30. Kapitel

Es schien, als sei der Prozess gegen Tahiri mittlerweile ein alter Hut. Zum ersten Mal seit Beginn der Verhandlung war der Zuschauerbereich im Neunten Gerichtsaal nahezu verlassen. Als an diesem Morgen die Neuigkeit vom Angriff des Fliegenden Händlers auf die Klimakontrollspiegel von Coruscant die Runde gemacht hatte, war die Hälfte der anwesenden Reporter aus dem Raum geströmt und nicht wieder zurückgekehrt. Als die Nachricht vom Start der StealthX-Jäger bekannt wurde, war der Rest gegangen, und als der Fliegende Händler schließlich in den Hyperraum entkam, verdrückten sich sogar die Zuschauer, die sich zufällig in den Saal verirrt hatten. Jetzt, wo Daala vom Ausnahmezustand zeterte und der ganze Planet darauf wartete zu sehen, ob sie von Neuem versuchen würde, den Jedi-Tempel zu stürmen, hielten sich bloß noch diejenigen im Gerichtssaal auf, die ganz unmittelbar mit dem Prozess zu tun hatten.

Und Sardonne Sardon zufolge war das ein Problem. Während Eramuth Bwua’tu vor dem Zeugenstand auf und ab schritt und dabei den Eindruck erweckte, nach einem Verteidigungsargument zu suchen, sich jedoch in Wahrheit darauf vorbereitete, die Hauptbelastungszeugin der Anklage zu demontieren, war von den galaktischen Medien nichts zu sehen. Die Waagschale des Prozesses war im Begriff, sich zugunsten der Verteidigung zu neigen, und niemand würde es mitbekommen. In den Augen der Öffentlichkeit würde Leutnant Pagorskis Behauptung, dass die Angeklagte gegen einen direkten Befehl verstoßen hatte, weiterhin Bestand haben. Man würde Tahiri auch weiter als abtrünnige Jedi betrachten, die einen legendären Kommandanten ermordet hatte, und natürlich konnten potenzielle künftige Klienten jetzt nicht live im HoloNet verfolgen, wie schnell und gekonnt Sardonne Sardon den Verlauf des Verfahrens umgedreht hatte.

Was Tahiri nur recht war.

Alles, was sie wollte, war, dass die Wahrheit ans Licht kam. Und die Wahrheit war, dass Caedus ihr befohlen hatte, Pellaeon zu töten, falls das notwendig war, um sich die militärische Kooperation des Imperiums zu sichern. Tahiri hatte diese Anweisungen exakt befolgt. Ob das nun ein Kriegsakt oder Mord gewesen war, mussten die Geschworenen entscheiden. Sie wollte bloß, dass sie diese Entscheidung auf der Grundlage von Fakten trafen.

Bwua’tus Umhergetigere brachte ihn wieder vor den Zeugenstand, wo er stehen blieb, um Leutnant Pagorski finster anzublicken. »Sie wollen mir also sagen, dass die Sicherheitskräfte auf der Blutflosse alle Bereiche des Schiffs überwacht haben?«

»Ja, Sir«, entgegnete Pagorski. Wie zuvor trug sie eine komplette imperiale Paradeuniform: eine weiße Anzugjacke mit Schulterstücken über einem grauen, bis zum Hals zugeknöpften Hemd.

»Alle Bereiche, abgesehen von der Sanieinheit des Admirals. Zumindest wurde uns das so gesagt.«

»Ich verstehe«, sagte Bwua’tu.

Die Falle war Sardons Idee gewesen, doch selbst ihr war klar gewesen, dass die Gegenseite ihr Vorhaben kommen sehen würde, wenn sie versucht hätte, die Grundlage dafür auf ihre eigene pedantische, systematische Art und Weise zu legen. Das war bloß einer der Gründe, warum Tahiri froh war, dass Bwua’tu nicht gestattet worden war, sein Mandat aus Protest niederzulegen, als sie darauf bestanden hatte, Sardon in das Verteidigerteam aufzunehmen. Zusammen waren sie ein großartiges Paar. Bwua’tus Erfahrung und sein Stil waren die perfekte Ergänzung von Sardons Intellekt und ihrer pedantischen Planung. Sie konnte nicht sehen, wie sie verlieren sollten, wenn die beiden zusammenarbeiteten.

»Und daher wissen Sie, dass meine Klientin bei dieser angeblichen Konferenz an Bord der Blutflosse anwesend war, vor der Schlacht von Fondor?«, fragte Bwua’tu, der damit einen weiteren Strang in seinem Netz wob. »Haben Sie sie zusammen mit den Admirälen Niathal und Pellaeon und Colonel Solo im Konferenzraum gesehen?«

»Eigentlich nicht, Herr Verteidiger«, räumte Pagorski ein. »Nur die Sicherheit selbst sichtet diese Vids. Einer von deren Offizieren hat mir hinterher von ihrer Anwesenheit erzählt.«

Bwua’tu zog in gespieltem Erstaunen eine pelzige Augenbraue hoch. »Haben die Sicherheitskräfte der Blutflosse die Angewohnheit, über das zu tratschen, was sie auf ihren Überwachungsvideos sehen?«

»Normalerweise nicht«, gab Pagorski zurück. »Ich war zufällig mit einem von ihnen befreundet.«

»Wollen Sie damit sagen, das war Bettgeflüster?«

»Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Pagorski.

»Aber man könnte es so beschreiben?«

Pagorski errötete und nickte dann widerstrebend. »Das könnte man. Wir standen uns sehr nah.«

»Sie standen sich nah?«, fragte Bwua’tu. »Dann ist Ihre Beziehung vorbei?«

»Nicht auf die Art und Weise, die Sie jetzt andeuten«, entgegnete Pagorski. »Mein Freund wurde während der Meuterei getötet.«

»Oh, du liebe Güte. Es tut mir leid, das zu hören.« Bwua’tu ließ mitfühlend die Ohren hängen. »Ich nehme an, Sie haben einander geliebt?«

»Das haben wir.«

Sardon lehnte sich dicht zu Tahiri. »Das ist reinste Kunst«, flüsterte sie. »Ich wünschte nur, wir hätten die Nachrichtenteams nicht verloren. Dann hätte die ganze Galaxis gesehen, wer hier das wahre Opfer ist.«

Tahiri zuckte zusammen. »Ich bin kein Opfer.«

»Natürlich nicht.« Sardon tätschelte ihr die Schulter. »Sie waren eine Soldatin, die Befehle befolgt hat.«

Bwua’tu blieb vor dem Zeugenstand stehen. Er hatte das Kinn leicht gesenkt, und seine Schultern hingen locker herunter, sodass es aussah, als würde er der Zeugin einen Moment Zeit geben, um sich wieder zu fangen. In Wahrheit, vermutete Tahiri, lenkte er die Aufmerksamkeit der Geschworenen auf ihren emotionalen Zustand, stellte sicher, dass ihnen ihre Reaktion auf das, was er als Nächstes sagte, nicht entging.

»Und Ihr Freund?«, fragte Bwua’tu. »Das war dann wohl … Commander Liyn?«

Pagorskis Augen wurden groß. »Woher wissen Sie das

Dekkon musste die Falle noch vor Pagorski gewittert haben, da der Chagrianer sofort auf den Beinen war. Seine langen Lethörner schwangen herum, als er Einspruch erhob. »Euer Ehren, mir ist nicht klar, was Leutnant Pagorskis Privatleben hiermit …«

»Es geht um die Glaubwürdigkeit der Zeugin«, unterbrach Bwua’tu. »Ich versuche bloß, den Grund dafür deutlich zu machen, warum die Zeugin vor diesem Gericht gelogen hat.«

» Gelogen, Herr Verteidiger?«, fragte Richterin Zudan. Sie spähte von ihrer Bank hinunter, und die winzigen Schuppen auf ihrem Falleen-Gesicht verdunkelten sich zu einem düsteren Scharlachrot. »Das ist in meinem Gerichtssaal eine sehr ernste Anschuldigung.«

»Die ich zur Gänze zu beweisen gedenke.« Bwua’tu wandte sich wieder Pagorski zu. »Es sei denn, die Zeugin möchte ihre vorherige Aussage jetzt widerrufen? Immerhin lässt das Gedächtnis zuweilen uns alle im Stich.«

»Mein Gedächtnis ist ausgezeichnet, Herr Verteidiger«, gab Pagorski eisig zurück. »Colonel Solo hat Leutnant Veila angewiesen, Admiral Pellaeon nicht zu töten. Dessen bin ich mir sicher.«

»Ich verstehe«, sagte Bwua’tu. »Und könnte es sein, dass Sie sich da so sicher sind, weil Sie Leutnant Veila für den Tod Ihres Liebsten verantwortlich machen?«

Pagorski kniff die Augen zusammen. »Mit Sicherheit nicht!«

»Oh.« Bwua’tus Schnauze verzog sich zu einem sardonischen Lächeln. »Ich wollte bloß sichergehen.«

Einer der Geschworenen – ein Askajianer – stieß ein amüsiertes Schnauben aus, was unverzüglich mit einem aufgebrachten »Euer Ehren!« von Sul Dekkon und mit einem strengen Blick von Richterin Zudan quittiert wurde. Bwua’tu nutzte die Gelegenheit, um zum Tisch der Verteidigung zurückzukehren, wo er mit großer Geste ein Plastoidkästchen öffnete und einen Hochleistungsdatenchip nach Militärstandard daraus hervorholte. Er trug den Datenchip zum Geschworenenstand hinüber und präsentierte ihn gewissenhaft, um sicherzustellen, dass jeder einzelne Geschworene das Wappen der Imperialen Flotte sah, das auf die Außenseite des Gehäuses geprägt war.

Der Datenchip war Sardons Verdienst. Nachdem sie sich Tahiris Bericht über die Tötung und die dazu führenden Ereignisse angehört hatte, hatte sie unverzüglich damit begonnen, nach Wegen zu suchen, um Pagorskis Lüge bloßzustellen. Ein wenig Recherche hatte die imperiale Manie für Sicherheit und Überwachung ans Licht gebracht, und danach war es nur ein kurzer, intuitiver Sprung gewesen zu mutmaßen, dass die Schiffssicherheit womöglich im Besitz eines Überwachungsvids war, das Pagorskis Behauptung entweder beweisen oder widerlegen würde.

Über offizielle diplomatische Kanäle hatte Sardon sofort sämtliche Aufzeichnungen beantragt, die in Tahiris Zeit an Bord der Blutflosse fielen. Prompt hatte sie eine Mitteilung mit dem Versprechen erhalten, dass man das Material sichten und sich innerhalb der nächsten zwei Monate wieder bei ihr melden würde. Einen Tag später hatte Bwua’tu die Kom-Codes von Jagged Fels Chiss-Assistent Ashik besorgt. Lediglich zwei Wochen später waren mittels Sonderkurier die Original-Datenchips – keine Kopien oder Überspielungen, sondern tatsächlich die Originale – bei ihnen eingetroffen.

Als alle Geschworenen Gelegenheit bekommen hatten, den Datenchip in Augenschein zu nehmen, ging Bwua’tu damit zum Zeugenstand und legte ihn auf die Brüstung. »Leutnant Pagorski, wissen Sie, was das ist?«

Pagorski schenkte dem Chip kaum Beachtung. »Wo haben Sie den her?«

»Das wird in Kürze offensichtlich, meine Liebe«, entgegnete Bwua’tu. »Bis dahin sollten Sie versuchen, nicht zu vergessen, dass ich derjenige bin, der hier die Fragen stellt. Also, wissen Sie, was das ist, oder wissen Sie es nicht, Leutnant?«

»Natürlich tue ich das. Das ist ein Hochleistungsdatenchip der Imperialen Flotte«, sagte sie.

»Bei der KomAK verwenden wir Tausende davon.«

»Da bin ich mir sicher.« Bwua’tu wandte sich den Geschworenen zu. »Können Sie mir sagen, Leutnant, ob militärische Datenchips wie dieser hier irgendwelche speziellen Eigenschaften besitzen?«

»Die haben sie.« Pagorskis Tonfall war skeptisch geworden, doch ihr war offensichtlich klar, dass sie Bwua’tu bloß Gelegenheit geben würde, sie töricht aussehen zu lassen, wenn sie sich weigerte, die Frage zu beantworten. »Wird daran herumgepfuscht, zerstören sie sich selbst. Sie sind so geschützt, dass sie Hitze, Kälte, Wasser und elektromagnetischen Impulsen widerstehen, und man kann bloß mit einem streng geheimen Zugangscode darauf zugreifen.«

»Mit einem Zugangscode?« Es gelang Bwua’tu ziemlich gut, überrascht zu klingen. »Und wer kennt diesen Zugangscode?«

»Nur die Benutzer eines bestimmten Datenchips«, entgegnete Pagorski. »Und natürlich ihre direkten Vorgesetzten.«

»Ich verstehe. Und kennen Sie zufällig den Zugangscode für diesen Chip hier, Leutnant?«

»Nein.«

»Woher wissen Sie das?«, fragte Bwua’tu. Er reichte ihr den Datenchip, um ihr die Kennung zu zeigen, die auf der Rückseite des Gehäuses geätzt war. »Sie haben sich den Identifikationscode ja nicht einmal angesehen.«

»Also, schön.« Pagorski beugte sich vor, um den Datenchip zu inspizieren, und ihre Augen wurden groß. »Das ist ein Überwachungschip von der Blutflosse

Bwua’tus Lächeln wurde raubtierhaft. »Vielen Dank, meine Liebe. Ich hatte gehofft, dass Sie in der Lage sein würden, das für uns zu identifizieren.« Er nahm den Datenchip wieder an sich und ging auf Richterin Zudans Bank zu. »Fürs Protokoll, Euer Ehren: Dieser Datenchip ist einer von vielen, die der Verteidigung als Reaktion auf eine Anfrage nach sämtlichen Überwachungsaufnahmen im Zusammenhang mit Tahiri Veilas Anwesenheit an Bord der Blutflosse während der Schlacht von Fondor zur Verfügung gestellt wurden.«

Bevor Sul Dekkon Einspruch erheben konnte, holte Sardon aus einem Dokumentenordner neben ihrem Stuhl ein dünnes Bündel Flimsiplast hervor und stand auf. »Dies, Euer Ehren, sind eidesstattliche Versicherungen von Kthira’shi’ktarloo, dem persönlichen Assistenten von Staatschef Fel vom Galaktischen Imperium, sowie einer Reihe imperialer Offiziere. Alle beziehen sich auf die Herkunft dieses Datenchips.«

Sie reichte Sul Dekkon einen Stapel der eidesstattlichen Versicherungen und gab dem Gerichtsdiener den anderen, der ihn Richterin Zudan aushändigte.

»Diese Dokumente bescheinigen die Besitzfolge des besagten Datenchips«, fuhr Sardon fort, »und versichern, dass der Inhalt in keinster Weise manipuliert oder verändert wurde.«

»Ich nehme an, Sie wollen diesen Datenchip als Beweismittel einreichen?«, fragte Zudan.

Sardon nickte. »Das wollen wir.«

Zudans Blick schweifte zum Tisch der Anklage. »Hat die Anklage irgendwelche Einwände?«

»Einen Moment, Euer Ehren«, entgegnete Dekkon. »Wir würden erst gerne die eidesstattlichen Versicherungen prüfen.«

Zudan nickte, und Dekkon und sein Assistent beugten sich flüsternd und zeigend über die Unterlagen. Tahiri wusste, wenn Sardons Plan fehlschlug, dann jetzt. Es gab eine ganze Menge Formalitäten, die dazu verwendet werden konnten, die Zulassung des Datenchips als Beweismittel anzufechten, und obwohl Sardon für jeden einzelnen potenziellen Einwand Gegenargumente vorbereitet hatte, schätzte sie ihre Chancen, dass der Datenchip tatsächlich zugelassen wurde, dennoch grob bei fünfzig Prozent ein. Bwua’tu hingegen war sehr zuversichtlich, dass der Chip zugelassen werden würde, vorausgesetzt, ihre Herkunftsdokumentation war in Ordnung – was der Grund dafür gewesen war, dass er darauf bestanden hatte, alles persönlich vorzubereiten. Nach einigen Minuten nickte Dekkon seinem Mitarbeiterstab zu und erhob sich.

»Euer Ehren, eine Frage haben wir.«

»Ja?«, entgegnete Zudan.

Dekkon wandte sich an Sardon. »Wie haben Sie das Imperium dazu gebracht, dieses Material freizugeben?«, fragte er. »Wir haben schon vor Monaten darum ersucht!«

Sardon kniff die Augen zusammen, offensichtlich auf der Suche nach der Falle hinter seinen Worten.

Bwua’tu lächelte bloß. »Natürlich haben wir uns direkt an das Büro von Staatschef Fel gewandt«, sagte er. »Ich nehme an, Sie haben es über diplomatische Kanäle versucht?«

Dekkons Gesicht verdunkelte sich vor Verärgerung. »Das ist korrekt.« Er wandte sich wieder der Richterin zu. »Alles scheint in Ordnung zu sein, Euer Ehren. Doch ich behalte mir das Recht vor, den Datenchip von einem Fachmann untersuchen zu lassen, um seine Echtzeit zu bestätigen.«

»Natürlich.« Zudan wandte sich an Bwua’tu. »Der Datenchip wird als Beweisstück Omega zugelassen.«

Sardon kehrte zu ihrem Platz zurück. Sie wirkte besorgter als je zuvor, als würde Dekkons einfache Kapitulation ihren Argwohn anstacheln. Bwua’tu reichte den Datenchip – Beweisstück Omega – einfach zusammen mit einem Bogen Flimsiplast, der den Zugangscode und eine Dateiliste enthielt, an den Medienbeauftragten des Gerichts. Ein Wandpaneel, das von hinten erleuchtet wurde, glomm auf, und das Bild eines Korridors an Bord der Blutflosse erschien. Einen Moment später kamen Tahiri und Caedus ins Bild. Sie näherten sich vom oberen Rand der Aufnahme her, wo die Enge des Gangs auf eine ansehnliche Entfernung hinwies.

Sie waren winzige Gestalten, die sich durch einen langen Durastahltunnel bewegten, doch das Bild war deutlich genug, um zu erkennen, dass sie sich beim Gehen miteinander unterhielten.

Tahiri hatte das Vid schon fünfzig Mal gesehen, war es zusammen mit Sardon und Bwua’tu durchgegangen, bis sie sich an jedes einzelne Wort erinnerte, das während des kurzen Spaziergangs gesagt wurde. Dennoch fühlte sie sich noch immer kalt und leer, wenn sie diese Aufnahmen sah, die sie ebenfalls daran erinnerten, wie vollkommen sie unter Caedus’ Kontrolle gestanden hatte, und an all die Dinge, die sie in seinem Namen getan hatte.

Pellaeon zu töten war nicht einmal die schlimmste dieser Taten gewesen. Wenn sie ihrem Verstand gestattete, zu jenen Tagen zurückzuschweifen, fragte sie sich, ob es richtig von ihr war, sich überhaupt für ihre Taten zu verteidigen. Manchmal hielt sie allein die rückhaltlose Unterstützung der Solos – und Leias dickköpfiges Beharren darauf, dass Verbrecher nicht über sich selbst urteilen konnten – davon ab, der GA den Ärger eines Prozesses zu ersparen. Han und Leia betrachteten sie mittlerweile als eine Verbindung zu ihren verlorenen Söhnen, und sie wusste, dass sie am Boden zerstört gewesen wären, wenn sie einfach aufgegeben hätte.

Die Bilder von ihnen auf dem Vidpaneel wurden größer, als sie weiter den Korridor entlanggingen, und kurz darauf wurde Tahiris Stimme hörbar: »… welchen Vorteil verschafft uns das gegenüber einer versteckten Holokamera?«

»Falls Pellaeon meinem Plan in irgendeiner Form in die Quere kommt …«

Caedus schnalzte mit einem Finger, und sowohl der Ton als auch das Bild verwandelten sich in statisches Rauschen.

»Bedauerlicherweise scheint das Überwachungsgerät in diesem Moment einem kurzen Störimpuls erlegen zu sein«, erklärte Bwua’tu. Er wandte sich wieder an Pagorski. »Aber Sie – oder vielmehr, Ihr Freund – haben doch das ganze Gespräch gehört. Stimmt das nicht?«

»Das habe ich bereits bestätigt«, gab Pagorski zurück.

»Und was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen mitteile, dass wir die Unterhaltung digital rekonstruieren konnten? Und dass der Rest des Gesprächs wie folgt lautet? Colonel Solo sagt: ›… dann hältst du ihn auf … Verstehst du, was ich dir damit sagen will?‹ Tahiri erwidert: ›Ich denke, schon.‹ Dann fährt Colonel Solo fort: Einige Tode … einige Opfer sind notwendig, wie gefühllos sie auch immer erscheinen mögen.‹«

Pagorski dachte einen Moment über ihre Antwort nach, während sie zweifellos abwog, ob eine solche Rekonstruktion tatsächlich existieren konnte oder nicht. Natürlich tat es das nicht – doch Pagorski konnte sich dessen nicht sicher sein. Schließlich antwortete sie: »Ich würde sagen, dass Ihrem Fachmann vermutlich ein Fehler unterlaufen ist. Und selbst, wenn er recht hätte, ändert das nichts an dem, was ich persönlich gehört habe.«

»Ich nehme an, damit beziehen Sie sich auf die abgefangene Übertragung, die Sie in Ihrer vorangegangenen Zeugenaussage beschrieben haben?«, fragte Bwua’tu. »Die Nachricht, in der Colonel Solo Leutnant Veila angeblich befiehlt, Admiral Pellaeon nicht zu töten. Haben Sie das nicht ausgesagt?«

»Ja. In dieser abgefangenen Nachricht habe ich gehört, wie Colonel Solo die Angeklagte ausdrücklich angewiesen hat, Admiral Pellaeon nicht umzubringen«, entgegnete Pagorski. »Das war – das ist – meine Aussage.«

»Natürlich.« Bwua’tus lange Lippe verzog sich zu einem hungrigen, spöttischen Grinsen, und er wandte sich von ihr ab, um sich den Geschworenen zuzuwenden. »Jene Nachricht, in der Sie gehört haben, wie die Angeklagte und Colonel Solo darüber diskutiert haben, ob sie den Admiral töten sollen oder nicht.«

Sardon stützte ihre Ellbogen auf den Tisch und beugte sich vor. Es war offensichtlich, dass sie die Art und Weise genoss, wie Bwua’tu Pagorski in die Falle tappen ließ.

»Also gut, Leutnant. Würden Sie dem Gericht bitte sagen, was Sie als Nächstes taten?«, fragte Bwua’tu, ohne den Blick von den Geschworenen abzuwenden.

Pagorski runzelte die Stirn. »Als Nächstes?«

»Ja. Nachdem Sie gehört hatten, wie die Angeklagte darüber sprach, Ihren Admiral zu

ermorden«, entgegnete Bwua’tu. »Was haben Sie da getan? Haben Sie den Admiral alarmiert? Die Unterhaltung der Sicherheit gemeldet? Sie Ihren Vorgesetzten gegenüber erwähnt?«

»Ähm …« Pagorski lehnte sich im Sitz zurück. »Ja, natürlich.«

»Natürlich was?«, drängte Bwua’tu. »Was davon haben Sie gemacht?«

Pagorski dachte einen Moment lang nach und antwortete dann: »Nun, natürlich tat ich alles davon.«

Sardon schien ob dieser Aussage sichtlich besorgt, doch Bwua’tu preschte unbekümmert weiter voran.

»Alles davon?«, fragte er und wandte sich wieder dem Zeugenstand zu. »Dann müssen Sie ausgesprochen beschäftigt gewesen sein.«

Pagorski nickte. »Kurzfristig.«

»Ich verstehe.«

Bwua’tu kam zum Tisch der Verteidigung herüber. Sardon rutschte in ihrem Stuhl nach unten, und jetzt sprühte ihr Gesicht nur so vor Zorn, nicht länger vor Sorge. Tahiri erkannte, dass sie weniger beunruhigt war, dass der alte Bothaner einen Fehler gemacht hatte, sondern dass sie geradezu aufgebracht war wegen dem, was er da tat. Als er den Tisch erreichte und sich anschickte, die Schachtel zu öffnen, aus der er den ersten Datenchip hervorgeholt hatte, schoss Sardons Hand vor, um seine zu verdecken.

»Eramuth!«, flüsterte sie. »Was machen Sie da?«

Bwua’tus Ohren waren vor Überraschung nach vorn gerichtet, und er rümpfte missbilligend die Schnauze. »Ich nehme an, das wissen Sie«, flüsterte er. »Ich bin dabei, Leutnant Pagorski als Lügnerin bloßzustellen.«

»Was ist mit Dekkon?«, wollte sie wissen, immer noch zischend. »Sie haben nicht gefragt, ob er sie bei ihrer Aussage beeinflusst hat.«

»Weil die Anklage nichts Unzulässiges getan hat«, entgegnete Bwua’tu. »Sul wusste nicht, dass sie lügt. Andernfalls hätte er sich stärker bemüht zu verhindern, dass wir die Datenchips als Beweismittel zugelassen bekommen.«

»Na und?«

Sardon stand auf und beugte sich dichter an Bwua’tus Ohr, um Tahiri dabei einen freien Blick sowohl auf den Tisch der Anklage als auch auf die Geschworenen zu verschaffen. Alle Augen waren auf ihre Anwälte gerichtet, und alle Augen wirkten ebenso missbilligend wie erstaunt.

»Die Geschworenen werden allein aus dieser Frage ihre Schlussfolgerungen ziehen«, sagte sie. »Und wenn Sie die Falle dann zuschnappen lassen, wird das die Aussage aller Zeugen der Anklage in einem schlechten Licht erscheinen lassen.«

»Oder die Sache geht nach hinten los und überzeugt sie davon, dass wir mit einem manipulierten Datenchip auf einen schnellen Sieg aus sind«, konterte Bwua’tu. »Momentan sind die Leute skeptisch, was die Jedi betrifft. Es ist besser, auf Nummer sicher zu gehen und die Zeugin einfach anzuzweifeln. Es ist nicht nötig, dass wir die Gegenseite durch den Dreck ziehen.«

Das brachte Sardon dazu zurückzuweichen. »Haben Sie Angst vor ihm?«

Sie stellte die Frage laut genug, dass bei den Geschworenen die Augenbrauen in die Höhe gingen, und Tahiri wurde klar, dass die beiden ihr im Moment keinen besonders großen Gefallen taten.

»Ähm!« Tahiri beugte sich vor, schirmte ihre Hand vor den Blicken aller, außer vor den ihren, ab und stieß ruckartig einen Daumen in Richtung der Geschworenen. »Denken Sie, Sie tun mir hiermit gerade einen Gefallen?«

Bwua’tu legte verlegen die Ohren an, und Sardons Gesicht errötete.

»Verzeihen Sie, meine Liebe«, sagte Bwua’tu. »Aber ich werde Sul Dekkon nicht allein deshalb vorführen, weil er von seiner eigenen Zeugin düpiert wurde. Das ist nicht in Ihrem Interesse.«

Sardon rollte mit den Augen. »Sie gehen auf Nummer sicher, Eramuth«, sagte sie. »Aber bei Dekkon ist das unangebracht. Wir müssen ihn aus dem Verkehr ziehen, solange wir die Gelegenheit dazu haben – weil er wesentlich mehr als bloß Pagorski auf seiner Seite hat. Er hat die Fakten.«

»Und wir haben die Wahrheit«, gab Bwua’tu zurück.

Bevor er noch mehr sagen konnte, drang Richterin Zudans Stimme von ihrer Bank herüber.

»Ist die Verteidigung bereit, fortzufahren?«

Dekkon erhob sich. »Falls die Verteidigung eine kurze Unterbrechung benötigt …«

»Nein!«

Bwua’tu und Sardon sprachen das Wort zugleich aus. Tahiri war erleichtert festzustellen, dass sie sich zumindest in dieser Hinsicht einig waren. Selbst ihr war klar, dass es ein gewaltiger Fehler gewesen wäre, den Rhythmus des Verhörs noch weiter zu unterbrechen.

»Die Verteidigung dankt der Anklagevertretung für ihr freundliches Angebot.« Bwua’tu nickte Dekkon zu, ehe er sich umdrehte, um sich an die Richterin zu wenden. »Und wir danken dem Hohen Gericht für seine Geduld. Doch für eine Unterbrechung besteht kein Anlass. Wir sind bereit fortzufahren.«

»Dann bitte, tun Sie es!«, forderte Zudan.

Bwua’tu nickte und griff dann wieder nach dem Kasten – bloß, um festzustellen, dass

Sardon ihre Hand weiter darauf hielt. Bwua’tu zeigte die Spitzen seiner Fangzähne, Sardons Hand wirkte mit ihren spitzen Fingernägeln fast wie eine raubtierhafte Klaue, und Tahiri bekam bei diesem Schauspiel langsam Magenschmerzen.

»Bitte!«, flüsterte Tahiri. Als ihr bewusst wurde, dass die Entscheidung letztlich bei ihr ganz allein lag – und dass Sardon recht damit hatte, dass die Fakten des Falles gegen sie sprachen –, beschloss sie, sich für den Frontalangriff zu entscheiden. »Eramuth, fragen Sie Pagorski einfach, ob sie beeinflusst wurde oder nicht, in Ordnung?«

Bwua’tus Wangen fielen ein. »Sind Sie sicher?«

»Nein«, gab Tahiri zu. »Aber dieser Streit muss aufhören, und sich die Überwachungsvideos anzusehen, war Sardonnes Idee.«

Bwua’tu nickte. »Es ist Ihre Entscheidung, meine Liebe.«

Er nahm seine Hand von der Schachtel weg und drehte sich dann ohne den zweiten

Datenchip um – ohne den Chip, der das Innere des KomAK-Abteils der Blutflosse während der gesamten Schlacht von Fondor zeigte.

Alle Augen waren auf Bwua’tu gerichtet, als er sich von Neuem dem Zeugenstand näherte, den Blick auf den Boden gerichtet und die Hände hinter dem Rücken gefaltet. Sobald er da war, nahm er sich einen Moment, um sich umzuschauen, als würde er den Raum zum ersten Mal in Augenschein nehmen. Dann wandte er sich an Pagorski. »Würden Sie fürs Protokoll bitte Ihren Namen und Ihren Rang nennen?«

Pagorskis Augenbrauen schossen in die Höhe – genau wie die von allen anderen. »Sir?«

»Ihr Name und Ihren Rang«, sagte Bwua’tu gereizter. »Wir brauchen diese Angaben fürs Protokoll.«

Pagorski warf einen raschen Blick zur Richterin hinüber, die ihr Bestes tat, noch verwirrt zu wirken, als sie sagte: »Die Zeugin möge antworten.«

»Lydea Pagorski«, sagte sie. »Ich bin Unterleutnant der Imperialen Flotte.«

Der Gerichtssaal war zu leer, als dass es ein Gemurmel gegeben hätte, doch die Luft war voller Erstaunen, und in den Augen aller Anwesenden spiegelte sich Tahiris Verwirrung wider.

»Ich verstehe«, sagte Bwua’tu. »Und was genau tun Sie in Ihrer Funktion als Unterleutnant? Sternenjäger fliegen?«

Wieder sah Pagorski zur Richterin hinüber. Diesmal hob Zudan eine Hand, um dem Leutnant zu signalisieren zu warten, ehe sie sich über die Bank beugte und Bwua’tu näher zu sich heranwinkte.

»Herr Verteidiger, kommen Sie bitte her, um sich zu erklären.«

»Mann!«, flüsterte Sardon. »Der alte Nerfhirte versucht, uns zu sabotieren!«

Tahiri schüttelte den Kopf. »Nein, er muss etwas anderes im Sinn haben«, sagte sie. »So etwas würde Eramuth nicht tun

» Ach, nein? Sehen Sie ihn an!«

Stattdessen schaute Tahiri zu den Geschworenen hinüber – und war überrascht festzustellen, dass sie nicht Bwua’tu ansahen, sondern sie. In ihren Gesichtern lagen Mitleid und Geduld, und in ihren Augen sah sie keine Verachtung oder Verurteilung, bloß Mitgefühl und Nachsicht. Und als der Askajianer ihr ein dicklippiges Lächeln zuwarf, begriff Tahiri, was genau Bwua’tu da machte.

Der alte Bothaner nahm die Schuld für die Szene auf sich, die Sardon gemacht hatte, indem er es so aussehen ließ, als wäre es nicht ihr Ego, sondern seine Senilität gewesen, die gerade am Tisch der Verteidigung zu der Unterbrechung geführt hatte.

»Ich kann nicht glauben, dass er das tut«, sagte Tahiri.

»Ich auch nicht«, sagte Sardon. »Das ist vollkommen unprofessionell.«

Sardons missbilligender Tonfall sorgte dafür, dass Tahiri die Stirn runzelte. Zumindest für sie war offensichtlich, dass Bwua’tu eine Reputation opferte, die er ein Leben über aufgebaut hatte – ein sehr langes Leben über –, um seine Mandantin zu schützen.

»Was genau finden Sie unprofessionell?«, fragte Tahiri.

»Das!« Sardon deutete auf die Richterbank, wo Bwua’tu ziemlich gute Arbeit darin leistete, wütend und verwirrt zu wirken. »Unvermögen zu heucheln, damit er den Fall abgeben kann.«

Tahiri schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er das tut.«

»Vertrauen Sie mir, so ist es.« Sardon legte Tahiri eine Hand auf den Arm, um sie zu

beruhigen, und diese spürte tatsächlich, wie sie gelassener wurde. »Aber es gibt nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten, meine Freundin. Ich habe mich mein ganzes Leben lang auf einen großen Prozess wie diesen vorbereitet.«

Tahiri nickte. »Das sehe ich.« Sie stand auf und sagte: »Entschuldigen Sie, Euer Ehren, aber ich bin zu einer schwierigen Entscheidung gelangt.«

Zudan bedeutete Bwua’tu, still zu sein, und sah Tahiri an. »Ja?«

Tahiri suchte Bwua’tus Blick und war nicht überrascht zu sehen, dass er ihr ermutigend zunickte.

Sie lächelte ihn an und sagte: »Ich denke, ich muss einen meiner Verteidiger entlassen.«

Eine Woge der Erleichterung flutete über Zudans Gesicht hinweg. »Ich bin geneigt, dem zuzustimmen.« Der Blick der Richterin fiel wieder auf Bwua’tu. » Bitte, fahren Sie fort.«

»Vielen Dank, Euer Ehren.« Tahiri wandte sich an Sardon und sagte: »Es tut mir leid, Sardonne. Sie sind eine ausgezeichnete Anwältin, aber ich denke, für Eramuth ist es besser, allein zu arbeiten.«

Sardons Augen weiteten sich vor Überraschung und Empörung. Mit einem Mal nahm die Gelassenheit, die Tahiri einen Moment zuvor verspürt hatte, eine gewisse verbitterte, verängstigte Schärfe an, als Sardon Tahiri eindringlich davon zu überzeugen versuchte, dass sie einen schrecklichen Fehler machte.

»Sardonne, ich schlage vor, Sie verlassen diesen Tisch auf Ihren eigenen zwei Beinen«, flüsterte Tahiri. »Wenn ich Sie über das Geländer werfen müsste, würde uns das beide schlecht aussehen lassen.«

Sardon kniff zornig die Augen zusammen, doch sie schnappte sich ihr Datapad und stand auf. »Ihnen ist schon klar, dass Sie gerade Ihr Leben wegwerfen?«, zischte sie. »Dieser alte Narr hat nicht die geringste Ahnung davon, wie man in einem modernen Gerichtssaal vorgeht.«

Ohne eine Erwiderung abzuwarten, marschierte sie in den Zuschauerbereich und aus dem Raum.

Als Tahiri sich wieder nach vorne wandte, stellte sie fest, dass Richterin Zudan ungläubig zu ihr herabschaute. »Ich hoffe, die Angeklagte hat den richtigen Rechtsbeistand gefeuert.«

»Ich denke, schon«, entgegnete Tahiri. Sie fischte den zweiten Datenchip aus der Schachtel auf dem Tisch und hielt ihn Bwua’tu hin. »Und in Kürze werden auch alle anderen dieser Meinung sein.«

Bwua’tu lächelte breit, nahm dann den Datenchip an sich, beantragte förmlich, ihn als Beweismaterial zuzulassen, und übergab ihn dann den Medienbeauftragten des Gerichts. Wenige Minuten später sahen sich die Geschworenen eine Aufzeichnung von Leutnant Pagorski an, die an ihrer Dienststation saß. Bwua’tu wies auf den Zeitstempel in der Ecke, der bestätigte, dass das Vid während der Zeitphase aufgenommen worden war, von der Pagorski behauptete, dass sie in dieser Zeit die Unterhaltung bezüglich Admiral Pellaeon abgefangen hatte.

Dann ließ er das Vid abspielen, ohne irgendwelche Kommentare dazu abzugeben – die gesamten zweiunddreißig Minuten. Nicht ein einziges Mal trat ein Anflug von Beunruhigung in Pagorskis Miene. Und obwohl sie zweimal mit ihrem Vorgesetzten sprach, zeigte keiner von ihnen bei einer dieser Gelegenheiten irgendwelche Besorgnis oder ergriff irgendwelche ersichtlichen Maßnahmen, um Pellaeons Stab oder die Schiffssicherheit davor zu warnen, dass der Admiral in Gefahr sein könnte. Tatsächlich war das Einzige, dass das Vid zeigte, wie Pagorski an ihrer Dienststation saß und nichts von alldem tat, was sie behauptet hatte.

Als die Aufzeichnung schließlich zu Ende war, schlenderte Bwua’tu zum Zeugenstand und legte die Fernbedienung auf die Brüstung. »Also, Leutnant Pagorski, wären Sie so freundlich, dem Gericht zu zeigen, wann genau Sie die Nachricht mit diesem Befehl an meine Mandantin abgefangen haben?«

Pagorski starrte die Fernbedienung einen Moment lang ausdruckslos an, ehe sie sie widerwillig aufnahm. »Ich … Ich kann mich nicht genau … erinnern«, sagte sie. »Vielleicht war es mehr am Anfang.«

Zu Tahiris Überraschung war es Sul Dekkon, der als Nächstes das Wort ergriff.

»Das bezweifle ich doch sehr.« Der Chagrianer erhob sich und verneigte sich erst vor Tahiri, dann vor Bwua’tu und schließlich vor der Richterin. »Euer Ehren, ich möchte mich bei der Angeklagten und der Gegenseite für mein offenkundig falsches Urteilsvermögen entschuldigen, was das Aufrufen dieser Zeugin betrifft.«

Bwua’tu neigte bestätigend sein Haupt. »Entschuldigung akzeptiert, Herr Staatsanwalt.«

»Vielen Dank. Wie überaus großzügig von Ihnen.« Dekkon verneigte sich, um seine

Aufrichtigkeit zu zeigen, und wandte sich dann an den Gerichtsdiener. »Außerdem verlange ich von Ihnen als Beamter dieses Gerichts die sofortige Festnahme dieser Zeugin – nehmen Sie sie in Untersuchungshaft!«

»Wie bitte?«, rief Pagorski. »Das können Sie nicht machen! Ich bin eine imperiale Offizierin!«

»Die in einem Mordprozess falsches Zeugnis abgelegt hat«, entgegnete Dekkon, dem es kaum gelang, seinen offensichtlichen Zorn im Zaum zu halten. »In der Galaktischen Allianz ist das ein schwerwiegendes Vergehen, Leutnant – und Sie können sich sicher sein, dass Tahiri Veila bei Ihrem Prozess als Zeugin aussagen wird.«