Ein Vorteil der Kleinmarkthalle ist, dass ihre Maße tatsächlich bescheiden sind. Sie hat zwei Eingänge, die gleichzeitig Ausgänge sind, dazu zwei Nebeneingänge, für die dasselbe gilt. Weil sie auch nicht spektakulär ist, wird sie auch keine Touristenattraktion. Man kann mit der Kleinmarkthalle nicht angeben. Wer hier reinkommt, will sich wirklich nur Kartoffeln, Radieschen oder ein neues Alpenveilchen kaufen. Und dann rasch wieder verschwinden, ohne sich durch ein Gedrängel durchkämpfen zu müssen. Ein zweiter Vorteil ist: Die Kleinmarkthalle befindet sich in der Innenstadt. Und weil auch die Innenstadt nicht groß ist, findet sie auch der unkundige Besucher schnell. Die Kleinmarkthalle ist beliebt. Es gibt Menschen, die (sozusagen) nur aus sozialhygienischen Gründen hier sind. Man sieht ihren angestrengten Gesichtern an, dass ihnen der Alltag zur Zeit heftig mitspielt, und deswegen bedürfen sie zwischendurch einer schnell wirkenden Belebung, die nichts kostet und den ganzen Körper ergreift. Es sind lebensfrohe Anblicke: eine saftige Schinkenkeule, ein Berg von Orangen, eine große Forelle, belgische Pralinen, Austern und Muscheln. Längs der hinteren Wand haben sich mehr und mehr – wie soll man sie nennen? – fliegende Kleinlokale eingerichtet. Fastfoodbistros sind es nicht, es wird richtig gekocht und zubereitet. Der Platz reicht nur für winzige Tische und winzige Stühle, da und dort sind es auch Barhocker und entsprechend hochgestellte Tische. Hierher kommen junge Ehepaare mit Kindern, die in der Stadt schon eine Menge Geld ausgegeben und plötzlich das Gefühl haben, dass sie mal wieder ein bisschen sparen müssten. Aber die Ehefrau soll für den anstrengenden Tag nicht bestraft werden, indem sie jetzt auch noch kochen muss. Die Familie sucht sich einen Stand, an dem es halbe Hähnchen, Pizza oder Würstchen mit Salat gibt. Ein dritter Vorteil ist, die Kinder müssen hier nicht beaufsichtigt werden. Sie haben genug zu gucken, außerdem gibt es überall Kostproben: Schokolade, Marzipanrüben, Pralinen, Zuckerwatte. Die Eltern klettern auf zwei Barhocker und wissen nicht recht, ob sie für die Kinder mitbestellen sollen. Die Kinder sind sowieso viel zu aufgeregt, um an das Mittagessen zu denken. Sie rennen herum und winken zwischen den Ständen hervor.