Bis Mitte der achtziger Jahre hat es in der Frankfurter Innenstadt etwa acht Buchhandlungen gegeben. Weil ich in mehreren dieser Läden Kunde war, kannte ich einige der Inhaber persönlich. Wenn sie nicht alle gelogen haben, waren sie mit ihren Umsätzen im großen und ganzen zufrieden, eingerechnet die flauen Sommermonate, die durch die starke Umsatzsteigerung in der Vorweihnachtszeit ausgeglichen wurden. Dann verbreitete sich eine Nachricht, die auf die Inhaber der Buchhandlungen lähmend wirkte: Eine große Buchhandelskette beabsichtigte, auch in Frankfurt eine Niederlassung zu eröffnen. Wenn ich mich recht erinnere, gehörte ich damals zu den Optimisten. Ich glaubte, dass die ortsansässigen Sortimenter den Neuankömmling verkraften würden. Einige Buchhändler verwiesen sogar auf die ihrer Meinung nach ungünstige Lage der neuen Filiale; sie sollte auf einer zwischen stark befahrenen Straßen gelegenen Fußgängerinsel plaziert werden. Als ich hörte, dass sich die neuen Geschäftsbetreiber ein leerstehendes Kino als Geschäftsräume ausgesucht hatten, befielen mich Zweifel, ob die Kettenchefs ihre Erfolgsaussichten nicht überschätzten. Der Kettenladen lockte außerdem mit zusätzlichen Angeboten, zum Beispiel mit einem Café im Tiefgeschoss. Wobei zu sagen ist, dass dieses Café nicht wirklich wie ein Café aussah. Es wirkte eher wie ein Warteraum in einem Flughafen oder wie die Lobby eines mittleren Hotels. Das amorphe Großstadtpublikum schätzt diese Vermischung der Atmosphären. Ich bin offenbar ein eher konservativer Charakter (geworden), der die angetäuschte Vermischung des Angebots nicht schätzt; aber offenkundig gehöre ich einer Minderheit an. Wenn ich einen Buchladen betrete, dann wünsche ich Bücher zu sehen; bei mir sind die Welten nach wie vor getrennt. Die Atmosphäre der Kettenfiliale wirkte ein wenig zwiespältig, war aber erfolgreich. Es mussten, wie vorausgesagt, in der Folgezeit tatsächlich einige Buchhandlungen in der Innenstadt schließen. Andererseits haben inzwischen in Stadtbezirken, wo es zuvor nie Buchhandlungen gegeben hatte, ganz neue Läden ihre Pforten geöffnet. Es sind Buchläden jenes älteren Typs, den ich eigentlich für untergegangen gehalten hatte. Sie haben nicht mehr als zwei oder maximal drei mittelgroße Verkaufsräume mit einem kleinen Tisch für die Kasse und den Quittungsblock. Die Inhaber sind meistens auch das Personal. Sie sind außerdem überwiegend Literaturkenner, was das Publikum offenkundig zu schätzen weiß. Soweit ich weiß, hat keiner der neuen Läden bisher Insolvenz angemeldet.