9. Kapitel
Da Schiff zu groß war, um in die Dschungelschlucht hinabzusteigen, schwebte es unmittelbar über der schmalen Kluft. Das Ende der Einstiegsrampe ruhte auf der Felskante. Jenseits dieses Vorsprungs ragte rechter Hand ein steiler, rankenbewachsener Hang empor, der über mehrere Kilometer voller Baumfarne und Keulenmoos zum rauchspeienden Krater oben auf dem Gipfel des Vulkans hin anstieg. Links fiel der Hang ebenso scharf ab, um tausend Meter tief zum Fuß des Berges abzufallen, wo sich ein gewaltiger, wabernder Sumpf mit dem aufgestauten Zorn des Vulkans erstreckte.
Am Grund der Schlucht zeichnete sich der einzige Hinweis auf den Teich ab, wegen dem sie hergekommen waren, ein winziges, gelbbraunes Rinnsal, das so voll von Schlamm und Schwefel war, dass Ben sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass er von etwas ausging, das der Teich des Wissens genannt wurde.
Vestara trat neben Ben in das Schott. »Also, wo ist dieser Teich des Wissens?«, fragte sie.
»Wo sind wir?«
»Was den Teich betrifft, habe ich keine Ahnung, aber wir sind auf derselben Seite des Bergkamms wie die Fontänen-Ruinen.« Ben trat auf die Rampe hinaus und deutete auf den zerklüfteten Gipfel. »Die Kerben im Krater sehen aus, als wären sie so ziemlich an derselben Stelle.« Er drehte sich um und deutete mit der Hand zum Sumpf am Fuß des Berges. »Und auch der einzige Sumpf, den ich bislang gesehen habe, ist in der Nähe der Fontäne.«
Vestara folgte ihm auf die Rampe hinaus und musterte das Gelände, ehe sie mit einem halben Lächeln zu ihm hinüberschaute. »Angeber.«
»Es wäre wesentlich beeindruckender, wenn der junge Skywalker uns sagen könnte, wo wir den Teich des Wissens finden«, meinte Taalon. Er trat hinter ihnen in die Luke und spähte in beide Richtungen. »Ich fange an zu fürchten, dass die Jedi recht damit haben, dass Schiff ein Spion ist.
Dieses Terrain eignet sich für Wasserfälle, nicht für Teiche.«
Der Teich ist hier, beharrte Schiff. Der ältere Skywalker hat ihn gesehen.
Taalons Argwohn erfüllte die Macht. Er drehte sich um und schaute zurück ins Schiffsinnere. »Ihr wart schon einmal hier?«
»Ich war schon einmal beim Teich«, korrigierte Luke. »Aber das war, als ich geistgewandelt bin. Das bedeutet nicht, dass ich ihn auch in der physischen Welt finde.«
Taalons Machtaura wurde ätzend. »Falls Ihr darauf hofft, mich erneut zum Geistwandeln zu bewegen …«
Skywalker kann den Teich finden, insistierte Schiff. Er weiß, wonach er suchen muss.
Taalon kniff die Augen zusammen und zog dann in Richtung von Lukes Stimme eine lavendelfarbene Braue hoch. »Stimmt das?«
Luke antwortete nicht sofort, und Ben wusste, dass sein Vater seine Optionen abwog.
Ryontarr, der Jedi-Deserteur, der Luke während ihres Besuchs auf der Schlundloch-Station als Geistwandelführer gedient hatte, hatte behauptet, dass jedermann, der im Teich des Wissens badete, alles sehen könne, was vergangen war, und alles, was noch kommen würde. Und sie durften schlichtweg nicht zulassen, dass diese Art von Wissen Taalon in die Hände fiel – oder irgendeinem anderen Sith.
Nach einem Moment ließ Taalon die Hand auf sein Lichtschwert sinken. »Also?«
Luke seufzte und trat dann ins Licht unmittelbar beim Zugang zur Rampe. »Haltet nach einer Grotte Ausschau«, sagte er und spähte in den Abgrund hinab. Dreißig Meter tiefer befanden sich die Kronen der Baumfarne, und der Boden lag vermutlich noch mal zwanzig Meter darunter.
»Irgendwo am Grund der Schlucht. Das ist alles, was ich Euch sagen kann.«
Taalon grinste. »Seid Ihr sicher?«
»Nun, ich könnte Euch warnen, nicht allein hineinzugehen, aber ich bezweifle, dass Ihr mir diesbezüglich vertrauen würdet.«
»Was lässt Euch glauben, dass Ihr nicht zugegen sein werdet, um uns zu begleiten?« Das kam von Khai, der zwischen Ben und dessen Vater auf der Rampe stand. »Niemand hier ist so töricht, einem Jedi zu trauen, den er nicht im Blick hat.«
»Wir müssen uns aufteilen«, sagte Luke. »Die Schlucht ist lang und so voller Dschungel, dass wir das Unterholz wegschneiden müssen, bloß um die Canyonwände zu sehen. Jeder Tag, den wir damit verbringen, ist ein weiterer Tag, der Abeloth bleibt, um sich zu regenerieren.«
»Was vermutlich auch der Grund dafür ist, warum Schiff uns überhaupt auf diese fruchtlose Suche geschickt hat«, fügte Ben hinzu.
» Vorausgesetzt, sie ist noch am Leben«, sagte Taalon.
»Ihr glaubt ebenso wenig wie ich, dass sie tot ist«, entgegnete Luke. »Wenn Ihr das tätet, wäret Ihr nicht hier und würdet nach einem Weg suchen, sie zu finden.«
»Vielleicht genieße ich einfach nur Eure Gesellschaft, Meister Skywalker«, gab Taalon zurück. »Es ist nicht allzu wahrscheinlich, dass sich mir in nächster Zeit noch einmal die Gelegenheit bietet, so viel über Euren Orden zu erfahren.«
»Ich denke, zumindest was das betrifft, sind wir einer Meinung.« Luke wies die Schlucht hinauf. »Wie wäre es, wenn Ben und Vestara stromaufwärts gehen würden, während der Rest von uns stromabwärts sucht?«
Taalons Blick schweifte zur Rampe hinüber. Er musterte Vestara einige Sekunden lang – zweifellos, während er die Macht einsetzte, um ihr deutlich zu machen, wie wichtig es war, dass sie Ben nicht aus den Augen ließ –, ehe er sich wieder Luke zuwandte.
»Also gut, zwei Gruppen.« Taalon nickte Vestara zu. »Du hast deine Befehle.«
»Und nimm dich vor Hinterhalten in Acht«, fügte Khai hinzu. »Möglicherweise hat Meister Skywalker recht, was Schiffs Loyalität betrifft.«
Vestara neigte ihr Haupt, zum Zeichen, dass sie die Sorge ihres Vaters zur Kenntnis nahm, und schaute dann zu Ben hinüber. »Bereit?«
Ben spürte einen ermutigenden Machtknuff von seinem eigenen Vater. »Klar.« Er setzte sich in Bewegung und marschierte die Rampe hinunter, auf den Rand der Schlucht zu. »Warte nicht auf mich.«
»Das werde ich wohl müssen«, meinte Vestara hinter ihm, »wenn du darauf bestehst, den langen Weg nach unten zu nehmen.«
Während sie die letzten Worte aussprach, schien ihre Stimme aus weiterer Ferne und von unterhalb des Schiffs zu kommen. Ben drehte sich zur Seite und sah, dass sie bereits mehrere Meter unter der Rampe war und vollkommen kontrolliert in die Schlucht hinunterschwebte. Er warf ihrem Vater einen raschen Blick zu und stellte fest, dass Khai in ihre Richtung gestikulierte.
Offensichtlich setzte er die Macht ein, um sie nach unten zu lassen. Das überraschte Ben mehr, als es das hätte tun sollen. Er befand sich inzwischen lange genug in Gesellschaft dieser Sith, um zu wissen, dass sie die Macht mit derselben Selbstverständlichkeit einsetzten wie andere Wesen Komlinks und Holoprojektoren.
Ben schaute zu seinem eigenen Vater hinüber und zog eine Augenbraue hoch. Luke rollte angesichts einer derart sorglosen Überbeanspruchung der Macht mit den Augen, nickte aber und neigte den Kopf in Richtung Schlucht. Vestara war ebenso sehr eine Sith wie ihr Vater und Taalon, und es wäre nicht gut, wenn sie dort unten allein nach dem Teich des Wissens suchte – nicht einmal für einige Sekunden. Ben machte zwei schnelle Schritte auf Schiff zu, ehe er von der Rampe sprang und spürte, wie sich sein Magen hob, als er in den Abgrund stürzte.
Vestara war bereits unten im Dschungel verschwunden, und Ben fiel so schnell und so lange in die Tiefe, dass er sich zu sorgen begann, geradewegs von oben auf sie zu krachen. Dann drehte sich ihm beinahe der Magen um, als der Machtgriff seines Vaters fester wurde und er abrupt abbremste, während er unter sich ein Koberrankengewirr heransausen sah. Er riss das Lichtschwert vom Gürtel und nutzte die Macht, um sich in die gegenüberliegende Richtung zu stemmen.
Trotzdem schlugen mehrere der Ranken nach ihm, doch es bereitete Ben keine großen Probleme, die Pflanzen auszuschalten, indem er die Fangschoten wegschnitt, bevor sie ihn erwischten.
Sobald Ben sich unterhalb des Dschungel-Blätterdachs befand, verspürte er ein warnendes Kribbeln, das sein Vater ihm schickte, und reagierte darauf, indem er Zuversicht und Beruhigung in die Macht strömen ließ. Einen Moment später war er frei und fiel die letzten zwanzig Meter zu Boden, während er die Macht einsetzte, um seinen Sturz abzufangen.
Er landete in einem Gewirr schulterhoher Farne, deren mit Widerhaken versehene Wedel von klebriger Verdauungssäure überzogen waren. Rasch griff er auf Telekinese zurück, um sie beiseitezustoßen, ehe er sich am Ufer des vermeintlichen Rinnsals zu Vestara gesellte.
Dieser Bach war größer, als er von oben ausgesehen hatte, nahezu vier Meter breit und annähernd halb so tief. Das Wasser war eher bernsteinfarben als braun und klarer, als Ben gedacht hätte. Er konnte einen guten Meter unter die Oberfläche schauen. Vestara starrte mit dem Lichtschwert in der Hand in den Strom, und ihre Knie waren zum Sprung bereit. Doch die angespannten Schultern verrieten ihm, dass sie es ebenso sehr hasste, an diesem Ort zu sein, wie er, dass ihre Erinnerungen an Abeloth ihr sogar noch mehr Angst einjagten, als die halb vergessenen Schrecken, die ihn während seiner Zeit in der Zuflucht gequält hatten.
Ben blieb neben ihr stehen und blickte ins Wasser hinab. Er konnte eine Handvoll schleifenartiger Algen ausmachen, die sich gegen die Strömung krümmten, sich in ihre Richtung streckten.
»Ich hasse diesen Planeten wirklich«, sagte er. »Ich habe keine Ahnung, wie du es überlebt hast, hier all diese Wochen gestrandet zu sein.«
»So schwierig war das gar nicht, solange wir mit Abeloth zusammen waren.« Während sie sprach, wandte Vestara die Augen nicht vom Wasser ab. »Das Schwierigste war zu wissen, was sie war – zumindest, soweit das möglich ist – und sich dazu durchzuringen, trotzdem in ihrer Nähe zu bleiben.«
Ben dachte an seine eigenen frühen Kontakte zu Abeloth zurück und erschauderte. Schon zuvor war es stets ihre Gier gewesen, die ihm Angst gemacht hatte, der Drang, andere Wesen näher zu sich heranzuziehen und sie in dem alles verschlingenden Glutofen ihrer eigenen dunklen Energie zu ersticken. Doch jetzt, wo sie getötet worden war – oder verwundet oder wieder in ihre wahre Existenzform zurückgezwungen, oder was immer ihr widerfahren war –, hatte er das ungute Gefühl, dass sie sie einfach bloß tot sehen wollte.
Irgendwo weit entfernt in den Bergen ertönte ein tiefes Grollen. Dann sah Ben, wie sich das Wasser stromaufwärts kräuselte, und spürte, wie sich die weiche Dschungelerde unter seinen Füßen langsam setzte.
»Tja, nun, ich schätze, was das betrifft, wird Abeloth uns diesmal keine große Wahl lassen«, meinte Ben. Er wies ruckartig mit einem Daumen über die Schulter, in Richtung einer Schluchtwand, die irgendwie im Dschungel hinter ihm verborgen lag. »Was hältst du davon, wenn wir dort hinten mit der Suche beginnen?«
Vestara schüttelte den Kopf, ehe sie schließlich das Kinn hob und den Blick über den Bach schweifen ließ. »Da drüben haben wir mehr Glück.« Sie wies auf die andere Seite. »Kannst du das nicht riechen?«
Ben nahm einen tiefen Zug Dschungelluft und roch nichts als verrottende Vegetation. » Was riechen?«
»Die Brise.« Vestara setzte mit einem Machtsprung über den Bach hinweg und begann zu schnüffeln. »Sie ist kühl und riecht wie eine Höhle.«
»So einfach kann das Ganze nicht sein.«
Vestara warf einen Blick über die Schulter. »Heißt das, du kommst nicht mit, Jedi?«
Ben errötete. »Ich komme mit.« Er sammelte seine Machtkräfte und sprang über den Bach, um neben ihr auf dem anderen Ufer zu landen. »Irgendjemand muss dich ja aus Schwierigkeiten raushalten.«
Anstatt darauf mit einer Retourkutsche zu antworten, überraschte Vestara Ben damit, dass sie sich umdrehte, um ihn zu mustern. Sie zog die Brauen nach unten und schaute ihm einen Moment lang in die Augen, fast, als würde sie ihn herausfordern, sie herauszufordern, ehe sie schließlich die Schultern zuckte und enttäuscht den Kopf schüttelte. »Genau das ist der Grund, warum ihr Jedi diese Galaxis an uns verlieren werdet«, erklärte sie ihm. »Ihr habt Angst vor Schwierigkeiten.«
Damit wirbelte sie herum und marschierte durch den Dschungel, während sie die Macht und ihr Lichtschwert einsetzte, um den Pfad frei zu machen. Ben folgte ihr dicht auf dem Fuße – wenn auch nicht zu dicht, für den Fall, dass sie mit dem Schwung nach hinten zu unvorsichtig war.
Natürlich wollte er darauf irgendetwas Schlagfertiges erwidern, doch er wusste genug über die Wege der Sith, als in diese Falle zu tappen. Gefühle waren eine gefährliche, unberechenbare Sache, und vermutlich glaubte Vestara, dass sie vielleicht eine Chance hatte, ihn rüber auf die Dunkle Seite zu ziehen, wenn sie ihn dazu verleiten konnte, die Kontrolle zu verlieren. Und Ben wusste, dass sie eines Tages neben ihm ins Licht treten würde, wenn sie dabei versagte, wenn er ihr zeigen konnte, wie stark seine Seite der Macht tatsächlich war. Alles, was er dazu brauchte, war Geduld.
Als sie sich der Wand der Schlucht weiter näherten, fing Ben an, die Brise zu spüren, die Vestara erwähnt hatte. Die Luft war klamm und kühl, und sie hatte recht. Er konnte definitiv einen Hauch von Fels und Moder schmecken, und auch noch etwas Beißenderes – vielleicht Schwefel.
Nach ein paar Schritten stieg der Boden steil an, und sie erhaschten erste flüchtige Blicke auf einen verknäuelten Moosvorhang, der im Dschungel vorausflatterte.
Ben riskierte es, nah genug an Vestara heranzugehen, um sie an der Schulter zu packen. »In Ordnung, dann war es also wirklich so einfach. Aber warte mal einen Moment.«
»Weshalb?« Vestara schlug weiter Pflanzen beiseite, steigerte ihr Tempo und rückte ein halbes Dutzend Schritte näher an den Moosvorhang heran. »Komm schon, Jedi! Zeig ein bisschen Initiative!«
»Man nennt ihn den Teich des Wissens, Vestara.« Ben wusste, dass er nicht zulassen konnte, dass sie in den Teich stieg, bevor sein Vater eintraf, ganz gleich, was passierte – weil diese Erfahrung sie in etwas verwandeln würde, das er unmöglich ins Licht ziehen konnte, selbst wenn sie überlebte. »Hört sich das für dich wirklich nach etwas an, woran wir herumpfuschen sollten?«
»Sicher.«
Vestara nutzte die Macht, um den letzten Meter Vegetation beiseitezuschleudern, und blieb dann abrupt stehen. Sie konnten die Grotte weniger als zwei Schritte vor sich ausmachen, eine in den Schatten wogende rechteckige Form, die durch das gelbe Moos, das die Schluchtwand herabhing, bloß halb sichtbar war. Das Portal, das ungefähr so hoch wie ein Wookiee war und breit genug, um einen Luftgleiter passieren zu lassen, wirkte mehr wie der Eingang zu einem unterirdischen Hangar als zu einer Höhle – besonders, als Vestara den Moosvorhang beiseiteschlug, um einen Türsturz und Stützsäulen zu enthüllen, in die dieselben schlangenartigen Grotesken eingemeißelt waren, wie sie sie beim Quell der Kraft gefunden hatten.
Vestara lächelte. »Wissen ist gut für uns, richtig?«
»Nicht immer.« Ben, der noch immer sein eigenes Lichtschwert umklammert hielt, trat auf sie zu – und auf den Grotteneingang. »Es gibt auch Wissen, das zerstört.«
»Sei nicht albern. Wissen ist bloß … Erinnerungen und Gedanken.« Trotz ihres Draufgängertums blieb Vestara am Eingang stehen, um zurück zu Ben zu schauen – und auf das ausgeschaltete Lichtschwert in seiner Hand. »Wie könnte es irgendetwas zerstören?«
Ben blieb, wo er war. »War deine Mutter deinem Vater gegenüber immer treu?«
Vestara sah ihn stirnrunzelnd an. »Was geht dich das an?«
»Tut es nicht«, gab Ben zu. »Aber was, wenn du wüsstest, dass sie es nicht war? Wärst du nicht dazu verpflichtet, es deinem Vater zu erzählen?«
»Natürlich«, erwiderte sie. »Er ist ein Sith-Schwert, und sie ist … nun, sie nicht.«
»Und was würde dann passieren?«
Vestaras Augen wurden hart und gaben damit mehr über die Keshiri-Gesellschaft preis, als ihr vermutlich bewusst war. »Ich sehe nicht, worauf du mit deinen Fragen hinauswillst«, sagte sie.
»Meine Mutter würde meinem Vater niemals untreu sein.«
»Natürlich nicht. Aber wenn du wüsstest, dass sie es doch war, wäre es deine Pflicht, es deinem Vater zu sagen.« Ben hielt inne und fügte dann hinzu: »Und das ist Wissen, das zerstört.
Bloß ein Beispiel. Bist du sicher, dass du noch mehr hören willst? Bist du sicher, dass du dafür bereit bist?«
Vestara warf einen raschen Blick zum Grotteneingang hinüber, und ihre Miene wurde eher nachdenklich denn besorgt. »Dazu ist der Teich des Wissens imstande? Wie?«
Natürlich sah Ben seinen Fehler schlagartig ein. Für die Sith gab es kein verbotenes Wissen, kein Geheimnis, das besser ungelüftet blieb. Für sie waren das alles bloß Informationen, die sie sammelten und in ihrem Bestreben, die Galaxis zu beherrschen, zu ihrem Vorteil nutzten – was bedeutete, dass ihnen niemals gestattet werden durfte, in den Teich des Wissens zu steigen. Ben und Luke mussten sie aufhalten.
Und Schiff hatte das gewusst, als es die Skywalkers und die Sith zusammen hierhergebracht hatte. Schiff wollte, dass sie gegeneinander kämpften.
»Vestara«, sagte Ben. »Du musst mir bei dieser Sache wirklich vertrauen, aber wir müssen hier weg und uns überlegen, was wir jetzt tun sollen.«
Vestara blickte kaum hinter sich. »Netter Versuch, aber der einzige Ort, wo ich hingehe, ist da rein.« Sie schwang ihr Lichtschwert in Richtung des Grotteneingangs. »Mit dir oder ohne dich.«
»Warte!« Ben streckte eine Hand aus. » Denk doch mal nach! Warum hat Schiff meinen Vater und mich hierher mitgenommen?«
»Um uns dabei zu helfen, den Teich des Wissens zu finden, natürlich.«
Ben deutete zum Höhleneingang. »Sieht das aus, als hättet ihr unsere Hilfe gebraucht?«
»Dann hatte ich eben Glück«, meinte Vestara. »So was kommt vor.«
Ben schüttelte den Kopf. »Das glaubst du doch selbst nicht. Schiff hat uns direkt über dem Teich des Wissens abgesetzt. Es wollte sichergehen, dass wir die Grotte rasch finden, damit wir dann alle noch relativ dicht beisammen sind.«
Ein Anflug von Begreifen trat in Vestaras Augen. »Der Hinterhalt, vor dem mein Vater gewarnt hat?«
»In gewisser Weise«, sagte Ben. » Schiff versucht, uns dazu zu bringen, wieder gegeneinander zu kämpfen – deine Seite und unsere, meine ich.«
Als Ben nichts mehr hinzufügte, legte Vestara ein wenig den Kopf schief und wollte wissen:
»Was enthaltet ihr uns vor, Ben?«
»Jede Menge«, antwortete Ben. »Und das wird sich auch nicht ändern. Aber vertrau mir, es wäre besser für alle, wenn du einfach vergessen würdest, dass wir diesen Ort je gefunden haben.«
Die Erwiderung darauf ertönte hinter Ben, auf halbem Wege zum Bach und mit einer tiefen, seidigen Stimme, deren gelassene Bedrohlichkeit ihn frösteln ließ. »Dafür ist es zu spät, Ben.«
Ben sprang das Herz bis in den Hals. Sein Daumen fiel auf den Aktivierungsschalter seines Lichtschwerts, und er wirbelte beiseite, sodass er den Bach und die Grotte sehen konnte. Taalon führte Luke und Khai den Pfad hinauf auf sie zu, doch seine lavendelfarbenen Augen waren nicht auf Ben gerichtet, sondern auf das dunkle Portal, das Vestara bloß wenige Minuten zuvor freigelegt hatte. Die gekrümmten Bänder von Pollen und Sporen, die die Gewänder aller drei Männer zierten, wiesen darauf hin, dass sie in aller Eile hierhergekommen waren – genau wie die Schweißperlen, die ihnen in der feuchten Dschungelluft an der Stirn klebten.
Ben warf Vestara einen Blick zu. »Du hast sie hergerufen?«
Vestara zuckte die Schultern. »Sobald mir klar wurde, dass wir den Eingang gefunden haben«, bestätigte sie. »Das ist der Unterschied zwischen jungen Sith und jungen Jedi, Ben. Uns bringt man bei, Befehle zu befolgen.«
Ben nickte. »Ja, das sehe ich.« Er trat beiseite und ließ Taalon durch. »Aber wann bringt man euch bei zu denken?«
Taalon antwortete für sie. »Nachdem wir sie gelehrt haben zu gehorchen, junger Skywalker.
Ein spitzer Pfeil ist wertlos, wenn er nicht gerade fliegt.« Er ging zum Schlund der Grotte und spähte hinein. »Lasst uns reingehen und sehen, was ihr zu verbergen hofftet.«
»Ihr geht vor«, sagte Ben. »Ich habe ein Problem mit Knotenpunkten der Dunklen Seite.«
Taalon drehte sich zu Ben um. »Habe ich irgendetwas gesagt, das dich annehmen ließ, das wäre eine Bitte?«
»Ist schon in Ordnung, Ben«, sagte Luke. Er suchte Blickkontakt zu Ben, ehe er seine Augen in Richtung Grotte schweifen ließ und knapp nickte. »Ich denke, wir alle wollen sehen, was der Teich offenbart.«
Ben zögerte absichtlich einen Moment, bemüht, den Eindruck des widerspenstigen Jugendlichen aufrechtzuerhalten, den er bei den Sith aufgebaut hatte. Sein Vater hatte offensichtlich einen Plan, zu dem gehörte, an einem engen, dunklen Ort zahlenmäßig unterlegen zu sein. In der Hoffnung, dass bei Lukes Vorhaben nicht auch ein Thermaldetonator eine Rolle spielte, seufzte er laut und schloss sich den anderen an.
»Oh, nein … nach dir!« Taalon drehte sich beiseite und winkte Ben zum Höhleneingang.
»Ich bestehe darauf.«
Ben blickte finster drein, und als er von seinem Vater ein einwilligendes Nicken erntete, sagte er: »Danke für die Blumen. Falls ich irgendwelche Fallen wittere, könnt ihr sicher sein, dass ich sie euch überlasse.«
»Das kannst du gern tun, junger Skywalker«, entgegnete Taalon. »Was mich betrifft, so ziehe ich es vor, den Fallen zu entgehen, die du nicht wittern kannst.«
Diese Worte schickten einen Schauder Bens Rücken hinab, doch er trat in den Grotteneingang und spürte in der klammen Dunkelheit keine Gefahr. Weiter vorn ertönte das Geräusch tropfenden Wassers, alle zwei Sekunden ein einzelnes Pitsch. In der Kammer schienen sich keine lebenden Präsenzen zu befinden, bloß ein Miasma von Schwefeldämpfen, so dicht und widerlich, dass bereits ein Hauch genügte, dass Ben sich körperlich krank fühlte.
Einen Moment später sagte Luke: »Nur zu, Sohn. Die einzigen Fallen da drin sind die, die wir selbst stellen.«
»Und das sind stets die schlimmsten«, ergänzte Taalon. »Stimmt das nicht, Meister Skywalker?«
»Für die Schwachen mit Sicherheit«, meinte Luke. »Aber Ben wird trotzdem nichts passieren.«
Ben, der einen Wink erkannte, wenn er ihn hörte, trat vor und stellte fest, dass es in der Grotte nicht so dunkel war, wie es von außen den Anschein hatte. Von einem kleinen Teich in der Mitte ging ein kalter, transparenter Lichtschein aus, der die Kammer mit einem silbrigen Glanz erfüllte und zeigte, dass die Wände der Höhle mit einem Netzwerk winziger Spalten bedeckt waren.
Aus den meisten dieser Spalten kräuselten sich kleine gelbe Fahnen beißender Dämpfe – die Quelle des Schwefelgestanks, den Ben zuvor bemerkt hatte.
Er trat an den Rand des Teiches und sah, dass er sich nicht in einer flachen, natürlichen Mulde befand, wie er angenommen hatte, sondern in einem künstlich angelegten Becken mit tiefen, steilen Seiten. Die Ränder waren mit denselben grotesken Mustern verziert, die in die Säulen und den Türsturz am Eingang der Grotte gemeißelt waren.
Auf der Oberfläche des Teiches spiegelte sich jemand, den er kaum wiedererkannte, ein Mann, der Bens eigenes kräftiges Kinn und dasselbe gewellte, rotbraune Haar besaß. Doch er sah zwanzig Jahre älter aus, mit weisen blauen Augen und einem lächelnden Antlitz, in das sich tiefe Lachfältchen gegraben hatten. Die Gestalt trug ein schlichtes braunes Jedi-Gewand über einer dunklen Kampfrüstung, und er hielt ein Lichtschwert mit einem Griff, der etwas länger und schmaler war als gewöhnlich, ähnlich denen der Sith.
In der Annahme, dass er ein Abbild seiner selbst in einigen Jahrzehnten vor sich hatte, keuchte Ben und wich zurück – ehe er spürte, wie Vestara vortrat, um sich neben ihn zu stellen.
»Es scheint, als würde die Zeit es gut mit dir meinen.«
Während sie sprach, erschien Vestaras Bild im Teich, nicht neben Ben, wo sie eigentlich stand, sondern ein kleines Stück entfernt, von wo sie ihn ansah. Genau wie Ben sah sie älter und attraktiver aus, mit hohen Wangenknochen und ovalen Augen, die sogar noch größer zu sein schienen als jetzt. Doch in ihrer Miene lag auch eine gewisse Einsamkeit, die sie abgebrühter und traurig wirken ließ, besonders, als sie lächelte und eine Hand zu ihm ausstreckte.
Vestara trat näher, drückte ihre Schulter gegen Bens und fuhr dann fort: »Und es scheint, als wären wir einander nicht fremd.« Sie wandte sich zur Seite, um ihn direkt anzusehen. »Ich frage mich, wie wir herausfinden können, ob das eine gute Sache ist … oder eine schlechte?«
»Gar nicht«, sagte Luke, der hinter ihnen die Grotte betrat. »Wir sind hier, um in Erfahrung zu bringen, wohin Abeloth verschwunden ist. Nichts weiter.«
Taalon folgte Luke auf dem Fuße und sagte etwas darüber, dass man jede Möglichkeit, die sich einem böte, zur Gänze ausschöpfen solle, doch Ben bekam den genauen Wortlaut nicht mit.
Seine Aufmerksamkeit war auf den Teich fixiert, wo sich Vestaras Spiegelbild vor seinen Augen veränderte und in etwas Groteskes und Fremdartiges verwandelte – in etwas, das nur vage menschlich und kaum noch weiblich war, mit langem, kaskadenhaftem gelben Haar, das ihr fast bis zu den Füßen reichte. Ihre Augen waren eingesunken und dunkel wie zwei tiefe Brunnen, und sie hatte einen großen Mund mit vollen Lippen, der so breit war, dass er von einem Ohr zum anderen reichte. Sie schien an einem sandigen Ufer entlangzurennen – oder vielmehr: sich zu winden –, irgendwo neben einem blutroten Fluss …
»Unsere Schiffe!« Ben wirbelte zum Grottenausgang herum und sah sich einer Mauer berobter Brustkörbe gegenüber. » Darum hat Schiff uns hierhergebracht – damit es Zeit hat, eins unserer Vehikel zu stehlen und zu fliehen!«
Ben schickte sich an, um die anderen herumzulaufen, doch Gavar Khai trat rasch vor, um ihm den Weg zu versperren. »Erkläre dich!«
»Abeloth!«, sagte Ben und stieß einen Arm zurück in Richtung Teich. »Ich habe sie gesehen. Sie war am Ufer, wo wir die Schatten und die Emiax zurückgelassen haben – und sie ist gerannt.«
»Auf die Schiffe zu?«, wollte Taalon wissen. »Hast du das gesehen?«
Ben nickte. »Nicht die Schiffe, aber es war dasselbe Ufer.« Er setzte sich wieder gen Ausgang in Bewegung. »Es wird einen halben Tag dauern, um dorthin zurückzukehren. Wir müssen uns beeilen.«
»Nicht, bevor wir uns dessen sicher sein können.« Khai nutzte die Macht, um Ben zurück zum Teich zu stoßen, und sah dann seine Tochter an. »Vestara?«
»Ich habe, äh, in dem Moment gerade nicht hingeschaut.« Die Tonlage ihrer Stimme signalisierte Überraschung. »Aber ich denke, er hat recht. Wir sollten sofort zurückgehen.«
Verwirrt von der Dringlichkeit in ihren Worten, wirbelte Ben herum und sah, wie sie sich mit einem Ruck vom Teich abwandte. Ihre Blicke trafen sich, und in ihren Augen blitzte Besorgnis auf, ehe sie rasch beiseitehuschte. Im Wasser hinter ihr spiegelte sich eine von einer Mauer umgebene Stadt mit filigranen Glastürmen und lebenden Bäumen, die zu Skulpturen von bemerkenswerter Komplexität verdreht waren. Auf drei Seiten war die Stadt von hohen, steilen, von einem jadegrünen Wald bedeckten Bergen umringt. Auf der vierten Seite erstreckte sich eine Ebene aus grünem Farmland bis zu einem türkisfarbenen Meer hinab, wo der lavendelfarbene Sandstrand einem endlosen Ansturm schaumgekrönter Wellen trotzte.
Kesh.
Selbst, wenn Vestaras Reaktion auf das, was der Teich ihm zeigte, ihm nicht bereits verraten hätte, was er hier vor sich sah, hätte ihm spätestens der wütende Ausbruch ihres Vaters klargemacht, dass es sich um die mysteriöse Heimatwelt der Sith handelte.
»Jedi-Verrat!« Khai streckte eine Hand aus und setzte einen Stoß Machtenergie ein, um das Bild auseinanderspritzen zu lassen. Dann drehte er sich um und starrte Ben mit finsterer Miene an.
»Ich hätte dich schon vor Tagen töten aaah …«
Khais Drohung endete abrupt, als er quer über den Teich segelte. Er krachte gegen die Rückwand der Grotte und blieb dort hängen, von der unsichtbaren Hand der Macht an Ort und Stelle festgenagelt.
»Vor Tagen, Gavar, hättet Ihr vielleicht die Chance dazu gehabt«, sagte Luke, der zum Teich vortrat. »Doch jetzt, wo das Kräfteverhältnis ausgeglichener ist, tätet Ihr gut daran, davon abzusehen, meinem Sohn zu drohen.« Er schaute zu Ben hinüber und schenkte ihm ein rasches Lächeln, ehe er hinzufügte: »Es könnte ja sein, dass er Euch beim nächsten Mal ernst nimmt.«
Noch während Ben sich fragte, ob dies vielleicht die Methode seines Vaters war, einen Kampf vom Zaun zu brechen, der kommen musste, wirbelte er herum, um ihre Flanke zu sichern.
Doch die beiden anderen Sith schienen weniger an der gegenwärtigen Eskalation der Situation interessiert als an der wogenden Oberfläche des Teichs. Taalon kniete am Rande des Wassers und starrte finster auf die gebrochene Reflektion von etwas hinunter, bei dem es sich um einen großen weißen Thron handeln konnte. Vestara stand neben der Schulter des Hochlords, anscheinend, ohne die Zwickmühle zu bemerken, in der ihr Vater steckte. Vielleicht machte sie sich deswegen auch einfach nur keine Sorgen.
Taalon fuhr mit einer Hand über den Teich, nutzte die Macht, um das glitzernde Wasser zu beruhigen, und Bens Herz stieg ihm bis in den Hals. Auf dem Thron saß eine schlanke rothaarige Frau, die eine schlichte Audorium-Krone trug. Sie hatte große Ähnlichkeit mit Tenel Ka, abgesehen davon, dass sie zwei Arme und eine kleine Stupsnase hatte, die eindeutig der Solo-Ahnenlinie entstammte. Vom Gürtel ihres Kleids hing ein langes, geschwungenes Lichtschwert mit einer Rancorklaue am Griff, und um sie herum standen ein Dutzend Jedi-Ritter mit gezückten und aktivierten Waffen Spalier, die ein Dutzend verschiedener Spezies repräsentierten. Einer dieser Jedi, der Mensch, hatte dasselbe kantige Kinn und dasselbe gewellte rote Haar, das Ben bloß wenige Minuten zuvor bei seinem eigenen Spiegelbild gesehen hatte.
Taalon drehte sich um und starrte Ben finster an. »Wer ist sie?«
Ben zuckte die Schultern und versuchte, sich zu sammeln und seine Machtaura zu beruhigen, bevor er antwortete. Sofort trat ein dunkler Zorn in Taalons Augen, und Ben wurde bewusst, dass der Hochlord bereits wusste, dass er zu lügen beabsichtigte.
»Ähm, Dad?«
Hinter ihm erwachte ein Lichtschwert zum Leben, und Ben wurde klar, dass keine weitere Erklärung erforderlich war. Im Wissen, dass er bloß eine einzige Chance haben würde, um Taalon aufzuhalten, bevor Taalon ihn aufhielt, riss er seine eigene Waffe vom Gürtel. Er trat vor, ließ den Griff für einen Überhandschlag durch seine Finger rollen und drehte sich nach links, um Vestara zu zwingen, aus seinem Angriffsfeld zu verschwinden.
Doch Vestara reagierte auf das Geräusch des eingeschalteten Lichtschwerts nicht so wie erwartet. Stattdessen klaffte einfach ihr Mund auf, und ihre grünen Augen richteten sich voller Verwirrung und Unglaube auf die summende Klinge. Ben riss seine freie Hand herum, um ihren Waffenarm gegen ihre Flanke zu drücken, und stieß sie beiseite, als sie sich zu wehren versuchte.
Gleichwohl, ein Gegenangriff blieb aus. Vestaras Miene spiegelte bloß Enttäuschung wider, und ihr Blick glitt davon. Eine kalte Last senkte sich auf Bens Schultern, als ihm klar wurde, was sie dachte, nämlich, dass ihre Liebelei ihm nichts bedeutet und er die ganze Zeit über vorgehabt hatte, sie zu töten. Ben hielt abrupt inne und wirbelte herum, um ihr zu folgen, als es ihm nicht möglich war, an ihr vorbeizuschlagen, um Taalon zu erwischen.
Ein lautes Platschen hallte durch die Höhle, und Ben wusste, dass er zu langsam gewesen war. Er fuhr mit dem Lichtschwert in beiden Händen herum, eine halbhohe Deckung zwischen sich und Vestara. Sie hatte schließlich ihre eigene Waffe zur Hand genommen und stand da, bereit, sich zu verteidigen, doch noch immer wirkte sie eher verwirrt als kampfbereit. Ben war sich vage bewusst, dass sein Vater ein paar Meter neben ihr mit einem Satz auf die andere Seite der Höhle zusprang, während das feine Tschirr von Gavar Khais Shikkar erklang, das hinter ihm auf den Steinboden fiel.
Vestara spannte sich an, um zu springen, jetzt nicht mehr verwirrt. Ben hastete vor und schwang sein Lichtschwert nach ihrem vorderen Knie. Sie aktivierte die eigene Klinge und ließ sie nach unten schnellen, um den Angriff abzublocken. Dann verhärtete sich ihr Blick, und ihr Parang stieg aus seiner Scheide.
Ben riss die Hüfte bereits herum, um ihrer angeschlagenen Schulter einen heftigen Tritt zu verpassen. »Geh mir aus dem Weg!«
Der Tritt traf sie am Oberarm und trieb ihre verwundete Schulter hoch zum Kopf. Ein lautes Popp ertönte, und Vestara taumelte beiseite; ein Arm hing schlaff herab. Ben trat an den Rand des Teiches und sah unter der Oberfläche, wie Taalons dunkel gewandete Gestalt unter Wasser zur anderen Seite des Teichs schwamm. Ben watete ihm nach und sammelte sich, um selbst zu tauchen.
»Ben, nein!« Sein Vater stieß ihn mit einem Machtstoß zurück. »Nimm …«
Der Befehl wurde von einem ohrenbetäubenden Knistern übertönt, und mit einem Mal
erfüllte das blendende blaue Flackern von Machtblitzen die Grotte. Mit der freien Hand zog Ben seinen Blaster und verfolgte die tanzenden Energiegabeln zu ihrer Quelle auf der anderen Seite des Teichs, wo Gavar Khai auf dem Steinboden kauerte und Luke mit Blitzen beharkte.
Ben zog ein halbes Dutzend Mal den Abzug des Blasters und sah, wie Khai gegen die Höhlenwand donnerte. Rauch stieg von seinem Gewand und der Rüstung auf. Er spürte Gefahr, drehte sich zur Seite und sah Vestara auf sich zufliegen. Ihre Klinge wob Teppiche aus blutrotem Licht, als sie damit ein Angriffsmuster durchlief.
Ben richtete den Blaster auf sie und musste dann seine eigene Klinge einschalten, um die Schüsse abzuwehren, die sie in Richtung seines Kopfes zurückschickte. Einen halben Herzschlag später trafen sie aufeinander, und die Wucht von Vestaras Attacke genügte trotz ihrer Verletzung und der kleineren Statur, um seine Deckung zu durchbrechen.
Er stürzte flach auf den Rücken, zielte mit dem Blaster dann hinter ihrer Deckung nach oben und feuerte rasch drei Schüsse ab. Sie riss das Kinn zurück, und das war alles an Raum, was Ben brauchte, um aufzuspringen und ihr einen von der Macht verstärkten Ellbogenhieb in den Solarplexus zu verpassen.
Vestara flog nach hinten … und krachte gegen Taalons Flanke, just, als er aus dem Wasser gesprungen kam. Die beiden segelten sich überschlagend zur Seite, und der Hochlord erfüllte die Luft mit Flüchen, bis sie gegen eine Wand krachten. Taalon stemmte sich auf die Knie, dann sah Ben eine Faust in die Höhe sausen und herniederfahren, und Vestara stöhnte vor Schmerzen.
Sogleich war Luke bei den beiden, und sein Lichtschwert brummte und schlug Funken, als er auf Taalons Verteidigung einschlug. Entschlossen, den Hochlord zu erledigen, solange sie im Vorteil waren, eilte Ben hinüber, um seinem Vater beizustehen.
Auf der anderen Seite des Teichs rappelte sich Gavar Khais dunkle Gestalt auf und humpelte auf den Kampf zu. Einen Moment lang fragte sich Ben, ob er wohl gesehen hatte, wie Taalon Vestara geschlagen hatte – und ob der Zorn eines Vaters womöglich genügte, damit ein Sith gegen seinen Herrn aufbegehrte.
Dann schwebte Khais Parang aus seiner Scheide und sauste über den Teich rotierend auf Ben zu. Er riss sein Lichtschwert herum, um zu blocken … und schaffte es bloß, die gläserne Waffe in zwei Hälften zu teilen. Der Griff trudelte davon und zersprang an einer Wand. Doch Khai kontrollierte die Klinge immer noch mit der Macht und sorgte dafür, dass sie herumschwang und von Neuem auf Ben zuschoss. Er versuchte, sich wegzudrehen, und spürte, wie die abgebrochene Glasscherbe zwischen seine Rippen drang. Die Seite explodierte in feurigem Schmerz, und sein Atem verließ ihn mit einem gequälten Keuchen.
Ihm war bewusst, was als Nächstes kommen würde, und so wirbelte Ben herum, um Khai die Stirn zu bieten – und stellte fest, dass sein Lichtschwert durch leere Luft schnitt, als Khai mit einem Satz auf Taalon und seinen Vater zusprang. Ben ließ den Blaster fallen und streckte eine Hand aus, in der Absicht, Khai mit einem Machtstoß gegen die Grottenwand zu donnern. Der Sith konterte seinerseits mit einem Machtstoß und schleuderte Ben nach hinten auf den Grotteneingang zu.
»Dad!« Bens Stimme war ein heiseres Krächzen. »Hinter … dir!«
Eigentlich hätte er es besser wissen müssen, als sich Sorgen zu machen. Als Khai sein Lichtschwert einschaltete, duckte Luke sich bereits und griff nach oben, um einen vorbeisausenden Fußknöchel zu packen. Mit einem schnellen, kreisrunden Ruck ließ er Khai gegen Taalon und Vestara krachen. Dann rollte er seine Klinge herum, ließ sie herniederfahren und sorgte dafür, dass ein Sith-Unterarm über den Grottenboden schlidderte. Ben vermochte nicht zu sagen, wem er gehörte.
In der nächsten Sekunde wurde sein Vater von einem Machtblitz gegen die Grottenwand neben ihm genagelt. Ben aktivierte sein Lichtschwert und rammte die Klinge in die knisternde Energie, um den Energiefluss zu unterbrechen und seinen Vater zu befreien.
»Dad, arrraagh …« Die Frage fand ein gequältes Ende, als das Glas, das in Bens Seite steckte, über seine Rippen schabte. Sorgsam darauf bedacht, den Splitter an der stumpfen Seite zu packen, griff er danach und riss ihn heraus. »Dad, bist du …?«
»Geh!« Ben spürte die Hand seines Vaters auf der Schulter, die ihn kraftvoll in Richtung Ausgang stieß. »Schnell!«
Ben gehorchte unverzüglich. Seine Brust füllte sich mit Feuer, als er zum Ausgang stürmte.
Sein Vater war bloß zwei Schritte hinter ihm, doch sobald sie den Schlund der Grotte hinter sich gelassen hatten, blieb Luke stehen und schaltete das Lichtschwert wieder ein. In der Annahme, dass ihnen die Sith dicht auf den Fersen waren, drehte Ben sich um, um zu kämpfen – und stellte fest, dass sein Vater auf eine der Säulen unter dem gewaltigen Türsturz des Eingangs einhieb.
»Dad, warte …«
»Geh!« Luke hackte einen weiteren Brocken aus der Säule. »Beeil dich!«
Ben machte keine Anstalten zu gehorchen. »Aber … Vestara ist da drin.« Der Akt des Sprechens füllte seine Brust mit Feuer, und er bekam keine Luft, doch er zwang sich, fortzufahren.
»Taalon hat auf sie eingeschlagen …«
»Sie wird’s überleben.« Mit einem Rumpeln wie von einem Überschallknall gab die Säule nach, und ein Ende des Türsturzes krachte nach unten, um den Eingang mit Trümmern und Staub zu füllen. Luke wirbelte herum, durchtrennte die Säule gegenüber mit einem einzigen Hieb, drehte sich dann weiter um und kam auf Ben zu. »Was dich betrifft, bin ich mir da nicht so sicher.«