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Whistlers Lichter flammten auf, und der kleine R2-Droide begann, sich in dem Raum umzusehen, in dem er sich befand. Abgesehen von dem Licht, das er selbst erzeugte, waren keine anderen Lichtquellen festzustellen. Als er den Raum scannte, fand er ein paar Strom- und Computerleitungen und ein recht umfangreiches System von Lüftungsschächten hinter den Wänden. Der Raum besaß nur eine Tür, die allem Anschein nach ziemlich massiv war, und er konnte keine Wärmesignatur von irgendwelchen Lebewesen feststellen, die vor der Tür oder an der Wand Wache hielten.

Diese Daten strömten alle in ein einfaches Programm, mit dem er seine Lage beurteilen und verschiedene Alternativen für sein künftiges Handeln auswählen konnte. In der Vergangenheit hatte das Programm immer die Empfehlung abgegeben, in den Schlafzustand zurückzukehren, in dem alle Lichter ausgeschaltet waren und er die örtlichen Komfrequenzen nach irgendwelchen Sendungen Corrans absuchte. In diesem passiven Wartezustand hatte er sich von dem Augenblick an befunden, in dem die Imperialen ihn mit dem Rest der Astromech-Droiden der Sonderstaffel in diesen Raum gebracht hatten. Corran hatte es tatsächlich geschafft, mit ihm über Komlink in Verbindung zu treten und Whistler Zugang zu den von den Imperialen benutzten Zerhackercodes zu verschaffen; dadurch konnte der Droide den Komverkehr während ihrer Ausbildungssitzungen anzapfen.

Außerdem hatte Corran ihm einen Statusbericht über ihn und die übrigen Mitglieder der Sonderstaffel geliefert. Ihre Lage war tatsächlich beunruhigend. Dass Whistler sich dessen bewusst war, beruhte auf einer Analyse von Corrans Sprechmustern und einer Stressanalyse seiner Stimme. Er listete diese Anzeichen von Angst zusammen mit den Schlüsselworten, die sie offenbar auslösten, auf: Isard (Status lebend), imperialer Stützpunkt (geheim), TIE-Defender (geheim) und Einsatz (geheim, gefährlich).

Whistler begann einen Passivscan von Komlinkfrequenzen. Er katalogisierte das auf jeder Frequenz benutzte Vokabular und nahm dann eine Korrelation vor. Zunächst stellte er fest, dass die Sonderstaffel und ihre imperialen »Kollegen« eine weitere Simulation durchführten, in der sie gegeneinander antraten. Diese Art von Ausbildungseinsätzen war im Verlauf der letzten beiden Wochen zur Gewohnheit geworden. Auf den anderen Frequenzen registrierte er Bemerkungen, die darauf hindeuteten, dass Corrans Vermutung hinsichtlich des Stützpunkts richtig gewesen war. Der Pilot hatte angenommen, dass die Simulatorgefechte zwischen der Sonderstaffel und den Imps in einer so kleinen Station, die sich keiner ernsthaften Bedrohung von außen ausgesetzt sah, einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden. Whistlers Korrelationen zeigten an, dass fünfundsechzig Prozent der lokalen Frequenzen für die Beobachtung der Gefechte eingesetzt wurden und, was wesentlich wichtiger war, sogar fünfundachtzig Prozent der Sicherheitsfrequenzen.

Und dieser Prozentsatz aktivierte einen weiteren Programmbestandteil. Ein Code rief Whistlers Ausweich- und Fluchtprogrammierung auf. Eine derartige Programmierung gehörte nicht zu den üblichen Programmen eines Astromech-Droiden, aber es gab auch nur sehr wenige Astromech-Droiden, die für den Einsatz beim corellianischen Sicherheitsdienst umgebaut worden waren. Dieser Umbau hatte ihm nicht nur spezielle Schaltungen beschert, die ihm Überwachung, Analyse, Flucht- und Ausweichmanöver erlaubten, und ihm darüber hinaus eine ganze Anzahl Hackerprogramme verschafft, sondern einige seiner inneren Komponenten waren auch in einer Art und Weise umgebaut worden, dass die Anbringung eines Sperrbolzens nicht viel mehr bewirkte, als ihn über die per Fernbedienung an ihn abgesetzten Befehle zu informieren. Als der imperiale Techniker eine solche Fernbedienung benutzt hatte, um ihm Befehle zu geben, hatte Whistler vorgetäuscht, sich abzuschalten und wieder einzuschalten. Verbrecherische Elemente hatten mehr als einmal fälschlich angenommen, dass ein Sicherheitsdroide durch einen Sperrbolzen ausgeschaltet sei, und dann lernen müssen, diese Annahme zu bedauern.

Ohne sich um die zylinderförmige Vorrichtung zu kümmern, die an seinem Torso befestigt war, rollte Whistler an ein Regal, zwängte den Zylinder unter dessen Rand und drehte sich blitzschnell im Kreis. Der Sperrbolzen brach ab und fiel klappernd zu Boden.

Whistler gestattete sich ein leises, kaum hörbares Pfeifen. Er ließ seinen Kopfkreisen, entdeckte Gate und rollte zu dem rot-weißen R5-Astromech hinüber. Whistler streckte seinen Zangenarm aus, ließ blaue Energie über den Sperrbolzen an Gates Torso flackern und zog ihn dann herunter.

Gates Lichter flammten auf, der Droide begann zu zittern und hüpfte von einem Fuß auf den anderen.

Whistler trillerte, er solle sich beruhigen, und beantwortete dann schnell die Fragen des größeren Droiden nach Ort und Zustand. Whistler versicherte ihm, dass der Einsatz, auf den sie geschickt wurden, offiziell sanktioniert war. Außerdem informierte er Gate mit einem leisen Pfeifton über das hohe Risiko ihres Einsatzes.

Gate konterte scharf, seine Prozessorzeit sei viel zu wertvoll, um sie mit der Analyse sinnloser Chancen zu vergeuden. Sie seien Droiden, die mit einem Auftrag betraut worden seien, den sie auch erfüllen würden. Alle nicht lebenswichtigen Kalkulationen wären nur Zeit- und Energievergeudung.

Whistler tutete vergnügt und rollte zu der großen Lufteinlassöffnung in der Wand hinüber. Er fuhr seinen Schneidearm aus und durchschnitt eine der Schrauben, die das Gitter festhielt. Gate durchschnitt die andere, und dann rückten beide langsam ein Stück zurück, warteten, bis das Gitter sich in den Raum neigte, packten es dann mit ihren Zangen an der Ecke und zogen es von der dunklen Höhlung dahinter weg.

Die Wartungs- und Konstruktionsdroiden, die für den Bau und die Reparatur des Umweltsystems in dem Stützpunkt eingesetzt waren, waren etwas größer und ein gutes Stück breiter als die Astromech-Droiden, und Gate und Whistler hatten deshalb keinerlei Probleme, in die Öffnung einzudringen. Innen zog Gate das Gitter wieder an seinen ursprünglichen Platz und drückte es dann mit seinem Zangenarm so gegen das Schachtgehäuse, dass es für einen unbefangenen Beobachter aussah, als ob nichts verändert worden wäre.

Die Astromechdroiden rollten in die Schächte und hielten an einer Gabelung an. Whistler streckte seine Kommunikationssonde aus und drückte sie in einen Kommunikationsport. Das Metall der Schächte verzerrte die Komfrequenzen so, dass die Reparaturdroiden sich regelmäßig in das Kommunikationssystem des Stützpunkts und auch seine Computeranlage einklinkten, um Tests durchzuführen und Reparaturanforderungen entgegenzunehmen. In der Zeit, in der Whistler passiv die Komfrequenzen des Stützpunkts abgehört hatte, hatte er genügend Sendungen von Reparaturdroiden aufgenommen, die sich in das Kommunikationsnetz eingeklinkt hatten, sodass es ihm keine Mühe bereitete, einen nachzuahmen und binnen Nanosekunden in das System einzudringen.

Zunächst kalibrierte er seine innere Uhr auf die lokale Zeit sowie die imperiale Standardzeit. Anschließend hackte er sich in das Planungs- und Kontrollsystem des örtlichen Raumhafens ein und lud den kompletten Ankunfts- und Abflugsplan der nächsten Woche herunter. Er fand mehrere Schiffe, die am nächsten Tag starten würden, von denen die meisten mühelos Platz für zwei Astromech-Droiden finden würden. Das Computersystem des Raumhafens bot sogar ein Link zu einigen Speditionsmaklern. Sobald er in diese Systeme eingedrungen war, konnte er für sich und Gate eine Passage beschaffen.

Für die Passage zu bezahlen, stellte freilich ein Problem dar. Corran hatte ihm erklärt, dass Isard sich nichts sehnlicher wünschte als den Tod der gesamten Sonderstaffel. Wenn Krennel nicht wusste, dass sie noch lebten, konnten sie gegen ihn eingesetzt werden. Die bloße Tatsache, dass die Sonderstaffel bei Distna in einen Hinterhalt geraten war, deutete daraufhin, dass Krennel Zugang zum Nachrichtendienst der Neuen Republik hatte, und das Eingreifen von Isards Streitkräften deutete wiederum darauf hin, dass sie Zugang zum Nachrichtendienst von Krennels Hegemonie hatte – und wahrscheinlich auch zu dem der Neuen Republik. Wenn er also den Preis für ihre Passage von einem der verschiedenen Konten Corrans abbuchte – Konten, zu denen Whistler ohne große Mühe Zugang hatte, da er alle relevanten Passwörter und Zahlen kannte –, könnte das darauf hindeuten, dass Corran noch am Leben war. Und wenn Krennel und Isard davon erfuhren, würde das eine große Gefahr für die Sonderstaffel darstellen, da mit einer wütenden Reaktion Isards zu rechnen war.

Aus seiner Verbindung mit dem Computer der Pulsar Skate hatte Whistler sich eine Liste von Konten beschafft, die Mirax für ihre Geschäfte nutzte. Es schien ihm zweckmäßig, eines dieser Konten zu benutzen, da Mirax häufig interstellare Sendungen veranlasste, die sie dann an irgendeiner Station abholte. Trotzdem würde es vermutlich zu viel ungewünschte Aufmerksamkeit erregen, wenn er unbefugt eines ihrer Konten benutzte, und darüber hinaus könnte sie das auf den Gedanken bringen, dass die Sonderstaffel überlebt hatte. Whistler hatte zwar keinen Anlass, an Mirax’ scharfem Verstand zu zweifeln, aber ihre Reaktion könnte trotzdem alles in Gefahr bringen.

Auf der Skate hatte er auch noch ältere Konten gefunden, die Mirax seit längerer Zeit nicht mehr benutzt hatte. Alle Hinweise deuteten darauf hin, dass diese Konten von Booster Terrik lange Zeit vor seiner Verurteilung angelegt und seitdem nie benutzt worden waren. Whistler analysierte die Kontenaktivität und die Kontostände und wählte eines davon zur Finanzierung ihrer Flucht aus.

Anschließend nahm er eine schnelle Risikoanalyse ihrer Fluchtroute vor, überprüfte die Berichte über Verbrechen, die Prozentsätze von Jawas und Hässlingen in den jeweiligen Bevölkerungen sowie die fluktuierenden Wiederverkaufspreise von Droiden entlang dem Kurs zu ihrem Zielort. Die meisten Risiken schienen eher geringfügig, aber es gab auch ein paar Punkte, bei denen das Potenzial für Fremdeinwirkung hoch erschien. Diese Analyse rief einen weiteren Programmbestandteil auf und aktivierte eine Nachricht, um ein Treffen mit jemandem zu arrangieren, der sie an den gefährlichen Punkten ihrer Reise vorbeilotsen und zu ihrem Endziel bringen würde.

Falls er dort auftauchte.

Whistler sah sich den Text der Nachricht noch einmal an, nahm ein paar redaktionelle Veränderungen vor und sandte sie ab.

Er würde auftauchen.

Whistler sicherte die entsprechenden Verbindungen und errechnete dann vier unterschiedliche Routen zu ihrem Ziel. Mit einer hochfrequenten Folge von Pfeif- und Quietschtönen jenseits des menschlichen Hörbereichs gab er alle Details an Gate weiter. Dann rollten die beiden zusammen auf die Ausstiegsluke für Wartungsdroiden in der Nähe der Atmosphäreregelungsanlage am hinteren Teil des Gebäudes zu. Sobald es draußen dunkel geworden war, würden sie aus der Basis und von der Welt fliehen, um der Sonderstaffel die Hilfe zu beschaffen, die sie sicherlich brauchen würde.