ALINA
Im Zimmer, das ich mit Maks teilen soll, stehen ein Doppelbett, zwei Nachtschränkchen und eine Kommode. Er schließt die Tür ab und zieht mich mit seinen Blicken aus. Was auch immer ihm vorgeschwebt ist, kann er sich getrost abschminken und so kehre ich ihm den Rücken zu, zerre mir die Robe über den Kopf und stopfe sie in den Mülleimer. »Sonst noch was, was du ausziehen möchtest?« Der Boden knarrt, und als ich herumwirble, steht er so nahe bei mir, dass sein heißer Atem meine Stirn streift. »Nur keine Panik«, sagt er. Er schiebt mir das Haar aus dem Gesicht und mich schaudert es. Ich will ihn nicht in meiner Nähe haben. Ich stoße ihn weg und versuche, stärker auszusehen, als ich mich fühle.
Schnell sucht mein Blick den Raum nach möglichen Waffen ab, bis er an einer Uhr mit Marmorsockel hängen bleibt. Wenn er irgendwas bei mir versucht, knall ich ihm den an den Hinterkopf. »Bleib du in deiner Zimmerhälfte«, sage ich und deute in die andere Ecke. Er reibt sich den Mund, und bevor ich es auch nur in die Nähe der Uhr geschafft habe, stürzt er auf mich zu, packt mich von hinten an den Haaren und zieht mein Gesicht an seines heran.
»Glaubst du, ich entkorke dich ohne deine ausdrückliche Erlaubnis?« Mit seiner freien Hand zerrt er sich das Hemd aus der Hose.
Ist es derart offensichtlich, dass ich noch Jungfrau bin? Ich mache mich stocksteif. »Ich will dich nicht«, sage ich. So groß meine Angst auch sein mag, ich darf sie ihm nicht zeigen.
»Ach komm schon. Ich hab doch gesehen, wie du mich anschaust.«
Ich darf mich von seinem Starren nicht unterkriegen lassen. »Wo ist Jo?«, frage ich.
Er fährt sich mit der Zunge über die obere Zahnreihe. »Du hast Vanya gehört. Sie ist jetzt Stifterin.«
»Ihr Baby auch?«
Er lässt mich los, geht zum Fenster und wirft es auf, saugt die Nachtluft in sich hinein, wie es mir noch nie möglich gewesen ist. »Du meinst wohl, du hast uns durchschaut oder so. Irrtum. Wenn überhaupt, siehst du uns völlig falsch.« Als er sich wieder umdreht, stehen Tränen in seinen Augen, aber mir macht er nichts vor. Ich habe gesehen, wie er mit Jo umgegangen ist. Und Silas und ich haben gesehen, wie seine Handlanger eine Leiche vergraben haben. Unmöglich, da irgendwas misszuverstehen.
»Ich schlafe auf dem Boden«, sage ich.
»Fein«, sagt er. »Das hat Jo ein ganzes Jahr lang durchgezogen. Irgendwann ist sie dann zu mir ins Bett gehüpft und das hatte nichts mit der Kälte zu tun.« Er zieht sich das Hemd über den Kopf und entblößt seine Brust. Vielleicht glaubt er, mich mit dem Anblick seines Körpers betören zu können. Ich wende den Blick ab und lege mich auf den Boden.
Wir hätten niemals hierherkommen dürfen.
Und jetzt bleibt uns nur noch der Weg zurück in die Kuppel, um aus ihr das Zuhause zu machen, das sie uns immer hätte sein sollen.