21. Kapitel

Luke Skywalker und seinem pydyrianischen Führer zu folgen, ohne gesehen zu werden, würde sich als schwierig erweisen – besonders in dem grellorangefarbenen Schutzanzug, den Vestara trug, um sich vor der Epidemie zu schützen. Falls sie weiterhin zu Fuß unterwegs blieben, würden die gewaltigen Säulen und schattigen Bogengänge der klotzigen Lehmziegelarchitektur von Corocus ihr jede Menge Deckung bieten. Doch falls sie den Raumhafen in einem Gleiter verließen, würde auch sie einen brauchen, um sie zu verfolgen, und auf den verwaisten Straßen von Corocus würde man sie dann rasch entdecken.

Doch ganz gleich, ob sie zu Fuß oder in einem Fahrzeug herauskamen, Vestara musste sie im Auge behalten. Von einer öffentlichen S-Signal-Zelle im Raumhafen aus hatte sie bereits eine Nachricht zur Relaisstation des Vergessenen Stamms auf Boonta geschickt. In weniger als einer Stunde würde der Zirkel der Lords auf Kesh wissen, dass die Skywalkers auf Pydyr auf der Jagd nach Abeloth waren und Vestara vermutete, dass sie bereits Jedi-Verstärkung angefordert hatten.

Wie der Zirkel darauf reagieren würde, ließ sich schwer einschätzen, doch reagieren würden die Lords … und es war ihre Pflicht, sie dann mit so vielen Informationen über ihre Feinde versorgen zu können, wie sie zusammentragen konnte.

Vestara musterte die Reihe der Landgleiter, die am Straßenrand auf ihren Landestreben ruhten, wählte dann eins der alltäglichsten Modelle in einer der alltäglichsten Farben aus – einen türkisblauen LuftKissen-Gleiter der Ubrikkianischen Industriebetriebe – und ging zur Fahrertür hinüber. Sie setzte die Macht ein, um die Schlösser von innen zu öffnen, hob dann die Tür und rutschte auf den Fahrersitz. Das Alarmsystem blinkte rot und piepste leise, um sie daran zu erinnern, dass ein Daumenabdruck eingelesen werden musste. Vestara beugte sich nach unten und schaute hinter das Scanfeld. Es war schwierig, durch das transparente Visier des Schutzanzugs etwas deutlich zu erkennen, doch nach einem Moment fand sie die Signalträger und benutzte die Macht, um die beiden Kabel von ihren Kontaktpunkten loszureißen.

Sofort heulte der Alarm los. Vestara führte die Enden der Kabel zusammen, um die Sirene in weniger als einer Sekunde zum Schweigen zu bringen – dann schrie sie überrascht auf, als die Beifahrertür des Fahrzeugs aufglitt.

»Seuchenkontrolle der Galaktischen Allianz«, sagte sie, während sie sich darauf vorbereitete, den Eindringling mit einem Machtstoß ins angrenzende Gebäude zu donnern. »Ich brauche ein Transportmittel, um …«

»Tu’s nicht!«, rief Ben Skywalkers atemfiltergedämpfte Stimme. »Tu es … einfach nicht

Vestara schaute auf und erblickte Ben draußen neben dem Gleiter. Auch er trug einen Schutzanzug. Sein Lichtschwert hing an seinem Gürtel, doch er hielt eine Blasterpistole in der Hand – die er auf sie gerichtet hatte.

»Ben.« Während sie sprach, fragte sich Vestara, wie lange er sie wohl schon beobachtete und ob er womöglich gesehen hatte, wie sie im Raumhafen in die PanKom-S-Signal-Zelle gegangen war. »Ich bin froh, dass du hier bist.«

»Genau«, sagte er. »Deshalb hast du mich ja auch gefragt, ob ich mitkomme.«

Vestara legte den Kopf auf die Seite. »Hättest du mich sonst begleitet?«

»Natürlich nicht«, entgegnete Ben. »Wir sollen eigentlich an Bord der Emiax warten, und du wolltest eigentlich eine hübsche, lange Sanidusche nehmen.«

Vestara dachte einen Moment nach und sagte dann: »Das stimmt. Woher wusstest du, dass ich nicht dusche?« Sie warf ihm ein verspieltes Lächeln zu und runzelte die Stirn, derweil sie sich fragte, wie wirkungsvoll ihr Geflirte aus dem Innern des Schutzanzugs wohl war. »Hast du etwa gespannt?«

»Das brauchte ich nicht.« Ben zupfte an seinem orangefarbenen Schutzanzug. »Ich habe einfach im Anzugschrank nachgeschaut. Jetzt lass uns gehen und diese Anzüge wieder dahin zurückbringen, wo sie hingehören.«

Ben signalisierte ihr mit einem Wink des Blasterlaufs, aus dem Flitzer zu steigen.

Stattdessen drückte Vestara auf den Repulsorstarter. »Ich habe eine bessere Idee. Steig ein!«

»Ich habe meine Anweisungen.« Ben richtete den Blaster auf sie. »Und ausnahmsweise einmal sollte ich sie vermutlich befolgen.«

Vestara rollte mit den Augen. »Ben, wir wissen beide, dass du dieses Ding nicht benutzen wirst, und ich werde nicht aussteigen.« Sie benutzte die Macht, um auf ihren Türschließer zu drücken, und die Fahrertür glitt nach unten. »Also kletter entweder rein oder lass mich allein gehen.«

Ben schob den Blaster ins Halfter. »Du hast die letzte Option vergessen.«

»Die da wäre?«

»Dich mit Gewalt da rauszuzerren.«

Vestara hob die Augenbrauen, überrascht von seiner Entschlossenheit. »So lustig es vielleicht auch wäre, sich mit dir zu balgen, Ben, hast du nicht etwas vergessen?«

Hinter seinem Visier wurde Bens Miene zunehmend unsicherer. »Und was?«

»Ich bin eine Sith.« Vestara legte eine gewisse Schärfe in die Stimme. »Man kann unmöglich sagen, wie sehr ich die Situation eskalieren lassen würde. Möglicherweise endet die Sache sogar tödlich.«

Bens Schultern sackten nach unten, und er rutschte auf den Beifahrersitz. »Dürfte ich wenigstens erfahren, wo wir hinwollen?«

»Sicher.« Während Vestara sprach, schob sich die Bugnase eines SoroSuub-Landgleiters aus der Raumhafen-Parkgarage hinter ihnen. Sie streckte den Arm aus, ließ sich im Sitz nach unten gleiten und drückte Bens Kopf runter. »Wir folgen deinem Vater.«

»Was?« Ben versuchte, sich wieder aufzurichten.

Vestara nutzte die Macht, um ihn wieder nach unten zu stoßen. »Ich weiß ja nicht, wie das bei euch Jedi ist, aber wir Sith neigen nicht dazu, unseren Meistern zu gestatten, Wesen wie Abeloth auf eigene Faust zu jagen – nicht ohne einen Plan B.«

Ben hörte auf, sich zur Wehr zu setzen. »Du denkst, er will sie sich jetzt vorknöpfen?«

»Das weiß ich nicht. Aber wenn es auf diesem Mond eine Verkehrskontrolle gibt, haben sie auch ein Eintrittspeilsystem.« Bei Vestaras Worten sauste auf der Straße ein schnittiger Luftgleiter vorbei. »Warum hat der Hafenmeister ihm also nicht einfach gesagt, wo er die Schatten findet? Mir kommt das Ganze vor wie eine Falle.«

»Vielleicht.« Ben wurde nachdenklicher. »Da könnte etwas im Argen sein.«

»Ich denke, da ist etwas im Argen«, stimmte Vestara zu. »Also folgen wir deinem Vater in diskretem Abstand. Falls Meister Skywalker uns nicht braucht, kehren wir einfach zur Emiax zurück. Aber falls es Ärger gibt, sind wir vielleicht genau die Überraschung, die die Waagschale zugunsten deines Vaters kippen lässt.«

»Okay, vielleicht hast du recht.« Ben hob den Kopf gerade genug, um über das Armaturenbrett zu spähen. »Aber ich will, dass du etwas weißt.«

»Ja?« Vestara setzte sich hinter dem Steuer auf, voller Furcht, dass er von der Nachricht wusste, die sie abgeschickt hatte – und sie fragte sich, warum sich das für sie wie ein Verrat anfühlte. »Was denn?«

Ben warf ihr ein halbherziges Lächeln zu. »Du hast einen schlechten Einfluss auf mich.«