Am Stadtrand, wo Frankfurt seine Hektik verliert und leer und gemütlich wird, gibt es auch kleine Geschäfte und die dazu passende Kundschaft. Wenn meine Arbeit über die Maßen problematisch wird und ich nicht recht weiterkomme, gehe ich dort spazieren und sammle Anblicke eines geruhsameren Lebens, von dem ich hoffe, dass es sich auf mein Schreiben auswirken wird. Zum Beispiel die Verkäuferinnen in fast noch ländlichen Bäckereien. Sie sind noch sehr jung und das tägliche Arbeiten noch nicht gewöhnt. Vermutlich können sie sich nicht recht erklären, warum sie plötzlich nicht mehr in der Schule sind und stattdessen tagtäglich Brot, Brötchen und Kuchen verkaufen. Eines der Mädchen hat in einem Brotregal einen altertümlichen Kassettenrecorder (gibt es das Wort noch?) versteckt. Wenn der Laden leer ist, drückt das Mädchen die Play-Taste, setzt sich auf den Stuhl neben der Kommode und hört die Platters. Erst vor einer Woche habe ich ihr gesagt, dass sie den Kassettenrecorder wegen mir nicht abstellen muss. Wenn ich mich nicht täusche, hat sie sich gefreut. Dennoch hat sie gewartet, bis ich den Laden wieder verlassen hatte, ehe sie den Recorder wieder einschaltete. Wahrscheinlich hat sie mir doch nicht ganz vertraut. Nicht weit von der Bäckerei gibt es einen ebenso kleinen Friseur-Salon, in dessen Schaufenster fast täglich eine Katze liegt. Das Schaufenster ist schmal, die Katze liegt der Länge nach hingestreckt zwischen Spraydosen, Reklameschildchen und Parfümfläschchen. Mit den Hinterpfoten berührt die Katze die Wand links, mit den Vorderpfoten die Wand rechts. Am schönsten ist, wenn sich ihr Fell durch regelmäßiges Atmen leicht öffnet und wieder schließt. Ich wundere mich, dass nicht mehr Leute vor dem Schaufenster stehen bleiben. Nein, eigentlich ist es mir recht, dass nur ich es tue. Ich habe festgestellt, dass ich leider ein wenig eifersüchtig werde, wenn ich einen schönen Anblick mit anderen Menschen teilen soll. In diesem Fall habe ich Glück. Die meisten Leute, die zu dieser Stunde vorübergehen, haben entweder keine Zeit, oder sie finden eine Katze im Schaufenster nicht bemerkenswert.