12. Kapitel

Die Amputation war die unbedeutendste von Nek Bwua’tus Verletzungen, aber dennoch die, die einem am deutlichsten ins Auge fiel, da der Armstumpf auf einem Kissen neben der Brust des alten Bothaners ruhte. Sein dichtes Fell war bis kurz über dem Ellbogen wegrasiert worden, wo das Ende der Gliedmaße mit einem weißen, von hervorsickernder Flüssigkeit fleckigem Verband umwickelt war. Sein Bauchbereich war so schlimm zerschnitten und verbrannt, dass selbst ein 2–1BXS-Kampftrauma-Chirurgiedroide dreißig Stunden gebraucht hatte, um die beschädigten Organe zusammenzuflicken und zu ersetzen, und jetzt lag sein Oberkörper zur Gänze unter einem hartschaligen Bacta-Bad-Gipskorsett verborgen, das Daala an die gerippte Schutzrüstung erinnerte, die ihre Turbolasercrew getragen hatte, damals, als sie noch Sternenzerstörer befehligt hatte.

»Das Problem mit Lichtschwert-Amputationen ist, dass sie kauterisiert werden«, sagte Dr. Ysa’i gerade. Ysa’i, ein Bothaner mit goldenem Fell und ungefähr in Bwua’tus Alter, war ein hoch angesehener, auf seine eigene Spezies spezialisierter Orthopäde. »Sie müssen wissen, dass bothanische Nerven nicht dazu stimuliert werden können, sich wieder miteinander zu verbinden, nachdem sie weggebrannt wurden.«

Daala hob die Hand, um gleichgültig abzuwinken. »Nek ist ein alter Soldat. Er hat wichtigere Dinge verloren als einen Arm.« Sie wies auf die holografische Hirnaktivitätsanzeige, die über dem Kopfende seines Bettes schwebte. Im Augenblick schien die Anzeige schweren Seegang zu zeigen, mit hohen Wellen, die von einem Ende zum anderen rollten. » Das dürfen wir auf keinen Fall verlieren. Wie lange noch, bis er aufwacht?«

Ysa’i legte die Ohren an. »Komas sind schwerlich mein Fachgebiet, Staatschefin Daala«, sagte er. »Ich bin bloß hier, um …«

» Jetzt ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt, mir einen Haufen Poodoo aufzutischen«, unterbrach Daala. Während sie sprach, hielt sie den Blick auf Bwua’tu gerichtet und wünschte, sie hätten ihm die Augen zukleben können. Ein FX-Mediassistenzdroide hatte ihr erklärt, es würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass »der Patient« schließlich erwachte, wenn man ihn visuellen Stimuli wie dem Vidschirm aussetzte, der über seinem Bett hing. Doch gleichzeitig ließ ihn das tot wirken, insbesondere aufgrund des Feuchtigkeitskonservierungsmittels, das seine Augen glänzen ließ, und sie mochte es nicht, Bwua’tu so zu sehen. »Sie haben Medizin studiert. Wie lange noch, bis mein Oberbefehlshaber der Flotte wieder zu sich kommt?«

Ysa’i ließ zu, dass seinem Rüssel ein langgezogenes, unbehagliches Schnauben entwich.

»Ich bin kein Neurologe«, antwortete er, »aber ich bezweifle, dass Ihnen irgendjemand die Antwort geben kann, die Sie gern hören würden.«

Daala seufzte. »So schlecht stehen seine Chancen?« Sie ließ ihr Kinn sinken und fügte dann hinzu: »In Ordnung, sagen Sie mir, was Sie wissen.«

Ysa’is Stimme nahm einen arroganten Tonfall an. »Das versuche ich ja die ganze Zeit, Staatschefin Daala.« Er trat näher ans Kopfende des Bettes heran und stieß einen ledrigen Finger in das Hologramm. »Hirnaktivitätsaufnahmen zu deuten, ist recht einfach, zumindest auf einer oberflächlichen Ebene. Diese rollenden Wellen belegen, dass es Aktivität gibt, aber sehr tief drinnen und nicht reaktiv. Da drinnen geht definitiv irgendetwas vor, doch ich bezweifle, dass das eine Reaktion auf uns ist – oder auf irgendetwas anderes in seiner äußeren Umgebung.«

»Ich glaube, deshalb sind die Wellen abgerundet und regelmäßig, richtig?«

Diese Frage kam von der anderen Seite des Bettes, wo Bwua’tus Chefadjutant Rynog Asokaji stand. Asokaji, ein Bith mit einer alten Brandnarbe, die auf einer Seite seines Gesichts quer über die Wangenfalten verlief, hatte Daala wütend beschuldigt, den Mordversuch als Vergeltung dafür befohlen zu haben, dass Bwua’tu heimlich versucht hatte, mit Hamner einen Kompromiss auszuarbeiten. Zu seiner Überraschung – und auch zu Daalas – war sie im Gegenzug nicht wütend auf ihn geworden. Stattdessen hatte sie ihn für seine Courage gelobt, seinen Vorgesetzten zu verteidigen, ehe sie ihn anwies, sie das nächste Mal, wenn er das Gefühl hatte, offen sprechen zu müssen, vorher um Erlaubnis zu bitten. Seitdem kamen sie gut miteinander zurecht.

Asokaji fuhr fort: »Mir wurde gesagt, dass es darauf hinweist, dass er unseren Stimmen lauscht, wenn die Wellen spitzer werden und das Muster unregelmäßiger.«

»Oder darauf, dass er auf etwas anderes in der Umgebung reagiert, ja«, stellte Ysa’i, nach wie vor an Daala gerichtet, klar. »Ein Neurologe kann mehr Informationen aus diesen Mustern herauslesen als ich, Staatschefin Daala. Doch je schärfer, höher und unregelmäßiger die Wellen sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er aufwachen wird.«

»Dann scheint mir, dass es keinen Anlass zur Hoffnung gibt, dass der Admiral irgendwann in nächster Zeit zu sich kommt«, meinte Wynn Dorvan. Er trat neben Asokaji ans Bett und hielt immer noch das Komlink in der Hand, mit dem er rausgegangen war, um es zu benutzen. Dorvan, ein Mensch von unscheinbarem Äußeren und braunem Haar, das in einem ordentlich getrimmten, konservativen Schnitt gehalten war, besaß das Auftreten eines gewissenhaften Berufsbürokraten – was er auch war. »Also, warum muss Admiral Bwua’tu ausgerechnet jetzt eine Handprothese angepasst werden? Ist das nicht ein bisschen voreilig?«

Die implizierten Zweifel an seiner medizinischen Kompetenz, die in diesen Worten mitschwangen, sorgten dafür, dass sich Ysa’is Rüssel zusammenrollte, doch Daala erkannte die tiefere Bedeutung der Frage ihres Assistenten. Wynn war eine Unstimmigkeit in der Situation aufgefallen. Seiner methodischen Denkweise zufolge dienten Unstimmigkeiten oft dazu, Täuschungsmanöver zu verschleiern, und angesichts des Umstands, dass ein Mordversuch Bwua’tu überhaupt erst ins Medizentrum gebracht hatte, durfte kein Täuschungsmanöver auf die leichte Schulter genommen werden, wenn es um das Wohlergehen des Admirals ging.

Als Wynn Ysa’is Beinaheknurren mit einem entschlossenen Blick quittierte, seufzte Daala.

»Die Handanpassung ist mein Werk, Wynn.« Das Eingeständnis brachte sie nicht so sehr in Verlegenheit, dass sie sich deshalb angreifbar gefühlt hätte, denn im Laufe ihrer langen Militärlaufbahn hatte sie gelernt, dass jede sentimentale Nachsicht eine Schwäche preisgab, die andere ausnutzen konnten. »Ich will nicht, dass Nek mit einem Armstumpf aufwacht.«

»Sehr weise«, stimmte Ysa’i ein bisschen zu hastig zu. »Die Prothese zu haben, wird es ihm leichter machen, die Veränderung zu akzeptieren.«

»Hoffen wir’s«, sagte Daala. Sie beschloss, dem Arzt seinen nur allzu offensichtlichen Versuch nachzusehen, sich bei ihr einzuschmeicheln – immerhin war er Bothaner –, griff über das Bettgeländer und drückte sanft Bwua’tus Knie. »Die Allianz braucht Sie, alter Freund.«

Sie schickte sich an, ihre Hand zurückzuziehen, doch Ysa’i streckte den Arm aus, um sie daran zu hindern. »Warten Sie!« Er wies auf das Hirnaktivitätshologramm. »Er reagiert.«

Daala schaute auf und sah, dass inmitten der rollenden Hügel eine lange Kette scharfer Spitzen aufgetaucht war. Als ihr klar wurde, dass es ihre Berührung gewesen war, die diese Reaktion hervorgerufen hatte, überkam sie ein Anflug schulmädchenhafter Freude – und sofort fühlte sie sich ein wenig töricht. Sie und Bwua’tu waren zu alt und zu abgebrüht für solchen romantischen Unsinn … und dennoch konnte sie nicht umhin, ihn noch mehr beschützen zu wollen als je zuvor.

»Was soll ich tun?«, fragte sie Ysa’i.

»Als Erstes sollte jemand Dr. Javir rufen«, sagte Ysa’i, der sich damit auf den

Chefneurologen des Medizentrums bezog. Er dachte einen Moment lang nach und fügte dann hinzu:

»Zweitens: Berühren Sie den Patienten weiter. Sie könnten vielleicht mit ihm reden, um zu sehen, ob das die Aktivität verstärkt.«

»Also gut.« Daala nickte, während sich Asokaji sofort dem Ausgang zuwandte. Daala richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Bwua’tu, sah ihm in seine glänzenden, leeren Augen und begann zu sprechen. »Admiral Bwua’tu, wachen Sie auf! Ich wollte Ihren Bericht über den Attentatsversuch gestern auf meinem Tisch haben, und jetzt liegen Sie schon seit über einer Woche hier rum.«

Sie schaute zum Aktivitätsmonitor auf und stellte fest, dass die Spitzen unverändert waren, weder höher noch schärfer.

»Machen Sie nur weiter«, drängte Ysa’i.

Daala drückte wieder Bwua’tus Knie. »Sie werden nachlässig, Admiral. Ich erteile Ihnen hiermit den direkten Befehl, aufzuwachen und Bericht zu erstatten!«

Sie hielt inne und schaute zu Ysa’i hinüber.

»Keine Veränderung«, berichtete der Arzt.

»Nek, hören Sie mir zu?« Daala begann, Bwua’tus Beinfell durch das Laken mit den Fingern gegen den Strich zu kraulen – das brachte sein Blut stets in Wallung. »Ich muss wissen, wer Sie angegriffen hat.«

»Da!«, sagte Ysa’i. »Machen Sie damit weiter. Seine Aufmerksamkeitsspitzen schlagen aus.«

»Nek, wir glauben, dass die Lichtschwertwunden uns in die Irre führen sollen«, fuhr Daala fort. »Weil Sie, nun, überlebt haben.«

Bwua’tus Augen bewegten sich, nicht viel, doch Daala hatte den Eindruck, dass seine Pupillen jetzt definitiv in Richtung seiner unteren Augenlider zeigten.

»Nek, wir müssen wissen, wer Ihnen dies angetan hat«, sagte Daala. »Und wir haben momentan keinerlei Hinweise darauf.«

Sie hielt erneut inne, wartete darauf, dass sich Bwua’tus Augen bewegten oder Ysa’i irgendetwas Ermutigendes bezüglich der Anzeige sagte.

Als keins von beidem passierte, drängte Daala: »Nek, wenn die bereit sind, Sie anzugreifen, sind sie eine Bedrohung für die gesamte Allianz. Sie müssen uns dabei helfen herauszufinden, wer Ihnen das hier angetan hat.«

Wieder bewegten sich seine Pupillen. Dieses Mal hoben sie sich leicht nach rechts – fort von ihr. Sie hielt inne, in der Hoffnung, dass Ysa’i einen weiteren Ausschlag auf dem Monitor vermelden würde.

Das dauerte länger als eine Sekunde. »Da … in einem anderen Bereich. Er ist definitiv an dem interessiert, was Sie sagen.«

»An etwas daran«, sagte Daala. Sie nahm ihre Hand von seinem Knie weg. »Irgendeine Veränderung?«

»Keine, die ich mit meiner Ausbildung erkennen könnte«, entgegnete Ysa’i. »Doch der Monitor speichert alles auf einem Chip. Ich bin sicher, dass Dr. Javir die Daten genauer interpretieren kann als ich.«

Anstatt darauf zu antworten, sah Daala Bwua’tu weiterhin in die Augen. Es dauerte bloß ein paar Sekunden, bis sich seine Pupillen erneut bewegten. Sie drehte sich, um in dieselbe Richtung zu schauen wie er – und spürte, wie die Aufregung, die sie wenige Sekunden zuvor verspürt hatte, schlagartig abebbte.

Bwua’tus Blick war auf den Vidschirm über dem Bett gerichtet, wo die spitzbübische Gestalt von Madhi Vaandt von einem Platz berichtete, der von den hoch aufragenden Steingebäuden von Blaudu Sextus’ Hauptstadt Arari umgeben war. Hinter der Nachrichtenreporterin rannten Tausende Octusi mit zotteligem Fell vorbei, die quiekten und kreischten, während sie vor einer Reihe mandalorianischer BlitzSchlag-Angriffsschlitten flohen.

»Madhi Vaandt«, knurrte Daala. Sie schaute rüber zu Wynn, der den Vidschirm mit einer Miene betrachtete, die wesentlich weniger überrascht wirkte, als sie es hätte tun sollen. »Ich dachte, wir wollten dafür sorgen, dass ihre Berichte nicht gesendet werden.«

Wynn zuckte die Schultern. »Needmo sagte, er würde sie freiwillig von dem Auftrag abziehen«, erklärte er. »Offensichtlich hat er gelogen.«

»Und Sie haben einen Nachrichtensprecher beim Wort genommen?«, fragte Daala. »So leichtsinnig zu sein, sieht Ihnen gar nicht ähnlich.«

»Ich war nicht unachtsam.« Wynn warf Ysa’i einen vielsagenden Blick zu und fügte dann hinzu: »Needmo hätte die offizielle Anweisung, ihre Berichte zurückzuhalten, als Sache des Prinzips erachtet, und dann hätten wir in öffentlicher Sitzung nachweisen müssen, inwiefern das von grundlegender Relevanz ist. Ich dachte, eine formlose Bitte wäre die bessere Option.«

Was Wynn auf keinen Fall vor dem Doktor sagen wollte, war, dass sie gar keine andere Wahl gehabt hatten, als es mit der formlosen Bitte zu versuchen. Um eine direkte Verbindung zwischen ihrer Regierung und ihren Bemühungen zu vermeiden, die Sklavenrevolte zu vertuschen, hatte Daala die Sache so gedreht, dass eine örtliche Bergbaugesellschaft mit gewaschenem Geld die mandalorianischen Söldner angeheuert hatte. Auf legalem Gerichtsweg einen offiziellen Sicherheitsantrag zu stellen, hätte nicht bloß bedeutet, das Risiko einzugehen, dass der Antrag abgewiesen wurde, sondern auch, dass Needmo von der ganzen Absprache erfahren würde – und im Zuge dessen auch die breite Öffentlichkeit.

Daala atmete frustriert aus und nickte dann. »Natürlich haben Sie recht«, sagte sie. »Doch ab jetzt ist Perre Needmos Schonfrist vorüber. Ich will, dass er vom Netz genommen wird, sobald einer seiner Reporter auch nur den geringsten Stang über uns sagt.«

Wynn nickte. »Ich gebe der Galaktischen HoloNet-Kommission Bescheid.«

»Vielleicht sollten Sie damit warten, bis Admiral Bwua’tu erwacht ist«, sagte Ysa’i. Er deutete auf die Hirnaktivitätsanzeige. »Die Lage auf Blaudu Sextus scheint sein Interesse auf sich zu ziehen.«

Die Holografie war zu einem virtuellen Gebirgszug erblüht, mit Gipfeln und Felstürmen, die sich in alle Himmelsrichtungen erstreckten. Daala überprüfte Bwua’tus Pupillen und stellte fest, dass sie auf Madhi Vaandt fixiert waren und ihrem Bild folgten, als es sich zu anderen Bereichen des Bildschirms bewegte.

»Nek?«, fragte Daala. »War sie es?«

Das Bild auf dem Vidschirm wechselte zu einer Nahaufnahme von einem der Octusi, und die Spitzen auf seinem Aktivitätsdiagramm ebbten wieder ab.

»Das ist sonderbar«, meinte Daala. »Da muss es irgendeine Verbindung geben.«

»Eine Verbindung?«, fragte Asokaji, der wieder in den Raum trat. »Wacht er auf?«

»Um das zu sagen, ist es noch zu früh«, entgegnete Ysa’i. »Zumindest für mich.«

»Aber irgendetwas passiert mit ihm«, sagte Daala. »Er schien an Madhi Vaandt interessiert zu sein.« Sie schaute auf. »Fällt Ihnen ein Grund dafür ein?«

Asokajis Gesicht nahm einen tieferen Blauton an, und er konnte nicht umhin, einen raschen Blick in Wynns Richtung zu werfen – ein Blick, der ebenso flüchtig erwidert und dann unterbrochen wurde. Einen Moment lang war Daala irritiert, bis das Bild von Vaandts Gesicht wieder auf dem Vidschirm auftauchte. Daala musste zugeben, dass sie mit ihren spitzen Ohren, dem struppeligen weißen Kopffell und den langen, schmalen Augen ausgesprochen faszinierend wirkte.

»Einen Grund abgesehen von ihrem Fell, meine ich.« Daalas Tonfall war forsch, ohne schneidend zu sein. »Sie ist hübsch, aber ich glaube nicht, dass es das ist, was Neks Interesse weckt.

Es gibt irgendeine Verbindung zwischen ihr und dem Anschlag auf sein Leben.« Sie sah sich erneut die Hirnaktivitätsanzeige an, auf der sich von Neuem Spitzen und abrupte Wellen zeigten. »Die muss es geben.«

Asokaji warf Ysa’i einen Blick zu und meldete, dass Dr. Javir unterwegs sei, ehe er seine Aufmerksamkeit auf den Vidschirm richtete und nachdenklich die Stirn in Falten legte. Daala wies auf die Fernbedienung auf der anderen Seite von Bwua’tus Bett und machte mit dem Daumen eine Rauf-Geste, und Wynn schaltete den Ton ein. Das Bild wechselte zur Nahaufnahme eines mandalorianischen Angriffsschlittens, der eine Gruppe verängstigter Octusi vom Platz trieb, während Vaandt ihren Bericht aus dem Off fortsetzte.

»… behaupten, sie wurden angeheuert, um die Interessen der Sextuna-Bergbaugesellschaft zu schützen, doch das scheint unwahrscheinlich.« Das Bild wechselte zu einem riesigen Tagebau, der irgendwo auf Blaudu Sextus in die Flanke eines öden Berges gegraben worden war. » Dies ist Sextunas nächstgelegene Anlage, die sich über achtzig Kilometer von dem Protestmarsch in Arari-Mitte entfernt befindet.«

Das Bild präsentierte wieder Vaandts schelmisches Gesicht. »Bis die mandalorianischen Angriffsschlitten eintrafen und begannen, die Demonstranten zu überfahren, die zu entschlossen waren, um zu fliehen, verlief der Marsch vollkommen friedlich. Selbst jetzt, nach einer eindeutig einseitigen Provokation, sind die einzigen gemeldeten Opfer Octusi.« Der Vidschirm zeigte einen großen Körper mit zotteligem Fell, der zu stark zerschmettert war, um Näheres erkennen zu können.

»Angesichts der jüngsten Ereignisse beim Jedi-Tempel muss ich mich als Reporterin fragen, was diese Mandalorianer genau zu schützen versuchen – und für wen sie tatsächlich arbeiten.«

In Daalas Brust begann ein tiefsitzender Zorn zu lodern, und sie schaute zur anderen Seite von Bwua’tus Bett. »Damit geht sie zu weit, Wynn. Wir müssen etwas dagegen unternehmen.«

»Ich verstehe«, entgegnete er ruhig. »Ich bin mir nur nicht sicher, was wir tun können – es sei denn, Sie sind bereit, das Risiko einzugehen, sich den Unwägbarkeiten einer öffentlichen Sitzung zu stellen.«

Übersetzung: Sofern wir nicht wollen, dass die ganze Galaxis erfährt, dass Vaandt recht hat, haben wir keine andere Wahl, als die Füße stillzuhalten. Daala biss die Zähne zusammen und wandte den Blick ab – und das war der Moment, in dem sie Bwua’tus Augenlid zucken sah.

»Haben Sie das gesehen?«, fragte sie, an Ysa’i gewandt. »Er hat geblinzelt.«

»Nein, das habe ich nicht gesehen, aber Sie sollten sich deswegen keine überzogenen Hoffnungen machen«, meinte Ysa’i. »Das ist ein automatischer Reflex.«

Daala schaute wieder zurück zu Bwua’tu und wartete darauf, dass er erneut blinzelte. Das tat er nicht, doch sie konnte selbst sehen, dass seine Hirnaktivitätsanzeige jedes Mal ausschlug und Spitzen bildete, wenn Vaandts Bild auf dem Schirm erschien.

»Nein, Doktor, das hat etwas zu bedeuten.« Sie sah zum Vidschirm auf, wo sich Vaandt

gerade mit einer Aufnahme von Araris rauchender Skyline im Hintergrund verabschiedete. »Ich denke, dass es zwischen Madhi Vaandt und dem Anschlag irgendeine Verbindung gibt.«

Asokajis vernarbte Wangenfalten weiteten sich vor Überraschung, und er blickte mit einer Miene zu Wynn hinüber, die andeutete, dass er glaube, Daala würde allmählich den Verstand verlieren.

»Beschäftigt Sie etwas, Rynog?«, fragte Daala. »Nur raus damit.«

»Vielen Dank, Staatschefin«, entgegnete er. »Aber das ergibt keinen Sinn. Warum sollte sich eine Reporterin an einem Anschlag auf Admiral Bwua’tu beteiligen?«

»Ich habe nicht gesagt, dass sie daran beteiligt war«, korrigierte Daala. »Ich sagte, dass es da eine Verbindung gibt – und im Moment ist das alles, was wir haben.«

»Ist es das?«, fragte Asokaji. »Ich weiß, dass Sie davon überzeugt sind, dass es sich hierbei nicht um einen Jedi-Angriff gehandelt hat, weil der Anschlag fehlgeschlagen ist, aber vielleicht stimmt das ja gar nicht. Was, wenn das Ziel der Attentäter nicht war, ihn zu ermorden, sondern ihn außer Gefecht zu setzen?« Er wies auf das Gipskorsett, das Bwua’tus Bauch bedeckte. »Bloß ein Jedi wäre dazu imstande, so etwas anzurichten, ohne jemanden dabei zu töten.«

Daala runzelte die Stirn. Sie musste zugeben, dass ihr diese Möglichkeit überhaupt nicht in den Sinn gekommen war, aber andererseits fühlte sie sich auch nicht richtig an. Sie schaute zu Wynn hinüber und zog eine Augenbraue hoch.

Wynn dachte einen Moment lang nach und sagte dann: »Manchmal ist ein Lichtschwert-Angriff bloß ein Lichtschwert-Angriff. Aber das Warum ist mir nicht klar.« Er wandte sich an Asokaji. »Warum sollten die Jedi ihn töten wollen, wo Bwua’tu doch versucht hat, Hamner dabei zu helfen, einen Kompromiss mit Staatschefin Daala auszuarbeiten?«

»Weil nicht alle Jedi einen Kompromiss wollen«, erwiderte Asokaji. »Hamner hat dem Admiral erzählt, dass er Schwierigkeiten hatte, die anderen Meister davon zu überzeugen, sich in Geduld zu fassen. Vielleicht hat eine Splittergruppe beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und den Verhandlungen ein Ende zu bereiten.«

»Das ist nicht vollkommen abwegig«, gab Daala zu, während sie sich an den Mordanschlag auf die Solos erinnerte – an einen Anschlag, der ihre eigenen Bemühungen zunichtegemacht hatte, einen Kompromiss auszuhandeln. »Es steht außer Frage, dass irgendjemand will, dass wir einander auch weiterhin an die Gurgel gehen.«

Asokaji nickte. »Exakt.« Sein Blick war auf Bwua’tus Gestalt gerichtet, und Daala brauchte keine Expertin im Lesen von Bith-Gesichtsausdrücken zu sein, um zu erkennen, dass er nach Rache dürstete. »Wir müssen die Jedi unter Kontrolle bekommen, Staatschefin, bevor es zu spät ist. Wenn sie bereit sind, Admiral Bwua’tu auszuschalten, dann sind sie auch bereit, Sie auszuschalten.«

Wynns Gesicht erbleichte. »Rynog, wir wissen nicht, ob sie wirklich hinter dem Anschlag auf den Admiral stecken«, sagte er. »Tatsächlich deuten die wenigen Beweise, die wir haben, darauf hin, dass sie es nicht tun.«

»Sie unterschätzen die Jedi.« Asokaji kam um das Bett herum und drängte sich zwischen Daala und Ysa’i. »Geben Sie den Befehl, und ich sorge dafür, dass morgen fünftausend Raum-Marines den Tempel stürmen.«

Daala war versucht einzuwilligen … zutiefst versucht. Aber so sehr sie die Jedi auch ihrem Willen unterwerfen wollte, hatte sie doch nicht die Absicht, sie zu vernichten, sofern es nicht absolut notwendig war. Und selbst, wenn sie dachte, es sei notwendig, würde sie diese Aufgabe niemandem anvertrauen, dessen Urteilsvermögen so offensichtlich getrübt war.

Sie wandte sich an Asokaji. »Vielen Dank für das Angebot, Commander, aber ich glaube nicht, dass die Jedi einen Jedi-Angriff vorgetäuscht haben, um uns von ihrer Fährte abzulenken. Bei so etwas können zu viele Dinge schiefgehen.«

Asokajis Schultern sackten nach unten. »Also lassen Sie sie damit davonkommen.«

Daala schüttelte den Kopf und legte Asokaji dann eine Hand auf den Arm. »Nein. Ich

versichere Ihnen, dass derjenige, der Admiral Bwua’tu dies angetan hat, dafür bezahlen wird. Aber ich will, dass wir uns die wahren Angreifer vorknöpfen, nicht ihre Sündenböcke.«

Auf der anderen Seite des Bettes stieß Wynn ein hörbares Seufzen der Erleichterung aus.

»Sehr gescheit, Staatschefin. Wir wollen den Attentätern doch nicht in die Hände spielen.«

»Nein, das wollen wir nicht«, stimmte Daala zu. »Was wir wollen, ist, herauszufinden, wer sie sind. Außerdem wollen wir, dass sie wissen, dass wir nach ihnen suchen – und wir wollen, dass sie Angst haben. Wir wollen, dass sie große Angst haben.«

Wynns Miene verriet eine gewisse Besorgnis. »Darf ich annehmen, dass Sie bereits eine Idee haben, wie wir das erreichen?«

»Ja, dürfen Sie.« Daalas Blick schweifte zum Vidschirm zurück, wo Madhi Vaandt eine

letzte Zusammenfassung der jüngsten Ereignisse auf Blaudu Sextus lieferte. »Dr. Ysa’i, würden Sie uns bitte entschuldigen? Wir haben etwas streng Vertrauliches zu besprechen.«