19.
Feldlager der Tataren
1600 Meter westlich von Tongzhou, China
15. September 1860
Ortszeit: 16.55 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 196
Die seidenen Zeltklappen teilten sich, und aus dem Sonnenschein des Nachmittags trat Cixi, umgeben von drei Soldaten des Yehonala-Banners, in Senggerinchins Quartier. Bei dem unerwarteten Erscheinen der Lieblingsfrau des Kaisers mitsamt Gefolge zogen seine Leibwächter den Säbel und sprangen auf. Cixis Leibwächter, die nichts weniger erwartet hatten, ließen jedoch auf Anordnung ihrer Gebieterin die Waffen stecken.
Der Heerführer saß auf seinem goldenen Thron und verzehrte ein Mahl aus Schlangenfleisch und Salat. Von der Kobra hieß es, sie steigere die Manneskraft, und daher ließ er sich dieses Essen fast täglich zubereiten. Es schien ihn nicht zu verblüffen, Cixi vor sich zu sehen. Er aß ruhig weiter und zog mit den Zähnen das Fleisch von der Schlangenhaut, um sie dann auf den Boden zu werfen. Seine gelassene Reaktion stand in krassem Widerspruch zu seinem wahren Empfinden; die Frau, die er am meisten begehrte, stand keine drei Schritte von ihm entfernt.
Die Leibwächter beider Seiten blieben reglos stehen, während sie mit unruhigen Blicken zu erfassen versuchten, ob ein Angriff drohte. Keiner würde eine Bewegung wagen, ehe es ihm befohlen wurde.
Senggerinchin wischte sich den Mund mit einem bestickten Tuch ab und warf es zu der Schlangenhaut auf den Teppich. »Was bringt Euch in mein Lager, Edle Kaiserliche Gemahlin«?, fragte er.
»Befehlt Euren Leibwächtern, die Waffe zu senken«, verlangte sie.
Er lächelte. »Sie sind Krieger des Schwarzen Horqin-Banners. Überraschungen nehmen sie nicht freundlich auf.«
»Ihr seid offensichtlich nicht überrascht«, erwiderte sie raffiniert. »Als erfahrener Feldherr habt Ihr gewusst, dass ich kommen würde, um mit Euch zu sprechen.« Damit blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Männer wegtreten zu lassen.
»Ihr habt recht. Ich habe mit Eurem Kommen gerechnet. Steckt die Säbel weg und verlasst das Zelt«, befahl er. »Zweifellos werden auch Eure Soldaten hinausgehen, Edle Kaiserliche Gemahlin.«
»Nur mein Eunuch wird bleiben«, sagte Cixi.
Mit gebeugtem Kopf huschte Li Lien ins Zelt und stellte sich hinter seine Gebieterin.
»Auf meiner Seite wird Leutnant Ling bleiben«, verkündete Senggerinchin und zeigte auf einen der sechs Männer. »Doch zuerst wird er die Konkubine wegschaffen, die in meinem Schlafgemach liegt«, er gab ein Zeichen, »wir wollen doch nicht, dass sie uns belauscht.«
Mit vollkommen gleichmütiger Miene sagte Cixi: »Ich schlage vor, dass Ihr sie dort lasst. Ihr werdet sie vielleicht brauchen, nachdem ich gegangen bin.«
»Mandschurische Frauen langweilen mich«, erklärte er, gab Ling aber das Zeichen, sich hinter seinen Thron zu stellen. »Sie haben kein Feuer in den Lenden. Sie wissen nichts von Leidenschaft.«
»Vielleicht werde ich Euch eines Tages das Geheimnis lehren, wie man den Tiger entfesselt, der in allen Frauen steckt«, erwiderte Cixi. »Man braucht nur den rechten Schlüssel dazu.«
Er betrachtete die außergewöhnliche Frau, die vor ihm stand. Sie war noch viel erstaunlicher, als er sie in Erinnerung gehabt hatte. Bekleidet war sie mit dem traditionellen mehrlagigen Jifu in Safrangelb und einer eng anliegenden Weste mit dem fünfklauigen Drachen darauf. An den Füßen hatte sie passende Stiefel mit eckiger Zehenkappe zum Zeichen ihrer hohen Stellung. Auf dem Kopf trug sie eine schwarze Samtkappe mit aufgeschlagener Pelzkrempe, unter der die Haare versteckt waren.
Es war über drei Jahre her, seit er die geheimnisvolle Cixi in Fleisch und Blut gesehen hatte – und ihr Anblick enttäuschte ihn nicht. Sein Herz klopfte heftig vor Begierde, aber auch aus Neugier, was den Grund ihres Besuches anging. War sie hier, um ihr Bündnis zu festigen – oder sollte dies das Ende ihres geheimen Abkommens sein? Wenn Loyalität ihr Ziel war und er seine Karten richtig ausspielte, könnte er sie gleich hier ins Bett bekommen. Eine einfache Geste mandschurischer Gunst, befand er. Das würde ihn bestimmt anspornen, den Blauäugigen und die roten Teufel zu besiegen, die zur Stunde keine vier Tagesmärsche entfernt waren. Falls es ihr Ziel war, das Abkommen zu lösen, würde er sie mit Gewalt nehmen, beschloss er. Wer unangekündigt das Zelt eines Mongolen betrat, lieferte sich seiner Gnade aus. So oder so käme er zu seinem Vergnügen.
»Vielleicht könnt Ihr mir den Schlüssel jetzt zeigen«, sagte er mit einer anschaulichen Handbewegung.
»Verdient habt Ihr noch gar nichts«, erwiderte Cixi scharf. »Ihr seid eine Enttäuschung. Eure Unfähigkeit bei Tientsin und den Festungen hat große Traurigkeit und Sorge über das Reich gebracht.«
Ein heißer Zorn durchfuhr ihn. Eine Frau schalt ihn? Er glaubte, vor Wut platzen zu müssen.
»Unsere Abmachung ist dahin«, fuhr Cixi fort. »Die Horden der roten Teufel marschieren über unser Land, und Ihr tut nichts. Ihr sitzt in Eurem Zelt und wartet, dass sie zu Euch kommen. Warum habt Ihr nicht wenigstens die Felder verbrannt?«
Li Lien, dem klar war, dass die Situation sich schnell verschärfen konnte, löste den kleinen Dolch, den er in den weiten Ärmeln seines Gewands trug. Er machte sich auf das Schlimmste gefasst und würde wenn nötig für seine Gebieterin sterben.
Senggerinchin stand auf, die Hand am Säbelheft. Er trug die hellblaue Seide des Schwarzen Horqin-Banners und hatte die Ärmel aufgekrempelt. Seine muskulösen Arme waren angespannt, noch mehr als seine Miene. Auch er wusste nicht so recht, wie sich die Lage entwickeln würde. »Die Herrschaft der Qing hängt am seidenen Faden«, erwiderte er und bezwang sich, nicht laut zu werden. »Die Äcker und die Häuser der Chinesen anzuzünden würde das Heranrücken der Feinde nur verzögern, nicht aufhalten.« Er kam von seinem Thronpodest herab und näherte sich seiner Besucherin. »Damit würdet Ihr viel Schlimmeres erreichen«, erklärte er. »Die Bauern würden sich gegen Euch wenden. Schon jetzt verabscheuen sie die Herrschaft der Mandschu. Sie hassen die Gesetze, die Eure Beamten ihnen aufgezwungen haben. Ihr werdet eine weitere Rebellion auslösen, wenn Ihr nicht vorsichtig seid. Bedenkt, dass auf jeden Mandschu im Reich hundert Chinesen kommen. Zur Zeit habt Ihr nur einen Vorteil: Die Bauern fürchten und verachten die roten Teufel noch mehr als die Mandschu. Nicht wir sind der Feind, der die Bauern aus den Hütten treibt – die roten Teufel sind es.«
Cixi nahm seine Worte mit unbeteiligter Miene auf, doch innerlich lächelte sie befriedigt. Er hatte die erhoffte Erwiderung gegeben. »Ihr habt recht«, sagte sie kleinlaut. »Ich ahnte nichts von den weiteren Gefahren. Ich bin zerknirscht wegen meines Ausbruchs. Bitte nehmt meine Entschuldigung an.«
Der Mongole umkreiste sie und sog den betörenden Duft ihres Parfüms ein, dann kehrte er zu seinem Thron zurück. Er hätte nicht glücklicher sein können. Die begehrteste Frau der Welt stand vor ihm und brauchte seine militärische Erfahrung und Klugheit. Dafür würde er sie zu seinem Vergnügen haben und brutal gefügig machen. Doch noch anregender war das Wissen, dass ein ebenso fähiger Krieger die roten Teufel nach Tongzhou führte. Endlich würde er auf einen ebenbürtigen Gegner treffen. Die Schlacht, die unausweichlich stattfinden würde, wäre der Höhepunkt seines bemerkenswerten Lebens. Körperliche Begierde und Krieg waren die beiden Dinge, die ihm am meisten bedeuteten. Vor ihm lag die Chance auf unsterblichen Ruhm, und er würde ihn bekommen, indem er beides frontal und rücksichtslos anging.
»Ihr habt den Feind dicht an den Sohn des Himmels herangeführt«, sagte Cixi.
»Dadurch sind wir stärker«, meinte er selbstbewusst.
»Sind wir stärker als bei den Festungen?«
Er zwirbelte seine Schnurrbartenden. »Trotz Eurer Warnung war ich nicht sicher, was die Fähigkeiten des Blauäugigen anging, und daher hat er uns besiegen können. Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen, wie er auf der Mauer der Festung Zhen stand. Er geht an Elgins Seite. Er wendet die Lehren Sunzis an, als wäre er sein persönlicher Schüler. Er taktiert entschlossen und bezwingend. Die Festungen haben wir nicht verloren aufgrund meines Versagens, sondern aufgrund seines Scharfsinns. Er begeht nicht die üblichen Fehler der Invasoren. Ganz im Gegenteil. Er zeigt Weisheit und Zurückhaltung und greift uns nur bei unseren Schwachstellen an.«
»Wenn dieser Mann so machtvoll ist, lasst ihn doch umbringen«, empfahl Cixi. »Dann verschwinden unsere Schwierigkeiten mit seinem Blut in der Erde.«
»Wie könnt Ihr solch eine Tat vorschlagen!«, schnauzte er ganz im Widerspruch zu seinem einstigen Befehl. »Dieser Mann ist ein Meister vieler Disziplinen! Er ist nicht dazu bestimmt, einen so unrühmlichen Tod zu sterben! Er ist nicht nur ein meisterlicher Heerführer, er wurde auch von den Shaolin ausgebildet.« Er zog seinen Säbel und prüfte die Schärfe mit dem Daumen. »Er wird von meiner Hand in der Schlacht sterben. Das ist sein Schicksal.«
Cixi hörte das verblüfft. Offenbar hatte der Blauäugige einen beträchtlichen Eindruck gemacht. »Nur Ihr könnt ihn besiegen«, entgegnete sie schlau. »Darum habe ich Euch zu Hilfe gerufen.«
»Er ist wie aus dem Nichts gekommen …«, sinnierte Senggerinchin, »der Mann, den sie Randall Chen nennen. Er kennt unsere Verteidigungsanlagen, unsere Taktik und vor allem unsere Schwächen. Doch von heute an werden wir das Kriegsglück wenden. Ich werde ihn in meine Falle locken. Ich werde ihn verleiten, Tongzhou anzugreifen, und im Hinterhalt auf der Lauer liegen. Wenn seine Soldaten mit einem Großangriff auf die Stadtmauern beschäftigt sind, werden unsere Reiter von allen Seiten auf sie zustürmen und sie überraschen.«
Cixi prägte sich den Namen Randall Chen ein. »Warum wird das den Sieg bringen?«, fragte sie.
»Weil nur ein Narr Tongzhou nicht verteidigen würde. Er wird nicht damit rechnen. Ich werde seine Denkweise gegen ihn kehren. Erst wenn es zu spät ist, wird er seinen Irrtum erkennen. Ich spüre Hochmut in seinem Handeln, so als glaubte er zu wissen, was als Nächstes geschieht. Ich werde dieses Land in einer Weise verteidigen, auf die selbst er nicht gefasst ist.«
Cixi sah ihm an den Augen an, dass sein höchstes Ziel der Sieg über den Blauäugigen war, nicht der Thron des Reiches. »Und woher wollt Ihr wissen, dass die roten Teufel nicht an Tongzhou vorbeiziehen?«, fragte sie. »Sie könnten ohne weiteres auf Peking marschieren.«
»Dann riskieren sie, in der Ebene schutzlos eingeengt zu sein, das werden sie nicht tun.« Er stieß die Säbelspitze vor sich in den Boden. »Doch genug von der Kriegskunst, Edle Kaiserliche Gemahlin. Ihr seid aus einem bestimmten Grund gekommen, und es wird Zeit, ihn mir zu nennen.«
Sie trat vor, kniete am Fuß seines Thrones nieder und beugte den Kopf bis zum Boden. »Ich habe ein Geschenk für Euch. Und einen Befehl, den Ihr befolgen müsst.«
Die Vertiefung ihres Bündnisses war zweifellos ihr Ziel, urteilte Senggerinchin. Er würde sie sich noch heute zu Willen machen, dessen war er nun sicher. »Was für ein Befehl ist das?«, fragte er mürrisch.
»Ich habe ernste Nachrichten vom Sohn des Himmels und seinen Räten. Er hat befohlen, Euch die dreiäugige Pfauenfeder abzunehmen.«
»Ihr bringt Nichtachtung in dieses Zelt«, sagte er leise. »Meine Männer sind auf dem Schlachtfeld in seinem Dienst gefallen, und das ist sein Lohn?«
An seiner feierlichen Antwort sah sie, dass er zutiefst beleidigt war. Sie hob den Kopf und blickte ihm forschend in die düsteren Augen. Sein Säbel steckte noch im Boden, doch seine Fingerknöchel waren weiß, so heftig ballte er die Faust um das Heft.
»Ihr und der Kaiser habt das Vertrauen in mich verloren«, stellte er fest.
»Dies ist das Werk Su Shuns und seiner Kriecher«, erklärte sie. »Sie wollen uns beide entehren. Sie wollen unser Bündnis schwächen und das Reich vor den Feinden bloßlegen.«
»Mit dem, was wir wussten, konnten wir die Festungen nicht halten. Wir waren nicht auf die meisterliche Taktik des Blauäugigen vorbereitet.«
»Ihr müsst mir die Pfauenfeder aushändigen«, sagte Cixi. »Zum Ausgleich dafür gebe ich Euch etwas von gleichem Wert.«
»Was wollt Ihr mir geben?«
»Zuerst die Feder«, verlangte sie.
Senggerinchin machte eine mutlose Handbewegung, und Leutnant Ling eilte in den Hintergrund des Zeltes, wo er einen schweren Vorhang teilte. Kurz sah Cixi eine junge schöne Frau dort liegen, die nackt an ein schlichtes Bett gefesselt war. Angesichts ihrer Hilflosigkeit stockte Cixi für einen Moment der Atem.
Die Mongolen waren ein widerwärtiges, grobschlächtiges Volk, befand sie. Sie kannten nur eine Art, eine Frau zu besitzen, und zwar mit Gewalt. Dass er sich eine Mandschu ausgesucht hatte, konnte nur eines bedeuten: Das arme Ding diente als Ersatz. Er wollte seine Gelüste stillen, die eigentlich Cixi galten.
Kurz darauf kehrte Ling mit der schwarzen Samtkappe zurück, an der die kostbare Feder mit zwei roten Quasten befestigt war. Er reichte sie dem Mongolen, der sie aber nicht nahm.
»Die Aberkennung der dreiäugigen Pfauenfeder ist das Schlimmste, was der Sohn des Himmels einem Heerführer antun kann«, bemerkte Senggerinchin. »Euer Geschenk muss kostbar sein, um diese Schmach wettmachen zu können.«
»Die Aberkennung ist mein Fehler«, räumte Cixi ein. »Der Kriegsrat begreift nicht, dass Ihr der Einzige seid, der die roten Teufel aufhalten kann. Darum mache ich Euch ein sehr seltenes Geschenk.« Sie wartete kurz, dann sagte sie: »Ich werde Euch den Schlüssel der Lust zeigen.«
Senggerinchins Blut rauschte mit neuer Kraft durch seine Adern. Das war sein größter Wunsch. Er würde die Lieblingsfrau des Kaisers besitzen. Bereitwillig würde sie sich ihm hingeben, doch er würde seinen grenzenlosen Zorn an ihr auslassen.
Cixi erhob sich anmutig vom Boden. »Mein Diener und Euer Leibwächter werden uns nun allein lassen«, sagte sie. »Dann werde ich Euch etwas über Leidenschaft lehren.«
Nachdem die Genannten das Zelt verlassen hatten, knöpfte sie langsam ihre Weste auf und ließ sie fallen. »Doch es gibt Regeln, die Ihr befolgen müsst.« Sie zeigte auf das Symbol des fünfklauigen Drachen, der nun zu ihren Füßen lag. »Ich bin das Eigentum des Kaisers. Und bei der Ehre der Götter, Ihr dürft mich nicht berühren, bis Ihr unsere Abmachung erfüllt und die roten Teufel aus dem Land getrieben habt.« Sie schwieg kurz. »Erst dann werde ich Euer sein, und Ihr dürft mit mir tun, was Euch gefällt.«
Er stieß einen frustrierten Schrei aus. In seinem Zorn zog er den Säbel aus dem Boden und hieb nach einem der schweren Zeltpfosten. »Was nützt mir dann Euer Besuch?«, schrie er und schlug ein zweites Mal in das Holz.
Als wäre nichts geschehen, knöpfte Cixi ihr Jifu auf und ließ es fallen, sodass ihre makellosen Brüste entblößt waren. Einen Moment lang stand sie vollkommen still. Dann setzte sie ihren Samthut ab, worauf ihr die dunklen Haare über die Schultern fielen.
Mahnend hob sie den Zeigefinger. »Ihr habt Euren Teil der Abmachung noch nicht erfüllt. Ihr verdient es nicht, mich zu besitzen. Doch wenn Ihr heute meinen Anweisungen folgt, werdet Ihr etwas Unschätzbares über die Frauen lernen.«
Senggerinchin war von ihrem Anblick wie gebannt. Sein Verstand war überflutet mit Bildern, wie er sie auf den Boden warf, sie so fest am Hals packte, dass sie nicht schreien konnte, und in sie hineinstieß, bis sich sein mongolischer Same entlud. Gleichzeitig fühlte er sich von ihrem überlegenen Benehmen gebremst.
Cixi stieg aus ihren Hosen und stand splitternackt vor dem gewaltbereiten, unberechenbaren Mann. Sie griff sich zwischen die Beine, führte sich den Finger ein und hob ihn anschließend an den Mund, um den Geschmack zu kosten. Dass sie so vor diesem Tier stand und es dennoch fügsam hielt, ließ ihre Säfte steigen.
Sie ging an den Vorhang zum Schlafgemach und zog ihn beiseite. Da lag die junge Frau auf dem Rücken, mit Händen und Füßen an die Bettpfosten gefesselt.
Mit lang erprobter Anmut ging Cixi auf sie zu. »Weißt du, wer ich bin?«, fragte sie.
Die junge Frau hatte glatte zarte Haut; kein Makel war an ihr zu sehen. Die glänzenden schwarzen Haare lagen ausgebreitet auf dem Laken.
»Nein, Herrin«, antwortete sie ängstlich.
»Ich bin Cixi, die Gemahlin des Himmlischen Prinzen«, gab sie Auskunft. »Du wirst dich mir fügen.« Cixi wandte sich zu Senggerinchin um, der hinter ihr stand und mit seinem Verlangen kämpfte. »Ich werde sie für Euer Vergnügen vorbereiten«, kündigte sie an. »Sie wird willig und bereit sein, wie ein Tal das Wasser eines Stroms in sich aufnimmt. Wenn Ihr in sie eindringt, wird sie überströmen vor Dankbarkeit. Und Ihr werdet Lust empfinden wie noch nie in Eurem Leben.«
Sein Blick war auf Cixis schönen Rücken geheftet gewesen, und als sie sich zu ihm umdrehte, wanderte er hinab zu ihrer haarlosen Weiblichkeit. Er konnte sehen, dass sie nass war, und das beflügelte sein Verlangen noch mehr. Cixi trat hinter den Mongolen und zog ihm das hellblaue Hemd über den Kopf, sodass sein kräftiger, muskulöser Oberkörper zum Vorschein kam. Er war mit Narben übersät. Mit flinker Bewegung zog sie ihm die Hose aus, doch ohne ihn in einer Weise zu berühren, die ihm einen Vorwand gäbe, seine Beherrschung fahren zu lassen, die er sich so mühsam auferlegte.
»Ich sehe, dass Ihr Eure Frauen anzubinden pflegt, um sie gegen ihren Willen zu besitzen. Heute aber wird sie Euch wollen, sich nach Euch verzehren, an nichts anderes denken können. Aber vergesst nicht: Mich dürft Ihr nur mit den Augen besitzen. Ihr dürft schauen, aber nicht berühren. Unser Tag wird kommen«, flüsterte sie. »Dann werde ich Euch gehören.« An der Schwellung seiner Lenden und den Speicheltropfen in seinen Mundwinkeln sah sie, dass sie seine volle Aufmerksamkeit hatte.
Sie schob ihn auf sein Bett, dann kroch sie über ihn hinweg zu der nackten jungen Frau, um ihr ins Ohr zu flüstern. »Entspanne dich und atme tief. Wenn ich auf deinen Bauch presse, drücke dich nach unten. Dann wirst du in den Himmel gehoben.«
Die beste Gespielin der Welt machte sich ans Werk. Es war ein Ritual, das sie schon hundert Mal vollführt hatte, mal zum Vergnügen des Kaisers, mal zu ihrem eigenen, und in ihrer frühen Zeit, um den weiblichen Körper zu erforschen. Unter Ausnutzung der Meridiane hatte sie eine Reihe von Praktiken erfunden, die unfehlbar große Erregung und plötzliche Orgasmen auslösten.
Cixi fand am weiblichen Körper ebenso viel Gefallen wie am männlichen. Es ging nur um die Lust und ihre Steuerung. Während sie den Geruch der Frau in sich aufnahm, fuhr sie mit der Zunge über deren warme Haut und schwebte schließlich auf Händen und Knien über ihr. Ihre Brustspitzen berührten sich beim Kuss. Das würde allzu leicht werden, fand sie, doch sie hatte keine Zeit für großartige Dinge. Sie musste bis Sonnenuntergang in die Verbotene Stadt und zum Sohn des Himmels zurückkehren. Denn abends erfreute sie ihn und seine Konkubinen, jeden Abend ohne Ausnahme.
Zwanzig Minuten lang lockte und erregte sie die junge Frau, die immer lauter stöhnte. Dann schwebte sie mit dem Mund über ihren süßen Lenden. Mit größter Geschicklichkeit drückte sie die Zunge auf sie, nass und fest, und ließ sie langsam kreisen. Als sie spürte, dass ihre Gefangene nicht mehr ertragen konnte, presste sie zwei Finger gegen die Sehnen am Oberschenkelansatz und drückte mit der flachen Hand auf ihren Bauch.
Darauf stieß die junge Frau einen hemmungslosen Lustschrei aus, den sie noch nicht gekannt hatte. »Weiter, bitte!«, rief sie. »Bitte, nicht aufhören …!«
Cixi bewegte sich stets langsam und anmutig, so auch jetzt. Sie schob sich von der jungen Mandschu weg und gab dem Mongolen ein Zeichen, sich sein Vergnügen zu nehmen. »Dringt rasch ein.«
Wie ein Rasender stürzte er sich auf seine Beute.
Ohne das Weitere abzuwarten, entfernte sich Cixi von dem Bett, wischte sich die Säfte von ihren Oberschenkeln und leckte sich die Finger sauber. Sie hörte die ungestümen Stöße des Mongolen und seiner Gefangenen und hatte nicht mal ein Lächeln übrig. Stattdessen rief sie nach Li Lien, der von draußen hereinkam, den Vorhang zum Schlafgemach schloss und sich wortlos und ohne Aufhebens daran machte, seine Gebieterin anzukleiden.
Von dem dicken Vorhang gedämpft, drangen die Lustgeräusche herüber, die dem Höhepunkt entgegengingen und in einen doppelten Schrei mündeten. Dann herrschte Stille.
Als der letzte Knopf ihrer safrangelben Weste geschlossen war, streckte Cixi die Hand aus, und Li Lien legte das Dokument hinein. Sie legte ihre sauber geschriebenen Anweisungen auf Senggerinchins Thron, dann zog sie die Pfauenfeder von der Samtkappe.
Ihre Arbeit war getan. Nach wie vor gebot sie über den Willen des Mongolen. Doch ein neuer Gedanke hatte in ihr Gestalt angenommen. Wenn Senggerinchin und sein Heer bei Tongzhou unterliegen sollten, wäre bewiesen, dass der Blauäugige, dieser rätselhafte Verräter, wirklich machtvoll war. Wenn sich die Dinge zum Schlimmsten entwickelten, wäre vielleicht er der Verbündete, den sie brauchte.
Nachdem sie in die warme Sonne getreten war, ahnte sie, dass sich eine neue, unerwartete Kraft gegen das Reich erhob. Eine Kraft, die so stetig wuchs, wie die Macht des Himmelssohnes schwand. Die Zeit würde zeigen, ob sie mit diesem Gefühl recht hatte. Wenn die Streitkräfte der Invasoren schwach waren, würden sie von Senggerinchins riesigem Heer in den Hirsefeldern bei Tongzhou mühelos geschlagen. Wenn sie aber doch stark waren, wie Cixi fürchtete, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit diesem neuen Anführer zu verbünden. Die Bewunderung, die der Mongole für diesen Randall Chen hegte, sagte ihr, dass mit ihm große Dinge zu vollbringen wären.
Im Reich der Mitte knüpfte man seine Loyalität ans Überleben – das war die Art der Qing.