19. Kapitel
Die strahlenden Sicheln von Almania und seinen drei Monden zeichneten sich hell vor dem dunklen Samt des Weltalls ab, ein Quartett juwelenfarbenen Glanzes, das im diamantfarbenen Schein seiner gewaltigen Sonne der Klasse A4 glänzte. Zwei der Sicheln – die des Planeten selbst und die des Mondes Pydyr – waren mit einem Flickwerk saphirblauer Meere und grünen Festlands gesprenkelt. Eine andere Sichel – die des Industriemondes Drewwa – funkelte von den Lichtern von Tausend Fabrikanlagen, einschließlich derer von Tendrando Arms und Amala Transportbedarf.
Doch es war die vierte Sichel, die des gelben, toten Mondes Auremesh, der Bens Aufmerksamkeit galt.
Das Peilsignal, dem sie seit ihrer Abreise aus dem Schlund gefolgt waren, war von der Navigationsanzeige der Emiax verschwunden. Ben war sich ziemlich sicher, dass sein Vater das Signal nicht deaktiviert hatte, ohne es ihm zu sagen, was bedeutete, dass sich die Jadeschatten derzeit in einer Höhle, einem Bunker oder irgendeinem anderen Bauwerk mit einem Dach befinden musste, das dick genug war, um das Signal zu blockieren. Angesichts des Umstands, dass ihre Beute nach einem Versteck suchen würde, um ihre Wunden zu lecken und wieder an Kraft zu gewinnen, schien ein leerer, verlassener Mond ein guter Kandidat zu sein.
Ben rieb seinen Daumen über das Tastfeld am Steuerknüppel der Emiax. Auf dem Navigationsschirm erschien ein Wegpunkt-Anzeiger, der in Richtung Auremesh wies.
»Nein, wir fliegen nach Pydyr«, sagte Luke hinter dem Kopilotensitz, in dem geräumigen Cockpit zwei Meter von Ben entfernt. »Dort wird sie sich verstecken.«
»Pydyr?«
Das kam von Vestara, die in einem der Passagiersitze im hinteren Teil des Cockpits saß.
Selbst, nachdem sie ihnen dabei geholfen hatte, die Emiax zu stehlen, und vor ihrem Vater und Sarasu Taalon zurück in den Schlund geflohen war, hatte Luke darauf bestanden, dass sie die ganze Zeit über entweder in seiner oder in Bens Nähe blieb. Angesichts der Tatsache, dass sie sich mit den Systemen des Shuttles besser auskannte als die beiden Jedi, war das vermutlich eine kluge Vorsichtsmaßnahme – auch wenn Ben fürchtete, dass ihr das den Eindruck vermitteln würde, dass Jedi genauso paranoid und gefährlich waren wie die Sith.
»Woher wisst Ihr das?«, fragte Vestara. »Besitzt ihr Jedi vielleicht die Gabe, jeden aufzuspüren, dem ihr je begegnet seid?«
Aus dem Augenwinkel heraus sah Ben, wie der Anflug eines Lächelns über Lukes Gesicht huschte, und er wusste, was sein Vater dachte. Nach ihrer ersten Begegnung auf der Schlundloch-Station hatte Luke eine Dathomiri-Blutfährte benutzt, um Vestara durch die halbe Galaxis zu verfolgen. Sie in dem Glauben zu lassen, dass solche Kunststückchen für Jedi ein Leichtes seien, würde ihnen gewiss einen Vorteil im Umgang mit ihr verschaffen. Ben schaute zu seinem Vater hinüber, als würde er um Erlaubnis ersuchen, darauf antworten zu dürfen, und erntete als Reaktion darauf ein knappes Nicken. Er schaute zu Vestara zurück, deren zahlreiche Blutergüsse auch nach einer zweitägigen Heiltrance erst zu einem blassen Lila abgeklungen waren, und runzelte dann die Stirn.
»Erwartest du, dass wir glauben, dass ihr das nicht könnt?«, spöttelte Ben. Seine eigene Verletzung war dank einer Kombination aus Trance, Steristreifen und Bacta-Salbe schon fast vollständig verheilt. »Genau solche Lügen sind es, die es meinem Dad so schwer machen, dir zu vertrauen.«
Vestara ließ den Blick sinken, wenn auch nicht schnell genug, um die Überraschung in ihren Augen zu verbergen. »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich schätze, im Innersten bin ich immer noch eine Sith.«
»Siehst du?«, fragte Luke, der rüberschaute, um Bens Blick zu suchen. »Du kannst sie nicht ändern, mein Sohn.«
Ben zuckte die Schultern. »Zumindest gibt sie es zu.« Er fühlte sich schlecht, weil er so barsch mit ihr gesprochen hatte. Doch sie bohrte nach wie vor nach Informationen über die Jedi, und er war nicht töricht genug anzunehmen, dass ihre Fragen vollkommen harmlos waren. »Das ist doch schon mal ein Anfang.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen in der Kabine, ehe Vestara fragte: »Macht dieses Spielchen euch beiden Spaß?« Ihre Stimme bebte gerade genug, dass Ben ein schuldbewusster Stich durchfuhr. »Denn falls dem so ist, können wir den ganzen Tag so weitermachen. Ich wurde dazu erzogen, stark zu sein.«
Luke musterte sie einen Augenblick und nickte dann. »Und schlau«, sagte er. »So viel muss ich deiner Meisterin lassen. Sie hat dir vielleicht nicht viel beigebracht, was den Umgang mit einem Lichtschwert betrifft, doch sie hat dir fraglos beigebracht, deine Schönheit geschickt einzusetzen.«
Vestaras Machtaura wurde kalt und grob, doch ihre Stimme blieb gelassen. »Habt vielen Dank, Meister Skywalker. Gut zu hören, dass meine Ausbildung wenigstens etwas gebracht hat.«
Der Verschluss ihres Sicherheitsgeschirrs klickte auf. »Und jetzt würde ich mich gern etwas frisch machen, sofern es Euch nichts ausmacht.«
Luke wies mit einem Wedeln der Hand auf die Rückseite des Cockpits. »Nur zu«, sagte er.
»Ben und ich müssen unseren Anflug vorbereiten.«
Die Überraschung, die durch die Macht wogte, ging ebenso sehr von Ben wie von Vestara aus. Sein Vater hatte zwar nicht darauf bestanden, dass sie sie tatsächlich in den Saniraum begleiteten, wenn sie sie aufsuchen mussten, doch er war unnachgiebig gewesen, wenn es darum ging, dass einer von ihnen sie zu dem Abteil begleitete und draußen wartete.
Als sich Vestara von ihrer Überraschung erholt hatte, fragte sie: »Seid Ihr es leid, auf mich aufzupassen?«
Lukes Lächeln war bitter und verkniffen. »Wir haben Wichtigeres zu tun«, meinte er. »Aber falls du dich danebenbenimmst, wird Ben die Prügel dafür einstecken.«
»Ich?«, fragte Ben. Sein Vater würde ihn niemals wirklich schlagen – aber vermutlich wusste Vestara das nicht, und es konnte nicht schaden zu sehen, ob das für sie von Belang war oder nicht. »Warum ich?«
Luke zuckte die Schultern. »Du bist derjenige, der immer wieder sagt, dass wir ihr vertrauen können.«
»Ich sage immer wieder, dass wir ihr eine Chance geben sollten«, korrigierte Ben. »Das ist etwas anderes.«
»Wir geben ihr doch eine Chance«, entgegnete Luke. »Falls du ein Problem damit hast, können wir sie jederzeit aus einer Luftschleuse hinausbefördern.«
Ben ließ seinen Atem entweichen und schaute dann zu Vestara hinter sich. »Kann ich dir trauen?«
Vestara schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Diesmal.« Sie kniff die Knie zusammen und tänzelte auf dem Deck herum. »Und falls du es nicht kannst, werden wir alle es bereuen.«
»Okay, okay«, sagte Ben. »Aber pass auf, dass …«
Vestara war bereits zum Schott hinaus und eilte in die Tageskabine hinter ihnen.
Ben wartete, bis ihre Schritte nicht mehr zu hören waren, und sah dann seinen Vater an.
»Dad, wenn sie wirklich so nötig muss, warum hat sie dann gewartet, bis sie wusste, wo wir hinwollen? Ich denke, sie hat uns was vorgemacht.«
»Und das überrascht dich?«
Ben nickte. »Ja, schon«, gab er zu. »Ich weiß nicht, warum du sie hast gehen lassen.«
»Weil ich Cilghal eine codierte Nachricht schicken muss, und das kann ich nicht, wenn ich gleichzeitig das Schiff fliege.« Er griff in die Tasche seiner Tunika und holte zwei Schaltplatinen hervor. »Und weil … ich außerdem die Luke zum Maschinenraum und die Reserve-Kom-Station lahmgelegt habe.«
Ben lächelte. Diese Vorsichtsmaßnahmen würden Vestara daran hindern, das Schiff zu sabotieren oder ihre Position zu melden. »Ich schätze, darum bist du der Großmeister«, sagte er und schüttelte bewundernd den Kopf. »Aber eins ist mir immer noch nicht klar. Woher weißt du, dass Abeloth nach Pydyr geflogen ist und nicht nach Drewwa oder Auremesh?«
»Ganz einfach.« Luke stand auf und ging zur Rückseite des Cockpits, um die Zugangsluke zu schließen und sie von innen zu verriegeln. »Ich weiß, wonach Abeloth sucht.«
Ohne jede weitere Erklärung nahm er an der Navigationsstation Platz, aktivierte den Subraum-Sendeempfänger und stellte eine Verbindung zum Jedi-Tempel her. Als der Kommunikationsoffizier am anderen Ende den Empfang des Signals bestätigte, begann Luke nur, in einem unregelmäßigen Muster gegen das Mikrofon zu klopfen, das Ben rasch als den Jedi-Morsecode erkannte. Ohne die Verschlüsselungsausrüstung an Bord der Jadeschatten war dies die einzige Möglichkeit, auf sichere Weise mit dem Tempel zu kommunizieren, besonders, da die Gefahr bestand, dass die Emiax automatisch – und heimlich – jede hinausgehende Übertragung kopierte und sie geradewegs nach Kesh schickte.
Und während Ben zuhörte, wurde ihm allmählich klar, wie wichtig es war, dass niemand außer den Jedi die Botschaft verstand. Sein Vater erstattete nicht nur über die jüngsten Ereignisse im Schlund Bericht, sondern bat die Jedi außerdem, so schnell wie möglich Verstärkung nach Pydyr zu schicken. Er war sich ziemlich sicher, dass sich Abeloth dort versteckt hielt, und sobald er und Ben sie aufgespürt und aufgescheucht hatten, würden sie Hilfe brauchen, um sie zu vernichten – eine Menge Hilfe.
Es rüttelte just in dem Moment am Schotthandgriff, als Luke die Nachricht zu Ende brachte, und Vestara rief: »Hey, wer hat mich ausgesperrt?«
»Oh, tut mir leid, Ves.« Ben schaute zu seinem Vater hinüber, der einen Finger hob und mit den Lippen lautlos »eine Sekunde« formte. »Als du hier rausgestürmt bist, musst du versehentlich das Sicherheitsprotokoll ausgelöst haben. Einen Augenblick.«
Luke nickte und blieb auf seinem Platz sitzen, während eine Abfolge von Klopf- und Kratzlauten aus dem Sendeempfänger drang. Ben lauschte mit wachsender Sorge, als sie hörten, was zu Hause auf Coruscant passiert war – dass Mandalorianer eingesetzt worden waren, um den Tempel erst zu stürmen und dann zu belagern; dass sich Daala trotz des Beweises, dass sich alle anderen psychotischen Jedi von ihrer Krankheit erholt hatten, nach wie vor weigerte, Valin und Jysella Horn freizulassen; dass der Rat Großmeister Hamner das Misstrauen ausgesprochen hatte …
»Ben?« Vestara hämmerte gegen die Luke. »Was geht da drin vor?«
»Moment noch«, rief Ben. »Wir sind, ähm, mit unserem Anflug beschäftigt.«
»Mit dem Anflug?« Vestara klang zweifelnd. »Schon?«
Ben antwortete nicht. Die Unterbrechung hatte dazu geführt, dass ihm ein Teil des Codes entgangen war, und er versuchte immer noch dahinterzukommen, was der Mordversuch auf Admiral Bwua’tu mit dem Ärger zwischen Meisterin Sebatyne und Großmeister Hamner zu tun hatte. Einen Moment später war die Nachricht zu Ende. Luke bestätigte mit ein paar raschen Klopflauten den Empfang und drängte den Rat dann, rasch Verstärkung zu schicken, ehe er die Einheit ausschaltete.
Als sich sein Vater dem Schott zuwandte, suchte Ben seinen Blick und sagte lautlos: Was geht zu Hause vor? Luke zuckte bloß die Schultern und schüttelte den Kopf.
Vestara schlug wieder gegen die Luke. »Hört mal, wenn ihr zwei nicht wollt, dass ich in eurer Nähe bin …«
»Sei nicht albern.« Luke entriegelte den Zugang und betätigte das Kontrollfeld an der Wand.
»Wir wollen dich genau hier haben, wo wir dich im Auge behalten können.«
Die Luke öffnete sich zischend. Auf der anderen Seite der Schwelle stand Vestara und machte ein säuerliches Gesicht. Ihre Augen waren argwöhnisch zusammengekniffen, und ihre Machtaura brummte vor Verärgerung.
Anstatt beiseitezutreten, um sie aufs Deck zu lassen, fragte Luke: »Stimmt mit der Sanieinheit irgendwas nicht?«
»Nein, alles bestens.« Vestara runzelte die Stirn. »Warum?«
Lukes Blick fiel auf ihre Ärmel. »Normalerweise riechen deine Hände nach Desinfektionsmittel, wenn du wiederkommst«, entgegnete er. »Diesmal tun sie das nicht.«
Vestara schaute zu Boden und versuchte, Verlegenheit vorzutäuschen, doch sie war nicht schnell genug, um zu verbergen, wie sich ihre Pupillen alarmiert weiteten. Wo auch immer sie hingegangen war, nachdem sie das Cockpit verlassen hatte, war nicht der Saniraum gewesen.
»Das muss ich vergessen haben«, sagte sie und machte auf dem Absatz kehrt. »Danke.«
»Nichts zu danken«, sagte Luke und ging ihr nach. »Diesmal komme ich mit, um aufzupassen, dass du es nicht wieder vergisst. Bis wir zurückkommen, kümmert sich Ben um den Anflug.«
»Sicher, kein Problem«, rief Ben zurück.
Er wusste nicht, ob die Situation ihn amüsieren, verärgern oder traurig machen sollte. Sein Vater hatte Vestara offensichtlich durchschaut, womit die Wahrscheinlichkeit geringer war, dass sie ihnen Probleme bereiten würde. Doch was sein Vater deutlich gemacht hatte – nämlich, dass Vestara sie nach wie vor hinterging –, fühlte sich nicht bloß wie ein Vertrauensbruch an, sondern wie ein Verrat an Ben selbst. Er tat alles, was er konnte, um ihr zu zeigen, dass das Leben nicht so schwierig sein musste – so voller Heimtücke und Verrat. Doch Vestara schien alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um deutlich zu machen, dass sie das überhaupt nicht kümmerte.
Und vielleicht war auch nichts anderes zu erwarten. Ben versuchte, sie davon zu überzeugen, nicht bloß ihren Eltern den Rücken zuzukehren, sondern ihrer gesamten Kultur und sogar dem Planeten, auf dem sie aufgewachsen war. Er konnte sich vorstellen, wie er reagieren würde, wenn jemand versucht hätte, ihn dazu zu bringen, den Jedi den Rücken zuzukehren.
Natürlich griffen die Jedi nicht auf Prügel zurück, um ihre Schüler zu maßregeln.
Die schimmernden Sicheln von Almania und seinen Monden waren im vorderen Sichtfenster so groß geworden, dass sie die gesamte Fläche ausfüllten und auseinanderzudriften begannen. Ben überprüfte seinen Navigationsschirm und war nicht überrascht, über Almania und Drewwa Anflugkontrollkanal-Symbole aufblinken zu sehen. Doch bei Pydyr gab es nichts dergleichen. Das war eine ziemlich primitive Welt, die sich noch immer von den Zerstörungen erholte, die einige Jahrzehnte zuvor von einem Dunklen Jedi namens Kueller angerichtet worden waren, doch zumindest gab es einen Raumhafen. Und das bedeutete, dass es eigentlich ein Anflugkontrollsystem hätte geben müssen.
Hätte Ben statt eines luxuriösen VIP-Shuttles einen StealthX-Jäger geflogen, hätte er womöglich versucht, heimlich zu landen. Doch statt mit Gravitätsregulatoren und Thermalkühlkörpern waren Luxusfähren mit roten Nerfledersitzen und Getränkeautomaten im Cockpit ausgestattet, und das bedeutete, dass Almania und Drewwa den Anflug der Emiax registrieren würden, selbst wenn Pydyr es nicht tat. Ihm blieb nichts anderes übrig als ein Standardanflug, also nahm Ben Kurs auf die Tagseite des Mondes und aktivierte die Kom-Einheit der Raumfähre.
»Pydyr-Flugkontrolle«, übermittelte er. »Hier spricht das Transportshuttle Emiax. Erbitten Anflugvektor. Wiederhole: Hier Transportshuttle Emiax, erbitten Anflugvektor.«
Ben verstummte und wartete auf eine Antwort, während er zusah, wie der Mond von einer Sichel zu einer Halbkugel anschwoll, indes die Emiax immer näher kam. Durch eine dünne Wolkenschicht waren ein halbes Dutzend großer Landmassen auszumachen. Ben rief eine Datei über den Mond auf und stellte fest, dass die einzige bedeutende Bevölkerungskonzentration die Stadt Corocus war, die sich in der Nähe des Äquators auf dem größten Kontinent befand. Er passte seinen Kurs an und schwang um die Tagseite des Mondes herum, bis er eine geografische Formation entdeckte, die mit dem Bild auf seinem Schirm übereinstimmte – eine Landspitze, die in Richtung einer großen Insel wies.
»Pydyr-Flugkontrolle«, funkte er wieder. »Hier spricht das Transportshuttle Emiax im Anflug auf Corocus. Bitte teilen Sie uns die Eintrittsdaten mit.«
Einen Moment später drang eine kratzige Stimme aus dem Cockpitlautsprecher. »Negativ, Emiax.« Selbst an den Normen einer vogelartigen Spezies gemessen, klang die Stimme dünn und näselnd. »Anflug abbrechen … Weichen Sie auf Almania aus! Pydyr steht unter … Quarantäne.«
»Unter Quarantäne?« Ben sank im Pilotensessel zurück und ließ sich die Anweisungen durch den Kopf gehen, ohne sie zu befolgen. Der Pydyrianer klang zweifellos krank, doch über eine Kom-Einheit ließ sich so etwas problemlos fingieren. Dennoch stellte Ben fest, dass er geneigt war, das, was er hörte, für bare Münze zu nehmen. Irgendetwas an der Anstrengung in der Stimme des Pydyrianers und an der Art und Weise, wie er innegehalten hatte, um Atem zu holen, fühlte sich einfach richtig an. »Warum?«
»Zu Ihrer eigenen … Sicherheit«, sagte die Flugkontrolle. »Es handelt sich um eine speziesübergreifende Epidemie … hoch ansteckend. Drehen Sie sofort ab!«
Während der Pydyrianer sprach, kehrten Luke und Vestara ins Cockpit zurück. Anstatt ihren üblichen Platz einzunehmen, kam Vestara nach vorn, um sich auf den Sitz des Navigators fallen zu lassen, zweifellos in der Hoffnung auf eine Gelegenheit, einen genaueren Blick auf die letzten Einstellungen des Subraum-Sendeempfängers werfen zu können. Ben sah, wie der Anflug eines Lächelns über die Lippen seines Vaters huschte, und er wusste, dass sie bloß das in Erfahrung bringen würde, von dem er wollte, dass sie es erfuhr.
»Also, drehen wir ab?«, fragte Ben. Ein Gefühl des Schreckens breitete sich über ihn. Er hatte über einige der Seuchen gelesen, die die Galaxis in der Vergangenheit verheert, ganze Zivilisationen ausgelöscht und Planeten bar jeden empfindungsfähigen Lebens zurückgelassen hatten. Das Letzte, was Ben wollte, war, dafür verantwortlich zu sein, eine weitere Epidemie verbreitet zu haben. »Vielleicht kann uns irgendjemand auf Almania sagen, was los ist.«
Luke schüttelte den Kopf. »Bleib auf Kurs.«
»Ähm, seid Ihr Euch da sicher, Meister Skywalker?«, fragte Vestara. Ihre Machtaura war angespannt von derselben Furcht, die auch Ben empfand, und in ihrer Stimme lag eine Schärfe, die darauf hinwies, dass sie sich nicht kampflos in ihr Schicksal fügen würde, auf einen Seuchenplaneten gebracht zu werden. »Dieser Kerl hört sich ziemlich krank an.«
Luke machte sich nicht die Mühe, etwas darauf zu erwidern, und abermals drang die Stimme des Pydyrianers über die Cockpitlautsprecher. »Shuttle Emiax, nehmen Sie zur Kenntnis, dass unser Raumhafen für jeglichen Verkehr gesperrt ist. Ihnen ist nicht gestattet …«
»Pydyr-Flugkontrolle«, unterbrach Luke. »Nehmen Sie zur Kenntnis, dass hier Großmeister Luke Skywalker vom Jedi-Orden spricht, bei der Verfolgung eines gestohlenen Raumschiffs von großem persönlichen Wert, und wir werden landen und es wiederbeschaffen.«
»Meister Skywalker?« Einen Moment lang klang der Pydyrianer gesund, verfiel dann jedoch rasch wieder auf seine näselnde Stimme. »Ich versichere Euch, dass in der vergangenen Woche … keine Raumyachten auf Pydyr gelandet sind. Ihr würdet Euch und Eure Begleiter bloß zu einem langen und qualvollen Tod verdam…«
Die Worte gingen in einem Hustenanfall unter, und Ben war überzeugter als je zuvor, dass der arme Bursche nur noch Stunden zu leben hatte. Doch als er zu seinem Vater hinüberschaute, sah er keinen Anflug von Besorgnis oder Furcht in Lukes Miene, bloß ein wissendes Grinsen und einen vor Entschlossenheit angespannten Kiefer.
In diesem Moment wurde Ben klar, dass nichts seinen Vater davon abbringen würde, auf dem Seuchenmond zu landen, weder Angst um ihre eigene Sicherheit noch um die der Galaxis, und in seiner Kehle bildete sich ein Kloß. »Wir drehen nicht bei, oder?«, fragte er.
Luke schüttelte den Kopf. »Uns wird nichts passieren. Vertraut mir.«
»Warum sollten wir?« Diese Frage kam von Vestara. »Ich kann in der Macht fühlen, dass dort unten etwas Schreckliches vorgeht. Wie könnt Ihr Euch so sicher sein, dass wir keinen Schaden nehmen werden?«
Zu Bens Überraschung wurde das Lächeln seines Vaters breiter und verschwand auch nicht, als er sich umwandte, um Vestara direkt anzuschauen.
»Zunächst einmal habe ich überhaupt nicht erwähnt, was für eine Art Schiff wir verfolgen.«
Lukes Blick schweifte zurück zu Pydyr. »Und die Flugkontrolle wusste trotzdem, dass es sich um eine Raumyacht handelt.«