Pya-Tochter irgendwann satt wird und sie fortjagt. Ein wenig Geduld, Herr, mehr ist nicht nötig!“

Rynwolf seufzte, fuhr sich über das Gesicht.

„Du hast Recht, Janiel. Eine verlorene Schlacht entscheidet noch nicht den Krieg. Es verlangsamt meine Pläne, aber Ilat ist tatsächlich nicht der Mann, der sich einer Hexe unterwerfen wird. Nicht dauerhaft, egal, wie viel Macht und Lust sie ihm verspricht. Sie wird sich wundern, wenn sie wirklich glaubt, auf diese Weise Macht zu gewinnen.“ Er fixierte Janiel mit flammendem Blick.

„Finde mir eine geeignete Braut für diesen Wahnsinnigen!“, befahl er. „Vorzugsweise schön, blutjung, aus Lynthis’ Hochadel und sanft wie ein Täubchen. Wir können nicht noch mehr intrigante Weiber in Roen Orm gebrauchen, aber sie soll Ilat gefallen. Enttäusche mich nicht, Junge!“

„Das werde ich nicht, Herr“, versichere Janiel und verneigte sich leicht. „Wenn eine solche Frau lebt, werde ich sie finden und hierher bringen lassen.“ Er wandte sich zur Tür, doch Rynwolf hielt ihn zurück.

„Kein Wort zu irgendjemanden. Missbrauche mein Vertrauen nicht, hörst du?“

„Zweifelt Ihr an mir, Herr?“, fragte Janiel erschrocken.

„Nein. Und doch, ja. Du bist schon immer ein merkwürdiger Junge gewesen … brillant, aber flatterhaft. Geh jetzt, und vergiss nicht: wenn ich stürze, fällst du mit mir. Ilat wird dich nicht noch einmal beschützen.“

„Das weiß ich, Herr.“

 

Rynwolf blickte dem jungen Geweihten nach. Er wusste, dass Janiel log, er hatte es deutlich gespürt. Warum, auf welche Weise, das wusste er noch nicht, aber er würde es herausfinden, da war er sich sicher. Sicherlich war es harmlos. Möglicherweise ließ sich Janiel von irgendeinem der vielen Gelehrten bezahlen, die neuerdings den königlichen Hof überschwemmten wie eine Rattenplage. Der Junge war gewitzt genug, diesen lächerlichen, blutleeren Hohlköpfen das Gold aus der Tasche zu locken, ohne dabei echte Geheimnisse zu verraten. So einige Priester nutzten den Eifer dieser Narren, um ihrerseits Informationen über die Adligen fernerer Provinzen zu erhalten, alles mit Rynwolfs Segen. Es gab manche, die es ohne seinen Segen versuchten, was er durchgehen ließ, solange es sich um Männer handelte, die wenig wussten und sich leicht mit falschen Informationen füttern ließen. Das traf beides auf Janiel nicht zu … Es wäre Rynwolf gleichgültig, im Gegenteil, es wäre ein Zeichen, dass sein Zögling politisches Talent besaß, das ihm niemand zugetraut hatte. Sollte Janiel allerdings tatsächlich mit Ilat zusammenarbeiten, oder irgendeinem anderen hochrangigen Feind, würde Rynwolf ihn vernichten.

Es wäre solch eine Verschwendung! Was hat dieser Junge für Talente, und er nutzt sie einfach nicht! Ti, warum nur hast du Janiel solch einen Verstand gegeben, aber nicht genug Willen, ihn zu nutzen? Warum hast du ihn den wahren Glauben finden lassen, wenn er immer noch nicht bereit ist, mir bedingungslos zu vertrauen?

Zu oft hatte Rynwolf solche Gedanken gewälzt. Nun, er würde Janiel scharf beobachten, nicht weniger als Ilat und diese grauenhafte Hexe. Im Augenblick konnte er es nicht ändern, er musste vor Inani buckeln. Ilat, diesem

lächerlichen König, dienen wie ein einfacher Bauer.

Geduld. Der Junge hat es selbst gesagt. Warte ab, lauere auf den

Moment der Schwäche, dann wirst du all deine Feinde in die Knie zwingen!

 

~*~

 

 „Hast du mich vermisst?“

Inani war im Schutz der Dunkelheit als Leopardin in Janiels Kammer erschienen. Lautlos verwandelte sie sich zur Frau, verriegelte Tür und Fenster. Janiel ließ die Pergamentrollen sinken, in denen er gelesen hatte und reckte die müden Glieder.

„Jeden Atemzug. Ich vermisse dich immer!“, flüsterte er. Besitzergreifend zog er sie in seine Arme.

„Das ist gut, ich brauche jetzt jemanden, der mich von Ilat ablenkt. Der Mann ist gieriger als eine Heuschrecke, ich schwöre es!“

„Hat er dich angefasst?“, knurrte Janiel zwischen zwei Küssen, gab jedoch willig nach, als sie ihn rücklings zum Bett führte.

„Versucht hat er es, aber außer Klapse auf die Finger nichts bekommen. Warum, bist du eifersüchtig?“ Inani lachte, während sie Janiel half, aus seiner Geweihtenrobe zu schlüpfen.

„Auf Ilat? Nein. Nur besorgt, was er mit seinen gewalttätigen Fingern alles verletzen könnte.“ Er streichelte Inanis warme, samtige Haut, bedeckte sie mit zarten Küssen.

„Hmmmm.“ Sie schnurrte und räkelte sich wie eine verwöhnte Katze. „Sieh ruhig nach, vielleicht hat er ja irgendwo Schaden angerichtet. Ilat glaubt tatsächlich, ich würde ihn an mich ranlassen, wenn ich erst einmal seine Königin bin. Armer Mann. Komm, sieh nach!“

„Gerne!“ Er küsste sich über ihr Gesicht den Hals hinab, wagte zuerst kaum, sie zu berühren. Doch Inanis Bewegungen zeigten, dass sie sich wohl fühlte, also wurde er mutiger, erforschte diesen sehnigen, schlanken Leib mit Händen und Zunge, bis Inani sich stöhnend aufbäumte. Sie schien es zu mögen, als er begann, an ihren Brustwarzen zu saugen. Er selbst mochte es, sehr sogar. Das Gefühl, seidenweiche Haut unter den Fingern zu spüren, die weiche Beschaffenheit ihrer Brüste zu erkunden, war mit nichts zu vergleichen. Das glühende Pochen in seinen Lenden war noch intensiver als gestern, was er kaum für möglich gehalten hätte.

Wie von selbst glitt seine Hand tiefer, tastete über ihre Scham. Er staunte über seinen eigenen Mut genauso wie über die Hitze und Feuchtigkeit, die er dort fand. Eine neue Erfahrungswelt … Inani keuchte unter ihm und führte seine Finger an eine kleine, perlenartige Erhebung. Als er sie dort zu streicheln begann, zuckte sie hektisch und wimmerte leise.

„Ist es richtig so?“, fragte er sie unsicher. Dass er geistig zu ihr sprach, wurde ihm erst einen Moment später bewusst. Er fühlte sich ihr so nah, konnte ihre Erregung genauso spüren wie seine eigene, was ihn regelrecht um den Verstand brachte.

„Hör nicht auf, es ist wunderbar!“, antwortete sie mit langer Verzögerung.

„Sag“, fragte er, selbst schon fast an der Grenze seiner Beherrschung, „mögen Frauen das eigentlich auch, was du gestern mit mir gemacht hast?“ Sprach’s, und verschwand mit dem Kopf zwischen ihren Beinen, bevor ihn der Mut verlassen konnte. Genussvoll kostete er von ihrer Lust, sog ihren Duft in sich auf, bis sie stöhnend und zittrig in sein Haar griff, als wolle sie sich festhalten, um nicht zu ertrinken.

„Soll ich aufhören? Magst du das nicht?“, fragte er mit so viel Unschuld, wie er noch aufbringen konnte.

„Wag es nicht! Mach weiter, sofort!“ Inani drückte seinen Kopf energisch zurück, während unverständliche Laute über ihre Lippen drangen.

Willig gehorchte Janiel der Aufforderung, ließ sich von ihr führen und verführen, bis er nicht länger warten konnte und in sie eindrang. Bislang waren nur ihre Seelen verschmolzen gewesen, nun schlossen sie den Bund auch mit ihren Körpern, und fanden gemeinsam zur Erfüllung.

 

~*~

 

„Wenn du willst, können wir an einen sichereren Ort gehen“, flüsterte Inani, als sie einen Moment lang beim Küssen innehielten, beide wohlig erschöpft nach intensivem Liebesspiel.

„Überall, wo du bist, gefällt es mir, Liebste. Lass uns ruhig hier bleiben. Solange wir nicht zu laut sind …“

„Habe ich dich mit meiner Freude an Gefahr angesteckt?“, neckte sie ihn.

„Vielleicht. Vielleicht hast du auch nur geweckt, was schon immer da gewesen ist?“ Er rollte sich wieder über sie und forderte einen langen Kuss von ihr ein. Sie hatten die ganze Nacht lang Zeit und Janiel war entschlossen, nicht einen Moment davon zu verschwenden.

 

 

 

Roen Orm 4: Herrscher der Elemente
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