Der Raz Blanchard

Gischtkronen, mahlendes Packeis, reißendes Monstrum – welches Gesicht der Raz dir zeigt, bestimmt er selbst. Er saugt alles ein und wirbelt es durcheinander wie eine riesige Schleuder. Die Leute aus La Hague haben schon das Ihre erlebt, was Schiffbrüche und Schmerzen, Schreie und Tränen angeht.

Diese Strömung ist schlau, sie ist nicht wie die anderen. Den Raz Blanchard kann man nicht bändigen. Einmal lässt er dich durch, und das nächste Mal hat er keine Lust, und aus und vorbei. Falls du dir einbildest, du kannst seiner Herr werden, dann schließt er dir schnell dein vorlautes Maul.

Der Raz Blanchard ist ein wirres Durcheinander aus kurzen und langen (kurz- und langwelligen) Strömungen, die gegeneinander ankämpfen und ihn noch schneller machen. Die langen Strömungen lauern hinter den Felsen, so lange sie können, und die kurzen stürmen dagegen an. Das menschliche Auge aber sieht nur weiße Schäfchen in der brodelnden Brandung.

Der Raz ist eine Gezeitenströmung.

Manchmal ist er hell und laut wie ein Wasserfall.

Der Rückstau der Strudel und Wirbel sieht wie ein Watteband aus, ein dicker weißer Verband auf der Haut des Meeres. Denn darunter tobt und tost es. Die Wirbel wühlen sich unter Steine und Felsen, von den vorüberziehenden Schiffen ganz zu schweigen. Der Raz spielt dem Land genauso übel mit wie dem Meer. Er beeinflusst das Wetter, aber auch die Milch, die Milch deiner Kühe, die schlechter wird.

Bei uns regnet es Meerwasser!

Das Gras wird von der Gischt gesalzen, und die Butter wird von selbst salzig.

Wenn der Raz auf einmal austrocknen würde, würde man allerhand Strandgut finden. Oder zumindest das, was davon übrig geblieben ist. Wahrscheinlich nicht mal die Hälfte. Wenn du ihn so anschaust, wie er gegen das Ufer anrennt und dich anbrüllt, dann bist du so klein mit Hut. Du bist nicht eingebildet, aber Angst hast du auch nicht. Er ist mit dir und gegen dich, man muss ihn nur kennen.

An der Passage, die wir La Deroute nennen, ist jeden Tag Krieg. Die besiegten Ströme werden geduckt.

Der Raz, der mein Leben so sehr geprägt hat, ist ein Menschenfresser.

Aber der »Fußfischer« ist auch ein reißendes Tier.