OSCAR
Die Straße ist eine einzige Matschpampe, garniert mit Zementblöcken, Glasscherben und verformten Metallpfosten. Ich würde sie ja für ein Werkstück fotografieren, aber jetzt ist wohl weder die Zeit noch der Ort für künstlerische Erwägungen.
Kaum war Jude verschwunden, habe ich mir erst mal einen Augenblick gegönnt, um die Einsamkeit zu genießen. Ich war vorher noch nie alleine. Nie so richtig. Und es war schön: ein Gefühl von Raum, Freiheit und Himmel. In der Kuppel ist man nie weit von jemand anderem entfernt, nie weiter als eine Atemlänge. Doch inzwischen ist das Gefühl schon ziemlich überstrapaziert, obwohl ich erst einen Tag unterwegs bin. In Wahrheit ist das Ödland kein Ort des Friedens, sondern ein Friedhof. Es gibt nichts als menschliche Knochen und überall Zeichen des Verfalls: verrottende Matratzen, angeschlagene Teekannen, ausgetrocknete Stifte und verschrumpelte Baumstümpfe.
Ein lächerlicher Gedanke, sich hier zu verstecken. Wie sollte ich hier atmen, wenn mein Sauerstofftank erst leer ist? Wie sollte ich mich ernähren? Mit wem reden? In ein paar Monaten wäre ich entweder irre oder tot.
Deshalb suche ich nach Quinn, denn meine einzige Chance bleibt Judes Angebot – seinen Sohn zu finden und als Second zu leben.
Das wird besser sein als der Tod.
Das muss besser sein als der Tod.
Oder etwa nicht?