Epilog
Ohne den Saft vom Baum des Lebens alterte Cixi in den nächsten vier Wochen um vierzig Jahre.
Wie verlangt, setzte sie ihren Neffen Kuang Hsu erneut als Kaiser auf den Thron. Zusammen flohen sie mit dem ganzen Hof aus der Verbotenen Stadt nach Xian in der Provinz Shensi und kehrten erst im Januar 1902 wieder zurück.
Die Belagerung der Pekinger Gesandtschaften dauerte insgesamt 55 Tage. Am 14. August 1900 marschierte Lieutenant-General Gaselee mit 20.000 Soldaten der acht Verbündeten durch die Tore von Peking, um die Belagerten zu befreien. Doch es wurde eine unrühmliche Rettung. Das mächtigste Heer der Welt mordete, vergewaltigte und plünderte in einem Ausmaß, dass es zugleich als das brutalste in die Annalen der Geschichte einging.
Als Strafe für den Boxeraufstand mussten die Chinesen Reparationen in Höhe von 450 Millionen Tael in Silber an die Alliierten entrichten, zahlbar über 31 Jahre zu vier Prozent Zinsen. Das entsprach einem Silber-Tael pro Kopf der Bevölkerung.
Der Boxeraufstand kostete das Leben von 730 Missionaren und Waisen und 20.000 zum Christentum konvertierten Chinesen. Bei der Verteidigung der Gesandtschaften wurden nur 66 Zivilisten und 231 Soldaten getötet. Bei den Entsatztruppen gab es 2279 Tote. Im Vergleich dazu fielen auf Seiten der Boxer und des kaiserlichen Heeres schätzungsweise 150 000 Soldaten.
Am 14. November 1908 ließ Cixi Kaiser Kuang Hsu vergiften. Am nächsten Tag ernannte sie den zweijährigen Pu Yi zum neuen Sohn des Himmels. Innerhalb der nächsten zwölf Stunden wurde Cixi vergiftet – sie war dreiundsiebzig Jahre alt. Die Ernennung Pu Yis sollte ihr letztes kaiserliches Edikt sein. Das Schicksal wollte es, dass er, der letzte Kaiser des Reiches der Mitte, nur drei Jahre später bei einer militärischen Machtübernahme abgesetzt wurde.
Zu guter Letzt
Die alte Zypresse mit Namen Knotenbaum kann im Garten der Verbotenen Stadt beim Pavillon Ewigen Sonnenscheins besichtigt werden. Man erkennt sie leicht an den Wucherungen des Stammes und den vielen mit Teer bestrichenen Stellen. Wenn man die Hand an die Rinde legt, spürt man noch die unglaublichen Kräfte, die der Baum einst besessen hat.