11. Kapitel

Am einen Ende des Sitzungsraums standen eine gut bestückte Bar und ein Snackautomat, und am anderen ein runder Borlstein-Konferenztisch, um den eine Vielzahl von Sesseln und Stühlen herumstanden, die dazu dienten, den gängigsten Körpertypen der Galaxis Platz zu bieten. Die Beleuchtung war indirekt und weich genug, um zu entspannter Konversation anzuregen. Selbst die Transparistahlsichtwand, die den Gemeinschaftsplatz bis hin zur majestätischen Pyramide des Jedi-Tempels überblickte, war bernsteinfarben getönt, um eine warme, angenehme Atmosphäre zu erzeugen. Leia hätte den Stil nicht unbedingt als typisch »sullustanisch« betrachtet – doch Lando zufolge war Luewet Wuul auch kein typischer Sullustaner.

Leia setzte sich an den Tisch und bedeutete Lando und ihren anderen beiden Begleitern, ihrem Beispiel zu folgen. »Wir können es uns ebenso gut auch bequem machen«, meinte sie. »Bei einem Senator bedeutet ›sich um wenige Minuten verspäten‹ normalerweise eine Stunde.«

»Du wirst feststellen, dass Luew eine Ausnahme von dieser Regel ist«, sagte Lando auf dem Weg zur Bar. »Er bildet sich was auf seine Manieren ein – und auf seinen maldoveanischen Burtalle. Sonst noch jemand?«

Jaina blieb direkt hinter der Schwelle stehen. »Ähm, Lando, wir können es uns nicht leisten, diesen Burschen zu verärgern.« Sie schritt an der Wand entlang und tat so, als würde sie die Gemälde und Kunstwerke bewundern, während sie in Wahrheit nach versteckten Abhörgeräten suchte. »Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Sekretärin uns erlaubt hätte, uns selbst zu bedienen.«

»Ich deute das mal als ein Ja.« Lando stellte fünf Gläser auf den Bartresen. »Und keine Sorge wegen Luew. Er ist bereits auf unserer Seite.«

»Damit solltest du lieber recht haben«, meinte Han, der auf die Bar zuging. »Denn wenn diese Sache an die Öffentlichkeit gelangt, wird Daala unseren Kopf fordern.«

»Nein, wird sie nicht«, entgegnete Leia. »Weil wir diesen Teil Luew gegenüber nicht erwähnen.«

Han runzelte die Stirn. »Welchen Teil?«

»Den Teil darüber, dass Jedi mit den Sith zusammenarbeiten«, sagte Lando. Er holte einen Eiskübel hervor und benutzte eine Zange, um einen saphirfarbenen Würfel in jedes Glas fallen zu lassen. »Leia hat recht. Von diesem Teil braucht Luew nichts zu wissen – und das würde er auch nicht wollen.«

Leia zog eine Grimasse, ehe sie Jaina einen vielsagenden Blick zuwarf, die gerade ihre Suche nach Abhörgeräten beendete. »Ich hoffe, dass das jetzt immer noch so ist.«

Lando ließ ein zuversichtliches Lächeln aufblitzen. »Keine Sorge. So, wie Luew redet, ist er der Letzte, der Wanzen erlauben würde.« Er nahm eine Karaffe mit goldbraunem Inhalt vom Barregal und blinzelte Jaina zu. »Abgesehen davon, was glaubt ihr wohl, warum er uns hier drin allein lässt? Er rechnet damit, dass ihr alles nach Abhörgeräten absucht. Er will, dass ihr wisst, dass ihr offen sprechen könnt.«

»Umsichtiger Bursche«, sagte Jaina, die sich wieder dem Tisch zuwandte. »Oder einer mit wirklich guten Technikern. Ich kann nicht das Geringste finden.«

Leia dehnte ihr eigenes Machtbewusstsein auf den ganzen Raum aus und nickte, als sie keinen Anflug von Unbehagen erfuhr. »In Ordnung«, sagte sie. »Also, warum setzt du dich nicht hin und erzählst uns, wie es mit Großmeister Hamner gelaufen ist?«

Jaina rollte mit den Augen und zupfte an ihrem Pilotenoverall. »Er hat die Meister vor drei Stunden entlassen, und ich trage immer noch dieselben Klamotten, mit denen ich von Bord der Felshund gegangen bin.« Sie schüttelte entmutigt den Kopf und schaute dann mit einer Miene auf, in der zu gleichen Teilen Sorge und Frustration lagen. »Die ganze Zeit über hat er mir vorgeworfen, seine Bemühungen zu sabotieren, sich wieder mit Daala zu versöhnen.«

»Sich zu versöhnen?«, echote Han, der mit einer Handvoll Untersetzer an den Tisch zurückkam. »Mit Daala? Wie hast du es nur geschafft, ihm nicht ins Gesicht zu lachen?«

»Das Ganze ist zu beängstigend, um darüber zu lachen, Dad«, erwiderte Jaina. »Ehrlich gesagt, glaube ich, dass der Druck ihm zu schaffen macht. Meister, ähm, Groß meister Hamner scheint wirklich zu glauben, dass er mit ihr eine Übereinkunft treffen kann.«

»Er muss es zumindest versuchen«, sagte Leia. »Wir können nicht gegen Sith kämpfen, wenn wir damit beschäftigt sind, uns Daala vom Hals zu schaffen.«

»Tja, nun, zu versuchen, mit Daala eine Abmachung zu treffen, ist reine Zeitverschwendung«, versicherte Han. Er verteilte die Untersetzer wie Sabacc-Chips und schnipste einen vor jeden Sitzbereich. »Der einzige Weg, mit Daala fertigzuwerden, besteht darin, sie fertigzumachen.«

Leia runzelte die Stirn. »Han, was meinst du denn damit?«

»Du weißt, was ich damit meine«, sagte Han und nahm Platz. »Und erspar mir irgendwelchen Poodoo darüber, dass das voreilig wäre. Daala hat versucht, uns aus dem Verkehr zu ziehen, und Amelia war dabei. Sie hat ohnehin schon Glück, dass ich sie mir danach nicht vorgeknöpft habe.«

» Jemand hat versucht, uns aus dem Verkehr zu ziehen«, korrigierte Leia. Han bezog sich damit auf ein Abendessen vor einigen Wochen, als ihr Besuch des Pangalactus-Restaurants durch einen Mordversuch gestört worden war. Leia empfand den Zwischenfall eher als traurig denn als erzürnend, da dieses Essen ihr letztes mit Jagged Fel gewesen war, bevor Jaina die Verlobung des Paares gelöst hatte. »Wir wissen nicht mit Sicherheit, dass Daala sie geschickt hat. Wir können uns nicht einmal sicher sein, dass wir die Zielpersonen waren.«

»Willst du mir allen Ernstes einreden, dass sie nicht dahintersteckt, und dass wir nicht das Ziel waren?«, konterte Han. »Sie hat uns mit diesem ganzen ›Wir können verhandeln‹-Getue reingelegt!«

»In Ordnung, sagen wir also, dass Daala uns reingelegt hat«, meinte Leia. Han hatte noch nie viel Geduld dafür übrig, das Offensichtliche zu überprüfen. Wenn sie also nicht wollte, dass das Treffen mit einer Wutrede über Daalas imperialen Verrat begann, musste sie ihn auf eine konstruktivere Denkschiene befördern. »Und was willst du dagegen tun? Einen weiteren Putsch vom Zaun brechen?«

Han zuckte bei dieser Erinnerung an die katastrophale Übernahme der Regierung der Galaktischen Allianz durch ihren Sohn Jacen zusammen, und als er antwortete, war seine Stimme ruhiger. »Um genau zu sein, habe ich dabei nicht an uns gedacht.«

»Ich hoffe, du hast dabei auch nicht an die Jedi gedacht«, sagte Leia. »Denn der Senat – und die Öffentlichkeit – würden das lediglich als Beweis dafür sehen, dass Daala recht daran tut, uns zu fürchten.«

»Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt«, meinte Lando, der sich mit einem Tablett voller Drinks zu ihnen gesellte. »Mit einer Sache hat Kenth recht – die Jedi haben im Senat genauso viele Freunde wie Daala, und man kann sie gehörig unter Druck setzen, indem man sie wissen lässt, was vor sich geht.«

»Ich würde sagen, die Chance, dass das funktioniert, liegt ungefähr bei zehn Prozent«, sagte Jaina. »Was machen wir, wenn die Sache nach hinten losgeht und sie anfängt, Senatoren zu verhaften?«

Lando setzte eine seiner strahlendsten Mienen auf. »Das, meine Liebe, ist der Augenblick, in dem die Jedi in die Bresche springen, um die Allianz zu retten.« Er stellte einen Schwenker mit Burtalle vor Jaina hin. »Du musst bloß Geduld haben – und einen Weg finden, um Kenth dazu zu bringen, seine Meinung zu ändern, bevor die Sith ihren Zug machen.«

»Denkst du, wir haben so viel Zeit?«, fragte Leia.

Lando stellte einen Schwenker vor sie hin und nickte dann. »Ja, jetzt, wo Abeloth tot ist, denke ich, dass uns so viel Zeit bleibt«, versicherte er. »Wäre sie noch am Leben, hätten die Jedi keine Chance. Doch so, wie die Dinge liegen, war ihr Angriff auf die Schüler aus der Zuflucht vielleicht sogar so etwas wie ein Glücksfall für die Jedi.«

»Wie kommst du denn darauf?«, spottete Han. »Weil sie Daala so einen Haufen durchgedrehter Jedi-Ritter geben konnte, die sie als Vorwand nutzen konnte, um sich Luke und den Orden vorzuknöpfen?«

Es war Jaina, die darauf antwortete. »Weil sie die Sith so dazu gezwungen hat, sich zu erkennen zu geben, bevor sie dazu bereit waren. Wären Ben und Luke nicht ins Exil verbannt worden, hätte es sie niemals zur Schlundloch-Station verschlagen – und dann wüssten wir nicht das Geringste über den Vergessenen Stamm.«

»Ganz genau«, sagte Lando. »Doch jetzt haben wir die Chance mobilzumachen.«

»Wir?« Leia zog eine Augenbraue hoch und fragte dann: »Bist du sicher, dass du dich in diese Sache mit reinziehen lassen willst, Lando?«

Lando schaute einen Moment zu Boden, ehe er sagte: »Um ehrlich zu sein, ist das das Letzte, was ich will.« Er schnappte sich einen Schwenker vom Tablett und leerte ihn mit einem langen Zug, bevor er das Glas wieder zurück auf das Tablett stellte. »Doch da wir es hier mit einem ganzen Planeten voller Sith zu tun haben, bezweifle ich, dass irgendwer von uns eine andere Wahl hat.«

Er stellte die letzten beiden Schwenker auf den Tisch, einen vor Han und einen vor einen Sessel in Sullustanergröße, mit einem abgewetzten Nerflederbezug, um anschließend zur Bar zurückzukehren und sein Glas nachzufüllen. In dem nachdenklichen Schweigen, das über dem Raum hing, nippte Leia an dem Burtalle. Dieser Whiskey war tatsächlich etwas so Besonderes, wie Lando behauptet hatte, mit einem intensiven, malzigen Geschmack und dank der alternden Moagholzfässer, in denen er gereift war, mit einem Hauch von Moschus verfeinert. Außerdem war das Gesöff ausgesprochen hochprozentig und sorgte dafür, dass sich ihre Zunge und ihr Gaumen trocken und rauchig anfühlten.

Han nahm einen Schluck aus seinem Schwenker und zog dann anerkennend die Augenbrauen hoch. »So viel muss ich dem Senator lassen – er serviert einen der besten Tropfen, die ich je genossen habe.«

Vom Hintereingang ertönte eine helle Sullustanerstimme. »Es freut mich, dass wir uns in diesem Punkt einig sind, Captain Solo. Von Ihnen betrachte ich das als großes Kompliment.«

Leia drehte sich um und sah einen distinguiert wirkenden Sullustaner in einer Weste mit Goldsaum in den Raum kommen. Die von tiefen Falten durchzogenen Wangenlappen und die

dicken Tränensäcke, die unter seinen Augen hingen, verrieten, dass es sich bei ihm zweifellos um einen Ältesten seiner Spezies handelte. Trotzdem stellte er die Haltung eines jungen Mannes zur Schau, drückte die Schultern durch und ging mit selbstbewussten Schritten. Als sich Leia und die anderen anschickten aufzustehen, um ihn zu begrüßen, beeilte er sich, ihnen mit einem Wink zu signalisieren, Platz zu behalten.

»Wir haben keine Zeit für diesen Unsinn«, sagte er und marschierte geradewegs zum Tisch.

»Ich muss zu einer Anhörung des Unterausschusses, und zwar in genau …« Er schaute auf sein Chrono. »… fünfzehn Minuten, und Lando sagte, diese Angelegenheit wäre dringend. Also kommen wir gleich zur Sache.«

»Sehr wohl, Senator Wuul«, sagte Leia. »Der Grund, warum wir um dieses Treffen gebeten haben …«

» Das meinte ich damit nicht …«, unterbrach Wuul sie und hob eine Hand, um sie vollends zum Schweigen zu bringen. Er rutschte auf seinen Stuhl und griff nach dem Drink, den Lando für ihn bereitgestellt hatte, um ihn dann mit einem einzigen langen Zug zu leeren. »… sondern den Burtalle. Und nennt mich Luew. Bloß die Opposition spricht mich mit Senator an.«

Er hob den leeren Schwenker über den Kopf, um Lando zu signalisieren, ihm nachzuschenken, was, wie Leia bemerkte, bereits in Arbeit war. Sobald Lando das leere Glas gegen ein volles eingetauscht hatte, schnappte Wuuls Kopf mit einem Mal herum, und er musterte sie mit einem einzelnen dunklen Auge.

»Ihr gehört doch nicht zur Opposition, oder, Jedi Solo?«

Leia schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. »Natürlich nicht, Luew.« Sie nahm ihren

eigenen Drink und stieß mit Wuul an, ehe sie sagte: »Jeder Freund von Lando ist auch ein Freund von uns. Und bitte … einfach Leia.«

Luew reagierte mit einem ausgefuchsten Lächeln, bevor er einen kleinen Schluck von seinem frischen Burtalle nahm und das Glas auf den Tisch stellte. »Schön, das zu hören, Leia.« Er richtete seinen Blick zuerst auf Han, dann auf Jaina, und sagte: »In Ordnung, jetzt, wo wir einander verstehen, warum erzählt ihr mir da nicht, was so dringend ist, dass man in einem dreckigen Pilotenoverall hierherkommen muss, junge Dame?«

Jainas Wangen erröteten, doch sie setzte sich aufrecht hin und antwortete mit einem einzigen Wort. »Sith.«

Anstatt nach seinem Drink zu greifen, wie Leia es erwartet hatte, sackte Wuul in sich zusammen und schüttelte bestürzt den Kopf.

» Noch einer? Ich dachte, wir wären diese Azkancs endgültig los.« Der abwertende Begriff war kaum über Wuuls Lippen gekommen, als er auch schon zusammenzuckte und zu Han hinüberschaute. »Nichts für ungut, Captain.«

»Kein Problem«, versicherte Han ihm. »Aber wenn es bloß um einen Azkanc ginge, wären wir nicht hier. Luke und Ben sind auf einen ganzen Planeten voll von denen gestoßen.«

Wuul neigte verwirrt den Kopf. »Auf einen Planeten? Voller Sith?«

»Momentan wissen wir noch nicht, ob es sich tatsächlich um einen ganzen Planeten handelt«, stellte Jaina klar. »Aber es sind eine Menge. Sie nennen sich selbst den Vergessenen Stamm, und wir denken, dass sie die vergangenen zwei Jahre damit zugebracht haben, eine Kampfflotte zusammenzustellen.«

»Eine Flotte? Eine Sith-Flotte?« Wuul wirkte zu schockiert von dem, was er hörte, um wirklich zu begreifen, was das bedeutete. »Aber ich dachte, es gäbe immer nur …«

»Ja, immer nur zwei«, beendete Han den Satz für ihn. »Das dachte ich auch. Doch das sind die jüngsten Entwicklungen. Soweit wir das sagen können, waren diese Burschen die letzten fünftausend Jahre auf einem Planeten namens Kesh von der Außenwelt abgeschnitten.«

»Ich verstehe.« Wuuls Wangenlappen verfärbten sich von rosa zu blassgrün, doch er schien seine fünf Sinne beisammenzuhaben und setzte sich aufrecht hin. »Und die waren für den Wahnsinn verantwortlich, der die jungen Jedi-Ritter befallen hat?«

»Ähm … nein.« Han schaute Leia an mit der stummen Bitte, ihm zu sagen, wie viel er preisgeben durfte. »Eigentlich nicht.«

»Für ihre Erkrankung war ein uraltes Geschöpf namens Abeloth verantwortlich«, erklärte Leia. »Sie hat Verbindung zu den Jedi-Rittern aufgenommen, als sie noch Kinder waren und wir unsere Jüngsten während des Krieges gegen die Yuuzhan Vong im Schlund versteckten.«

»Aber das ist jetzt nicht wirklich wichtig«, fügte Jaina hinzu. »Abeloth wurde vernichtet. Worüber wir uns jetzt Gedanken machen müssen, sind die Sith.«

Wuuls Blick schweifte zu seinem Burtalle, und Leia war sicher, dass er sich zur Beruhigung noch einen Drink genehmigen würde. Als er sie damit überraschte, dass er lediglich in das Glas starrte, derweil er über das nachdachte, was man ihm gerade erzählt hatte, wurde ihr klar, dass die Demonstration seiner Trinkfestigkeit lediglich ein Trick war, der dazu diente, dass andere Leute in seiner Gegenwart ungezwungener waren – und vielleicht auch, um sie dazu zu verleiten, ihn zu unterschätzen.

Nach einem Moment nickte Wuul und richtete den Blick wieder auf Leia. »Die Jedi können den Sith nicht die Stirn bieten, solange Daala ihnen im Nacken sitzt. Ist das korrekt?«

Leia nickte. »So ist es.«

Wuul ließ sich das einen Augenblick lang durch den Kopf gehen und fragte dann: »Und was soll ich nun dagegen tun? Ich bin der Vorsitzende des Unterausschusses für die Mineralienbesteuerung. So viel Einfluss habe ich nicht auf Daala.«

Lando stand auf und klopfte Wuul mit der Hand auf die Schulter. »Luew, alter Kumpel, wir sind nicht hier, um dich darum zu bitten, bei ihr deinen Charme spielen zu lassen, und das weißt du.«

Wuuls Augenbrauen schossen in die Höhe. »Tue ich das?« Er schaute auf und täuschte eine Unschuld vor, die seine Machtaura nicht ausstrahlte. Dann sah er den Ausdruck auf Landos Gesicht und atmete vernehmlich aus. »In Ordnung. Aber nach dieser Sache sind wir quitt.«

Landos Prusten grenzte an ein echtes, dröhnendes Lachen. »Na gut«, sagte er. »Was ist eine bescheidene Sabacc-Schuld schon gegen ein drohendes Sith-Imperium?«

»Ich bin froh, dass du das auch so siehst.« Wuul deutete auf den Schwenker vor Landos Sessel. »Jetzt setz dich und trink etwas von diesem Burtalle, während ich mich um ein kleines Präsent für meine neuen Freunde kümmere.«

»Danke«, sagte Lando lächelnd und kehrte zu seinem Platz zurück. »Soll mir recht sein.«

Wuul holte aus dem Innern seines Hemds ein kleines Datapad hervor und betätigte einige Tasten, ehe er das Gerät über den Tisch zu Leia hinüberschliddern ließ. »Das ist eine Liste von allen in der Regierung und beim Militär, die mir noch einen Gefallen schulden – und bei denen man darauf zählen kann, dass sie zu ihrem Wort stehen.« Er hielt das Datapad weiterhin unter seinen Fingern. »Aber ich vertraue darauf, dass wir hier nicht von einem neuen Putsch sprechen.«

Leia zögerte und warf Jaina über den Tisch hinweg einen raschen Blick zu. Bislang hatten sie nichts preisgegeben, was die gesamte Galaxis nicht ohnehin in den nächsten paar Wochen erfahren würde – aus dem Hutt-Raum drangen bereits Gerüchte, dass an der Sklavenrevolte auf Klatooine auch Sith beteiligt waren. Doch der Plan des Rates, wie sie mit Daala fertigwerden wollten, musste um jeden Preis geheim bleiben, bis die Falle zuschnappte – und für gewöhnlich waren Senatoren mit Spielschulden nicht unbedingt die vertrauenswürdigsten Partner.

Als Leia nicht schnell genug antwortete, sackte Wuuls Gesicht in sich zusammen. »Ich verstehe.« Er zog das Datapad zurück und wandte sich an Lando. »Ich habe keine Ahnung, was dich auf den Gedanken gebracht hat, dass ich mich an so etwas beteiligen …«

»Es ist kein Putsch«, unterbrach Leia. Sie wandte sich ebenfalls Lando zu. »Wie viel schuldet er dir?«

In Landos Augen leuchtete Begreifen auf. »Nicht viel.« Er ließ ein gekünsteltes Grinsen aufblitzen. »Bloß fünfundzwanzig.«

»Fünfundzwanzig was? Fünfundzwanzig Hunderter?«, fragte Jaina.

Lando schüttelte den Kopf, und Leias Herz sackte tiefer.

»Fünfundzwanzig tausend?«, hakte sie nach. Verglichen mit einem Senatorengehalt war das nicht allzu viel, doch es war bekannt, dass sich Politiker schon für weniger verkauft hatten. »Lando, ich wünschte, du hättest das eher erwähnt. Ich bin mir nicht sicher, dass die Meister eingewilligt hätten, Luew aufzusuchen, wenn sie gewusst hätten, dass er Spielschulden hat.«

Landos Lächeln verschwand nicht. »Warum nicht?«, fragte er. »Das ist eine Privatsache zwischen Luew und mir.«

»Und wir reden hier nicht von fünfundzwanzig tausend«, fügte Wuul schroff hinzu. »Wofür haltet ihr mich? Für einen Trottel?«

»Fünfundzwanzig Millionen?«, fragte Han und pfiff leise. Er wandte sich an Leia. »Hör mal, ich glaube nicht, dass du dir wegen Luew Gedanken machen musst. Bei einer solchen Summe wird uns niemand verpfeifen.«

»Entspannt euch, in Ordnung?«, warf Lando ein. »Luew würde euch für keine Summe verpfeifen.«

»Vielen Dank, Lando«, sagte Wuul. »Ach ja, bloß fürs Protokoll, es geht hierbei nicht um fünfundzwanzig Millionen.«

Ein verblüfftes Schweigen senkte sich über den Raum, und Jaina fragte: »Verflucht, Luew. Wie tief kann man denn noch bei Lando in der Kreide stehen?«

»Mit fünfundzwanzig Credits«, sagte Wuul, offenkundig verärgert. »Bloß mit fünfundzwanzig, ohne Nullen dahinter. Ich bin sicher, euch Jedi kommt das wie Jawa-Kleingeld vor, doch ein Sabacc-Spiel ist ein Sabacc-Spiel, ganz gleich, was im Pot ist.«

»Seit Luew im Amt ist, haben wir nicht mehr um hohe Einsätze gespielt«, erklärte Lando.

»Es wäre einfach nicht richtig«, ergänzte Wuul, »wenn der Vorsitzende des Komitees zur Mineralienbesteuerung dem Besitzer eines Bergbauplaneten sein ganzes Geld abnimmt.«

»Ach, du liebe Güte, Luew«, sagte Leia. Sie fühlte sich ein bisschen schuldig und töricht, weil sie vorschnell so falsche Schlüsse gezogen hatte, doch sie konnte die Möglichkeit von Korruption nun einmal nicht einfach abtun – nicht, wenn Kenth’ Plan in so großem Maße auf ehrliche Politiker baute. »Ich denke, da ist eine Entschuldigung fällig.«

»Unsinn – es wäre falsch von Leia gewesen, nicht nachzuhaken.« Wuul tat die Sache mit einer Handbewegung ab, jedoch ohne Leias Blick zu begegnen. »Also, lasst uns jetzt über diesen Gesetzentwurf reden, den ich verfassen soll. Ich nehme an, dass es im Wesentlichen darum geht, den gegenwärtigen Status der Jedi gesetzlich festzuschreiben, mit Garantien für finanzielle Unterstützung und militärische Kooperation.«

Leia zog die Augenbrauen hoch. »Sind wir so leicht zu durchschauen?«

»Bloß für mich, meine Liebe«, sagte Wuul. »Ihr wollt, dass dieser Gesetzesentwurf von jemandem kommt, dem ihr vertrauen könnt, gleichzeitig aber von jemandem, der normalerweise nichts mit den Jedi zu tun hat, weil sich Daala davor in Acht nehmen wird. Außerdem braucht ihr jemanden, der euch eine Menge Stimmen verschaffen kann, weil ihr das Veto der Staatschefin überstimmen müsst – und das macht es ziemlich offensichtlich, was ihr von mir wollt.«

Jaina nickte, doch sie wirkte nervös. »Ich hoffe wirklich, dass Daala nicht so clever ist«, sagte sie. »Denn wenn sie genauso leicht dahinterkommt, was wir vorhaben, steckt die Galaxis in großen Schwierigkeiten.«

»Bedauerlicherweise ist sie so clever«, beteuerte Luew. »Und das ist auch die Schwachstelle in diesem Plan. Wir können die Sache nicht zustande bringen, ohne miteinander zu reden. Früher oder später wird Daala Wind von unseren Gesprächen bekommen und erkennen, was wir tun.

Sobald sie das tut, müssen wir den Gesetzesentwurf sofort einbringen, bevor sie genügend Unterstützung sammeln kann, um eine Abstimmung zu blockieren.«

»Warum fügen wir den Entwurf nicht einfach an etwas an, das sie unmöglich blockieren würde?«, fragte Leia.

Wuul schüttelte den Kopf. »Dieser kleine Schachzug wurde verboten, als man die Galaktische Allianz gegründet hat«, sagte er. »Um ehrlich zu sein, bin ich überrascht, dass sich die Jedi nach dem Mordanschlag auf Bwua’tu entschlossen haben, den politischen Weg einzuschlagen.

Es überrascht mich, dass ihr angesichts der Unterstützung, die ihr in Hapes und im Imperium habt, nicht einfach damit droht, Coruscant zu verlassen.«

»Vermutlich, weil wir nicht diejenigen sind, die das zu entscheiden haben«, sagte Jaina, die zuließ, dass man ihr ihre Frustration anmerkte. »Und Großmeister Hamner hat Angst, Daala dazu zu zwingen, Farbe zu bekennen.«

»Tatsächlich glaubt er, dass eine politische Lösung besser für alle wäre, falls wir das irgendwie hinkriegen.« Leia warf ihrer Tochter einen missbilligenden, mürrischen Blick zu, ehe sie sich wieder dem Senator zuwandte. »Aber was hat der Anschlag auf Bwua’tu damit zu tun? Nicht einmal Staatschefin Daala scheint zu glauben, dass die Jedi daran beteiligt waren.«

»Das stimmt nicht ganz«, korrigierte Wuul. »Den Gerüchten zufolge, die mir zu Ohren gekommen sind, hat sie gesagt: ›Wenn die Jedi so unfähig wären, würde ich mir wegen ihnen keine Sorgen machen.‹«

Lando zog eine Braue hoch. »Was bedeutet?«

»Was bedeutet, dass sie sich nicht vorstellen kann, dass die Jedi versagt hätten«, erklärte Wuul. »Also fragt sie sich, ob jemand dahintersteckt, der versucht hat, den Anschlag so aussehen zu lassen, als wären Jedi dafür verantwortlich gewesen, oder ob das Ganze womöglich ein Jedi-Plan ist, den sie bislang bloß noch nicht durchschaut hat. Nach allem, was man hört, hat es sie wirklich aus dem Konzept gebracht, als Asokaji sie beschuldigte, quasi als Vergeltungsmaßnahme für Bwua’tus Abkommen mit Großmeister Hamner die Ermordung des Admirals befohlen zu haben.«

Es folgte ein Moment verblüfften Schweigens, während Leia und ihre Begleiter darüber nachdachten, auf welches Abkommen sich Wuul damit wohl bezog. Als Bwua’tus Adjutant war Rynog Asokaji in die bestgehütetsten Geheimnisse des Admirals eingeweiht – einschließlich irgendwelcher heimlichen Absprachen, die er mit Kenth Hamner getroffen hatte.

Schließlich platzte Han hervor: »Abkommen?«

Sofort darauf wollte Jaina wissen: »Was für ein Abkommen?«

Wuuls faltige Stirn glitt in die Höhe. »Ihr wisst nichts davon?« Er hob eine Hand und rieb sich mit einem Finger über die Lippen, während er sich ihre Unkenntnis durch den Kopf gehen ließ.

Dann zuckte er die Schultern und sagte: »Offensichtlich sorgte sich Admiral Bwua’tu, dass der Orden die Absicht haben könnte, eine StealthX-Staffel zu starten, um Staatschefin Daalas Belagerung zu zerschlagen. Also traf er mit Großmeister Hamner eine Absprache. Hamner erklärte sich bereit, die StealthX in ihren Hangars zu lassen, und Bwua’tu versprach ihm im Gegenzug, jeden Versuch zu verhindern, das Militär gegen den Tempel einzusetzen.«

In Leias Innerem breitete sich eisige Kälte aus, und der Zorn in Hans und Jainas Gesichtern verriet ihr, dass sie sich genauso betrogen fühlte wie sie selbst. Die Absprache an sich verärgerte sie nicht. Während der Belagerung war die Situation extrem angespannt gewesen, und Schritte zu unternehmen, um die Lage zu entspannen, hatte vermutlich viele Leben gerettet. Nein, was Leia wütend machte, war, dass Hamner dieses Abkommen getroffen hatte, ohne vorher den Rat zu konsultieren. Er hatte eigenmächtig entschieden, Luke und Ben, die sich mit einem ganzen Stamm Sith herumschlagen mussten, keine Unterstützung zu schicken – dass er die Sicherheit des Jedi-Tempels über die Sicherheit der gesamten Galaxis gestellt hatte –, und dass er sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, die Meister über seine Entscheidung zu informieren. Und warum? Zweifellos, weil er wusste, dass sie seinem Vorgehen nicht zugestimmt hätten. Das waren nicht die Taten eines guten Anführers – das waren die Kompromisse eines vollkommen überforderten Mannes.

Als das Schweigen in der Kammer unbehaglich wurde, sagte Wuul: »Hört zu, meine Freunde, ich erhalte meine Informationen aus zweiter Hand, von General Jaxton vom Sternenjäger-Oberkommando, daher besteht durchaus die Möglichkeit, dass einige Einzelheiten nicht ganz den Tatsachen entsprechen.«

»Vielleicht«, knurrte Han, »aber die, die richtig sind, erklären vieles.«

Wuul senkte den Blick. »Ich verstehe.« Er streckte die Hand aus und schwenkte geistesabwesend sein Burtalle-Glas, ehe er fortfuhr: »Wie es scheint, ist der Gesetzesentwurf bloß eine Hinhaltetaktik – mit der ihr hingehalten werden sollt. Soll ich mich trotzdem darum kümmern?«

»Ja, auf jeden Fall«, antwortete Leia. »Der ganze Rat hat dem zugestimmt. Ich bezweifle, dass sie ihre Meinung ändern werden, bloß weil er ihnen Dinge verschweigt.«

»Abgesehen davon wäre das tatsächlich die beste Lösung des Problems – für alle«, merkte Lando an. »Bloß, weil das Ganze reine Spekulation ist, bedeutet das nicht, dass wir es nicht versuchen sollten.«

Wuul senkte den Kopf und schaute zu Lando auf. »Ja, du hast eine ausgeprägte Vorliebe für Spekulationen, nicht wahr?« Er dachte einen Moment lang nach und sagte dann: »Nun gut, ich werde einige Dinge von euch brauchen.«

»Natürlich«, sagte Leia. »Wir tun, was wir können, um zu helfen.«

Wuul hob eine Hand und reckte seinen Daumen hoch. »Zuerst muss ich wissen, dass ich keine Allianz-Bürger in Gefahr bringe. Seid ihr sicher, dass die Kreatur, die diese Krankheit verbreitet hat, keine Bedrohung mehr ist?«

Lando nickte. »Wir haben den Leichnam zwar nicht selbst gesehen, doch Luke hat uns über Kom darüber informiert, dass Abeloth tot ist.«

»Sie versuchen, die Leiche zu Analysezwecken zu bergen«, ergänzte Jaina. »Außerdem sind nun alle wieder zurechnungsfähig.«

»Stimmt.« Wuul grinste. Zweifellos erinnerte er sich an die Szene, wie Han Daalas eigenen Fachmann dazu gebracht hatte zu bestätigten, dass Sothais Saar und Turi Altamik vollkommen normal waren. »In den Nachrichten sah es jedenfalls ganz danach aus.«

Bei diesen Worten lächelte sogar Jaina. »Ich wünschte, ich hätte das sehen können.«

»Kein Problem«, sagte Han stolz. »Ich habe das Ganze auf Vid.«

»Ich habe eine komplette Holo-Aufnahme.« Wuul hielt einen Moment lang inne und wandte sich dann an Jaina. »Zweitens werden wir ein Ablenkungsmanöver brauchen, um Daalas Aufmerksamkeit von dem abzulenken, war wir im Senat machen.«

»Okay«, sagte Jaina. »Was genau sollte das sein?«

»Die Eingliederung des Imperiums«, entgegnete Wuul.

Jainas Miene spiegelte Verwirrung, und sie sah Leia an, mit der Bitte, das näher zu erläutern.

»Die Mordversuche haben Jagged einen Vorteil eingebracht«, erklärte Leia. »Endlich hat er die Moffs in eine Ecke getrieben. Wie es aussieht, gelingt es ihm doch noch, dafür zu sorgen, dass das Imperium der Allianz beitritt.«

»Was Daala nur noch mehr stärken wird, soweit es die Jedi betrifft«, stellte Wuul fest, ohne den Blick von Jaina abzuwenden. »Also müssen wir dafür sorgen, dass diese Beitrittsverhandlungen aus dem Ruder laufen, und das so lange, bis der Senat meinen Gesetzesentwurf gebilligt hat. Je mehr Zeit Daala damit verbringen muss, diese Käfer wieder zurück in den Pott zu werfen, desto länger wird sie brauchen, um dahinterzukommen, was ich mache.«

»Das ergibt Sinn«, sagte Jaina vorsichtig. »Und was soll ich dabei … tun? Soll ich ihre Beitrittsvereinbarung stehlen?«

Wuuls Wangenlappen sackten enttäuscht zusammen. »Eigentlich hatte ich an etwas gedacht, das sich nicht so leicht wieder beheben lässt«, sagte er. »Neue Konditionen, gierige Verweigerer, unzutreffende Formulierungen … Welche Hürden Staatschef Fel Daala dank findiger Überzeugungsarbeit auch immer in den Weg zu legen bereit ist.«

Jainas Mund wurde trocken, und ihre Machtaura schrumpfte. »Ich bezweifle, dass ich ihn dazu bewegen kann, irgendetwas Derartiges zu tun.«

Wuuls kleiner Mund verzog sich zu einem verschlagenen Grinsen. »Stellt Euer Licht nicht so unter den Scheffel, Jedi Solo.« Er streckte seine Hand aus und legte sie auf die ihren. »An menschlichen Maßstäben gemessen, seid Ihr eine ausgesprochen attraktive Paarungsoption. Ich bin sicher, dass es leichter sein wird, Staatschef Fel davon zu überzeugen, uns zu helfen, als Ihr denkt.«

Jaina biss sich auf die Lippen, ließ dann den Blick sinken und antwortete nicht.

Leia griff herüber und zog Wuuls Hand behutsam von denen ihrer Tochter weg. »Das ist noch nicht öffentlich bekannt, Luew, aber Jaina und Jag haben ihre Verlobung vor einigen Wochen gelöst.«

»Ja«, sagte Han. »Wegen genau so einer Sache.«

Wuul schaute von Leia zurück zu Jaina. »Es tut mir sehr leid, das zu hören, meine Liebe.«

Er streckte die Hand aus und tätschelte von Neuem die ihre. »Aber ich bin mir sicher, dass Ihr ihn dazu bringen könnt, Euch zurückzunehmen. Schließlich seid Ihr eine Jedi.«