24. Kapitel

Das Tor des Einsatzhangars wurde von zwei jungen Jedi-Rittern bewacht, die Kenth Hamner nur vage im Gedächtnis waren: von einem Bothaner und einer Arcona, an deren Namen er sich nicht im Mindesten erinnern konnte. Doch in jedem Fall kannten sie ihn. In dem Augenblick, in dem sie ihn um die Ecke biegen und den grauen Kranetsteinkorridor entlangkommen sahen, weiteten sich ihre Augen, und die Arcona griff sofort nach ihrem Komlink.

»Du da!«, rief Kenth und zeigte auf die Frau. Er setzte die Macht ein, um ihre Hand beiläufig von dem Komlink wegzuschnalzen, als wollte er, dass seine Frage Vorrang hatte, ehe er auf die schwere Panzertür hinter ihnen wies. »Was geht da drinnen vor?«

Das Duo drehte sich um. Beide machten ihre Schultern breit, um ihm den Weg zu versperren, doch zumindest besaßen sie genügend praktische Vernunft, um nicht nach ihren Lichtschwertern zu greifen. Der Bothaner neigte seinen pelzigen Kopf und musterte Kenth einen Moment lang mit zusammengekniffenen Augen, bevor er eine ausladende, nachdrückliche Haltung einnahm.

»Solltet Ihr nicht eigentlich in Eurem Quartier sein, Meister Hamner?«, wollte er wissen.

»Uns wurde gesagt, dass Ihr unter Arrest steht.«

»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wer das zu euch gesagt haben soll. Das ist völliger Blödsinn«, log Kenth, der weiterhin näher kam. Die Wahrheit war, dass die anderen Meister des Rates ihn »gebeten« hatten, in seinem Quartier zu bleiben. Und sie hatten zwei – jetzt bewusstlose – Wachen vor seiner Tür postiert, um dieser »Bitte« Nachdruck zu verleihen. Er blieb ein paar Schritte von dem Duo entfernt stehen und schaute dann über ihre Schultern hinweg in Richtung Hangartor. »Was ist da drin los? Treffen sie Startvorbereitungen?«

Die beiden Wachen senkten nicht zweifelnd den Blick oder sahen einander an, um beim jeweils anderen Unterstützung für eine, wie Kenth wusste, schwierige Entscheidung zu suchen. Sie wichen einfach nicht von der Stelle, sahen ihm in die Augen und antworteten nicht.

»Ich hoffe, euch beiden ist klar, was da drinnen vor sich geht«, sagte Kenth. »Die StealthX-Staffel zu starten, ist ein Akt des Hochverrats.«

Im Gegensatz zu Kenth’ vorangegangener Aussage glaubte er diese von ganzem Herzen.

Das war der Grund dafür, warum er sein Machtbewusstsein in Richtung des Einsatzhangars ausgedehnt hatte, als er bemerkte, wie die Macht im Innern des Tempels vor Dringlichkeit und Aufregung zu vibrieren begann, und verzweifelt war. Eine ähnliche Aura wilder Entschlossenheit hatte er schon zu viele Male an zu vielen Orten gespürt, um nicht zu erkennen, was er da wahrnahm: Krieger, die sich auf die Schlacht vorbereiten.

Und da es sich hier um Jedi handelte, die sich bereit machten, gegen die Galaktische Allianz zu kämpfen, hatte er sich verpflichtet gefühlt, die Initiative zu ergreifen. In seinem Quartier eingesperrt zu bleiben, während Saba den Orden, den er liebte, in die Schlacht gegen eine Regierung führte, der er seine unbedingte Loyalität geschworen hatte, wäre Verrat gewesen – nicht bloß an den Jedi und an der Allianz, sondern an sich selbst.

Als die beiden Jedi-Ritter ihn weiterhin mit finsteren Mienen anstarrten, ohne zu antworten, wurde Kenth klar, dass er seinem Anliegen noch mehr Nachdruck verleihen musste. Er wandte sich an die Arcona. Für ihre Spezies war sie klein, gerade groß genug, dass der Scheitel ihres flachen, breiten Kopfes Kenth bis zum Kinn reichte. Ihre Augen waren klar und grün, ein Hinweis darauf, dass sie der Salzsucht, die die große Schwäche ihrer Spezies war, bislang nicht erlegen war. Vor allem anderen fiel auf, dass ihren lederartigen Gesichtszügen etwas Sanftmütiges anhaftete, was Kenth zu dem Schluss brachte, dass es einfacher sein würde, sie zu einer Unachtsamkeit zu verleiten.

»Ich habe euch eine Frage gestellt, Jedi«, sagte er bestimmt. »Seid ihr euch dessen bewusst, dass ihr allein dadurch, hier Wache zu stehen, Hochverrat an der Galaktischen Allianz begeht?«

Die Arcona musterte ihn schweigend, und es war der Bothaner, der plötzlich sagte: »Razelle, Meister. Vaala Razelle.«

Kenth runzelte die Stirn. »Vaala Razelle?«

»Das ist mein Name, Meister«, erklärte die Arcona. »Vaala. Das scheint Ihr nicht zu wissen.«

»Tut mir leid, Jedi Razelle«, entgegnete Hamner. »Dieser Orden umfasst Hunderte von Jedi-Rittern. Es ist sehr schwierig, sich an alle zu erinnern.«

Vaala nickte, doch sie rührte sich nicht vom Fleck. Ebenso wenig wie der Bothaner.

»Und dein Name?«, fragte Kenth, wobei er sich dem Bothaner zuwandte.

»Bwua’tu«, erwiderte der junge Mann. »Yantahar Bwua’tu.«

»Bwua’tu?« Kenth beschlich ein ungutes Gefühl. Als er mit Kenth in Kontakt getreten war, um ihm einen Deal vorzuschlagen, hatte Nek Bwua’tu nicht erwähnt, dass er irgendwelche Jedi-Familienmitglieder besaß. Natürlich wäre Nek davor zurückgeschreckt, unvorteilhafte Aufmerksamkeit auf einen seiner Verwandten zu lenken – doch das erklärte zweifellos, warum er so eifrig darauf bedacht gewesen war, jedes Blutvergießen zwischen dem Orden und dem GA-Militär zu vermeiden. »Bist du mit dem Admiral verwandt?«

Yantahar nickte. »Ja.«

Kenth wartete einen Moment auf eine Erklärung, die nicht kam, und entschied sich dann dagegen, um eine zu bitten. Entweder war Yantahar beleidigt, weil er nachfragen musste, oder argwöhnisch Kenth’ Motiven gegenüber. So oder so, Kenth würde die Situation nicht verbessern, indem er auch noch auf seinem Fehler herumritt.

»Nun, was dem Admiral widerfahren ist, tut mir sehr leid«, sagte er. »Die ganze Allianz hofft, dass er sich bald wieder erholt.«

Endlich wurde Yantahars Miene ein bisschen sanfter. »Vielleicht nicht die ganze Allianz, aber trotzdem vielen Dank.«

Kenth nickte, ehe er eine gewisse Autorität in seine Stimme legte. »Ich weiß, was der Admiral von Hochverrat hält. Wie ist es mit dir, Jedi Bwua’tu?«

Yantahar zuckte die Schultern. »In der Galaxis laufen Hunderte von Sith frei herum, und Staatschefin Daala hindert uns daran, ihnen die Stirn zu bieten.« Er schaute rasch zu Vaala hinüber, sein erstes Zeichen von Unsicherheit. »Wir haben keine andere Wahl.«

»Junge, wir haben immer eine Wahl.« Kenth richtete seinen Blick auf Vaala und fuhr dann fort: »Und für dich und Jedi Razelle ist jetzt die Zeit gekommen, eure zu treffen. Werdet ihr also beiseitetreten, damit ich dem hier ein Ende bereiten kann?«

Vaala schüttelte hastig den Kopf. »Tut mir leid, Meister Hamner«, sagte sie. »Ihr solltet jetzt in Euer Quartier zurückkehren.«

Kenth ließ sein Kinn sinken und sprach mit einem leisen, seufzenden Flüstern. »Es heißt Groß meister.«

Vaala legte ihren Kopf auf die Seite und wandte ihm ein zurückgelegtes Ohr zu. »Tut mir leid, Sir, ich hatte nicht vor … Yant, pass au…!«

Die Warnung fand ein abruptes Ende, als Kenth die Macht einsetzte, um ihre Lichtschwerter von den Gürtelhaken zu reißen. Er ließ beide Waffen in die Luft hochschnellen, wobei es ihm gelang, den Aktivierungsschalter von Yantahars Lichtschwert zu betätigen und den Sicherungshebel nach oben zu schieben. Als die saphirblaue Klinge knisternd zum Leben erwachte, wirbelten beide Jedi beiseite und streckten ihre Hände aus, um die Waffen in ihren Griff zurückschnellen zu lassen.

Und das war der Moment, in dem Kenth zwischen die beiden trat. Er verpasste Yantahar eine seitliche Hammerfaust gegen die Kieferbasis, während er Vaala gleichzeitig mit einem Knöchel einen gezielten Hieb gegen den empfindlichen Nervenknoten zwischen den Augen verpasste. Beide Jedi brachen zusammen, bewusstlos, bevor sie auf dem Boden landeten. Kenth war nicht schnell genug, um ihre Lichtschwerter aufzufangen, ehe sie aufschlugen, doch er deaktivierte Yantahars, bevor die Waffe letztlich neben dem Bein des Bothaners klappernd zu Boden fiel.

Kenth sammelte beide Waffen rasch ein, entfernte die Energiezellen und hängte sie wieder an die Gürtel ihrer Besitzer. Es war viel zu einfach gewesen, das Duo unachtsam zu erwischen und sie außer Gefecht zu setzen – genau wie bei den beiden, die draußen vor seinem Quartier postiert gewesen waren. Sobald er sein Amt als Großmeister wieder zurückerlangt hatte, musste er dringend mit den Kampfausbildern über die Defizite ihres Lehrplans reden. Er schleifte beide Jedi in eine Werkstatt in der Nähe und verpasste ihnen einen Machtschock, um sicherzustellen, dass sie noch eine Weile bewusstlos blieben. Dann kehrte er zum Hangar zurück und schlüpfte durch die Zugangstür hinein.

Drinnen auf dem Hangardeck wimmelte es nur so vor StealthX-Jägern, alle sorgsam in ihren eigenen pfeilförmigen Kampfgruppen formiert und umgeben von emsigen Teams der Wartungsmannschaft. Mit Ausnahme der Staffelführer waren die Piloten bereits in den Schutzanzügen und bei ihren Sternenjägern. Entweder saßen sie im Cockpit und führten Systemchecks durch oder sie gingen um ihr Schiff herum, um es einer visuellen Inspektion zu unterziehen. Kenth stellte fest, dass die erfahrensten Piloten des Ordens zu der Kampfgruppe gehörten, darunter Lowbacca, Izal Waz, Wonetun, während viele andere Jedi-Ritter, die im Krieg gegen die Yuuzhan Vong gekämpft hatten, einen Kopilotenplatz zugewiesen bekommen hatten.

Verdächtigerweise fehlte Jaina Solo, deren Fähigkeiten im Sternenjägerkampf bloß noch von denen von Luke Skywalker persönlich übertroffen wurden. Zu Kenth’ Überraschung machte sich auch Raynar Thul startklar. Die Position seines StealthX bei einer der Staffeln im hinteren Teil des Hangars legte nahe, dass man ihm keinerlei Befehlsverantwortung übertragen hatte. Allerdings wies allein Thuls Anwesenheit darauf hin, dass Saba entweder zu viel Vertrauen in seine Genesung setzte oder es ihr sehr an qualifizierten Piloten für den Kampf mangelte.

Während Kenth darüber nachsann, welche dieser Möglichkeiten wohl zutraf, legte sich Thuls vernarbter Kopf plötzlich auf die Seite, als würde er nach etwas lauschen, das auf seiner Schulter hockte, und dann wandte er sich langsam der Tür zu. Kenth zog sich in den Schatten zurück und minimierte seine Machtaura so gut es ging, doch Thuls Blick wanderte in seine Richtung und verweilte einen Moment lang auf dem Bereich, in dem sich Kenth verbarg.

Schließlich huschte ein knappes, kleines Lächeln über die von Brandnarben übersäten Lippen des Jedi-Ritters, bevor er wie zum Gruße kurz das Kinn senkte und sich dann wieder seiner Inspektion zuwandte. Mit hämmerndem Herzen zwang Kenth sich, reglos stehen zu bleiben, bis Thul gänzlich beschäftigt zu sein schien. Erst dann schob er sich auf der Suche nach Saba und den anderen Meistern vorsichtig an der Wand entlang.

Er fand sie – die meisten von ihnen – auf einem großen Observationsbalkon zwanzig Meter höher. Sie drängten sich am Geländer, verfolgten die Startvorbereitungen weiter unten, zeigten mit den Fingern und deuteten auf die StealthX-Jäger, während sie quasi in letzter Minute noch über Strategien diskutierten. Zu Kenth’ Überraschung hatten nur vier Meister – Kyp Durron, Kyle Katarn, Octa Ramis und Barratk’l – die unverwechselbaren StealthX-Pilotenanzüge angelegt.

Abwesend waren Corran Horn und beide Solusars, was bei Letzteren zweifellos daran lag, dass sie sich bei ihren Schülern auf Ossus befanden.

Alle anderen, einschließlich Saba, trugen weiterhin ihre gewöhnlichen Gewänder … was nur bedeuten konnte, dass sie die Absicht hatten, nach dem Start auf Coruscant zu bleiben und den Tempel zu verteidigen. Jetzt, wo Saba das Sagen hatte, hegte Kenth keinen Zweifel daran, wie diese Verteidigung aussehen würde. Sie würde aggressiv und gerissen sein, dazu bestimmt, Daala und ihre Verbündeten völlig aus dem Konzept zu bringen, bis man sie schließlich kampfunfähig und für alle Zeiten unschädlich gemacht hatte, wie die Barabel gern so schön sagten.

Mit anderen Worten: bis sie tot waren.

Bei jedem seiner Atemzüge halb in der Erwartung, dass sich hundert Jedi-Ritter zu ihm umdrehen würden, hielt sich Kenth im Schatten und huschte am Rande des Hangars entlang, bis er zu einer Reihe senkrechter Heizungsrohre stieß. Er testete jedes Rohr, bis er eins fand, das kühl genug war, um es mit bloßen Händen packen zu können. Dann stemmte er seine Füße gegen die Wand und begann, nach oben zu klettern. Die Rückseite des Rohrs war glitschig von Staub und Moder, doch er griff nicht auf die Macht zurück, um sich die Kletterei zu erleichtern. Bei so vielen Jedi in der Nähe bestand die Gefahr, dass selbst schon eine kleine Erschütterung der Macht auffiel, und seine Nerven lagen ohnehin bereits blank. Obwohl Kenth sicher war, dass Thul ihn entdeckt hatte, hatte er keine Ahnung, was er davon halten sollte. Wies Thuls Schweigen darauf hin, dass Kenth unter den Jedi einen Verbündeten hatte? Oder hatte Thul lediglich beschlossen, sich nicht in die Machtkämpfe der Meister hineinziehen zu lassen?

Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Thul war ein sonderbarer Mann, ein Jedi-Ritter, der mehr Durchblick zu besitzen schien als die meisten anderen – der seine Meinung allerdings für sich behielt und über die Machenschaften der Jedi eher amüsiert als daran beteiligt zu sein schien.

Kenth erreichte die Versorgungsebene des Hangars, wo dreißig Meter über den Wartungsdecks ein Netzwerk von Versorgungsleitungen, Ventilationsschächten und Lastkränen hing. Er bahnte sich seinen Weg in Richtung des Balkons, auf dem sich Saba und die Meister befanden, und trotz der Jedi-Atemtechniken, die er anwandte, um sich zu beruhigen, hämmerte ihm sein Herz bis in die Ohren. Er hatte keine Ahnung, was er tun würde, wenn er zu dem Balkon gelangte. Einerseits bestand seine beste Chance, den Start zu unterbrechen und zu verhindern, dass der gesamte Jedi-Orden Hochverrat beging, darin, Saba zu überraschen und sie für alle Zeiten unschädlich zu machen, bevor sie oder irgendjemand sonst begriff, was vorging. Doch er war sich nicht sicher, wie die anderen Meister auf einen so kaltblütigen Angriff reagieren würden, ob sie Zugeständnisse an die Notwendigkeit machen würden, eine wilde Kriegerin wie Saba überraschend zu treffen, oder ob sie das Ganze als skrupellosen Mord betrachten und sich selbst gegen ihn wenden würden.

Nachdem er einige Minuten lang sehr vorsichtig und äußerst lautlos vorwärts geschlichen war, befand sich Kenth ungefähr einen Meter hinter Saba, mehrere Meter über ihrem Kopf. Er konnte nicht verstehen, was sie sagte, bloß, dass sie Anweisungen und Fragen zischte, die die Meister in unterwürfigem Tonfall beantworteten. Falls er daran zuvor noch irgendwelche Zweifel gehegt hatte, war jetzt offensichtlich, wer die Meuterei anführte … und wen er aus dem Verkehr ziehen musste, wenn er wieder die Befehlsgewalt übernehmen und die Tragödie verhindern wollte, die sich direkt vor seinen Augen anbahnte.

Allerdings war Kenth noch nicht so lange aus dem Militärdienst ausgeschieden, dass er den Wert von Informationen vergessen hätte. Es würde nicht genügen, die Verräterin zu eliminieren. Er musste wissen, wer auf ihrer Seite stand und wer sich ihr womöglich widersetzte – er musste wissen, vor wem er sich in Acht nehmen musste, wenn Saba erledigt war.

Kenth öffnete sich der Macht, stimmte seine Ohren auf ihre Schwingungen ab und benutzte sie, um die Stimmen weiter unten zu verstärken. Sofort richtete sich Sabas Rückenkamm auf, und sie legte den schuppigen Kopf schief, um dem Laufsteg, auf dem sich Kenth verbarg, ein versenktes Ohr zuzuwenden. Da er sich darüber im Klaren war, wie scharf ihre Raubtiersinne waren, hielt er den Atem an und verwendete eine Meditationstechnik, um sein wild pochendes Herz zu beruhigen.

Selbst dann blieb Sabas Haupt jedoch weiterhin zur Seite geneigt, und eines ihrer Augen war leicht nach oben auf die Versorgungsebene gerichtet.

Kenth fing schon an zu glauben, er hätte das Überraschungselement verloren, als ihm

Cilghals gurgelnde Stimme in den Ohren tönte. »… und Mirax kehren zum Tempel zurück, und die Solos melden, dass das Extraktionsteam bereit ist loszulegen.«

Das Extraktionsteam. Das konnte nur bedeuten, dass Saba den Rat dazu überredet hatte, an mehreren Fronten gleichzeitig zuzuschlagen, indem sie während des Durcheinanders, das der StealthX-Start mit sich bringen würde, ein Team losschickten, um die Horn-Kinder zu retten.

Natürlich war das ein kluger taktischer Schachzug … und genau die Art von Aktion, die Daala davon überzeugen würde, dass die Jedi vorhatten, den offenen Aufstand zu proben.

»Gut«, sagte Saba, die mit ihrem Schwanz zustimmend auf den Boden trommelte. »Und das Turnier?«

»Booster rechnet damit, dass Senatorin Treen innerhalb der nächsten Stunde an Bord geht«, meldete Cilghal. »Sobald es so weit ist, sind sie startklar. Die anderen Spieler sind bereits an Bord.«

»Bittet Captain Terrik, uns auf dem Laufenden zu halten. Unser Timing muss perfekt sein.«

Saba wandte sich an Barratk’l und fragte: »Habt Ihr Euch mit den Jedi Saar und Arelis in Verbindung gesetzt?«

Barratk’l nickte und knurrte dann: »Mein Team wird sich in Arari mit ihnen treffen.«

Saba schlug erneut mit dem Schwanz. »Dann möge die Macht mit Euch sein«, sagte sie.

»Acht Jedi gegen ganze Welten – diese hier wünschte, es könnten mehr sein.«

»Acht müssten reichen«, versicherte Barratk’l ihr. »Unsere größte Sorge sind die Sith. Aber acht Jedi werden genügen, um den Sklaven Hoffnung zu schenken. Und wenn sie Hoffnung haben, werden sich die Sklaven selbst befreien.«

»Ja«, sagte Saba. »Darauf bauen die Jedi.«

Kenth konnte nicht glauben, was er da hörte. Saba hatte den Rat nicht bloß davon überzeugt, Hochverrat zu begehen und einen Gefängnisausbruch zu unterstützen, sondern schickte darüber hinaus ein Team von Jedi los, um entlang des gesamten galaktischen Rands Aufstände anzuzetteln.

Und sie hatte Booster Terrik rekrutiert, um … was zu tun? Ein Promi-Sabacc-Turnier zu organisieren?

Es war offensichtlich, dass die Barabel aufgehalten werden musste … um jeden Preis.

Saba wandte sich an die Meister in Schutzanzügen. »Wie es scheint, ist alles bestenz. Vielleicht solltet sich jetzt alle zu ihren Staffeln begeben.«

Cilghal hob eine Handflosse, um ihnen Einhalt zu gebieten, und eine Sekunde lang dachte Kenth, dass Saba möglicherweise nicht den ganzen Rat dazu verleitet hatte, ihr zu folgen. Doch dann sprach die Mon Calamari, und ihm wurde klar, dass die Lage sogar noch schlimmer war, als er gedacht hatte – die gesamte Galaktische Allianz war bereits dabei auseinanderzubrechen.

»Es gibt noch eine weitere Entwicklung, die wir bei unseren Planungen berücksichtigen sollten«, erklärte Cilghal. »Staatschef Fel hat die Solos darüber informiert, dass das Imperium keinerlei Interesse mehr daran hat, einer Galaktischen Allianz beizutreten, die von Natasi Daala geführt wird.«

Kenth sah, wie mehreren Meistern die Kinnlade herunterklappte, und seine eigene Überraschung war so groß, dass er zuließ, dass sie eine volle Sekunde lang in die Macht ausstrahlte, bevor ihm überhaupt bewusst wurde, dass ihm dieser Patzer passiert war. Er brachte seine Emotionen rasch wieder unter Kontrolle, doch Sabas Rückenkamm hatte sich bereits aufgerichtet.

Sie drehte ihren Kopf so, dass ein Auge in den schattigen Bereich starrte, in dem sich Kenth verbarg, und er wusste, dass er gerade alle Hoffnung darauf eingebüßt hatte, sie zu überrumpeln und diese Sache zu einem schnellen Ende zu bringen.

»Was ist passiert?«, fragte Octa Ramis. »Warum macht Fel einen Rückzieher?«

»Was passiert ist, spielt keine Rolle«, unterbrach Kyle. »Was wir wissen müssen, ist, ob Daala schon darüber Bescheid weiß.«

»Falls nicht, wird sie es bald«, entgegnete Cilghal. »Die Pellaeon bereitet sich darauf vor, den Orbit zu verlassen, und das wird nicht lange unbemerkt bleiben.«

»Besonders dann nicht, wenn Staatschef Fel auf das Schiff zurückkehrt«, sagte Saba ohne ihren Kopf abzuwenden.

Ein breites Lächeln trat auf Kyps Lippen. »Irgendeine Ahnung, warum Jag dachte, die Solos sollten von seinen Plänen wissen?«

Octa Ramis’ schwere Stirn glitt in die Höhe. »Was soll das bedeuten? Dass er damit angeboten hat, sich mit uns abzusprechen?«

»Nicht, um sich mit uns abzusprechen«, entgegnete Kyle. »Das würde bedeuten, einer weiteren internen Regierungsangelegenheit in die Quere zu kommen. Aber er hat uns informiert

»Exakt«, sagte Kyp nickend. »Damit wir uns mit ihm absprechen können. Sobald Daala klar wird, dass sich das Imperium aus den Verhandlungen zurückzieht, wird sie sehr abgelenkt sein.«

»Und das passiert wann?«, fragte Saba, die ihren Blick endlich von Kenth’ Versteck abwandte. »Hat Staatschef Fel gesagt, wann er abreist?«

Cilghal hob einen schwimmhäutigen Finger und sprach kurz in ihr Komlink, ehe sie einen Moment lang lauschte und dann wieder Saba ansah.

»Staatschef Fel sagte ihnen, dass die Pellaeon sich bereits zum Verlassen des Orbits bereitmacht«, berichtete sie. »Leia nimmt an, dass das Graser-Gebäude sein letzter Halt vor der Fahrt zum Raumhafen war.«

» Wie bald wird Daala dann erfahren, dass er abreist?«, fragte Saba. »In fünfzehn Minuten?«

»Sie dürfte es bereits wissen«, vermutete Kyp. »Ein Sternenzerstörer, der sich auf das Verlassen der Umlaufbahn vorbereitet, ist alles andere als subtil, und vermutlich bereiten Jags Piloten seine Raumfähre gerade für den Abflug vor.«

Saba schwieg einen Moment lang, ehe sie sagte: »Wenn Staatschef Fel wusste, wo die Solos zu finden sind, dann weiß er, was sie vorhaben – und vielleicht auch, was wir hier gerade machen. Er hat ihnen gesagt, wann sie losschlagen sollen.«

Kyp, Kyle und die übrigen Meister nickten.

Saba wandte sich dem Hangardeck zu und ließ den Blick über die StealthX-Jäger schweifen.

Ihre gegabelte Zunge schnellte zwischen den schuppigen Lippen hervor. Schließlich sagte sie: »Bittet Captain Terrik, das Turnier sofort zu beginnen. Und nehmt Kontakt zu den Solos auf. Wir starten in zehn Minuten.«

Cilghal sah die anderen Meister an, und Kenth verfolgte mit wachsendem Entsetzen, wie sie einer nach dem anderen zustimmend nickten. Noch niemals zuvor war er so erschüttert gewesen, so traurig, so einsam … und so entschlossen. Er schnappte sich das Lichtschwert von seinem Gürtel, richtete sich dann auf und machte zwei schnelle Schritte, um sich auf dem Laufsteg direkt über Saba zu postieren.

»Tut mir leid«, rief er nach unten. »Aber das kann ich nicht zulassen.«