5. Kapitel
Außerhalb des Jedi-Tempels standen tausend mandalorianische Schläger in voller Kampfrüstung dicht gedrängt um ihre BlitzSchlag-Angriffsschlitten herum, die gleichermaßen angespannt, gelangweilt und begierig darauf wirkten, einen Streit vom Zaun zu brechen. Hinter ihnen befanden sich zwei schwere Schwebepanzer der Canderous-Klasse und eine Staffel plumper Vyrfalken-Kampfbomber, und im Blattwerk der Wandelgärten auf der anderen Seite des Platzes blinkten mehr als zwei Dutzend Scharfschützen-Zielfernrohre. Han Solo glaubte allmählich, dass es Daala tatsächlich ernst damit war, den Jedi-Orden zu übernehmen – und sie womöglich wirklich dachte, dass reine militärische Macht genügte, um die Jedi ihrem Willen zu unterwerfen.
Während er zuschaute, zündeten die BlitzSchlag-Schlitten ihre Repulsorlifttriebwerke, zogen die Landestreben ein und begannen zu schweben. Die Mandalorianer gingen mehr oder weniger in Habachtstellung, verteilten ihr Gewicht auf beide Beine und schwangen ihre Waffen in Richtung des Tempels. Sogar die Vyrfalken stiegen in Tiefflughöhe auf. Die rosaroten Spitzen der Energiewaffen an ihren stummeligen Flügeln und den laufstarrenden Nasen luden sich blitzend auf.
Die plötzliche Haltungsveränderung versetzte die Medien in höchste Alarmbereitschaft, die hastig Nachrichtenreporter zu ihren provisorischen Übertragungsbühnen schickten, derweil Kameraroboter auf die freie Fläche zwischen den Linien der Mandalorianer und dem Jedi-Tempel schwärmten.
Einige Sekunden später kam das dunkle Band eines Konvois des Sicherheitsdienstes der Galaktischen Allianz in Sicht. Aus Richtung des Regierungszentrums kommend, bestand der Konvoi größtenteils aus Düsenschlitten, gepanzerten Luftwagen und Kanonenschlitten. In der Mitte der Prozession waren zwei große Meditransporter und eine Schwebelimousine, die das Wappen des Staatschefs der Galaktischen Allianz trug.
»In Ordnung, das muss Daala sein.« Han wandte sich vom Sichtfenster ab und der kleinen Gruppe Jedi zu, die in der majestätischen Spiegelstahleingangshalle des Tempels standen. »Sieht so aus, als wären wir wieder im Spiel.«
»Ja, endlich«, sagte Saba Sebatyne. Die Barabel trat ans Fenster, und ihre schmale Zunge schoss zwischen den genarbten Lippen hervor, als sie mit finsterer Miene zu dem Tross von Schwebefahrzeugen hinausstarrte. »Woher wussten Sie, dass Staatschefin Daala persönlich kommen würde?«
»Ganz einfach.« Han schickte sich an, der Meisterin auf die Schulter zu klopfen – ehe er sich daran erinnerte, wie Barabel reagierten, wenn man sie berührte, und seine Hand rasch sinken ließ. »Daala ist eine machtgierige …«
»Han!«, unterbrach Leia. Sie nickte in Richtung von Allana, die dicht neben ihr stand.
»Admiralin Daala ist die Staatschefin. Sie hat es verdient, dass man mit einem gewissen Maß an … Anstand über sie spricht.«
» … Politikerin.« Han blickte auf Allana hinab und blinzelte, ehe er fortfuhr: »Und machtgierige Politikerinnen lieben es, sich diebisch zu freuen. Das hier würde sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.«
»Eine scharfsinnige Feststellung, Captain Solo«, sagte Kenth Hamner, der ebenfalls vortrat.
Er blieb direkt am Rande von Hans persönlicher Sperrzone stehen und wirkte so würdevoll und ernst, wie er es in diesen Tagen für gewöhnlich tat. Seine stets nachhallende Stimme wurde tiefer und fordernder. »Doch Ihr Tonfall bereitet mir Sorgen. Falls Ihr Plan funktioniert …«
»Er funktioniert«, unterbrach Allana. Ihre schmalen Augenbrauen waren entschlossen nach unten gezogen, und in ihren hellgrauen Augen brannte dieselbe Frustration, die sie zweifellos auch in den Machtauren um sich herum spürte. »Andernfalls wäre Daala nicht hier, und das wisst Ihr so gut wie jeder andere!«
Hamner kniff die Lippen zusammen und richtete seine Erwiderung an Han. »Ich sage nicht, dass ich dieses Vorgehen missbillige, Captain Solo. Ich möchte bloß eindringlich darum bitten, nicht ganz so … selbstgefällig zu sein.«
Hinter Hamners Rücken runzelte Allana die Stirn und hätte ihn wohl erneut unterbrochen, hätte ihr Leia nicht zur Zurückhaltung mahnend die Hand auf die Schulter gelegt. Han biss sich auf die Unterlippe und tat sein Bestes, die Situation nicht noch dadurch zu verschlimmern, dass er lächelte. Er hatte darauf bestanden, seine Enkeltochter mitzubringen, weil er wollte, dass sie lernte, wie man eine gute verdeckte Karte spielte, wenn jemand anderes die meisten Chips besaß. Doch allmählich sah es so aus, als hätte die Lektion des Tages mehr mit Innenpolitik zu tun – nämlich, dass selbst Jedi-Großmeister Nerfhirne sein konnten.
Hamner schien Hans abdriftende Gedanken zu spüren und wechselte seine Position, um sich zwischen Han und seiner Enkelin zu platzieren. »Nicht vergessen: Unser Ziel besteht nicht darin, Staatschefin Daala in Verlegenheit zu bringen«, fuhr er fort, »sondern sie dazu zu bringen, die Belagerung einzustellen …«
»Um sie dazu zu zwingen«, korrigierte Octa Ramis. Ramis, eine schlanke Jedi-Meisterin, war ungefähr zehn Jahre älter als Jaina Solo und beinahe so groß wie Han – und sie war dafür bekannt, gelegentlich ein Temperament an den Tag zu legen, das fast genauso explosiv war wie das seine. »Was das betrifft, sollten wir ganz offen sein, Großmeister. Wenn dies nicht funktioniert, wird der Rat andere Mittel in Erwägung ziehen.«
Hamner nickte. »Natürlich.« Es war schwerlich nötig, die Macht zu beherrschen, um die Verbitterung in seiner Stimme zu spüren. Selbst die Meister machten sich nicht mehr länger die Mühe, ihren Missmut über seine zaghafte Führerschaft zu verbergen. »Ich wollte Captain Solo bloß daran erinnern, dass das Ziel darin besteht, dieser Krise ein Ende zu machen, und nicht, sie zu verschärfen.«
»Keine Sorge.« Han schnallte seinen Waffengurt ab und wickelte ihn um seine alte DL-44, ehe er beides Leia reichte. »Normalerweise lache ich einem Trottel erst ins Gesicht, nachdem das Geschäft unter Dach und Fach ist.«
Hamner schloss die Augen und atmete angestrengt aus, ehe er sich an Kyle Katarn wandte.
»Vielleicht sollten wir jemand anderen schicken.«
Katarn fuhr sich über den kurzgeschnittenen Vollbart, der seinen kantigen Kiefer bedeckte, und fragte: »Warum?«
»Weil Captain Solo kein Jedi ist«, entgegnete Hamner monoton. »Und weil er nicht die … Geduld besitzt, um mit Daala zu verhandeln.«
»Wir haben Daala gegenüber bereits zu viel Geduld gezeigt«, warf Kyp Durron ein.
Kyp, der ausnahmsweise glattrasiert war – und nach Algoragewürz-Rasierwasser roch –, stand bei den beiden Jedi-Rittern, die das Schlüsselelement von Hans Plan waren. Der Erste war ein großgewachsener Chev namens Sothais Saar, die Zweite eine kleine Menschenfrau mit Namen Turi Altamik. Cilghal hatte allen versichert, dass die beiden auf geheimnisvolle Weise vollständig von ihrer Machtpsychose geheilt waren, und Han kannte die Heilerin schon viel zu lange, um ihr Urteilsvermögen anzuzweifeln. Dennoch hätte er sich wesentlich sicherer gefühlt, wenn sie hier gewesen wäre, um die Dinge mit einem kullernden Mon-Calamari-Auge im Blick zu behalten.
Stattdessen war sie unten im Inhaftierungsblock und führte bestätigende Tests an dem halben Dutzend Patienten durch, von denen die GA überhaupt nichts wusste.
»Und Han hat zu viel für den Orden getan – hat zu viel vom Blut seiner eigenen Familie geopfert –, um so ausgeschlossen zu werden«, fuhr Kyp fort. »Wie viele Male muss er sich denn noch beweisen?«
Kyp wandte sich an Corran und Mirax Horn, die ein wenig abseits von allen anderen am Fuß einer hoch emporragenden Milchsteinsäule warteten. Corrans langes Gesicht war ausgezehrter, als Han es je zuvor gesehen hatte, mit einem wirren, ungepflegten Bart und einer Stirn, die so zerfurcht war, dass sie wie die eines Gamorreaners wirkte. Obwohl sich Mirax zumindest das Haar gebürstet und es aus ihrem Gesicht gestrichen hatte, sah sie sogar noch schlimmer aus, mit eingefallenen Wangen und eingesunkenen Augen.
Corran nickte zustimmend, kurz und knapp. »Han hat sich das Vertrauen des Ordens schon hundert Mal verdient.« Er warf einen finsteren Blick in Hamners Richtung, ehe er hinzufügte: »Ich verstehe nicht, wie irgendjemand etwas anderes behaupten kann.«
Mirax tat es ihrem Ehemann gleich und starrte den amtierenden Großmeister mit finsterer Miene an. »Ehrlich gesagt, ist das nach allem, was sie durchgemacht haben, geradezu eine Beleidigung.«
Der Zynismus in den Stimmen der beiden Horns ließ Hamners Augen aufblitzen, und Han wurde klar, dass die Meister, wenn er seinen Plan nicht jetzt sofort in die Tat umsetzte, zu beschäftigt damit sein würden, darüber zu streiten, ob sie ihn nun unterstützen sollten oder nicht. Er küsste Leia auf die Wange, bevor er sich auf die Fußballen sinken ließ und Allana in die Augen schaute.
»Behalte diese Typen im Auge«, sagte er. »Wir wollen ja nicht, dass sie mein Signal verpassen, weil sie, ähm, über etwas diskutieren.«
»Du meinst, weil sie sich streiten.« Allana warf einen finsteren Blick in Richtung der Meister und sagte dann: »Aber keine Sorge. Ich werde aufpassen.«
Han lächelte. »Dann bin ich ja in guten Händen.« Er erhob sich und schaute über Allanas Kopf zu Saar und Altamik hinüber. »Ihr beide wisst, was ihr zu tun habt?«
Saar reagierte mit einem nervösen Nicken. »Natürlich.« Wie alle Chev hatte er blasse Haut und eine wuchtige Stirn, die ihn aussehen ließ wie einen menschlichen Gangster – ein Eindruck, der durch sein maßgeschneidertes Schimmerseidengewand bloß noch verstärkt wurde. »Wir warten auf Ihr Zeichen.«
»Außerdem verhalten wir uns einfach ganz normal …«, fügte Turi hinzu. Im Gegensatz zum großen, kräftigen Saar war sie zierlich und athletisch. Sie hatte grüne Augen, in denen der Schalk blitzte, und ein so diabolisches Lächeln, dass man annehmen konnte, Feuergefechte würden ihr eine Menge Spaß machen. »… und lassen Daala den Rest erledigen.«
Han schenkte ihr ein schiefes Grinsen. »Du hast’s kapiert, Mädchen. Um alles andere kümmere ich mich.«
Er blinzelte Leia zu und wandte sich den gewaltigen Tempel-Toren zu. Zwei Jedi-RitterWachen spähten durch ein Sicherheitsfenster, wünschten ihm dann alles Gute und öffneten eine kleine Tür am Fuß von einem der beiden gewaltigen Torflügel. Han trat in den Säulengang hinaus, blieb stehen und blickte auf das mandalorianische Belagerungscamp hinab, das sich auf der anderen Seite des Gemeinschaftsplatzes ausbreitete. Er würde nie begreifen, warum nicht jeder Pressekanal des Planeten diese Aktion als gesetzeswidrig brandmarkte. Hätte Daala das GA-eigene Militär an die Front geschickt, hätte sie zumindest behaupten können, dass sie lediglich in die Offensive ging, um die Bevölkerung vor einer geheimnisvollen Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu schützen.
Doch die Jedi hatten beim GA-Militär viele Freunde, weshalb sie sich stattdessen an ihre mandalorianischen Verbündeten gewandt hatte.
Han blieb bloß ein Augenblick Zeit, bevor ein Schwarm Schwebekameras auf ihn zuströmte, hin und her schwirrend und auf und ab hüpfend, als sie versuchten, freie Sicht zu bekommen. Han erinnerten sie ungemein an einen Schwarm blutsaugender Skeetos. In dem Wissen, dass Leia und die Meister jeden Laut mithörten, den er von sich gab, nahm er einen tiefen Atemzug und ging die Stufen hinunter, eins seiner Lieblingslieder von Sy Snootles singend, »Verrückte böse Hexe«.
Der Schwebekonvoi glitt in einer Höhe über die mandalorianischen Linien hinweg, die ans Halsbrecherische grenzte, schwang dann vor dem Tempel schwungvoll herum und kam am Fuß der Treppe mit gesenktem Bug zum Stehen. Ein Dutzend Luftgleiterluken flogen auf, um fünfzig blau gepanzerte Sicherheitstruppler der Galaktischen Allianz auszuspucken, die rasch ihre Waffen an die Schultern legten und auf der Suche nach Scharfschützen durch ihre wärmesuchenden Zielfernrohre spähten.
Han blieb auf einem Treppenabsatz stehen, ungefähr ein Dutzend Schritte von Daalas
Limousine und den Medivehikeln entfernt, und hielt seine Weste auf, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Das hielt den diensthabenden Offizier, einen schlaksigen menschlichen Captain, dessen Gesicht hinter einem verspiegelten Helmvisier verborgen blieb, allerdings nicht davon ab, ihn gründlich abzutasten, was von dem Schwarm Schwebekameras, die über ihren Köpfen herumschwirrten, in Nahaufnahme festgehalten wurde.
Als der Captain fertig war und zurücktrat, setzte Han eine verletzte Miene auf und starrte dem Mann mit gespieltem Entsetzen nach. »Ich fühle mich so … schmutzig«, sagte er. »Vielleicht könnten Sie mich beim nächsten Mal vorher zum Essen ausführen oder so was.«
»Ich glaube nicht, dass Sie Captain Harfards Typ sind … Captain Solo«, sagte Daala, die aus ihrer Limousine stieg. Mit weißem Hemd und Hose bekleidet, die stark an die Uniform eines Großadmirals gemahnten, stieg sie die Stufen empor und blieb einen Schritt von Han entfernt stehen, ehe sie das Kinn hob und ihn mit offenkundiger Enttäuschung und finsterer Miene musterte.
»Ich hatte erwartet, Großmeister Hamner zu treffen, oder zumindest einen der Ratsmeister.«
»Ja, tut mir leid.« Han, der den Namen des Captains von einigen früheren Übergriffen der GA-Sicherheit kannte, ließ seinen Blick einen Moment lang auf Harfard ruhen, bevor er seine Augen ganz bewusst über das gewaltige Aufgebot schweifen ließ, das dem Mann unterstand. »Wir wollten Ihnen keine Angst einjagen – jedenfalls nicht mehr, als wir es bereits getan haben.«
Daalas Augen wurden schmal. »Angemessene Sicherheitsvorkehrungen sind ein Zeichen von Vorsicht, Captain Solo, nicht von Furcht.« Sie schaute an ihm vorbei in Richtung Tempel.
»Aber eigentlich ist es mir gleich, wen die Jedi rausschicken, um zu kapitulieren.«
Hans Mund wurde allmählich feucht, so, wie er das immer tat, wenn es ihm gelang, einen Spieler in die Enge zu treiben. »Kapitulieren?«, fragte er. »Wer hat etwas von Kapitulation gesagt?«
Daalas Blick schnappte zu ihm zurück. »Meister Hamner«, sagte sie. »Er hat über Kom persönlich Kontakt zu mir aufgenommen, um mir mitzuteilen, dass die Jedi bereit sind, die Verrückten auszuliefern, die sie beherbergt haben.«
»Verrückte?« Han gab vor, einen Moment lang verwirrt zu sein, und nickte dann, als hätte er plötzlich begriffen. »Oh, Sie meinen die Patienten.«
»Ja, die Patienten«, bestätigte Daala. »Nennen Sie sie, wie Sie wollen. Ich will sie haben. Sofort!«
»Aber bloß die Psychotischen, richtig?«, stellte Han klar. »An denen, die bloß Nebenhöhlenentzündungen und Magen-Darm-Infekte und solches Zeug haben, sind Sie nicht interessiert, stimmt’s?«
Daalas Blick wurde argwöhnisch. »Ich will die Durchgeknallten, Captain Solo: Sothais Saar, Turi Altamik und all die anderen psychisch labilen Jedi, die eine Gefahr für die Bürger dieses Planeten darstellen.« Sie hob ihr Kinn und sprach direkt zu den Holokameras, die über ihnen schwebten. »Und für diese Galaxis.«
»Und dann geben Sie die Belagerung auf.« Han formulierte seine Worte nicht als Frage, sondern als Bedingung … und er achtete darauf, dass er ebenfalls in ein Holokamera-Mikro sprach.
»Das ist die Vereinbarung.«
»Ich werde die Belagerung aufgeben, nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass die Jedi nicht länger psychotischen Jedi-Rittern Zuflucht gewähren«, sagte Daala vorsichtig. »Und ich werde den Tempel durchsuchen lassen. Das möchte ich in aller Deutlichkeit klarstellen.«
Han rieb sich den Nacken, tat so, als würde er zögern, und nickte schließlich. »In Ordnung, das ist wohl nur fair.« Er schaute zu dem Medischlitten hinüber, der auf seinen Landestreben hinter Daalas Limousine stand. »Haben Sie den Hirnknacker mitgebracht?«
»Wenn Sie mit Hirnknacker den Xenopsychiater meinen, dann ja. Ich habe den Besten mitgebracht.« Daala drehte sich zur Limousine um und winkte einladend mit den Fingern. Ein großer Bith in mittleren Jahren stieg aus, mit würdevoller Haltung und einem riesigen Schädel von so dunklem Grün, dass es fast smaragdfarben wirkte. »Erlauben Sie mir, Ihnen Dr. Thalleus Tharn vorzustellen, den Leiter der Fakultät für xenopsychologische Medizin an der Höheren Universität von Coruscant. Seine Abschlüsse und Titel sind zu zahlreich, um sie aufzuzählen, doch ich bin überzeugt, dass Meisterin Cilghal um seine Reputation weiß.«
Han pfiff, wirklich beeindruckt, und streckte dann eine Hand aus, als Tharn auf den Treppenabsatz trat. Der Xenopsychiater machte keine Anstalten, die Geste zu erwidern. Stattdessen senkte er den Blick seiner tiefschwarzen Augen, um die Gliedmaße zu studieren, als würde sie ihm als Gegenstand der Reflexion präsentiert werden, als etwas zum Nachsinnen, anstatt zur Begrüßung.
Han, der noch nie jemand war, der eine Beleidigung elegant wegsteckte, hielt seine Hand weiterhin ausgestreckt, bis Tharn schließlich gezwungen war, zur Seite zu treten, um ihr zu entgehen.
»Ich schüttle niemals Hände«, sagte Tharn und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Ich bin auch Chirurg.«
Hans Brauen schossen nach oben. »Sie meinen, Sie schneiden Leute von Hand auf, Sie persönlich?«, fragte er. »Ohne Droiden?«
»Hirnchirurgie ist mehr eine Kunstform denn Medizin, Captain Solo, und Droiden mangelt es an der Befähigung zur Kunst.« Tharns Stimme war tief und kultiviert, von der Art, wie Han sie manchmal in der Werbung für Luxus-Luftgleiter und Körperpflegeprodukte für Männer hörte. »Ich bin sicher, es gefiele Ihnen nicht, wenn jemand mit entzündeten Fingern einen verdächtigen Knoten aus Ihrem präfrontalen Kortex entfernen würde.«
»Eigentlich will ich nicht, dass überhaupt jemand da rumschnippelt. Man weiß ja nie, worauf man dabei stoßen könnte.« Han stieß einen Daumen in Daalas Richtung. »Ich nehme an, die Staatschefin hat Ihnen gesagt, warum Sie hier sind?«
»Das hat sie«, versicherte Tharn ihm. »Um die Sedierung und den Transport der Jedi-Patienten zu einer Einrichtung zu überwachen, wo sie sicher verwahrt werden können.«
»In Karbonit«, fügte Han hinzu, mehr für die Holokameras als für Tharn. »Von diesem Teil hat sie Ihnen ebenfalls erzählt, oder?«
Tharn nickte. »Natürlich.«
»Und Sie finden, das ist in Ordnung?« Han ließ zu, dass sich in seinen weit aufgerissenen Augen und der grimmigen Miene etwas von seiner sehr realen Entrüstung zeigte. Er musste Tharn dazu bringen, live im HoloNet zu sagen, dass Karbonit der letzte Ausweg war – und die leichteste Methode, einen Hirnknacker zu etwas Bestimmtem zu bewegen, bestand darin, ihn glauben zu machen, er müsse jemanden beruhigen. »Ein Lebewesen bei lebendigem Leib einzufrieren und es sich dann wie irgendeine Trophäe an die Wand zu hängen?«
Daala trat rasch vor. »Dr. Tharn ist nicht zum Diskutieren hier …«
»Unglücklicherweise, Captain Solo, erachte ich dieses Vorgehen als notwendig«, erwiderte Tharn, der Daala bedeutete beiseitezutreten. »Bis wir eine Möglichkeit finden, diese Patienten zu heilen, ist es das einzig Vernünftige, sie in Karbonit einzufrieren. Jedi-Ritter sind einfach zu mächtig, um in psychotischem Zustand frei herumzulaufen.« Tharns Tonfall wurde rhythmisch und beschwichtigend. »Dem stimmen Sie doch sicher zu.«
Han rollte die Lippen über die Zähne und versuchte, so zu tun, als würde diese Sache gerade nicht sogar noch besser laufen, als er gehofft hatte, bevor er schließlich nickte und den Kopf sinken ließ. »Dann denken Sie also, dass sie geheilt werden können?«
Der Bith bedachte ihn mit einem beruhigenden Nicken. »Ich freue mich darauf, mich dieser Herausforderung zu stellen.«
»Das ist kein Ja«, stellte Han fest.
»Es ist aber auch kein Nein. Ich gebe Ihnen mein Wort, Captain Solo, dass ich nicht eher ruhen werde, bis wir die Patienten wieder auftauen können. Niemandem hier gefällt es, Jedi-Ritter in Karbonit einzufrieren.« Tharn wandte sich an Daala. »Ist es nicht so, Staatschefin Daala?«
»Natürlich, Doktor.« Die Kälte in Daalas Augen strafte ihre Worte Lügen, doch es gelang ihr, genügend Aufrichtigkeit in ihre Stimme zu legen, um zu vermeiden, rachsüchtig zu klingen.
»Sobald wir mit Sicherheit wissen, dass die kranken Jedi keine Bedrohung mehr darstellen, werden sie unverzüglich entlassen.«
Han widerstand dem Verlangen zu lächeln. »Dann, schätze ich, sollten wir mit dieser Sache weitermachen.« Er ließ seine Schultern zusammensacken wie ein geschlagener Mann, ehe er sich an Captain Harfard wandte und die Worte aussprach, auf die Saar und Turi warteten. »Sagen Sie Ihren Kübelköpfen, dass sie sich zurückhalten sollen, wären Sie so nett? Sie kommen jetzt raus.«
» Wer kommt raus?«, wollte Harfard wissen.
»Sothais Saar und Turi Altamik, für den Anfang«, sagte Han. »Vorausgesetzt, dass Sie die beiden nicht wegpusten, folgen danach noch einige weitere.«
Daala witterte die Falle und sah Tharn rasch an. »Denken Sie, das ist klug, Doktor?« Ihr drängender Tonfall spiegelte ihre eigene Ansicht wieder. »Wäre es nicht besser, die Gefan…, ähm, Patienten unter kontrollierteren Umständen in Gewahrsam zu nehmen?«
Tharn zögerte einen Moment, als würde er das Für und Wider ihres Vorschlags abwägen, und nickte dann weise. »Das wäre es in der Tat.« Er wandte sich an Captain Solo. »Wenn Sie so gut wären, jemanden dazu zu veranlassen, einen Zugang zu öffnen, wäre es meinen Krankenpflegern ein Vergnügen, reinzugehen und die Patienten herauszuholen.«
Han ignorierte ihn und hielt seinen Blick auf Daala gerichtet. »Unser Fehler«, sagte er. »Als Sie Kenth sagten, sie wollen eine öffentliche Kapitulation, dachten wir, Sie meinen hier draußen vor den Medien, wo jeder sehen kann, wie anständig Sie mit den Patienten umgehen werden.«
»Ich meinte damit, dass ich wollte, dass die Situation in aller Öffentlichkeit geklärt wird«, entgegnete Daala. »Ich meinte nicht, dass wir etliche Lebewesen dadurch in Gefahr bringen sollten, dass wir den eigentlichen Austausch hier draußen auf dem Gemeinschaftsplatz durchführen.«
»Tja, verflucht!« Han drehte sich zum Tempeleingang um, wo Saar und Turi bereits mit hoch in die Luft erhobenen Händen in den Säulengang hinaustraten. »Ich wünschte, das hätten Sie mir eher gesagt.«
Im Innern von Harfards Helm ertönte ein dumpfes Grollen, als er einen Befehl bellte, und ein Knäuel blau gepanzerter Wachen schloss um Daala die Reihen. Längst waren Hunderte mandalorianischer Waffen auf die beiden Jedi gerichtet, doch zwei Dutzend GAS-Kommandosoldaten stürmten die Treppe hinauf, um das Paar abzufangen.
Han wandte sich der Mauer aus Wachen zu, die Daala umringte. »Es gibt nichts, wovor Sie sich fürchten müssten, Staatschefin Daala«, sagte er. »Aber falls Sie Angst haben, könnten wir …«
»Ich habe keine Angst, Captain Solo.« Daala drängelte sich durch das Knäuel der Wachen und wandte sich an Harfard. »Ich denke, es ist in Ordnung, wenn sich die Soldaten zurückziehen, Captain.«
Harfard machte keine Anstalten zu gehorchen. »Mit allem gebotenen Respekt, Staatschefin, dies könnte eine Jedi-Falle sein.«
Daala schaute die Stufen hoch, in Richtung von Saar und Turi, die ruhig und unbewaffnet dastanden, mit erhobenen Händen, während ihnen Dutzende blau gepanzerter GAS-Kommandosoldaten Blastermündungen vor die Nase hielten.
»Ihre Falle ist bereits zugeschnappt, Sie Schwachkopf«, flüsterte Daala. »Ziehen Sie Ihre Männer zurück … sofort!«
Harfards Helm blieb noch einen Moment in ihre Richtung gewandt, ehe er schließlich etwas in sein Komlink murmelte und sich umdrehte. Die Wachen rings um Daala zogen sich rasch auf eine weniger aufdringliche Distanz zurück, und diejenigen, die Saar und Turi umzingelten, nahmen eine weniger aggressive Haltung an, richteten ihre Waffen auf die Brust der beiden Jedi, anstatt auf ihre Köpfe.
»Sehr gerissen«, sagte Daala zu Han. »Wer sind die?«
Han runzelte die Stirn, aufrichtig verwirrt. »Wer ist wer?«
Daala wies die Stufen hinauf. »Diese beiden Doppelgänger«, sagte sie. »Offensichtlich handelte es sich dabei nicht um Sothais Saar und Turi Altamik.«
»Netter Versuch«, meinte Han spöttisch. Ganz gleich, ob Daala wirklich glaubte, dass es sich um Schwindler handelte, oder ob sie bloß die Saat des Zweifels ins öffentliche Bewusstsein pflanzen wollte, ihm hätte klar sein müssen, dass sie nicht so einfach aufgeben würde. »Aber das sind sie.«
»Und Sie erwarten, dass der Galaktischen Allianz Ihr Wort dafür genügt?«, fragte Daala.
»Natürlich nicht«, sagte Han. »Sie können es Ihnen beweisen.«
»Wie?«
»Lassen Sie sie einfach etwas tun, das nur Jedi können.« Han bedeutete Daala, ihm zu folgen, und ging die Treppe hoch. »Entweder sind die beiden Jedi – oder sie sind Schwindler. Aber sie können nicht beides sein, weil der Orden nicht genügend Jedi-Ritter da drinnen hat, dass Doppelgänger darunter wären.«
Daala verweilte auf dem Absatz hinter ihm. »Wer weiß schon, was für Illusionen ein Jedi-Ritter mithilfe der Macht zu erschaffen vermag?«
Han drehte sich wieder zu Daala um, die Lippen vor Abscheu fest zusammengekniffen.
»Kommen Sie, Sie wissen doch, dass diese Tricks bloß bei den geistig Schwachen funktionieren.«
Eine Holokamera schwebte nach unten, um eine Nahaufnahme zu machen, und er bedachte Daala absichtlich mit einem missmutigen Blick, als würde er versuchen zu begreifen, was genau sie damit sagen wollte. »Sagen Sie, Sie versuchen doch wohl nicht gerade, mir weiszumachen, dass die Galaktische Allianz eine willensschwache Staatschefin hat, oder?«
Zornige Röte schoss in Daalas Wangen. »Das sollten Sie eigentlich besser wissen, Captain Solo.« Sie verharrte auf dem Treppenabsatz. »Aber es gibt noch plastische Chirurgie.«
»Und da ist ein Chirurg.« Han zeigte mit dem Finger auf Tharn. »Er sollte eigentlich in der Lage sein festzustellen, ob sie sich in den letzten paar Tagen irgendwelchen Eingriffen unterzogen haben.«
Daala blieb, wo sie war, schweigsam und zweifellos bemüht, sich etwas einfallen zu lassen, um das Blatt zu wenden.
»Also schön«, sagte Han. »Ich lasse sie jetzt runterkommen.«
Als Han sich umdrehte, um das Paar herunterzuwinken, stürmte Harfard vor und drückte ihm eine Blastermündung gegen die Rippen. »Keine Bewegung, Solo! Wir werden nicht zulassen, dass Sie die Staatschefin in Gefahr bringen.«
Han blickte spöttisch auf den Blaster hinab und sagte: »Attentate sind nicht unbedingt die Art und Weise, wie Jedi Probleme aus der Welt schaffen, Sie Trottel.« Sein Blick schweifte zu Daala. »Würden Sie diesen Narglatch bitte zurückpfeifen? Falls Sie mittlerweile noch nicht selbst drauf gekommen sind: Wir haben ein Heilmittel gefunden.«
»Warum lassen wir das nicht Tharn beurteilen?« Daala winkte Harfard beiseite und bedeutete den beiden Jedi, herunterzukommen. » Deshalb haben Sie mich doch gebeten, ihn mitzubringen, nicht wahr?«
Daalas verkniffenes Lächeln legte nahe, dass sie sicher war, was Tharn sagen würde – und das war vermutlich ihr schlimmster Fehler an diesem Tag.
Han nickte. »Na klar. Ich freue mich schon darauf, dem Meister bei der Arbeit zuzusehen.«
Er suchte Tharns Blick und schaute zu dem Schwarm Schwebekameras empor, ehe er hinzufügte: »Ich wette, das gilt ebenso für Ihre Kollegen, Doc – insbesondere für diejenigen, die Ihre Verfahrensweise im HoloNet kommentieren werden.«
Tharns Augen quollen aus den Höhlen, als ihm klar wurde, worauf Han damit hinauswollte, und er wandte sich sogleich an Daala. »Dies ist schwerlich der angemessene Ort für eine Beurteilung«, sagte er. »Ich muss sie mit in meine Klinik nehmen, um sie fachgerecht untersuchen zu können.«
»Sind Sie sicher, dass Sie sie in Ihrem Labor haben wollen, bloß von ein paar Mando-Schlägern bewacht?« Han rieb sich den Nacken, heuchelte Besorgnis um das Wohlergehen des Bith, senkte dann seine Stimme und sprach in bedrohlichem Tonfall. »Vielleicht sind sie immer noch gefährlich, und Sie haben selbst gesagt, dass die einzig sichere Methode, einen verrückten Jedi unterzubringen, darin bestünde, ihn auf Eis zu legen.«
Die Epidermalfalten in Tharns Wangen zogen sich fest zusammen, und er schien mit einem Anflug von Verachtung über Hans Worte nachzudenken. Dann erbleichten seine dunkelgrünen Wangen zu hellgrün, als ihm klar wurde, womit Han ihm drohte – dass es die Zerstörung seines Labors nach sich ziehen würde, wenn er die Jedi mit dorthin nahm –, und sein Blick glitt rasch zurück zu Daala.
»Vielleicht könnte ich doch eine vorläufige Einschätzung vor Ort vornehmen«, meinte er.
»Ich bin überzeugt, dass das vollkommen genügen wird.«
Ohne auf eine Erlaubnis zu warten, stieg er die Stufen zu Saar und Turi hoch. Eine wirbelnde Masse Schwebekameras umkreiste seinen Kopf. Daala sah Han finster an, der bloß die Schultern zuckte und lautlos mit den Lippen formte: Ihr Experte.
Tharn blieb vor den beiden Jedi stehen und stand schweigend da, um zuerst Saar und dann Turi tief in die Augen zu schauen. Nach einem Moment spähte er zu den erhobenen Händen des Chev empor.
»Jedi Saar«, sagte er. »Bitte, sagt mir, warum Ihr Eure Hände hochhaltet.«
Saar runzelte seine schwere Stirn, zuckte dann die Schultern und wies mit seinem Kinn in Richtung der Reihe von Mandalorianern, die sich quer über den Gemeinschaftsplatz verteilt hatten.
»Weil ich nicht erschossen werden will?«
Tharn nickte. »Das scheint vernünftig.« Er wandte sich an Turi. »Jedi Altamik, könnt Ihr mir erklären, warum diese Mandalorianer Euch und Jedi Saar erschießen wollen würden?«
Turis Oberlippe verzog sich zu einem nervösen Halblächeln. »Sicher, Sothais und ich waren kürzlich ein bisschen durcheinander.« Ihr Blick glitt beiseite, als sie an Tharn vorbei zu Daala hinunterschaute und hinzufügte: »Aber jetzt geht es uns wieder besser, Staatschefin Daala …
Aufrichtig wie wir sind.«
Das leise Rascheln von Gelächter von jenseits der mandalorianischen Linien verriet Han alles, was er in Bezug darauf wissen musste, wie es darum stand, die Schlacht um die öffentliche Meinung auf dem Gemeinschaftsplatz zu gewinnen. Die Jedi hatten Daala in der Defensive – und sie wusste es. Zu Hans Überraschung nahm sie Turis Spöttelei mit einem säuerlichen Lächeln und einem Kopfnicken zur Kenntnis.
»Es freut mich, dass Ihr dieser Ansicht seid, Jedi Altamik«, sagte sie. »Doch falls es Euch nichts ausmacht, würde ich es vorziehen, das von Dr. Tharn zu hören.«
»Ich verstehe«, entgegnete Turi. Sie sah den Bith an. »Um ehrlich zu sein, würde ich das ebenfalls gern von ihm hören.«
Im Medienlager brach von Neuem Gelächter aus, diesmal lauter als zuvor. Tharn wartete, bis es verebbt war, und nickte dann.
»Bloß noch einige weitere Fragen, Jedi Altamik.« Er wandte sich wieder an Saar. »Jedi Saar, vertraut Ihr mir?«
Saar dachte einen Moment lang nach und schüttelte dann den Kopf. »Um die Wahrheit zu sagen, Doktor, nicht allzu sehr.«
Diese Antwort zog kein Gelächter nach sich, doch Tharn wurde problemlos damit fertig.
»Ich glaube auch nicht, dass ich in Eurer Lage jemandem trauen würde, der von der Staatschefin angeheuert wurde«, entgegnete er. »Doch bitte, seid versichert, dass alles, was ich hier tue, zu Eurem eigenen Besten ist.«
Saar musterte ihn argwöhnisch. »Wenn Sie das sagen.«
»Das tue ich. Und bitte, nehmt Eure Hände herunter. Niemand hier wird ohne einen direkten Befehl von Staatschefin Daala auf Euch schießen.« Tharn schaute Saar weiterhin an, richtete das Wort jedoch an Daala. »Das stimmt doch, nicht wahr, Staatschefin Daala?«
»Wenn Sie das so wollen, ja«, gab Daala zurück.
»Das will ich in der Tat.« Tharn wartete, bis Saar seine Hände gesenkt hatte, und wandte sich dann wieder an Turi. »Ihr auch, Jedi Altamik.«
Turi nahm die Hände runter. »Danke, Doc.«
»Eure Dankbarkeit ist eigentlich nicht nötig, Jedi Altamik«, sagte er. »Euer Vertrauen hingegen schon. Werdet Ihr mir vertrauen?«
Turis grüne Augen wurden nachdenklich. Ihr Blick richtete sich nach innen, als sie ihre geistigen Fühler ausstreckte, um seine Machtaura zu sondieren. Nach einem Moment nickte sie. »In Ordnung.«
»Ausgezeichnet.«
Tharn wandte sich wieder an Saar und rammte dem Jedi so schnell ein Knie zwischen die Beine, dass der Chev stöhnend zusammenklappte und nach vorn kippte, bevor Han ganz realisierte, was er gerade gesehen hatte. Ein erstauntes Raunen fuhr über den Platz, eine Sekunde später gefolgt vom Klappern Hunderter Blastergewehre, die an gepanzerte Schultern gehoben wurden. Tharns Hand schoss in die Höhe, um den Truppen zu signalisieren, nicht zu schießen, bevor er sein Knie zurückzog, um Saar noch einen Tritt zu verpassen.
In der nächsten Sekunde war Tharn in der Luft und schwebte zwei Meter über Turis ausgestreckter Hand. »Doc!«, rief sie. »Was soll denn das?«
»Ich habe einen Versuch durchgeführt«, erklärte Tharn. Für jemanden, der soeben einen Jedi angegriffen hatte, wirkte er überraschend gelassen. Er reckte seinen Hals herum, um zu Daala hinunterzuschauen. »Und da ich nach wie vor am Leben zu sein scheine, hat Captain Solo eindeutig recht. Diese Jedi wurden offenkundig geheilt.«
Daala war zu erstaunt, um zornig zu sein. »Das muss ein Scherz sein.«
»Ich versichere Ihnen, dass es das nicht ist.« Tharn wandte sich wieder an Turi und sagte: »Würdet Ihr mich bitte runterlassen, junge Dame? Ihr habt bereits bewiesen, dass Ihr Euch bestens unter Kontrolle habt.«
Verblüfft ließ Turi Tharn wieder nach unten auf den Treppenabsatz sinken. »Sie sind genauso durchgeknallt, wie wir es waren, Doc«, sagte sie. »Sie hätten uns alle umbringen können.«
»Nur, wenn einer von Euch die Beherrschung verloren hätte, und von dem Moment an, als Ihr den Tempel verlassen habt, konnte ich sehen, dass das nicht passieren würde.« Tharn deutete in Richtung von Saars noch immer ächzender Gestalt. » Das diente bloß dazu, es Staatschefin Daala zu beweisen.«
Und, erkannte Han, um ihn in den Augen der Öffentlichkeit gut aussehen zu lassen – es gab nichts Besseres, als einem Jedi live im HoloNet in die Leistengegend zu treten, um dafür zu sorgen, dass sich alle an einen erinnerten. Doch Han hatte nicht die Absicht, dem Bith seine fünfzehn Sekunden Ruhm zu missgönnen. Obwohl Tharn ein nicht allzu bescheidenes Risiko eingegangen war, hatte er Daala die Stirn geboten und das Richtige getan. Um das zu kompensieren, würde er jeden Vorteil brauchen, den ihm seine neugewonnene Berühmtheit verschaffte.
Han wandte sich an Daala und wies die Stufen hoch, dorthin, wo Turi Saar am Arm festhielt und ihm dabei zu helfen versuchte, aufrecht zu stehen. »Sofern Sie jetzt zufrieden sind«, sagte er, »denke ich, dass Jedi Saar etwas Abgeschiedenheit gebrauchen könnte, um sich wieder zu erholen.«
Daala nickte. »Natürlich.« Sie warf einen finsteren, rachsüchtigen Blick in Tharns Richtung und fügte dann hinzu: »Ich lasse diesen Platz räumen, sobald Dr. Tharn bestätigt hat, dass sämtliche Patienten, die sich noch in Jedi-Gewahrsam befinden, genesen sind.«
»Klingt gut.« Eine gewaltige Woge der Erleichterung spülte über Han hinweg, doch er zwang sich, seine neutrale Miene aufrechtzuerhalten. Er hatte oft genug gesehen, wie sich Siege in Niederlagen verwandelten, um zu wissen, dass jetzt nicht der richtige Moment für das süffisante Grinsen war, das als sein Markenzeichen galt. Er wandte sich an Tharn. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Meisterin Cilghal Ihnen mit Freuden alles zeigen wird, was Sie sehen müssen.«
Tatsächlich war sich Han dessen nicht vollkommen sicher, da Cilghal nicht mit Bestimmtheit zu sagen vermochte, was eigentlich genau passiert war, dass die durchgedrehten Jedi-Ritter geheilt worden waren. Doch das war ihr Problem, und jetzt, da Han Tharn gezwungen hatte, sich auf die Seite der Jedi zu schlagen, würde der gute Doktor gewiss nicht allzu angestrengt nach Gründen suchen, um einen negativen Bericht abzugeben.
Han wartete, während Tharn eine Schau daraus machte, die Stufen emporzusteigen und Saars freien Arm zu ergreifen, bevor er sich wieder zu Daala umdrehte. »Ich schätze, damit bleibt uns bloß noch eine letzte Sache zu erörtern.«
Ein rachsüchtiger Glanz trat in Daalas Augen, und noch bevor er das Wort ergriff, begann Hans Herz, tiefer zu sacken. »Und welche Sache wäre das wohl, Captain Solo?«
»Valin und Jysella Horn«, erwiderte Han, der beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. »Wir werden kommen, um sie abzuholen, sobald Ihre Kübelköpfe die Barrikaden aus unseren Hangar-Ausgängen geschleift haben.«
Daalas Lächeln wurde eisig. »Diesen Ausflug können Sie sich sparen«, sagte sie.
Entschlossen, die Staatschefin der Galaktischen Allianz nicht live im HoloNet am Revers zu packen, grub Han die Finger seitlich in seine eigenen Hosenbeine und forschte dann: »Sie wollen die beiden in Karbonit eingefroren lassen? Obwohl Sie wissen, dass Cilghal sie heilen kann?«
»Ich weiß nicht, dass sie das kann. Tatsächlich weiß ich nicht das Mindeste über dieses Heilmittel.« Daala hielt inne und befahl Harfard, die Belagerung aufzugeben, ehe sie sich wieder Han zuwandte. »Und solange ich nicht alles darüber weiß, Captain Solo – solange ich nicht hundertprozentig davon überzeugt bin, dass die Jedi nichts vor mir verheimlichen –, bleiben die Horns in GAS-Gewahrsam.«