34. Kapitel

Ben und sein Vater und Vestara waren noch immer fünfzig Meter von der Schatten entfernt, als nach und nach benommene Sith in den Dorfkreis zurückkehrten. Mit ihren ramponierten Gesichtern und den zerrissenen Roben sahen die meisten von ihnen aus, als wären sie in eine Cantina-Schlägerei geraten, anstatt vor illusionären Geistern zu fliehen. Einige jedoch waren ernsthaft verletzt, hatten komplizierte Brüche und eingedellte Gesichter, die für einen wuchtigen Aufprall oder für tiefe Stürze typisch waren. Alle hatten den unfokussierten, großäugigen Blick von Traumaopfern, und sie waren so misstrauisch und schreckhaft, dass es nicht ungewöhnlich war, das Knistern von Lichtschwertern zu vernehmen, die gekreuzt wurden, wann immer zwei von ihnen unerwartet aufeinandertrafen.

»Das ist schlecht«, sagte Vestara. »Sie kommen wieder zu Sinnen.«

»Verhalte dich einfach unauffällig«, schlug Ben vor. »Alles wird gut, solange wir keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen.«

»Das ist richtig«, stimmte Luke zu. Er hatte eine Hand auf Bens Schulter gelegt, um sich zu stützen. »Sie wissen noch nicht, dass Taalon tot ist, also haben sie keinen Grund anzunehmen, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung ist.«

In Lukes Stimme lag eine ruhige Zuversicht, die nahelegte, dass er dieselben Wogen der Bestärkung verspürte, die über Ben hinwegrollten. Jemand, den sie kannten, nutzte die Macht, um sie zu ermutigen, versuchte, ihnen zu sagen, dass Hilfe unterwegs war. Die Berührung war nicht vertraut genug, dass Ben sie erkannt hätte, auch wenn er annahm, dass sein Vater genau wusste, wer durch die Macht mit ihnen in Kontakt trat – und wie weit sie noch entfernt waren. Ben hoffte bloß, dass das keine weitere Fallanassi-Illusion war.

Lukes Knie gab wieder nach, und Ben sog durch zusammengebissene Zähne Luft ein, als sich die Hand seines Vaters um seine beinahe gewürfelte Schulter schloss. Doch er beschwerte sich nicht – er war viel zu dankbar dafür, dass er noch einen Vater hatte, der sich an ihm festhalten konnte.

»Geht einfach weiter«, drängte Luke. »Wir sind fast da.«

» Fast ist genau das Problem«, entgegnete Vestara. Nahezu zwei Dutzend Sith hatten jetzt den Kreis betreten, und einige benommene Augenpaare blickten bereits in Richtung der Skywalkers. »Ohne Taalon oder meinen Vater werden sie uns niemals an Bord gehen lassen.

Vielleicht wäre es besser, sich außer Sicht zu ducken und zu hoffen, dass sie abgelenkt genug sein werden, dass wir an Bord schlüpfen können, wenn sie Lord Taalons Leichnam finden.«

»Wir können nicht warten«, sagte Luke. Er wies mit seinem Kinn auf die hintere Ecke der Insel, wo Schiffs rotaderige Sphäre gerade zum Himmel emporstieg. »Abeloth haut ab – deshalb haben die Fallanassi aufgehört, die Eindringlinge zu töten.«

Vestara runzelte die Stirn. »Und?«

»Und wir haben immer noch die Chance, ihr zu folgen«, entgegnete Luke.

»Und das ist etwas Gutes?« Vestara musterte die beiden Skywalkers mit abschätzendem Blick und sagte dann: »Ihr beide seid nicht unbedingt in der besten Verfassung, um zu kämpfen, und wenn ihr denkt, ich würde ihr ganz allein die Stirn bieten …«

»Wohl kaum«, unterbrach Luke. Das Trio war bis auf dreißig Meter an die Schatten herangekommen, doch jetzt kam ein schlanker Keshiri-Sith mit dunkellila Augen und alabasterweißem Haar in ihre Richtung – und bedeutete anderen, ihm zu folgen. »Wir müssen das hier einfach zu Ende bringen.«

Vestara sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Warum?«, fragte sie. »Sagen wir, ihr schafft es, Abeloth zu töten … noch mal. Was dann?«

»Dad, was das betrifft, hat Vestara nicht ganz unrecht«, sagte Ben. Ihm fiel bloß ein einziger Grund dafür ein, warum die schwer verwundete Abeloth aus der Obhut ihrer Fallanassi-Beschützerinnen fliehen sollte, und der war nicht, weil sie damit rechnete, dass die Skywalkers vor ihr wieder in Kampfform waren. Sie musste Angst haben, gegen jemand anderen kämpfen zu müssen – vielleicht sogar gegen einen ganzen Haufen anderer. »Abeloth zu töten, bewirkt nicht allzu viel.«

»Das hält sie schwach«, hielt Luke dagegen. »Und das schützt die Jedi aus der Zuflucht.«

Diese Feststellung traf Ben wie ein Blasterschuss. Genau wie sein Vater und alle anderen, hatte Ben die Genesung der Jedi-Ritter dem Tod von Abeloth’ erstem Körper zugeschrieben. Doch seit sie festgestellt hatten, dass sie noch am Leben war, war ihm nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, sich zu fragen, warum diese Jedi immer noch normal waren. Natürlich war die Antwort darauf vermutlich genau das, was sein Vater angedeutet hatte – nach der Vernichtung ihres ersten Körpers war sie zu geschwächt gewesen, um mit den Zuflucht-Jedi in Kontakt treten zu können.

Doch falls sie ihre Kräfte je in vollem Umfang wiedergewann, würde sie das mit Sicherheit wieder tun – besonders, wenn sie die Jedi aus der Zuflucht gegen den Orden einsetzen konnte.

Und momentan waren die Skywalkers die Einzigen, die in der Lage waren, sie zu verfolgen.

Sein Vater hatte mehr als genug Blut vergossen, um Abeloth mit einer Dathomiri-Blutfährte auf den Fersen zu bleiben. Doch falls das nicht funktionierte, würden sie ihr auf der Spur bleiben müssen, indem sie ihre Hyperraumsprünge analysierten – und dazu mussten sie nah genug an ihr dran bleiben, um sie aufzuzeichnen.

Voller Stolz über das Durchhaltevermögen und die Weitsicht seines Vaters, schaute Ben zu ihm hinüber und fragte: »Das werden wir jetzt eine ganze Weile machen, nicht wahr?«

Luke lächelte und nickte. »Ich fürchte, ja, mein Sohn.« Er wandte sich an Vestara. »Bist du bereit dafür? Du könntest dein Glück immer noch mit dem Freunde-und-Familie-Plan versuchen.«

Vestara runzelte die Stirn. »Ihr würdet mich bei ihnen lassen?«

»Was auch immer deine Gründe dafür waren, du hast Ben da drinnen das Leben gerettet«, entgegnete Luke. »Ich denke, ich kann dir eine Pause gönnen … für dieses eine Mal.«

Vestara dachte beinahe ein Dutzend Schritte lang über das Angebot nach, dann legte sie den Kopf auf die Seite und musterte Luke skeptisch. »Ist das ein Test, Meister Skywalker?«

Ben stellte sich dieselbe Frage, denn das Letzte, was sein Vater wollen konnte, war, dass Vestara das weitergab, was sie über die Jedi-Königin gehört hatte. Allerdings stellte er jetzt, als er darüber nachdachte, fest, dass Abeloth nichts preisgegeben hatte, das Taalon nicht bereits wusste – sie hatte lediglich bestätigt, dass eine Jedi-Königin dazu bestimmt war, einen Thron zu besteigen, den die Sith für sich selbst beanspruchten.

»Wenn ich Euer Angebot, mich freizulassen, annehme«, fuhr Vestara fort, »wie schnell werde ich dann tot sein?«

Luke lächelte innerlich. »Das ist nicht mein Stil«, sagte er. »Es steht dir frei hierzubleiben, wenn du dein Glück mit den Sith versuchen willst. Aber wenn du mit uns kommst, dann nicht als Gefangene. Wir werden auch so schon genug Schwierigkeiten bekommen, ohne uns auch noch um dich sorgen zu müssen. Wenn du bei uns bleiben willst, dann also allein aus dem Grund, weil du selbst es willst.«

Ben fing an, sich zu fragen, ob sein Vater während des Kampfes womöglich eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. »Ähm, Dad, du weißt schon, dass sie nicht versucht hat, uns zu retten, als sie Taalon getötet hat, oder?«, fragte er. »Sie hat bloß versucht, Abeloth daran zu hindern, ihn zu ihrem Tentakelreiniger zu machen – ehe sie ihn dazu benutzt hätte, die Kontrolle über die Sith zu erlangen.«

»Das ist keine schlechte Sache, Ben.« Während Luke sprach, hielt er seinen Blick auf Vestara gerichtet. »Ebenso wenig, wie der Galaxis noch ein Geschöpf von Abeloth’ Art zu ersparen.«

Bei Lukes Worten kam der Keshiri mit den dunkellila Augen durch den Kreis auf sie zu, um sie abzufangen, dicht gefolgt von einem Dutzend weiterer Sith. Vestara musterte sie einen Moment lang und senkte dann ihr Kinn.

»Vielen Dank, dass Ihr mir diese Wahl lasst, Meister Skywalker.« Ihre Stimme war so leise, dass Ben sie kaum zu hören vermochte. »Aber jemanden zu töten, der so weit über mir stand, wird mich über Jahre hinaus zum Ziel machen – falls ich die anfänglichen Vergeltungsmaßnahmen überlebe. Ich denke, ich bin mit euch besser dran als bei meinem eigenen Volk.«

Bens Herz begann ein bisschen zu tanzen – er traute Vestara nicht, aber er fing an zu glauben, dass er womöglich doch eine reelle Chance hatte, sie auf die Helle Seite zu ziehen.

»Dann kommst du also mit uns mit?«, fragte er grinsend.

Vestara seufzte verzweifelt. »Das bedeutet aber nicht, dass ich Gefallen an dir finde, Ben Skywalker.« Ohne ihm die Gelegenheit zu geben, darauf etwas zu erwidern, nickte sie in Richtung der näher kommenden Gruppe. »Und jetzt ist es vielleicht an der Zeit, sich mit der Schatten aus dem Staub zu machen.«

Bevor Ben sie an das verletzte Bein ihres Vaters erinnern konnte, sagte Luke: »Wir kommen schon klar. Wenn wir jetzt losrennen, provozieren wir damit bloß einen Kampf, und ein Kampf kostet uns nur noch mehr Zeit.«

»Seid ihr Jedi eigentlich alle verrückt?«, flüsterte Vestara.

Ben wollte ihr gerade beipflichten – bis er den »Knopf« im Ohr des Keshiri bemerkte. Der Sith sprach beim Gehen in ein Kehlkopfmikro und warf unbehagliche Blicke zum Himmel hinauf, und die Macht knisterte geradezu von seiner Panik.

»Meister Skywalker, zu rennen ist unsere einzige Chance«, drängte Vestara. »Wir sind zahlenmäßig unterlegen – und zwar ganz schön massiv.«

»Nein, sind wir nicht.« Ben schaute himmelwärts. Er konnte noch keine Spur von Hilfe

entdecken, doch er wusste, dass er das auch nicht tun würde – nicht bis zu dem Moment, in dem sie tatsächlich eintraf. »Was das angeht, kannst du mir ruhig vertrauen.«

»Dir vertrauen?«, gab Vestara zurück. »Du bist verrückt!«

Bevor Ben erklären konnte, was los war, versperrte ihnen die Sith-Gruppe den Weg. Der lilaäugige Anführer trat vor und blickte auf Vestara hinab. »Ich muss mit Hochlord Taalon sprechen. Wo ist er?«

Vestara gab sich ahnungslos. »Verzeiht mir, Meister Vhool, ich weiß nicht …«

»Ihr findet Lord Taalon in der Halle«, unterbrach Luke und deutete mit einem Arm in

Richtung der Tür hinter ihnen. »Zusammen mit Gavar Khai. Wir haben uns da drin einen ziemlich heftigen Kampf mit Abeloth geliefert.«

Die Augen des Keshiri weiteten sich. »Ist Lord Taalon wohlauf?«

»So wohlauf, wie man es in Anbetracht der Umstände nur erwarten kann«, sagte Ben. Er wies auf die Schatten. »Mein Dad und ich sind diejenigen, die dringend zur Medistation müssen.

Wenn es Euch nichts ausmacht?«

»Das wird warten müssen.« Der Keshiri – Meister Vhool – wandte sich an Vestara. »Kannst du ihr Schiff fliegen?«

Vestaras Augenbrauen schossen hoch. »Ich werde ihre Hilfe brauchen, um hineinzugelangen.«

Die Art und Weise, wie sich Vhools Augen verengten, verriet Ben, dass das Letzte, was er wollte, zwei Jedi in Hörweite einer Kom-Station waren – was nur dann Sinn machte, wenn Bens Vermutung zutraf: dass Hilfe unterwegs war.

»So schwierig ist das nicht, Vestara«, sagte Ben. Er streckte seine Hand in Richtung der Schatten aus und nutzte die Macht, um das Schloss zu entriegeln, das im Innern der Einstiegsluke verborgen war. »Drück einfach mit der Handfläche auf das Kontrollfeld, dann öffnet sich die Luke.«

Vhool musterte Ben einen Moment lang und sagte dann: »Deine Kooperation hat dir gerade das Leben gerettet, Jedi.«

Ben zuckte die Schultern. »Hey, immerhin sind wir bei dieser Sache nach wie vor auf derselben Seite«, sagte er. »Nicht wahr?«

»Natürlich.« Vhools Tonfall war kühl, doch Ben erkannte, dass seine Scharade ihnen ein wenig Zeit verschafft hatte. Der Sith wandte sich wieder an Vestara. »Mach das Schiff abflugbereit.

Wir brechen auf, sobald ich mit deinem Vater und Hochlord Taalon zurückkehre.«

Vestara konnte nicht verhindern, dass sich ihre Augen weiteten, doch ihr Tonfall blieb gelassen. »Wie Ihr befehlt, Meister Vhool.« Ihr Blick wanderte zurück zu Ben. »Sollte ich irgendetwas über den Kaltstartablauf wissen?«

»Nur eins.« Ben grinste. »Du würdest nicht ohne uns losfliegen wollen.«

Vestara unterdrückte ein Lächeln, das Ben nicht zu deuten vermochte, und nickte Vhool dann knapp zu. »Das hängt natürlich ganz von den Wünschen von Hochlord Taalon ab.«

Sie eilte weiter zur Schatten und drückte ihre Handfläche gegen das Kontrollfeld. Als sich der Einstieg öffnete, wandte sich Vhool an Luke: »Ihr und Euer Sohn werdet hier auf das Vergnügen von Hochlord Taalons Gesellschaft warten.«

Er schickte drei seiner Begleiter los, um die übrigen Sith auf der Insel zusammenzutrommeln, ehe er den anderen befahl, bei Ben und Luke zu warten.

»Behandelt sie so lange wie Verbündete, wie sie sich wie Verbündete benehmen«, sagte er.

»Aber falls sie irgendetwas Verdächtiges tun …«

»Warum sollten wir?«, unterbrach Luke. »Stimmt irgendetwas nicht?«

»Nichts, das Euch etwas anginge.« Vhool konnte nicht verhindern, dass sein Blick himmelwärts schweifte, als er sprach. »Wir Sith sind bloß von Natur aus vorsichtig.«

Der Keshiri wandte sich der Versammlungshalle zu, und einen Moment später erwachten die Repulsorlifttriebwerke der Schatten wimmernd zum Leben. Halb erwartete Ben zu sehen, wie sich die Raumyacht von ihren Landestützen erhob, während Vestara allein die Flucht ergriff.

Stattdessen glitt eine Schottabdeckung unter dem Bug des Schiffs auf. Mehrere der Sith, die Luke und Ben bewachten, drehten sich zu dem Geräusch um und runzelten dann verwirrt die Stirn, als eine ausfahrbare Blasterkanone aus der Öffnung surrte.

» Uuups – sie hat’s schon wieder getan.« Ben rollte mit den Augen und versuchte, zwanglos zu klingen. »Falscher Knopf.«

Das schien die Sith zu beruhigen – bis ein Blitz den Himmel erhellte. Ben schaute auf und entdeckte beinahe direkt über ihnen eine silberne Strahlenkugel – dann tauchte eine zweite und eine dritte Kugel auf, die sich allesamt mit dem unverkennbaren Inversflackern eines detonierenden Protonentorpedos zusammenzogen. Ein Wirrwarr von Sekundärexplosionen folgte, um einen Teil des Himmels mit aufgewühlten Feuerblumen zu erfüllen. Rauchspuren und zuckende bunte Blitze schossen durch die Atmosphäre spiralförmig nach unten: Trümmer zerstörter Raumschiffe und Sternenjäger, die die Folgen ihrer Kämpfe zur Oberfläche des Mondes hinunterbrachten.

Die StealthX waren angekommen – keinen Moment zu spät.

Ben schaute zu seinem Vater hinüber, auf der Suche nach einem Hinweis, der besagte, dass es an der Zeit war, sich sein Lichtschwert zu schnappen. Doch Luke Skywalkers Augen waren auf den Himmel gerichtet und schauten besorgt, traurig und müde drein. Einen Moment lang dachte Ben, dass die Schlacht schlecht für die Jedi lief, dass der Großmeister den Schmerz und die Furcht seiner sterbenden Jedi-Ritter spürte.

Dann explodierte eine weitere Abfolge von Blitzen, ein Stückchen weiter rechts von ihnen, und Ben wurde klar, dass sein Vater überhaupt nicht in Richtung der Schlacht schaute. Er konzentrierte sich auf ihre Beute, zweifellos bemüht, die Fährte von Abeloth und Schiff aufzunehmen – und einen groben Eindruck davon zu bekommen, wo sie hinwollten. Am Himmel tauchten zwei StealthX-Jäger auf, die bei der Verfolgung von einem halben Dutzend veralteter Speerschiffe in die Tiefe sausten. Die StealthX feuerten mit ihren Bordkanonen, und die ersten beiden Speere stürzten just in dem Moment ins Meer, als von der Versammlungshalle eine alarmierte Stimme herüberrief: »Haltet Vestara Khai auf!« Vhools Stiefel stapften durch den Dorfkreis auf die Schatten zu. »Sie hat Hochlord Taalon ermor…«

Den Rest der Anschuldigung hörte Ben nicht mehr. Er spürte, wie Vestara ihn durch die Macht berührte, und mit einem Mal verspürte er den starken Drang, sich zu ducken. Seinen Vater mit sich ziehend, warf er sich zu Boden und machte sich so flach wie möglich. Einen Augenblick später kreischte eine Salve Blasterladungen vorüber, nur Zentimeter über seinen Rücken hinweg, um die Luft mit einem Sprühregen aus Blut und verkohltem Sith-Fleisch zu erfüllen.

Als das Kanonenfeuer eine Sekunde später aufhörte, hatten beide Skywalkers ihre Lichtschwerter in den Händen. Luke sprang als Erster auf, aktivierte die Klinge und brachte die letzten fünfzig Meter zur Schatten mit einer Reihe einbeiniger Machtsprünge hinter sich. Ben war einen Schritt hinter ihm, deckte ihren Rückzug und versuchte, nicht hinzusehen, als er die verkohlten Überreste ihrer Bewacher passierte.

Die Schatten erhob sich bereits von ihren Landestützen, als sie auf die Einstiegsrampe sprangen. Ben musste auf die Macht zurückgreifen, um sich auf der Oberfläche der Rampe zu halten, während Vestara das Schiff herumschwang und von der Insel fortschoss. Sein Vater packte ihn am Arm und zog ihn das letzte Stück an Bord, ehe er ein erleichtertes Seufzen ausstieß und auf das Kontrollfeld schlug, um die Luke zu versiegeln.

»Das ist das zweite Mal«, stellte Luke fest.

Ben nickte, denn ihm war klar, dass sich sein Vater damit auf die Anzahl bezog, wie oft Vestara ihnen nun schon das Leben gerettet hatte, und lächelte dann. »Sie kann es so hartnäckig abstreiten, wie sie will«, sagte er. »Aber sie ist total in mich verknallt.«

Bevor Luke etwas dagegen einwenden konnte, drang Vestaras Stimme über die Gegensprechanlage.

»Wie wär’s hier oben mit ein bisschen Hilfe?«, fragte sie. »Ich kenne die Zugangscodes nicht – und da ist irgend so ein Typ am Kom, der jetzt sofort mit Meister Skywalker reden will.«

»Sind unterwegs«, gab Luke zurück.

Er schickte sich an, Ben mit dem Finger warnend vor der Nase herumzuwedeln, dann seufzte er bloß und ging voran.

Sie erreichten das Cockpit just in dem Moment, als die Schatten die Atmosphäre verließ.

Das All auf der Steuerbordseite wurde von den bunten Strichen und erblühenden Feuerbällen einer Raumschlacht erhellt. Ein rascher Blick auf die Taktikanzeige des Kopilotenplatzes enthüllte, dass die Jedi das Gefecht gut im Griff hatten. Ein halbes Dutzend Sith-Fregatten blinkten bereits rot, um anzuzeigen, dass sie MANÖVRIERUNFÄHIG waren, und der Rest drehte bei, um den Rückzug anzutreten. Auf Backbord hob sich der keilförmige Umriss eines alten, hellroten Sternenzerstörers der Imperium II-Klasse vor dem silbernen Glanz des Mondes Drewwa ab.

»Stang!«, rief Ben, dem fast die Luft dabei wegblieb. »Das sieht wie der Fliegende Händler aus!«

»Er ist es«, bestätigte Vestara. »Und der Kerl am Kom droht, uns in unsere Atome zu zerlegen, wenn ich nicht sofort deinen Vater ans Gerät hole.«

Vestara legte einen Schalter am Steuerknüppel um, und die vertraute Stimme von Lando Calrissian drang aus den Cockpitlautsprechern.

»Luke, alter Kumpel, das solltest besser du sein«, sagte er. »Booster fährt schon seine Turbolasergeschütze hoch.«

»Ich bin es.« Luke rutschte auf den Kopilotensitz und übermittelte einen Autorisierungscode, ehe er fragte: »Was zur Hölle machst du denn hier?«

»Ein Sabacc-Turnier veranstalten«, entgegnete Lando. »Und wenn du an Bord kommst, wirst du nicht glauben, wer am Gewinnen ist.«

»Ich fürchte, das wirst du uns jetzt erzählen müssen.« Luke signalisierte Ben, den Platz des Navigators einzunehmen, und fügte dann in vielsagendem Tonfall hinzu: »Abeloth ist immer noch da draußen, und wir müssen ihr auf den Fersen bleiben.«

»Bist du raumkrank

Während Lando sprach, rutschte Ben auf den Navigationsplatz, rief den Taktikschirm auf und startete eine Suche nach Schiffs Profil.

»Dem Kom-Verkehr nach zu urteilen, den wir abgefangen haben, habt ihr einige ziemlich harte Wochen hinter euch«, fuhr Lando fort. »Für mich hört sich das an, als würdet ihr beide ein paar schöne Stunden in einem Bacta-Tank brauchen.«

»Das tun wir«, sagte Luke. »Aber wir dürfen Abeloth nicht aus den Augen verlieren, und in diesem Moment bedeutet das, dass ich ihr auf den Fersen bleiben muss. Sie versucht, Machtnutzer zu rekrutieren, um sie zu beschützen, und falls das passiert …«

Luke ließ den Satz abklingen, und Lando ergänzte den Rest. »Stimmt … Dann werden die Yuuzhan Vong gegen sie aussehen wie ein Haufen zweitklassiger Partysprenger. Aber du hast jetzt Verstärkung. Bleib auf Empfang, und wir bringen dich auf den neuesten Stand.«

»Danke«, sagte Luke.

Auf dem Taktikschirm erschien Schiffs Kennungscode. Die Meditationssphäre machte gerade einen Bogen um die andere Seite von Almania herum. Sobald Schiff der Gravitationsanziehung des Planeten entkam, würde es den Sprung in den Hyperraum machen. Ben lehnte sich über das Cockpit und deutete auf die Taktikanzeige seines Vaters.

»Hör zu, wir haben Schiff geortet«, sagte Luke. »Wir müssen uns kurzfassen. Du hast ungefähr dreißig Sekunden, um mich ins Bild zu setzen.«

»Verstanden«, sagte Lando. »Es gibt da einige Dinge, die du wissen solltest. Erstens: Die Horn-Kinder sind auf dem Rückweg zum Tempel.«

Luke runzelte die Stirn. »Daala hat sie freigelassen?«

»Nicht wirklich«, entgegnete Lando. »Han und Leia sind ihr dabei ein wenig zur Hand

gegangen. Zweitens: Kenth Hamner ist tot.«

Diese Neuigkeit traf Ben wie ein Betäubungsschuss, doch Luke schloss nur die Augen und nickte. »So etwas hatte ich im Gefühl.«

»Über Kom will ich nicht weiter auf die Details eingehen.«

»Das ist schon in Ordnung«, sagte Luke. »Das erfahre ich noch früh genug. Darf ich

annehmen, dass wir den Fliegenden Händler als StealthX-Mutterschiff verwenden, weil … Daala nicht kooperiert?«

»So könnte man es sagen«, erwiderte Lando. »Tatsächlich könnte man es sogar so von den Dächern brüllen.«

Luke zuckte innerlich zusammen. »Ich verstehe.« Das gewaltige blaue Rund des Planeten Almania kroch nun langsam über die Kanzel, als Vestara die Schatten herumschwang, um Schiffs Verfolgung aufzunehmen, und er sagte: »Wir haben zehn Sekunden, Lando. Ich nehme so schnell wie möglich wieder Kontakt zum Tempel auf. Sonst noch etwas?«

»Wenigstens eine gute Neuigkeit«, sagte Lando. »Es sieht so aus, als würde Wynn Dorvan erwägen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen.«

»In den Ruhestand?« Ben und Luke stellten die Frage gleichzeitig.

»Das ist richtig«, sagte Lando. »Er hat es bis in die letzte Runde geschafft, und er ist der absolute Favorit, das erste Tendrando-Arms-Wohltätigkeits-Sabacc-Turnier zu gewinnen.«