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Vier Stunden später erhob sich Puller von der Stelle, an der er gekniet hatte, und tütete ein weiteres Beweisstück ein. Er reichte Landry sämtliche Tüten; dann zog er die Latexhandschuhe aus und streifte die Überzieher von den Schuhen.
Carson, Landry und Bullock hatten ihm zugeschaut, als er den Tatort methodisch bearbeitete, Fotos machte, Messungen vornahm, Fingerabdrücke einstäubte und das Zimmer nach Hinweisen auf die Identität des Killers absuchte. Puller hatte sowohl dieses Zimmer wie auch das Nebenzimmer untersucht.
»Die Army hat Sie wirklich gut ausgebildet, John«, sagte Carson. Sie schien beeindruckt, als er Handschuhe und Schuhüberzieher in den Rucksack warf.
»Ja, das hat sie, John«, fügte Landry hinzu.
Puller versuchte, nicht über die zusehends kompliziertere Situation mit den beiden Frauen nachzudenken, während er seine Ausrüstung wegpackte.
Bullock hockte auf dem Rand einer Kommode. Während Puller gearbeitet hatte, hatte Landry Sandwiches und Mineralwasser besorgt. Puller hatte darauf bestanden, dass sie im Flur aßen, um den Tatort nicht zu verunreinigen.
»Irgendwelche Schlüsse?«, wollte Bullock wissen.
»Im anderen Zimmer habe ich am Bettrand einen Teilfußabdruck gefunden. Ein Schmutzmuster, das vermutlich von draußen hereingetragen wurde. Keine offensichtlichen Gerüche. Vermutlich benutzt der Killer kein starkes Eau de Cologne, das sich hält. Ich habe den Toten zu Vergleichszwecken die Fingerabdrücke abgenommen. Die meisten Abdrücke, die ich hier gefunden habe, sind von den beiden. Andere stammen vermutlich vom Hotelpersonal. Aber wir müssen jedem, der mit diesem Zimmer zu tun hat, die Fingerabdrücke abnehmen, um ihn ausschließen zu können.«
»Es sei denn, ein Angestellter hat die beiden Männer auf dem Gewissen«, meinte Carson.
»Stimmt«, sagte Puller. »Dann müssen wir von allen die Fingerabdrücke haben.«
»Wir kümmern uns darum«, erklärte Bullock. Er nickte Landry zu, die hinausging, um alles in die Wege zu leiten.
Puller ließ den Blick noch einmal durch das Zimmer schweifen.
»Sonst noch etwas?«, fragte Carson.
»Forensisch gesehen nicht. Vermutlich erfahren wir mehr, wenn wir über den Hintergrund der Toten Bescheid wissen.« Er schaute Bullock an. »Das sind keine Straßengangster. Aber Sie haben hier ein Drogenproblem, richtig?«
»Welche Stadt hat kein Drogenproblem?«, erwiderte der Polizeichef steif. Landry, die gerade wieder das Zimmer betrat, schwieg.
»Gibt es hier noch andere Probleme, von denen wir wissen sollten?«
Bullock starrte den CID-Agenten an. »Zum Beispiel?«
»Das weiß ich nicht. Deshalb frage ich ja. Sie kennen diese Stadt besser als ich.«
»Was Verbrechen angeht, gibt es an Paradise nichts Besonderes. Vor dieser Gewaltepidemie waren wir völlig unauffällig.«
Puller warf Carson einen Blick zu. Bullock entging es nicht. »Wissen Sie etwas, was ich nicht weiß?«
»Lösen sich Menschen hier in Luft auf?«, fragte Puller.
»In Luft auflösen? Was soll das nun schon wieder bedeuten? Spontane Selbstentzündung?«
»Nein. Aber gibt es hier Personen, die von einem Tag auf den anderen spurlos verschwinden?«
»Vermisste? Nein. Damit haben wir nicht oft zu tun.«
»Wie viele illegale Einwanderer ohne Papiere gibt es hier?«, wollte Carson wissen.
»Paradise ist eine Strandstadt am Golf. Eine ungeschützte Grenze. Ein Urlaubsziel. Billige Arbeitskräfte sind wichtig.«
»Deshalb arbeiten hier viele Leute ohne Papiere«, stellte Puller fest.
»So viele sind es nun auch wieder nicht.«
»Aber wenn einer dieser Leute verschwindet, würden Sie nicht unbedingt etwas davon mitbekommen, oder? Niemand würde etwas melden.«
»Wahrscheinlich nicht. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Wenn ich es herausfinde, lasse ich es Sie wissen.«
»Ich kann es Ihnen jetzt sofort sagen, Chief«, warf Landry ein. »Ein paar Kinder werden vermisst. Wir haben eine Fahndung eingeleitet.«
Bevor Bullock reagieren konnte, lud Puller sich seinen Rucksack auf. »Sind Sie soweit?«, fragte er Carson.
»Ja. Gehen wir.«
»Was denn, wollen Sie es dabei belassen?«, fragte Bullock.
»Ich bin hergekommen, weil ich herausfinden wollte, weshalb meine Tante starb. Ich habe vor, diese Mission zu beenden.«
»Und alles andere, was hier vorgeht?«
»Falls es eine Verbindung zu meiner Tante gibt, werde ich mich auch damit beschäftigen.« Puller zeigte auf das Bett. »Sie sollten die beiden Typen hier wegschaffen. Der Geruch wird unerfreulich, vor allem bei dieser Hitze.«
Carson schloss sich Puller an, während Bullock mitten im Zimmer stand und auf die Leichen starrte.
Puller lud den Rucksack in den Tahoe und stieg ein, während Carson auf den Beifahrersitz schlüpfte.
Landry eilte zu ihnen. »Fahren Sie?«
»Ja. Lassen Sie die Fingerabdrücke nehmen, damit wir sie ausschließen können?«
»Ist bereits in die Wege geleitet.«
»Informieren Sie mich, wenn Sie etwas über die beiden Toten in Erfahrung bringen. Die waren nicht hier, um Urlaub zu machen.«
»Geht in Ordnung.« Landry blickte Carson an. Dann wandte sie sich wieder Puller zu. »Haben Sie später noch Zeit?«
Puller befeuchtete die Lippen und fühlte, wie seine Wangen sich röteten. »Durchaus möglich. Ich rufe Sie an.«
Landry sah aus wie geohrfeigt. Sie richtete den Blick wieder auf Carson. »Wohnen Sie im Gull Coast?«
Zuerst glaubte Puller, Landry hätte ihn gefragt, dann wurde ihm klar, dass er nicht gemeint war.
Carson nickte. »Ja. Ich habe gerade eingecheckt.«
»Ich nehme an, Sie wollen hier Urlaub machen.«
»Richtig.«
»Dann sollten Sie vielleicht ein Hotel nehmen, das näher am Strand liegt. Vom Gull ist es ein langer Weg. Und Sie wollen doch keine Sonne verpassen.«
»Danke für den Tipp.«
»Jederzeit«, sagte die Polizistin kurz angebunden, drehte sich um und stolzierte davon.
Carson runzelte die Stirn. »Störe ich hier irgendwie?«
Puller setzte aus der Parklücke. »Nein.«
»Okay. Wo fahren wir hin?«
»Wollen Sie an den Strand?«
Carson sah überrascht aus. »Wollen Sie denn?«
»Nein. Aber ich arbeite hier, Sie nicht.«
»Ich bin keine Sonnenanbeterin. Und ich bin hier, weil Sie hier sind, also lassen Sie uns arbeiten.«
»In Ordnung.«
»Also, wohin?«
»Wo alles angefangen hat. Ins Haus meiner Tante.«