6. Kapitel
Kenth Hamner hätte bei den Ratstreffen niemals Luke Skywalkers Platz einnehmen dürfen – nicht, weil er dessen unwürdig gewesen wäre, sondern weil Jedi keine Soldaten waren. Lebewesen waren ihnen wichtiger als Ränge, und wenn sich ein Anführer ihren Gehorsam sichern wollte, musste er sich zuerst ihren Respekt verdienen. Das begriff Kenth jetzt, und ihm wurde klar, dass es ein schrecklicher Fehler gewesen war, das Amt des Großmeisters für sich zu beanspruchen, bevor er bewiesen hatte, dass er dessen würdig war. Damals hatte er geglaubt, dass das Annehmen des Titels die Unterstützung zementieren würde, die ihm seitens des Ordens zuteilwurde. Stattdessen war genau das Gegenteil eingetreten, um die Jedi daran zu erinnern, dass er nicht Luke Skywalker war – dass er in Wahrheit bloß ein Ersatz war, der ihnen von einer ehemaligen imperialen Staatschefin untergejubelt worden war, die einst für alles stand, wogegen sich die Jedi auflehnten.
Und das Problem mit Daala selbst war mehr oder minder dasselbe. Sie war eine Soldatin der alten Schule, durch und durch die Ex-Admiralin, die glaubte, sie würde nicht nur Achtung verdienen, sondern unmittelbaren und bedingungslosen Gehorsam. Unglücklicherweise für sie alle sahen die Jedi sie in einem ganz anderen Licht – nämlich als wenig mehr als eine ehemalige Gegnerin, die sich bislang weder ihr Vertrauen noch ihren Respekt verdient hatte. Diese Mischung bildete den Grundstein für das Desaster, das daraus erwachsen war, und die harten Gesichter um ihn herum verrieten Kenth, dass Han Solos Unfähigkeit, einen eleganten Sieg zu erringen, die Dinge lediglich an den Rand einer Katastrophe getrieben hatte.
Mit Ausnahme von Luke selbst waren alle amtierenden Mitglieder des Jedi-Rates hier versammelt, entweder persönlich in der Kammer oder – im Fall von Kam und Tionne Solusar – über HoloNet zugeschaltet. Corran Horn ließ den Blick mit untertassengroßen Augen und diesem speziellen Ausdruck in die Sprecherrunde schweifen, der sein Gesicht dieser Tage nie zu verlassen schien – als würde er in den Kern selbst starren. Flankiert wurde er von Kyle Katarn und Kyp Durron, die ihre Lippen fest zusammengekniffen hatten, um die Verärgerung im Zaum zu halten, die in ihnen schwelte. Rechts von Kenth saß Saba Sebatyne, die ihren schuppigen Schwanz durch die Komfortöffnung des Sessels ausgestreckt hatte; die Spitze zuckte und kratzte über den Larmalsteinboden. Gegenüber der Barabel saß Cilghal aufrecht und regungslos da. Mit den Händen umklammerte sie die Armlehnen ihres Sessels, und die kugelrunden Augen wurden von ihren membranartigen Schutzhäuten beinahe ganz verdeckt.
Neben der Mon Calamari saß das neueste Mitglied des Rates, ein goldener Berg aus Fell und Fangzähnen, den Kenth persönlich für dieses Amt nominiert hatte. Barratk’l, die fast einen ganzen Kopf größer war als die meisten Wookiees, mit einer kastenförmigen Schnauze und einem schmalen Strich weißen Fells, das eine Narbe an der Kehle bedeckte, gehörte einer Spezies an, die vom Imperium aufgrund ihrer gewaltigen Körperkraft und ihres Durchhaltevermögens versklavt worden war: den Yuzzem. Doch als Kontrast zu ihrem grimmigen Aussehen und ihrer kräftigen Statur besaß sie ein Übermaß an Geduld und gutmütigem Alltagsverstand, die heutzutage im Rat viel zu selten waren.
Natürlich war Octa Ramis auf den Beinen, ihre Augenbrauen vor Wut nach unten gezogen, und als sie mit ihrer Faust in ihre Handfläche schlug, dröhnte es, als würde man eine Tür zuknallen.
»… sie als Geiseln halten!«, sagte sie gerade. »Das können wir nicht länger hinnehmen. Wir haben der gesamten Galaxis gezeigt, dass Valin und Jysella für niemanden mehr eine Gefahr darstellen, und die Zeit ist gekommen, ihre Rückkehr zu fordern – oder sie selbst zurückzuholen.«
Kenth schloss die Augen, zog sich in seine Gedanken zurück und drängte Nek Bwua’tu im Stillen, aus seinem Koma zu erwachen. Zusammen konnten er und Bwua’tu Daala und den Rat zwingen, sich zu einigen und dieser Sache ein Ende zu bereiten. Doch Kenth selbst befand sich nicht in der Position, um von Daala die nötigen Zugeständnisse zu erhalten, und damit blieben ihm nur zwei Möglichkeiten – sich der Forderung der Meister zu beugen, die Initiative zu ergreifen, oder weiterhin Zeit zu schinden und darauf zu hoffen, dass Bwua’tu bald aufwachte. Doch da bloß eine dieser Optionen nicht zu noch mehr Gewalt zwischen den Jedi und der Regierung führen würde, der zu dienen sie geschworen hatten, war seine Entscheidung klar.
Ohne die Augen zu öffnen, fragte Kenth: »Meisterin Ramis, die Mandalorianer-Legion hat den Platz gerade erst geräumt. Denkt Ihr wirklich, dass jetzt die richtige Zeit ist, um unsere Détente mit Staatschefin Daala auf die Probe zu stellen?«
»Das tue ich tatsächlich.«
Kenth öffnete abrupt die Augen. »Das kann nicht Euer Ernst sein.«
»So sicher, wie ein Asteroid von Planeten angezogen wird«, entgegnete Ramis. »Das ist das Letzte, womit Daala rechnet.«
Sabas Schwanz hörte auf zu zucken. »Diese hier stimmt dem zu«, sagte sie. »Die GA-Sicherheit ist immer noch in Alarmbereitschaft. Aber dessen ungeachtet werden sie unz nicht viele Schwierigkeiten bereiten.«
»Und Daala wird keine passende Reaktion darauf parat haben, sodass wir die Initiative ergreifen können, was die Öffentlichkeit betrifft«, stimmte Kyp zu. Er stand auf und marschierte vor seinem Sessel auf und ab. »Wenn wir schnell handeln, gelingt es uns vielleicht, diese Sache ganz aus der Presse herauszuhalten – vielleicht können wir sie sogar dazu zwingen zu behaupten, dass die Freilassung auf ihren Befehl hin erfolgte.«
Kenth wurde ein bisschen schwindelig. »Ihr sprecht von einem Überfall auf eine Allianz-Anlage, von einem Überfall, bei dem Allianz-Soldaten getötet werden könnten. Habt ihr alle den Verstand verloren?«
Die Meister hielten inne, um einen flüchtigen Moment in seine Richtung zu schauen, und setzten ihre Diskussion dann fort.
»Daala dazu zu zwingen zu behaupten, sie hätte die Hornz freigelassen, ist gut«, sagte Saba.
»Diese hier würde gern mehr darüber hören.«
»Nun, dieser hier nicht.« Kenth richtete sich in seinem Sessel auf. Er musste dieser Unterhaltung ein Ende bereiten, bevor die Idee noch mehr an Schwung gewann. »Mandos sind eine Sache, aber wir werden nicht gegen Personal der Galaktischen Allianz die Waffen erheben. Ist das klar?«
Bloß die Solusars, Barratk’l und Cilghal nickten. Die übrigen Meister wandten sich ihm mit ausdruckslosen oder leicht verwirrten Mienen zu, als würden sie sich fragen, warum er glaubte, dass seine Äußerung sie in irgendeiner Form interessieren sollte. Seine Führerschaft des Rates hing zweifellos an einem seidenen Faden – an einem sehr ausgefransten seidenen Faden.
Es war Corran Horn, der das Schweigen brach, als er sich schließlich aus seiner Trance zu lösen schien und quer durch den Kreis zu Kenth hinüberstarrte. »Und was wollt Ihr unternehmen?«
Kenth blickte finster drein. Hatte Corran ihn tatsächlich gerade dazu herausgefordert zu versuchen, sie daran zu hindern, die Initiative zu ergreifen? Er stand auf und sagte dann: »Ich glaube nicht, dass mir dieser Ton gefällt, Meister Horn.«
Corran blieb sitzen und sprach mit bewusst sanftem Tonfall. »Im Moment, Groß meister Hamner, könnte es mir nicht gleichgültiger sein, was Euch gefällt und was nicht.« Er stützte seine Handflächen auf die Knie, lehnte sich vor und musterte Kenth mit Augen, die so kalt waren, dass sie wie tot wirkten. »Was mir hingegen nicht gleichgültig ist, ist Folgendes: Meine Kinder sind jetzt seit Monaten in Karbonit eingefroren, und Daala hat nun keinen vernünftigen Vorwand mehr dafür, sie gefangen zu halten. Sowohl Valin als auch Jysella sind Jedi-Ritter, und falls Ihr nicht bereit seid, einen Überfall durchzuführen, um sie da rauszuholen, wüsste ich gern, wie Ihr beabsichtigt, sie zurückzuholen?«
»Ah.« Kenth sank in seinen Sessel zurück. Er fühlte sich gleichermaßen unsicher wie verlegen. Es war ein schlechtes Zeichen, wenn der Druck, unter dem er stand, einen Anführer defensiv und paranoid machte, und er wusste, dass er sich an jemand anderen wenden sollte, der ihm dabei half, seine Perspektive zu wahren. Doch an wen sollte er sich wenden, jetzt, wo Bwua’tu im Koma lag? Es schien, als würde ihn bloß Barratk’l unterstützen, und angesichts der Situation wäre es unfair gewesen, ihren Stand im Rat zu unterminieren, indem er sie zu seiner Vertrauten machte. »Verzeiht mir, Meister Horn. Ich dachte, Eure Frage wäre an jemand anderen gerichtet.«
»Offensichtlich«, gab Cilghal mit ihrer gurgelnden Stimme zurück. »Doch die Frage, die Meister Horn gestellt hat, ist gut. Wie sollen wir unsere Jedi-Ritter zurückholen, ohne einen Überfall durchzuführen?«
»Und denkt nicht einmal daran zu sagen, dass wir sie so lange dort lassen werden, bis wir uns darüber klar geworden sind«, fügte Kyp hinzu. »Der Orden darf nicht zulassen, dass irgendjemand unsere Leute als Geiseln hält, um uns zur Kooperation zu zwingen. Dann würde jeder zweitklassige Verbrecherboss in der Galaxis versuchen, sich seinen eigenen Jedi in Karbonit an die Wand zu hängen.«
Da er den Gesichtern der anderen Meister ansah, dass seine einzigen Optionen darin bestanden, entweder zuzustimmen oder mitanzusehen, wie seine Gefährten einen verhängnisvollen Überfall planten, legte er die Finger zusammen und nickte.
»Wir werden Valin und Jysella in Kürze zurückholen, das verspreche ich euch«, sagte er.
»Aber das würde ich gern bewerkstelligen, ohne einen totalen Krieg mit Staatschefin Daala vom Zaun zu brechen.«
»Ich sehe nicht, wie das möglich sein sollte.« Derjenige, der das sagte, war Kyle Katarn, und da diese Aussage von einem der umsichtigsten und wohlüberlegtesten Denker des Rates kam, hatte sie dieselbe Wucht wie ein Schlag in den Magen. »Natasi Daala ist eine Frau mit Überzeugungen, und sie ist davon überzeugt, dass die Jedi in Schach gehalten werden müssen. Und sofern wir uns dem nicht beugen wollen …«
Katarn hielt inne und legte fragend den Kopf zur Seite.
Als Kenth lediglich mit einem knappen Kopfschütteln reagierte, fuhr Katarn fort: »… dann wird es sich nicht umgehen lassen, ihr die Stirn zu bieten.« Er wandte sich um und ließ seinen Blick über den Kreis der Meister schweifen. »Das Einzige, was wir nicht wissen, ist, wie bald das passieren muss.«
Kenth hätte Katarn am liebsten einen Tritt verpasst. Stattdessen wandte er sich an die Meister und sprach mit bewusst gelassener Stimme.
»Was Meister Katarn sagt, mag wahr sein. Aber schulden wir es dem Orden, der Allianz und den Bürgern von Coruscant nicht, zumindest zu versuchen, einen Krieg zu vermeiden?« Er schaute zu den beiden Meistern hinüber, die einem Gewaltausbruch wahrscheinlich mit der größten Sorge entgegensahen: Kam und Tionne Solusar. »Wir haben Daala gerade erst dazu gezwungen, die Belagerung aufzugeben. Vergesst nicht, dass sie nach wie vor der Ansicht sein könnte, dass wir diejenigen sind, die hinter dem Mordanschlag auf Admiral Bwua’tu stecken. Geben wir ihr ein wenig Zeit, um die Wahrheit herauszufinden und zu erkennen, dass sie nach wie vor am Rande eines sehr hässlichen Kampfs steht. Schauen wir mal, ob wir sie zum Blinzeln bringen können, was meint ihr?«
Als die Bitte anstatt auf Einwände auf Schweigen stieß, wurde Kenth klar, dass er sich ein paar kostbare Tage erkauft hatte, in denen sich Bwua’tu erholen konnte. Im Stillen stieß er ein erleichtertes Seufzen aus und wappnete sich, den nächsten Punkt auf der Tagesordnung in Angriff zu nehmen – die StealthX-Angriffsgruppe, die sie zu starten versucht hatten, um Luke Hilfestellung zu leisten.
Und natürlich war das der Augenblick, in dem sich die Tür öffnete und Han und Leia Solo in die Kammer marschierten.
»Kein Wunder, dass sie Geiseln will!«, sagte Han, der bereits mit großen Schritten auf die HoloNet-Kontrollkonsole zuging. »Das werdet ihr nicht glauben!«
Kenth musterte Leia mit finsterer Miene. »Jedi Solo, hatte ich nicht darum gebeten, nicht einfach in Ratstreffen hineinzuplatzen? Mehrfach?«
»Die Meister müssen das sehen«, entgegnete Leia, ohne sich auch nur die Mühe zu machen vorzugeben, es täte ihr leid. »Auf Blaudu Sextus findet ein Freiheitsmarsch statt.«
»Wo?« Kenth hatte noch nie von diesem Planeten gehört, und er konnte sich nicht vorstellen, warum eine Demonstration dort wichtig genug war, um ein Treffen des Jedi-Rats zu stören. »Jedi Solo, wenn dies hier bloß ein Vorwand ist, um …«
»Im Regulan-System«, unterbrach Han. »In der Nähe von Dubrava.«
»Dubrava?«, fragte Kyp, der sich in seinem Sessel umdrehte. »Ich wusste nicht, dass es in der Nähe von Dubrava überhaupt etwas gibt.«
» Barab Eins liegt in der Nähe von Dubrava.« Sabas dunkle Augen fielen auf Kyp und verweilten dort, als würde sie jeden, der die Galaktografie ihres Heimatsektors nicht kannte, als potenzielle Mahlzeit betrachten. »Der Planet befindet sich im Albanin-Sektor, zusammen mit Hidden Tegoor, Blaudu Octus und natürlich Blaudu Sextus.«
»Ach, dieser Blaudu Sextus«, meinte Kyp, der plötzlich nickte, als hätte man seinem Gedächtnis bloß einen kleinen Schubs geben müssen. »Natürlich!«
Saba zischte ihn an und richtete ihre Aufmerksamkeit dann an den Kreis im Allgemeinen.
»Blaudu Sextus bezieht Sklavenarbeiter von Blaudu Octus.« Sie wandte sich den Solos zu.
»Marschieren die Octusi?«
»Richtig geraten«, bestätigte Han.
Han drückte einen Sensor an der Konsole, und über dem Projektionsfeld im Zentrum des Rednerkreises erschien ein Hologramm. Das Bild zeigte eine Reihe von zentaurenartigen Fremdweltlern, mit einem ithorianerähnlichen Oberkörper und einem Kopf, der sich aus der Vorderseite eines zotteligen, breitbrüstigen Nerfs erhob. Sie marschierten im Gänsemarsch durch ein Gewirr von Gebäuden aus gehauenem Stein und trugen schlampig gemalte Plakate mit
zerbrochenen Hand- und Fußfesseln darauf. Obwohl sie sich in einem schnellen Trott fortbewegten und die Luft mit ihrem schrillen Klagen erfüllten, das in den Ohren geschmerzt hätte, wenn man es leibhaftig gehört hätte, schienen die Protestierenden inständig darauf bedacht, Sachschäden zu vermeiden. Sie blieben in einer schmalen Linie, um nicht gegen Luftgleiter zu rempeln, die vor den Gebäuden parkten. Im Vordergrund des Hologramms tauchte die spitzbübische Gestalt von Madhi Vaandt auf, einer puppengesichtigen Devaronianerin mit spitzen Ohren, schmalen, hellen Augen und weißem Haar, das beinahe so unbändig wirkte wie Octusi-Fell.
»… man sehen kann, sind die Octusi eine sanftmütige Spezies. Selbst, wenn sie sich dazu entschließen, die Fesseln der Sklaverei abzuwerfen, legen sie die größtmögliche Rücksichtnahme auf die Sicherheit und das Eigentum anderer an den Tag«, berichtete Vaandt gerade. Das Bild wechselte zu einem schlecht erhellten Raumhafen mitten in der Nacht, wo drei große Truppentransporter von MandalMotors fast unsichtbar in einer abgedunkelten Ecke des Landefelds thronten. »Doch warum bot sich uns dann letzte Nacht auf einem Industrie-Raumhafen bloß zwanzig Kilometer von hier entfernt dieser Anblick?«
Das Bild nahm die grünlich-blaue Färbung an, die für Restlichtobjektive typisch war.
Mehrere hundert mandalorianische Kommandosoldaten tauchten auf, die in Angriffsschlitten, Schwebepanzern und zu Fuß aus den Transportern kamen. Schlagartig wurde Kenth’ Magen hohl und mulmig, und noch bevor er Leia widerwillig um einen Statusbericht bitten konnte, war Saba mit gesträubten Schuppen und gebleckten Zähnen auf den Beinen.
»Staatschefin Daala geht zu weit!« Hinter ihr ertönte ein lautes Krachen, als ihr schwerer Schwanz gegen den Sessel krachte und ihn zu Boden kippen ließ. Ohne sich auch nur anmerken zu lassen, dass sie es bemerkt hatte, fuhr Saba fort: »Die Octusi sind keine Gefahr für die Blaudunz. Octusi kämpfen niemals … nicht einmal, um ihr eigenes Leben zu retten!«
»Vielleicht solltet Ihr uns etwas über den Hintergrund dieser Kulturen erzählen, Meisterin Sebatyne«, schlug Kenth vor. Froh über einen Vorwand, die Holo-Übertragung zu beenden, bevor die anderen Meister ebenfalls die Entrüstung packte, signalisierte er Han, das Hologramm auszuschalten. »Vielleicht hilft uns das dabei zu verstehen, was Staatschefin Daala damit bezweckt.«
»Was gibt es da zu verstehen?«, fragte Han. »Daala sieht Ungehorsam, Daala zerschmettert Ungehorsam. Das ist genau die Strategie, die sie gelernt hat, als sie bei Tarkin auf dem Schoß saß.«
Ungeachtet seines Sarkasmus deaktivierte Han das Hologramm, und Saba allein rückte im Kreis in den Mittelpunkt. Die Barabel nahm sich einen Moment Zeit, um ihre Gedanken zu sammeln, ließ die Zunge zwischen ihren kiesigen Lippen hervorschnellen und hob dann den Blick, um sich an die übrigen Meister zu wenden.
»Die Octusi sind die Ureinwohner des Blaudu-Systems«, begann sie. »Sie sind eine naive Spezies, und die meisten Blaudunz – die Kolonisatoren von Blaudu Sextus – wollen nicht akzeptieren, dass sie wahrhaftig denkende, empfindungsfähige Wesen sind.«
» Sind sie das?«, fragte Ramis.
Saba breitete ihre Hände aus. »Das zu beurteilen, steht Meisterin Cilghal zu, nicht dieser hier«, entgegnete sie. »Die Octusi sprechen und verstehen annähernd hundert Worte, aber sie lesen oder schreiben nicht, und abgesehen von jetzt, später und früher besitzen sie kein Zeitverständnis.
Sie benutzen einfache Handwerkzeuge zum Graben und um Stein zu schärfen, doch Dinge wie Hebelwirkung oder Flaschenzüge sind ihnen fremd.«
»Dann würde eine Beurteilung davon abhängen, wessen Definition von Empfindungsvermögen wir zugrunde legen«, sagte Cilghal. »Nach den Maßstäben der Alten Republik würde man sie als primitive Spezies klassifizieren, wodurch sie von denselben Gesetzen geschützt würden wie Kinder und geistig Behinderte. Nach imperialen Standards würde man sie als weiterentwickelte Nutztiere einstufen und sie wie Hab und Gut behandeln.«
»Und nach Allianz-Gesetzgebung?«, fragte Kenth.
»Meisterin Sebatynes Beschreibung zufolge«, entgegnete Cilghal, »würde ich sie quasi als empfindungsfähig betrachten. Es wäre illegal, sie zu versklaven, und alle entsprechenden Rechtsgeschäfte bräuchten die Zustimmung eines von der Regierung ernannten Advokaten.«
»Was ist mit ihrer Beziehung zu den Blauduns?«, fragte Kam von seinem Hologramm aus.
»Meisterin Sebatynes Reaktion und Madhi Vaandts Bericht nach zu urteilen, schienen die beiden Spezies nicht miteinander verfeindet zu sein.«
»Das sind sie auch nicht«, sagte Saba. »Die Blaudunz besitzen ihre Octusi, das ist wahr.
Doch sie behandeln sie gut.«
»Werden sie eingesperrt?«, fragte Kyle.
Saba schüttelte den Kopf. »Sie werden jeden Tag zu ihrer Arbeit gebracht, doch das liegt nur daran, weil sie den Tag sonst damit verbringen würden, herumzuwandern und anderen Dingen nachzugehen. Wenn sie mit der Arbeit fertig sind, steht es ihnen frei zu tun, was sie möchten.«
»Und sie versuchen nicht zu fliehen?«, fragte Tionne, deren Stimme aus ihrem Hologramm drang.
»Es gibt keinen Ort, zu dem sie fliehen könnten«, erklärte Saba. »Blaudu Sextus ist ein Bergbauplanet, und die einheimische Pflanzenwelt ist entweder giftig oder auf andere Weise nicht zum Verzehr geeignet. Wenn die Octusi hungrig werden, müssen sie zu ihren Herren zurückkehren, um Nahrung zu erhalten, die auf Blaudu Octus geerntet wurde.«
»Und sie kehren immer zu ihrem richtigen Herrn zurück?«, hakte Tionne nach.
»Nicht immer«, antwortete Saba. »Manchmal gehen sie zu jemand anderem, wenn sie
Hunger haben. Einem Blaudun ist es nicht erlaubt, das Eigentum von jemand anderem zu futtern; stattdessen werden sie zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgebracht. Kommt das allerdingz mehrmals vor, geht man davon aus, dass der Octusi seinen Besitzer wechseln möchte, und dann kommen die Blaudunz untereinander überein.«
»Nun, das klingt wie Sklaverei«, sagte Kyp. »Irgendwie.«
»Doch ihnen werden Freiheiten zugestanden, die die meisten Sklaven nicht haben«, stellte Kenth fest. Er richtete seinen Blick auf Saba. »Sagt uns, wie die Octusi von ihrem Zuhause nach Sextus gebracht werden. Vielleicht klärt das die Situation.«
»Das tut es nicht«, entgegnete Saba. »Die Octusi bitten darum, dass man sich ihrer annimmt.«
»Sie bitten darum?«, wiederholte Kyp. »Ungefähr so: Würdet Ihr mich bitte zu einem Planeten ein paar Welten weiter im System verfrachten und mich Euer Sklave sein lassen? «
»Jaaaa«, zischte Saba. »Blaudu Octus besitzt eine starke Achsenneigung, weshalb die Octusi ihr Leben lang umherziehen müssen, um auf der Suche nach guten Weidegründen den Jahreszeiten zu folgen. Es ist ein hartes Dasein voll steter Umtriebigkeit, und sie werden nur selten älter als zwanzig Standardjahre – kaum alt genug, um Nachwuchs zu zeugen.«
»Und auf Blaudu Sextus ist ihre Lebensspanne länger?«, fragte Kyle. »Wollen sie den Blauduns deshalb dienen?«
»In gewisser Weise, ja«, antwortete Saba. »Wenn ein Octusi zu langsam wird, um mitzuhalten, sucht die Gruppe häufig ein Ernteschiff von Sextus und bittet die Blaudunz, sich ihrer Angehörigen anzunehmen. Das ist besser, als allein bei schlechtem Wetter zu sterben, und es ist bekannt, dass Octusi in der Obhut der Blaudunz achtzig Jahre alt werden können.«
»Und woher wissen die Octusi das?«, fragte Kyp. »Weil die Blauduns es ihnen erzählen?«
Saba schüttelte den Kopf. »Weil andere Octusi es ihnen erzählen«, erklärte sie. »Die Blaudunz nehmen Sklaven mit, die ihnen bei der Ernte helfen, und es steht ihnen frei, jüngeren Octusi von ihrem Leben auf Blaudu Sextus zu berichten.«
»Nichts ist je einfach«, stellte Kyp fest. »Einerseits klingt es wie Sklaverei, und andererseits auch wieder nicht.«
»Ja, es gilt, einiges zu bedenken.« Kyle sprach in einem langsamen, nachdenklichen Tonfall, der darauf hinwies, dass sein Interesse an dieser abstrakten Frage größer geworden war als am eigentlichen Problem – und das war für Kenth eine gewaltige Erleichterung. Im Augenblick konnte er es sich nicht leisten, sich darüber in einen hitzigen Streit mit seinen Meistern verwickeln zu lassen, ob sie mehr unternehmen sollten, um das Bemühen der Freiheitsstaffel, die Sklaverei in der Galaxis auszurotten, zu unterstützen. »Was ist mit Bestrafung und Vernachlässigung? Misshandeln die Blauduns ihre Sklaven?«
»Bei jeder Spezies gibt es schlechte Wesen«, entgegnete Saba. »Doch die Blaudunz haben Gesetze gegen die Misshandlung anderer Lebewesen, und diese Gesetze werden durchgesetzt.«
»Was eigentlich überhaupt nichts zur Sache tut, wenn ich das so sagen darf.« Leia sprach ohne Erlaubnis. Tatsächlich machte sie sich nicht einmal die Mühe, einen Blick in Kenth’ Richtung zu werfen, um ihn darum zu bitten. »Das eigentliche Problem sind die Mandalorianer, nicht die Revolte.«
»Ja, exakt«, sagte Saba. »Die Octusi werden nicht kämpfen, aber sie werden auch nicht nachgeben. Jetzt, wo sie sich erhoben haben, um zu protestieren, werden sie so lange damit weitermachen, bis sie gewonnen haben.«
»Bis sie was genau gewonnen haben?«, fragte Kyle. »Gleichberechtigung? Lohn?«
»Es wäre seltsam, wenn sie eins von beidem verlangen würden«, meinte Saba. »Es steht ihnen frei, jederzeit mit einem Ernteschiff nach Blaudu Octus zurückzukehren, und die Vorstellung von Geld verwirrt sie seit jeher.« Sie schaute zu Leia hinüber. »Was geht diesbezüglich aus dem Bericht hervor?«
Leia dachte einen Moment lang nach und schüttelte dann den Kopf. »Das Einzige, was Madhi bislang erwähnt hat, ist Freiheit«, sagte sie. »Nichts Spezielles.«
»Was meinen Argwohn erregt«, sagte Kenth. »Wenn es den Octusi freisteht, dort zu leben, wo sie möchten, wenn es ihnen freisteht, zum Sterben auf ihren Heimatplaneten zurückzukehren, und wenn es ihnen freisteht, ihre Freizeit so zu verbringen, wie sie wollen, ist es schwer zu glauben, dass so schlichte Wesen auch nur begreifen, auf welche Art und Weise sie nicht frei sind.«
»Was sagt Ihr da, Großmeister?«, fragte Barratk’l. Ihre Stimme war ein bisschen weniger tief und rau als die der meisten Yuzzem. Einst hatte sie eine schwere Halswunde erlitten, und als die Verletzung behandelt wurde, hatte sie darum gebeten, dass ihre Stimmbänder verschmälert wurden, damit ihre Sprache für andere Spezies verständlicher wurde. »Dass es erlaubt ist, Sklaven zu halten, solange es ihnen an der Intelligenz mangelt, um zu erkennen, was sie sind?«
»Das wollte ich damit nicht sagen, Meisterin Barratk’l, und das wisst Ihr auch.« Kenth fixierte die Yuzzem mit einem eisigen Blick und starrte sie an, bis sie schließlich wegsah. Dann wandte er sich an Han. »Würden Sie die Aufnahme bitte noch mal anspielen, die Sie uns gerade gezeigt haben?«
»Klar.« Han betätigte einige Knöpfe, und einen Moment später trottete eine holografische Reihe Octusi-Sklaven durch den Rednerkreis. »Von hier ab?«
»Das ist bestens, vielen Dank«, entgegnete Kenth. »Würden Sie das Bild jetzt bitte einfrieren und einen dieser Octusi vergrößern – einen, der ein Schild trägt?«
Han runzelte verwirrt die Stirn, tat jedoch, worum er gebeten wurde, und einen Moment später zeigte das Hologramm einen einzelnen lebensgroßen Octusi. Mit seinem zotteligen weißen Fell und dem langgezogenen, fassförmigen Unterleib, der seine Hinter- und Vorderviertel miteinander verband, ähnelte er dem Lastentier, das er seinen Blaudun-Herren zufolge war. Doch in dem breiten, flachen Rumpf, der sich aus seinem Vorderviertel erhob, lag eine Anmut, die auf die friedliche Natur hinwies, die Saba beschrieben hatte, und seine breiten Schultern und sein hammerförmiges Haupt bargen eine sanfte Schönheit, die der unkomplizierten Redlichkeit einer einfachen Seele entsprang.
Gleichwohl, als Kenth seinen Laserpointer aktivierte, leuchtete er die zerbrochenen Fesseln an, die auf dem Schild zu sehen waren.
»Meisterin Sebatyne, wurden diese Wesen jemals in Ketten gelegt?«
»Nein. Warum hätte man sie fesseln sollen, wenn sie doch nirgendwo …« Die Barabel ließ ihre Frage unvollendet, und ihre Augen quollen hervor, als sie den Grund für Kenth’ Frage zu begreifen schien. »Fesseln wären überaus selten, Großmeister Hamner. Zu selten.«
»Und woher kennen sie dann diese Symbolik?«, fragte Kyle. Er wandte sich an die anderen Meister und fügte hinzu: »Großmeister Hamner hat recht. Irgendjemand hat sie dazu angestiftet.«
Die anderen Meister sahen einander an, auf der Suche nach jemandem, der womöglich eine Ahnung hatte, welchen Nutzen diese Sache für irgendwen haben könnte. Kenth gab ihnen hinreichend Gelegenheit, eine Antwort darauf zu finden, ehe er sich schließlich räusperte.
Als sich alle Augen in seine Richtung wandten, sagte er: »Ich denke, ich habe eine Theorie. Ihr habt zweifellos alle von der Freiheitsstaffel gehört?«
Die Meister nickten, und Han Solo warf ein: »Für eine Geheimorganisation stehen sie sehr im Fokus der Öffentlichkeit.«
»Das tun Sklavenretter für gewöhnlich immer, Captain Solo«, sagte Barratk’l. In ihrer Stimme lag eine Abwehrhaltung, die Kenth überraschte, und er ertappte sich dabei, dass er sich fragte, ob es womöglich einen Grund dafür gab – einen Grund, der möglicherweise erklärte, warum die Freiheitsstaffel einfach davon auszugehen schien, dass sie auf die Hilfe der Jedi zählen konnte.
»Das bringt es einfach mit sich, wenn man die Schwachen schützt und die Mächtigen zerschmettert. Man erinnert sich an dich.«
Han schenkte ihr ein zustimmendes Grinsen. »Dagegen lässt sich schwer was sagen«, meinte er. »Aber inwiefern macht es Sinn, dass sie auf Blaudu Sextus für Unruhe sorgen? In der Galaxis gibt es unzählige Dreckslöcher, wo die Lage wesentlich schlimmer ist. Warum auf einer Welt einen Aufstand anzetteln, wo man nicht einmal mit Sicherheit weiß, dass die Octusi wirklich Sklaven sind?«
Es war Leia, die darauf antwortete. »Wegen Madhi Vaandt.«
Sie ging zur Kontrollkonsole hinüber und streckte die Hand über die Oberseite aus, um einen Schalter zu betätigen. Jetzt zeigte das HoloNet wieder eine Live-Übertragung. Die hologene Reporterin war gerade dabei, einen haarlosen grünen Zweibeiner zu interviewen, der ihr bloß bis zum Kinn reichte. Er hatte eingesunkene Augen, eine lange, dolchdünne Nase und einen breiten, lächelnden Mund. Während Vaandt den bedauernswerten Blaudun mit bissigen Fragen darüber löcherte, andere Lebewesen zu besitzen, erhob Leia die Stimme, um die dünnen Stimmen zu übertönen, die von der Audiospur kamen.
»Was hat sich in letzter Zeit geändert?« Leia deutete auf Vaandts Bild. » Sie. Es ist kein Zufall, dass sie sich ausgerechnet gerade auf Blaudu Sextus befindet, als die Slaven den Aufstand proben. Jemand hat ihr einen Tipp gegeben – dieselben Leute, die die Octusi überhaupt erst davon überzeugt haben, dass sie unterdrückt werden: die Freiheitsstaffel.«
Kyp schüttelte den Kopf. »Das leuchtet mir nicht ein«, sagte er. »Diese ganze Blaudun-Octusi-Sache ist nicht hässlich genug. Wenn man versucht, Aufmerksamkeit auf die Misere der Sklaven in der Galaxis zu lenken, gibt es zu viele andere Orte, mit denen man wesentlich mehr bewirken könnte.«
»Ja, aber keinen anderen Ort, bei dem man weiß, dass Daala Truppen hinschicken muss«, gab Han zu bedenken. Er sah Saba an. »Ich wette, die Blauduns haben in puncto Aufstandspolizei nicht viel zu bieten.«
»Diese hier bezweifelt, dass sie so etwas überhaupt besitzen.«
»Und da die Octusi zu dickköpfig sind, um von selbst aufzuhören, weiß man, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen wird«, sagte Kyle. Er warf einen flüchtigen Blick in Barratk’ls Richtung, die Stirn nachdenklich in Falten gelegt – zweifellos, weil er sich dasselbe fragte wie Kenth: ob sich das neue Ratsmitglied, das einer einst versklavten Spezies angehörte, an so einer Sache beteiligen würde oder nicht – ob sie bereit war, das Leben von Tausenden aufs Spiel zu setzen, um Hunderte Millionen zu befreien. »Und man weiß, dass das Ganze live im HoloNet passieren wird.«
»Nein, von einer Auseinandersetzung kann keine Rede sein.« Saba richtete ein rundes Auge auf Barratk’l und fügte hinzu: »Die Freiheitsstaffel hat sich verkalkuliert. Das wird ein Gemetzel.«
Barratk’ls Augen weiteten sich merklich, und sie knurrte: »Ich hoffe, Ihr wollt damit nicht sagen, dass ich ihnen bei der Planung geholfen habe.«
Saba musterte sie einen Moment lang und entgegnete dann: »Nein. Diese hier sagt bloß, dass die Freiheitsstaffel einen Fehler gemacht hat und dass es gut wäre, sie das wissen zu lassen, bevor Blut vergossen wird.«
»Was ganz genau das ist, was die Freiheitsstaffel will«, meinte Kyle. Seine Stimme hatte einen tiefen, überzeugten Tonfall angenommen, wie sie es für gewöhnlich tat, wenn er alle Teile eines Puzzles zusammengesetzt hatte. »Es gibt nichts Besseres als öffentliche Entrüstung, um rasche Veränderungen zu erzwingen, und wenn Daala live im HoloNet tausende Pazifisten wegpustet, wird das für öffentliche Entrüstung sorgen.«
»Aber wie ist es möglich, dass Daala darauf hereinfällt?«, fragte Corran, der zum ersten Mal, seit nicht mehr Valin und Jysella das Thema waren, den Blick hob. »Wenn sie klug genug ist, um die Jedi im eigenen Tempel in Schach zu halten, ist sie auch klug genug, nicht auf so eine Falle hereinzufallen.«
»Nur, wenn sie alle Einzelheiten kennt«, hielt Han dagegen. »Wer auch immer hinter dieser Sache steckt, sucht sich mit Absicht abgelegene Planeten aus. Selbst Ken …, ähm, Groß meister Hamner – wusste vorher nicht das Geringste über das Blaudu-System.«
»Aber ich hätte mich informiert, bevor ich Truppen hinschicke«, entgegnete Kenth. Er war so an subtile Seitenhiebe gewöhnt, dass er Hans unkommentiert ließ. »Nein, ich schätze, dass es hier Dinge gibt, die wir nicht erkennen. Warum setzt Daala beispielsweise Mandalorianer hierfür ein?«
»Weil sie ihren Standpunkt deutlich machen will«, gab Han zurück. »Nichts macht so klar, dass man lieber die Finger stillhalten sollte wie eine Brigade Mando-Kübelköpfe, die auf deiner Türschwelle auftauchen.«
Kenth schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat auf Mandos zurückgegriffen, weil sie gehofft hat, diese Angelegenheit schnell und leise handhaben zu können«, sagte er. »Was, wenn sie die zusätzlichen Mandos in Bereitschaft hat, für den Fall, dass die Lage hier auf Coruscant brenzlig wird?«
»Ihr meint, für den Fall, dass das Allianz-Militär anfängt, Anzeichen dafür zu zeigen, dass sie auf unserer Seite stehen?«, fragte Kyle.
»Das wäre ein Grund, ja«, sagte Kenth. Er verriet nicht, dass er wusste, dass das der Fall war, so, wie er versprochen hatte, alle Informationen für sich zu behalten, die Bwua’tu mit ihm geteilt hatte. »Sie traut den Mandos eher zu, die Revolte rasch niederzuschlagen, als ihren eigenen Männern – und auf diese Weise muss sie auch keine Skrupel haben, wie sie das bewerkstelligen.«
»Und sie würde glauben, dass die Octusi, weil sie Pazifisten sind, auch einfache Gegner darstellen«, sagte Kyp, der enthusiastisch nickte. »So viel von einer Imperialen steckt nach wie vor in ihr.«
»Das würde bedeuten, dass die Freiheitsstaffel von der Mando-Reserve wusste«, stellte Leia fest. Ihre Miene war nachdenklich, aber überzeugt. »Andernfalls hätten sie nicht damit gerechnet, dass Daala so schnell reagiert – und dann hätten sie Madhi Vaandt nicht vor Ort gehabt, die bloß darauf gewartet hat, alles publik zu machen.«
»Damit willst du wohl sagen, dass die Freiheitsstaffel einen Spion in Daalas Büro haben muss«, vermutete Saba. Sie legte nachdenklich ihren schuppigen Kopf schief und senkte dann ihr Kinn. »Diese hier ist derselben Ansicht. Das erklärt vieles.«
»Ja, allmählich sieht es so aus, als hätten diese Freiheitsstaffel-Typen überall Spione«, sagte Han. »Das bringt einen irgendwie dazu, wissen zu wollen, wer die sind.«
Es war schwierig zu sagen, ob Hans Kommentar als Spitze gegen Barratk’l gemeint war oder nicht, doch die Verärgerung, die in ihren dunklen Augen aufblitzte, verriet, wie sie ihn aufgenommen hatte. Kenth, der nicht wollte, dass Barratk’ls Beziehung zum Rest des Rates so schnell einen bitteren Beigeschmack bekam, warf einen finsteren Blick in Hans Richtung.
»Ich bin mir sicher, dass Meisterin Barratk’l uns mittlerweile gesagt hätte, wenn sie irgendetwas mit der Freiheitsstaffel zu tun hätte.« Er wartete, bis Han schließlich mit den Augen rollte und wegschaute, bevor er Barratk’l ein warmes Lächeln schenkte. »Es ist ja nicht so, dass es irgendeinen Grund gäbe, ein derart löbliches Unterfangen vor dem Rat zu verheimlichen.«
Die Augen der Yuzzem wurden weicher, und Kenth wusste, dass er sich ihre Dankbarkeit verdient hatte. Jetzt musste er bloß noch acht weitere Ratsmitglieder überzeugen, und dann war er vielleicht imstande, sich als des Amtes würdig zu betrachten, das er innehatte. Er wandte den Blick von Barratk’l ab und ließ ihn über die übrigen Meister schweifen.
»Also«, sagte er, »jetzt, wo wir die Situation verstehen, stellt sich die Frage, was wir diesbezüglich unternehmen?«
Die leeren Blicke, die diese Frage erntete, verriet Kenth zwei Dinge. Erstens: Sein Ansehen bei den Meistern war so tief gesunken, dass dies die letzte Frage war, die sie von ihm erwartet hatten. Und zweitens, dass er noch immer die Chance hatte, sie wieder für sich zu gewinnen.
»Ich denke, es erübrigt sich zu sagen, dass wir ein Gemetzel dieses Ausmaßes nicht zulassen können«, begann Kenth. »Ganz gleich, was für Auswirkungen das letzten Endes vielleicht auf die Lebensbedingungen anderer Sklaven in der Galaxis haben könnte.«
Unterstützung kam aus einer unerwarteten Ecke – von Corran Horn. »Ganz meine Meinung. Es gibt kein Morgen, bloß das, was wir heute tun oder nicht tun.« Er zitierte damit einen neuen Grundsatz, bei dem der Rat aktuell darüber nachdachte, ihn dem Jedi-Kodex hinzuzufügen, als Erinnerung für junge Jedi-Ritter, dass das Bestreben, edlen Zwecken zu dienen, niemals niederträchtige Mittel rechtfertigte. »Wir müssen diesem Aufstand ein Ende bereiten, bevor er sich in ein Blutbad verwandelt.«
Kenth hielt inne und ließ seinen Blick über den Kreis schweifen, um jedem Meister die Gelegenheit für Einwände zu geben. Als keine kamen, sagte er: »Dieser Revolte ein Ende zu machen, wird den Jedi-Orden vorübergehend auf die Seite der Sklavenhalter und der Mandalorianer bringen. Können wir das akzeptieren?«
»Diese hier kann das nicht«, wandte Saba ein. »Wir können den Aufstand auch beenden, indem wir die Mandalorianer verjagen.«
»Ich wüsste nicht, wie das gehen sollte«, sagte Tionne. »Wenn die Octusi wirklich weiter protestieren, bis sie gewinnen, zögern wir die Konfrontation damit bloß hinaus.«
»Manchmal bedeutet Hinauszögern Vermeiden«, entgegnete Saba. »Die Blaudunz und die Octusi sind keine Feinde. Ohne Einmischung werden sie sich selbst einigen – ohne Blutvergießen.«
Kenth schwieg und wartete darauf, dass jemand anderes das Manko von Sabas Plan zur Sprache brachte. Als es keiner tat, wurde ihm klar, dass er das selbst tun musste.
»Wollt Ihr damit vorschlagen, dass die Jedi zu Kampfmaßnahmen greifen, Meisterin Sebatyne?«, fragte er. »Denn das ist im Moment einfach nicht möglich.«
»Natürlich ist das nicht möglich.« Sabas Schwanz schlug so fest auf den Boden, dass Kenth die Wucht des Aufpralls durch seine Sessellehne spürte. »Wir müssen den Sith die Stirn bieten.«
»Und was genau … schlagt Ihr dann vor?«, fragte Kyp. »Denn eine ganze Brigade Mandalorianer zu verscheuchen, ist ein bisschen viel verlangt, selbst von einem Jedi-Ritter.«
»Ihr habt recht, Meister Durron«, sagte Saba. »Deshalb müssen wir zwei hinschicken.«
Das darauffolgende Schweigen deutete darauf hin, dass die übrigen Meister von dem Vorschlag genauso verblüfft waren wie Kenth.
Nach einem Moment fragte Kenth: »Wollt Ihr damit vorschlagen, dass wir Tesar und Wilyem hinschicken sollten?«
»Nein.« Sabas Kopf fuhr so schnell herum, dass sich Kenth eine Sekunde lang fragte, ob irgendjemand nach seinem Lichtschwert gegriffen hatte. »Wie kommt Ihr denn auf diesen Gedanken?«
»Verzeiht mir«, sagte Kyle, der verwirrt die Stirn runzelte. »Ich dachte, Ihr hättet beabsichtigt, die beiden vorzuschlagen.«
»Tesar und Wilyem sind beschäftigt.« Saba musterte Kyle einen Moment lang mit finsterer Miene, ehe sie sich wieder dem Kreis zuwandte. »Wir müssen jemand anderen schicken.«
Kenth konnte sich nicht entsinnen, jemals von einer Mission gehört zu haben, an der die beiden Barabel beteiligt gewesen wären. Und heutzutage bereitete es ihm Sorge, nicht über alles Bescheid zu wissen, in das ein Jedi involviert war. Er dachte einen Moment lang nach und versuchte, sich an die beiden Barabel-Frauen zu erinnern, die den Solos vor einigen Monaten dabei geholfen hatten, eine Ladung psychotischer Jedi vom Planeten zu schmuggeln. Als Saba während des Kriegs gegen die Yuuzhan Vong mit den Wilden Rittern aufgetaucht war, waren sie die jüngsten Mitglieder der Gruppe gewesen, und sie hatten mit Ehre und Wildheit in einem halben Dutzend Raumschlachten gekämpft. »Was ist mit Zal und Dordi?«, fragte er, als ihm ihre Namen endlich wieder einfielen.
»Diese hier sagt Nein!«
Saba stand auf und wirbelte so schnell herum, dass es Kenth einen Akt des Willens abverlangte, nicht ebenfalls aufzuspringen. Mehrere andere Meister waren nicht so zurückhaltend, sondern erhoben sich, um mit über ihren Lichtschwertern schwebenden Händen vor ihren Sesseln zu stehen.
Saba warf einen raschen Blick auf ihre Hände und schnaubte dann spöttisch. »Dordi und Zal stehen ebenfallz nicht zur Verfügung. Barabel-Jedi-Ritter stehen nicht zur Verfügung.«
Kenth blieb in seinem Sessel sitzen, mehr verwirrt über Sabas Zorn, als davon eingeschüchtert. Mit ruhiger Stimme fragte er: »Und warum nicht?«
Sabas Schuppen sträubten sich, und ihr Schwanz schlug so schnell aus, dass Kenth und Cilghal hochspringen mussten, um zu verhindern, dass sie von den Füßen gefegt wurden. »Das ist privat.«
»Privat?«
Kenth warf einen Blick zu den Solos hinüber, auf der Suche nach einer Erklärung – und stellte fest, dass sie ebenso verwirrt dreinschauten, wie er sich fühlte. Was auch immer die Barabel im Schilde führten, sie behielten es komplett für sich – und eine von Barabel ausgetüftelte Geheimmission konnte nichts Gutes bedeuten.
»Meisterin Sebatyne«, sagte Kenth monoton. »Ob es Euch nun gefällt oder nicht, ich bin der amtierende Großmeister des Jedi-Ordens. Wenn vier Jedi-Ritter ohne Erlaubnis aus dem Tempel verschwinden, ist es meine Pflicht herauszufinden, was dahintersteckt.«
Die Barabel musterte ihn weiterhin mit einem Knurren. Ihre Zähne waren gefletscht. »Nein, ist es nicht. Was Tesar und die anderen tun, geht nur sie allein etwas an.«
Kenth ließ frustriert den Kopf sinken. »Meisterin Sebatyne, worum ich Euch bitte …« Er fing sich und schaute wieder auf. »Nein. Was ich von Euch verlange …«
»Meisterin Sebatyne«, unterbrach Leia. »Ich denke, Großmeister Hamner ist besorgt darüber, dass Tesar und die andere ohne sein Wissen etwas gegen Staatschefin Daala unternehmen.
Nach den jüngsten Taten gewisser, ähm, Jedi-Ritter, ist das eine berechtigte Sorge.«
Saba schaute einen Moment lang von Kenth zu Leia, und ihr reptilienhafter Kopf wackelte nachdenklich. Schließlich sah sie wieder Kenth an.
»Ihr denkt, Tesar und Wilyem sind ausgezogen? Um … Daala zu jagen?« Ihr reißzahnschwangeres Knurren verzog sich zu einem gleichermaßen zähneschwangeren Grinsen, und sie begann so heftig zu zischen, dass sich ihre Schultern schüttelten. »Nein. Diese hier … verspricht, dass sie im Tempel bleiben werden. Sie gehen nirgendwohin …« Noch mehr Gezische.
»… für Monate.«
Ein rascher Seitenblick weg von der Barabel verriet, dass die anderen Meister – und sogar die Solos, die Saba besser kannten als irgendjemand sonst – nach wie vor genauso verwirrt waren wie Kenth. Er zuckte die Schultern und sank in seinen Sessel zurück, sehr erschöpft und sehr darauf erpicht, dass das Ratstreffen endlich vorüberging.
»Nun gut, Meisterin Sebatyne, ich nehme Euch beim Wort.« Ohne darauf zu warten, dass sie zu ihrem Platz zurückkehrte, schaute er an ihr vorbei zu Barratk’l. »Ich schlage vor, dass wir Sothais Saar und Avinoam Arelis nach Blaudu Sextus schicken, um die Octusi davon zu überzeugen, ihren Protest aufzuschieben. Saar ist ein Chev, und er beschäftigt sich bereits seit einer ganzen Weile mit dem Sklaverei-Problem.«
Barratk’l nickte. »Was Saar betrifft, stimme ich zu. Aber warum Arelis? Wenn Ihr Bedenken wegen eines Rückfalls habt, ist es besser, einen Meister zu schicken. Und ich selbst habe ebenfalls gewisse Erfahrungen mit diesem Thema.«
Kenth nickte. »Das ist wahr«, stimmte er zu. »Aber wir müssen uns auch noch des Vergessenen Stammes annehmen, und wenn die Zeit kommt, ihnen die Stirn zu bieten, werden wir jeden verfügbaren Meister brauchen.«
»Dann habt Ihr also vor, die StealthX zu starten?«, fragte Saba, die sich halb von dem Sessel erhob, zu dem sie gerade zurückgekehrt war. »Wann?«
»Sobald wir dazu imstande sind, ohne uns den Weg von Coruscant runter freikämpfen zu müssen«, entgegnete Kenth. »Wir helfen niemandem damit, wenn wir vollkommen zerschossen anrücken.«
»Dann könntet Ihr genauso gut Meisterin Barratk’l nach Blaudu Sextus schicken.« Kyps Tonfall war verächtlich, und er schüttelte den Kopf und starrte zu Boden. »Denn wir werden unsere StealthX nicht ohne ein Gefecht von diesem Planeten bekommen – nicht, solange Daala an der Macht ist.«
Der Abscheu in den Gesichtern der anderen Meister verriet Kenth, dass sie Kyps Ansicht teilten, und er wusste genauso gut wie sie, dass dies die wahre Prüfung seiner Führerschaft war.
Wenn er die Meister nicht davon überzeugen konnte, sich in Geduld zu üben, ihm bloß noch ein bisschen länger zu vertrauen, würden sie einfach ohne ihn aufbrechen.
Kenth entschied, dass die Zeit gekommen war, sich unverblümt mit dem Problem auseinanderzusetzen, und nahm einen tiefen Atemzug. »Meister Durron, möglicherweise ist die Situation in Bezug auf Daala nicht so unlösbar, wie Ihr glaubt.«
Niemandem in der Kammer entging seine Andeutung. Sie waren Jedi-Meister, eine ehemalige Staatschefin und, nun … Han Solo. Und sie alle sahen ihn mit unterschiedlichen Stufen der Überraschung, des Zweifels und völligem Unglauben an.
Schließlich zog Kyp mit einer Geste, die entweder Skepsis oder Ehrfurcht wiederspiegelte, eine Augenbraue hoch. »Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr noch ein Ass im Ärmel habt?«
Kenth legte ein wenig Durastahl in seine Stimme. »Das sage ich nicht bloß, Meister Durron. Dem ist so.«
Mehrere Meister stellten gleichzeitig die offensichtliche Frage, doch es war Sabas Reibeisenstimme, die Kenth am deutlichsten vernahm.
»Was?«, fragte sie. »Ihr habt Pläne vor uns verheimlicht?«
Kenth richtete sich in seinem Sessel auf, um eine autoritäre Ausstrahlung bemüht. »Es tut mir leid. Es steht mir nicht frei, darüber zu sprechen.«
Wieder sprachen die Meister alle auf einmal, doch diesmal war das Resultat eine beleidigte – und in einigen Fällen entrüstete – Kakofonie: »Sicher«, »Sehr zweckmäßig« und von Han: »Das soll ja wohl ein Witz sein!«
Kenth hob die Hand, um für Ruhe zu sorgen. »Bitte! Ich meine es ernst, aber ich kann im Augenblick nicht darüber reden.«
Ebenso gut hätte er Ssi-ruuvi sprechen können. Die Meister starrten ihn bloß an, als wäre der Imperator persönlich plötzlich in Luke Skywalkers Sessel erschienen – und das war auch kein Wunder. Es war unvorstellbar, dass das Oberhaupt des Jedi-Rates sagte, er könne seinen Meistern eine so wichtige Information nicht anvertrauen. Es war eine groteske Beleidigung ihrer Integrität und ihres Urteilsvermögens, und Kenth musste sie dazu bringen, das zu akzeptieren. Er hatte Bwua’tu sein Wort gegeben, dass er ihre Vereinbarung geheim halten würde, und er schuldete es dem Admiral, sein Versprechen zu halten – zumindest, solange der alte Bothaner noch lebte.
»Hört zu, ich muss mich für mein Verhalten entschuldigen«, fuhr er fort. »Aber wenn die Zeit kommt, werdet ihr alles verstehen.«
»Ich denke, wir verstehen jetzt schon«, sagte Kyp. Er wandte sich an die Solos. »Vielleicht solltet ihr beide lieber gehen.«
Kenth schüttelte den Kopf. »Das hat nichts damit zu tun, dass Han und Leia hier sind«, sagte er. »Und es ist keine Frage des Vertrauens.«
»Und das ist auch nicht der Grund, warum ich sie bitte zu gehen.« Kyp stand auf und bedeutete den Solos mit einem Nicken, zum Ausgang zu gehen, ehe er schweigend wartete, bis sie fort waren. Sobald sich die Tür mit einem Zischen hinter ihnen geschlossen hatte, drehte er sich wieder zu Kenth um. »Ich verlange unverzüglich eine Erklärung, Großmeister. Man hat keine Geheimnisse vor dem Jedi-Rat – nicht, wenn es um so etwas geht.«
Kenth blieb sitzen. »Normalerweise würde ich dem zustimmen. Aber genauso, wie Meisterin Sebatyne uns darum bittet, auf ihr Wort zu vertrauen, was die Abwesenheit von Tesar und den anderen Barabel-Jedi-Rittern betrifft, so bitte ich euch, mir in dieser Angelegenheit zu vertrauen. Das ist wirklich zum Wohl des Ordens.«
»Das Geheimnis von dieser hier ist ein anderes«, gab Saba zurück. »Darin sind bloß vier Jedi-Ritter involviert. Dieses Geheimnis aber betrifft den ganzen Orden. Es geht um Meister Skywalker und die Sith.«
Kenth konnte nur nicken. »Das weiß ich.«
Octa Ramis seufzte und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn, ehe sie sagte: »Vielleicht wäre es hilfreich, wenn wir zumindest wüssten, warum Ihr es uns nicht sagen könnt.«
»Natürlich«, sagte Kenth. »Ganz einfach: Weil ich jemandem mein Wort gegeben habe.«
» Jemandem mein Wort gegeben …«, wiederholte Kyp. »Und darauf sollen wir vertrauen?«
Innerlich verfluchte Kenth Bwua’tus Koma und das schlechte Timing des Attentäters, doch äußerlich zuckte er die Schultern und bedachte Kyp mit einem halbherzigen Lächeln. » Hoffen wäre vielleicht das bessere Wort.«
Das entlockte Kyp tatsächlich ein Lächeln. »Ich schätze, das kann ich glauben.«
»Nun, ich nicht«, sagte Corran. Er stand auf und strich sein Gewand glatt. »Es tut mir leid, Großmeister Hamner, aber ich denke, Ihr schindet bloß Zeit.«
Auch Saba erhob sich. »Das gilt auch für diese hier«, sagte sie. »Die Zeit ist gekommen aufzubrechen. Da draußen sind Sith, und Meister Skywalker braucht unsere Hilfe.«
»Und was denkt ihr, wird passieren, wenn ihr geht?«, verlangte Kenth zu wissen. »Im Orbit wartet die gesamte Sechste Flotte, und die wird auf euch feuern, das verspreche ich euch.«
»Wir werden sie umgehen«, meinte Saba schlicht.
»Und wenn die Mandalorianer zurückkommen, um den Tempel zu stürmen?«
»Werden wir sie töten, so, wie wir es zuvor getan haben«, erwiderte Saba. »Die Zeit der Zurückhaltung ist vorüber. Dort draußen lauern furchterregendere Wesen als Mandalorianer, und wenn wir nicht bald handeln, werden sie diejenigen sein, die über Coruscant herrschen.«
Saba wandte sich ab, signalisierte damit, dass die Debatte beendet war, und setzte sich in Richtung Tür in Bewegung. Als die anderen Meister ihrem Beispiel folgten, wusste Kenth, dass sein Glücksspiel nach hinten losgegangen war. Sie waren es leid zu warten, untätig herumzusitzen, während sich Luke, Ben und Jaina mit einem ganzen Stamm von Sith herumschlugen, und kein Maß an Vernunft würde sie aufhalten – selbst, wenn er gegenüber Bwua’tu sein Wort brach und enthüllte, was das GA-Militär für sie in petto hatte.
Also legte Kenth seine Hand auf sein Lichtschwert und erhob sich. »Nein!«
Sein scharfer Tonfall ließ Saba innehalten, und sie drehte sich um. »Bitte, Meister Hamner, macht dies hier nicht schwerer, als es sein muss.«
»Und glaubt Ihr nicht, dass Ihr irgendwie anders damit durchkommt.« Kenth ging auf sie zu, sein Lichtschwert noch immer fest umklammert, und fuhr fort: »Großmeister Skywalker hat mich mit diesem Amt betraut, und wenn Ihr mich absetzen wollt, gelingt Euch das nicht dadurch, dass Ihr mich einfach ignoriert. Das müsst Ihr schon auf die altmodische Art und Weise machen.«
Sabas Blick fiel auf seine Waffenhand. Ihre Zunge zuckte zwischen den Lippen hervor, und in diesem Moment wusste Kenth, dass er ihre Grenze gefunden hatte. Sie war nicht bereit, mit einem anderen Jedi um die Kontrolle über den Orden zu kämpfen – nicht, wenn es so viele andere Dinge gab, gegen die die Jedi eigentlich kämpfen sollten.
Um seinen Vorteil zu nutzen und das Thema ein für alle Mal aus der Galaxis zu schaffen, trat Kenth näher und schaute von Saba zu den anderen. »Gibt es hier irgendjemanden, der gewillt ist, so weit zu gehen?«
Das war der Augenblick, in dem die Meister ihn von Neuem überraschten. Anstatt ihren Blick abzuwenden oder zu versuchen, ihn niederzustarren, wandten sie sich beinahe unisono Corran Horn zu, und Kenth wurde klar, dass er derjenige war, der die Sache zu weit getrieben hatte, dass sein Leben und die Zukunft des gesamten Jedi-Ordens davon abhingen, ein Mann welchen Schlages Corran Horn wirklich war.
Corran stand gedankenverloren da, sein Blick so trüb, traurig und leer, dass Kenth sich nicht sicher war, ob er überhaupt verstand, was von ihm verlangt wurde. Die anderen Meister blieben stumm, und Kenth musste seine gesamte Willenskraft aufbringen, um es ihnen gleichzutun. Er wollte Corran an den Schultern packen und ihn fest durchschütteln und von ihm verlangen, dass er sich für die Allianz und Zurückhaltung und ein politisch sinnvolles Vorgehen aussprach.
Stattdessen stand er ebenso schweigend da wie die anderen Meister und erwartete das Urteil eines Mannes, dessen Kinder aufgrund von Kenth’ Entscheidungen seit Monaten in Karbonit eingefroren waren.
Nach einer Weile schienen sich Corrans Augen wieder zu fokussieren, und er schaute auf und begegnete Kenth’ Blick. »Nein, dazu sind wir nicht bereit.« Er schüttelte den Kopf und setzte sich wieder in Richtung Tür in Bewegung. »Noch nicht.«