6
Corran betrat sein dunkles Apartment und ließ die Tür leise hinter sich zugleiten. Ein paar Lichter blinkten, dann begrüßte ihn ein leises, langsam lauter werdendes Pfeifen.
»Ich bin’s, Whistler. Sei ruhig.« Corran schlüpfte aus seinem Jackett und ließ es neben der Tür fallen. »Schläft Mirax?«
Die R2-Einheit trillerte zustimmend, aber im Schlafzimmer wurde es hell. »Corran, bist du das?«
Er blieb außerhalb des schmalen Lichtstreifens, der durch den Spalt zwischen Türstock und Tür fiel. »Ja, ich bin’s. Steh nicht auf, ich komme gleich rein.«
»Alles okay bei dir? Corran?«
Und dabei bin angeblich ich derjenige mit den latenten Jedi-Fähigkeiten. »Alles klar.« Er stieß mit dem rechten Fuß die Schlafzimmertür auf und lehnte sich dann an den Türstock. Als er seine Frau in einem hellblauen Nachthemd, das schwarze Haar hochgesteckt, auf dem Bett liegen sah, lächelte er.
Das heißt, so weit seine geplatzte Lippe das zuließ.
Mirax fuhr im Bett in die Höhe. »Was ist denn dir passiert?«
»Das war nichts.«
»Nichts? Deine Lippe ist aufgeplatzt, dein rechtes Auge fast zugeschwollen.« Sie schob die Decke weg und ging barfuss zur Hygienezelle. Corran hörte Wasser laufen, dann kam Mirax mit einem feuchten Lappen zurück. Sie wollte ihm damit das Blut vom Kinn wegtupfen, aber er griff nach ihrer Hand.
»Mirax, es ist alles in Ordnung.« Er nahm ihr den Lappen weg und fing an, das verkrustete Blut wegzurubbeln. »Ich wollte einen klaren Kopf bekommen, und deswegen bin ich das Stück von der Leichenhalle zu Fuß gegangen. Und da habe ich ein wenig Ärger bekommen.«
Mirax stemmte die Fäuste in die Hüften. »Ein wenig Ärger? Du hast besser ausgesehen, als du aus der Lusankya kamst.«
Er gab einen Laut von sich, der wie ein Lachen wirken sollte, und schob dann ein Lächeln nach, das an seiner gespaltenen Lippe zerrte. »Nun, was mir wirklich wehtut, geht auch auf die Lusankya zurück. Ich werde einfach das Bild von Urlor nicht los, wie er blutüberströmt vor mir zusammengebrochen ist. Wedge und Iella haben mir auch gesagt, dass ich keine Schuld an seinem Tod habe, aber ich hatte versprochen, ihn zu befreien, und das ist mir nicht gelungen, und deshalb mache ich mir Vorwürfe.«
Sie legte den Kopf etwas zur Seite. »Also hast du dich nach einer Prügelei umgesehen und dich von jemandem verdreschen lassen?«
Corran streckte sein Kinn vor. »Die Prügelei brauchte ich nicht zu suchen, die hat mich ganz allein gefunden. Es war eine kleine Bande von Jugendlichen. Ein Rodianer hat sie angeführt. Ich habe nicht aufgepasst, und das hat die auf die Idee gebracht, mich anzugreifen.«
Mirax griff nach seiner rechten Hand und führte ihn zum Bett hinüber. Er setzte sich, und sie kniete dann zu seinen Füßen nieder und fing an, seine Tunika aufzuknöpfen. »Ich denke, das Blut aus dem Hemd kriege ich raus. Wo ist das Jackett?«
»Neben der Tür. Das, was davon übrig geblieben ist. Einer von den kleinen Mistkerlen ist mit einem Ärmel davon weggerannt.« Corran drückte sich den feuchten Lappen auf die Schwellung unter seinem Auge. »Der Rodianer hatte eine ganz gute Linke. Er hat mich von rechts hinten angegriffen und mir eins über den Schädel gegeben. Dann hat er mich herumgedreht und mir die Lippe gespalten. Ein anderer hat meinen Ärmel gepackt, und da dachte ich schon einen Augenblick lang, jetzt sei alles vorbei.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich fing an, mich selbst zu bemitleiden, und dann sah ich plötzlich Urlor dort in der Leichenhalle liegen, und mir wurde klar, dass ich, so scheußlich ich mich auch fühlte, wenigstens fühlen konnte. Ich dachte an dich und an Jan Dodonna und die anderen Gefangenen von der Lusankya und an denjenigen, der Urlor hierher nach Coruscant geschickt hat. Und da war mir plötzlich klar, dass es für mich Wichtigeres zu tun gab, als in Selbstmitleid zu versinken, und dann wurde alles ein wenig unheimlich.«
Mirax zog Corran das Hemd vom linken Arm, knöpfte dann die rechte Manschette auf und schob den Ärmel an dem feuchten Lappen, den er in der Hand hielt, vorbei. »Was soll das heißen?«
»Nun, ich hatte das schon ein paar Mal gespürt, wenn ich mit der Staffel flog, oder auch beim CSD. Alles lief plötzlich ganz langsam ab; ich wusste, was der Rodianer jetzt gleich tun würde, wusste, was die anderen tun würden. Ich konnte sie einfach spüren. Ich wusste, wie ich mich bewegen musste, um ihren Schlägen auszuweichen. Es war ein Gefühl, als ob sie Marionetten wären, denen jede Bewegung von der Choreographie vorgeschrieben ist, und ich bin einfach dazwischen weggeschlüpft. Ich brauchte gar nicht zuzuschlagen oder einen von ihnen zu treffen. Ich bin einfach weggeschlüpft.«
Mirax warf sein Hemd auf den Boden und zog ihm den rechten Stiefel aus. »Das klingt mir sehr nach Jedi.«
»Ja, vielleicht hatte das etwas mit der Macht zu tun. Ich weiß es nicht.« Er zuckte die Achseln. »Hat auch nichts zu bedeuten. Viel wichtiger ist, dass ich unbedingt Jan Dodonna finden muss. Irgendwie habe ich mich ablenken lassen, wahrscheinlich wegen der ganzen Thrawn-Geschichte und so. Aber damit ist jetzt Schluss.«
Corrans linke Hand ballte sich zu einer Faust, und Mirax griff schnell mit beiden Händen danach. »Corran, ich weiß, du bist über dich selbst enttäuscht, weil du General Dodonna noch nicht befreit hast, wie du es ihm versprochen hast, aber du darfst einfach nicht vergessen, dass du alles dir Mögliche getan hast. Dass du deinen Abschied bei der Sonderstaffel genommen hast, hat alle dazu veranlasst, Jagd auf Ysanne Isard zu machen und sie schließlich zur Strecke zu bringen. Du bist zur Lusankya zurückgekehrt, genau wie du das versprochen hast.«
»Freilich, aber sie waren nicht dort.«
»Nein, das waren sie nicht, aber ich glaube, du musst einfach aufhören, sie als Opfer zu betrachten.« Sie tippte ihm mit dem Finger an die Schläfe. »Ich erinnere mich gut, was du mir über Jan Dodonna erzählt hast, wie er dir gefolgt ist und Derricote daran gehindert hat, dich zu töten. Er war ein kluger Mann, und du musst wissen, dass er alles, was mit der Lusankya passiert ist, richtig interpretieren konnte. Dass Isard ihn und alle anderen dort weggebracht hat, war für ihn ein Zeichen dafür, dass du mit deinem Vorhaben Erfolg hattest. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, wenn du dein Versprechen nicht gehalten hättest, hätte Eisherz sie nie weggeschafft. Das wissen die.«
Sie strich ihm über die linke Gesichtshälfte. »Wenn ich je verschwinden sollte, hätte ich keine Angst. Ich weiß, du würdest die ganze Galaxis auf den Kopf stellen, um mich zu finden. Du würdest alles tun, um mich zu finden.«
Corrans linkes Auge verengte sich. »Keine Frage, alles was nötig wäre.«
»Jan Dodonna weiß, dass du ein Mann bist, der sein Wort hält. Er weiß auch, dass die Dinge komplizierter geworden sind, weil man ihn und die anderen Gefangenen verlegt hat, aber er wird keinen Augenblick daran zweifeln, dass du dein Versprechen halten wirst.«
Er ließ sich auf das Bett zurücksinken und schloss die Augen. Die Überzeugung, die aus Mirax’ Stimme klang, verdrängte den Schleier aus Selbstzweifeln und das Gefühl, Urlor im Stich gelassen zu haben. Er wusste, dass Wedge und Iella Recht gehabt hatten, als sie ihm erklärten, dass Urlors Tod nicht seine Schuld war, auch wenn sein Stimmmuster ihn ausgelöst hatte. Trotzdem brachte er es einfach nicht fertig, alle Verantwortung von sich zu schieben. Schließlich hatte man Urlor als Waffe ausgewählt, um an ihn heranzukommen. Wäre er nicht von der Lusankya geflohen, hätte man Urlor nie zu ihm geschickt. Indem Corran das getan hatte, hatte er sich jemanden zum Feind gemacht, und dieser Feind hatte offenbar keinerlei Skrupel, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel gegen ihn einzusetzen, sozusagen um ein Exempel zu statuieren.
Aber ein Exempel statuieren und ein Ziel erreichen sind zwei verschiedene Dinge. Urlors Tod dazu zu benutzen, ihn zu reizen und darauf hinzuweisen, dass er sein Versprechen nicht gehalten hatte, war eine Sache. Aber das konnte nicht das einzige Ziel dieser Maßnahme gewesen sein, dafür wäre das Ergebnis viel zu bescheiden gewesen. Der Betreffende hat mich ganz eindeutig verletzen wollen. Mich ablenken, mich daran hindern, mich auf etwas zu konzentrieren. Aber worauf konzentrieren?
»Mirax, denk einmal nach, ob das für dich einen Sinn ergibt. Urlor auf dieser Party zu töten – und auf diese Weise – ist doch praktisch die Garantie dafür, dass die Sonderstaffel ihre Ehre daran setzen muss, die Gefangenen zu befreien, oder nicht?«
Er spürte ihr Gewicht neben sich auf dem Bett. »Der erste Sprung deines Kurses scheint mir richtig berechnet.«
»Okay, dann sieht es doch so aus, als würde unser Feind von uns erwarten, dass wir mehr emotional als rational reagieren. Der Feind hat den ersten Zug getan, und jetzt werden wir darauf reagieren.« Er schlug sein linkes Auge auf und drehte sich zu ihr hinüber, sah sie an. »Urlor ist der Köder einer Falle, in der die Sonderstaffel vernichtet werden soll.«
»Das scheint mir ein logischer Schluss.« Sie presste die Lippen zusammen. »Ihr werdet davon ausgehen müssen, dass euch eine Falle erwartet, ganz gleich, was ihr als Nächstes unternehmt. Ihr werdet also vorsichtig sein müssen.«
»Gut, dann sage mir, ob ich meine eigene Bedeutung zu hoch einschätze, wenn ich davon ausgehe, dass dieser Feind es auf mich und die Sonderstaffel abgesehen hat?«
»Corran, du bist ein Pilot, der einmal für den CSD tätig war. Weder Piloten noch CSD-Leute sind für ihre Bescheidenheit bekannt. Das gehört sozusagen mit zur Uniform.« Mirax ließ ein kurzes Lächeln aufblitzen. »In dem Fall bin ich allerdings der Ansicht, dass du Recht hast. Wer auch immer hinter dieser ganzen Geschichte steckt, ist grausam und böse zugleich. Und es gibt eine ganze Liste ehemals führender Leute des Imperiums, auf die eine solche Beschreibung passt.«
»Diese Person wird nicht auf einer solchen Liste stehen.« Corran runzelte die Stirn. »Wir haben es mit jemandem aus der Umgebung von Isard zu tun, jemandem, der der Sonderstaffel die Schuld für die Vernichtung Isards gibt. Hier geht es um Rache und Vergeltung. Ich glaube nicht, dass ihnen dies auf lange Sicht gelingen wird, aber ich fürchte, dass noch eine ganze Menge Leute sterben werden, so wie Urlor, ehe wir diese Bedrohung beseitigt haben.«
Gavin Darklighter ließ den goldbraunen corellianischen Brandy in dem kleinen Glas kreisen und kippte ihn dann mit einem Schluck hinunter. Er spürte, wie ihm ein kleiner Tropfen Brandy aus dem Mundwinkel in den Backenbart rann. Der Rest der feurigen Flüssigkeit brannte in seiner Kehle, aber auch das reichte nicht aus, um das eisige Gefühl zu verdrängen, das ihn erfasst hatte. Er wischte nachlässig mit der linken Hand nach dem Tröpfchen, seufzte dann und schüttelte den Kopf. »So wie dieser Mann heute Abend gestorben ist, musste ich unwillkürlich an die Opfer des Krytos-Virus hier auf Coruscant denken. Die haben auch geblutet, geblutet haben sie, und dann sind sie gestorben.«
Asyr Sei’lar, die ihm gegenüber saß, nickte stumm. Nachdem sie von der Party nach Hause zurückgekehrt waren, hatte sie sich umgezogen und trug jetzt einen seidenen Morgenrock. Sie saß mit angezogenen Beinen da, sodass der Morgenrock ihre Füße verdeckte. Gavin konnte nur ihre mit weißem Fell bedeckten Hände und ihren Kopf mit dem schrägen weißen Fellstreifen sehen, der von ihrer Stirn über das linke Auge und ihre Wange verlief. Diese Zeichnung war für Bothans etwas ganz Besonderes – ebenso wie ihre Einstellung zu ihrer Umwelt.
Gavin stellte sein Glas auf die Armlehne seines Sessels. »Ich habe wohl gehofft, dass es jetzt etwas ruhiger würde, wo Thrawn nicht mehr am Leben ist. Ich meine, ich weiß, ich bin noch nicht einmal zwanzig Jahre alt, aber manchmal komme ich mir richtig uralt vor.«
Asyr lächelte. »Schlachten und der Tod lassen die Zeit schneller ablaufen. Wenn man ständig auf der Hut sein muss und bereit, zu kämpfen und sich zu verteidigen, nimmt einen das mit. Mich nimmt es auch mit.«
Gavins Kopf ruckte in die Höhe. »Tatsächlich?«
»Überrascht dich das?«
»Nun, ja, eigentlich schon.« Er zögerte kurz und wartete, bis etwas Ordnung in seine Gedanken geraten war. »Du hast doch die bothanische Kriegsakademie absolviert, und deshalb hätte ich geglaubt, du wärst darin ausgebildet, mit so etwas zurechtzukommen.«
Asyr gab ein bellendes Lachen von sich. »Gavin, Militärschulen und die Ausbildung, die man dort bekommt, lehren einen, wie man Dinge zerstört, aber sie bringen einem nicht bei, wie man mit den Folgen dieser Zerstörung zu Rande kommt. Jeder geht davon aus, dass man sich wohl fühlt, wenn man gewinnt, und tot ist, wenn man verliert, und dass es deshalb egal ist, wie man sich fühlt. Und bis der Krieg anfängt, seine Spuren zu hinterlassen, ist diese Wirkung bei so ziemlich allen in gleicher Weise eingetreten, und deshalb verliert der Krieg an Schwung und hört auf.«
»Oder du stirbst, und dann sind deine Gefühle sowieso gleichgültig.«
»Richtig.« Sie drehte den Kopf herum und sah ihn mit ihren violetten Augen an. »Willst du etwa sagen, dass du den Dienst bei der Staffel quittieren, eine Familie gründen und etwas anderes tun möchtest?«
Gavin runzelte die Stirn. »Die Staffel ist meine Familie; du bist meine Familie. Ich will da nicht weg. Wir beide wissen, dass jemand wegen dieses Mannes, der da gestorben ist, etwas unternehmen muss, und Wedge und Corran werden darauf dringen, dass die Sonderstaffel dies auch tut. Ich will ja nicht albern klingen, aber der Tod dieses Mannes war ein Schuss, den man auf uns abgegeben hat, und deshalb meine ich, dass wir demjenigen, der das getan hat, zeigen sollten, dass er einen Fehler gemacht hat.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung.«
Er lehnte sich in seinem Sessel vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Was diese andere Sache angeht, ich meine von wegen eine Familie gründen, so denke ich, dass mir das gefallen würde. Ich würde gern mit dir eine Familie gründen. Wir könnten heiraten, eine feste Verbindung eingehen und Kinder haben.«
Asyrs Blick wurde starr, und Gavin hatte kurz Angst, sie irgendwie beleidigt zu haben. Bothans waren eine stolze Spezies und pflegten komplizierte Beziehungen innerhalb von Sippen und Clans. Obwohl er die letzten zwei Jahre Asyrs Lebensgefährte gewesen war und auch mit ihr zusammen an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilgenommen hatte, war ihm bis jetzt noch kein menschlich-bothanisches Paar begegnet. Und ich weiß, dass es eine ganze Menge Bothans gibt, denen es überhaupt nicht passt, dass wir schon so lange zusammengeblieben sind.
Sie blickte auf den Saum ihres Morgenrocks und zupfte eine Fussel weg. »Der Gedanke, mit dir verheiratet zu sein, ist sehr reizvoll, Gavin, aber es gilt da eine Menge zu bedenken. Du weißt genau, dass wir zusammen keine Kinder haben können.«
Gavin nickte. »Ja, drauf haben mich Freunde wie Feinde oft genug hingewiesen. Aber ich denke, es gibt eine Menge Kinder, die adoptiert werden müssen. Ich meine, da wären zum Beispiel diese zwei kleinen Brüder, die in der Gasse nahe beim Hangar der Staffel leben. Und die sind nur ein Beispiel. Indem wir Kinder adoptieren, könnten wir versuchen, einiges von dem Schaden zu heilen, den das Imperium angerichtet hat, weißt du?«
Sie blickte auf und nickte ernst. »Ja, das glaube ich auch. Und noch etwas solltest du wissen: Wenn wir Kinder adoptieren, möchte ich, dass wir wenigstens ein bothanisches Kind adoptieren.«
»Sicher, kein Problem.«
Asyr hob ihre pelzbedeckte Hand, um ihn daran zu hindern weiterzureden. »Hör mir zu, Gavin, es wird nämlich nicht leicht sein. Du weißt, dass wir Bothans großen Wert auf unsere Familien legen. Die politische Macht basiert auf dem Netz von Verbindungen und Bündnissen, die wir eingehen. Meine Familie ist über mich sehr enttäuscht, weil ich mich zwar bei der Sonderstaffel ausgezeichnet habe, der Familie aber keine Kinder geboren habe. Diese Kinder würden sehr geliebt werden, wären aber zugleich auch Schachfiguren in künftigen Bündnissen. Aus bothanischer Sicht habe ich ziemlich viel Macht ansammeln können. Ich bin in dem Sinne so etwas wie ein politisches Machtzentrum, und meine Familie ist darüber enttäuscht, dass ich es ihr nicht ermöglicht habe, diese Macht auch zur Geltung zu bringen.«
»Du willst damit also sagen: Falls wir ein bothanisches Kind adoptieren, will deine Familie dabei mitreden.«
Asyr lachte laut auf. »Wie kannst du nur so lange mit einer Bothan gelebt haben und, wenn es um unsere anmaßende Art geht, immer noch so höflich sein?«
Gavin lächelte. »Aus meiner Sicht ist die gar nicht so schlimm. Schau, das wäre unser Kind. Ich würde keineswegs versuchen, das Kind seiner Kultur zu entfremden. Ich würde ganz bestimmt nicht versuchen, bothanische Kultur durch die der Menschen zu ersetzen, aber ein gewisses Gleichgewicht würde ich mir schon wünschen. Ich würde dem Kind zeigen wollen, dass Anderssein nichts Schlechtes zu sein braucht. Und ich würde hoffen, dass irgendwelche anderen Kinder, die wir adoptieren – ob es nun menschliche, rodianische oder ithorianische Kinder sind oder was auch immer –, dieselbe Botschaft bekommen würden.«
Asyr blinzelte, und Gavin sah, wie ihr eine Träne aus dem linken Auge rann. »Wie konnte ich dich nur für einen alienfeindlichen Heuchler halten, als wir uns kennen lernten?«
»Du hast mich nicht gekannt.« Er erhob sich aus seinem Sessel und ging zu ihr hinüber, kniete neben ihr nieder. Er griff nach ihrer linken Hand und streichelte ihr Fell. »Schau mal, ich weiß, dass das nicht leicht sein wird, aber ich möchte etwas Positives für die Galaxis tun. Sicher, es ist positiv und edel, wenn man durchs Weltall fliegt und irgendeinen Großadmiral daran hindert, das Imperium erneut zu errichten. Aber eigentlich lässt sich die Galaxis doch nur dadurch zu einer besseren Welt machen, indem wir die einzelnen Leben besser gestalten. Und genau das können wir beide, du und ich. Ich möchte das mit dir tun.«
Sie beugte sich hinunter, küsste ihn auf die Stirn und stützte dann ihr Kinn auf seinen Kopf. »Du bist dir doch darüber im Klaren, dass einer von uns, sobald die Adoption einmal stattgefunden hat, die Staffel verlassen muss. Es wäre nicht fair, wenn wir beide unser Leben riskieren und es dann dazu käme, dass wieder ein Kind verwaist.«
»Ich weiß.« Gavin lehnte den Kopf an ihre Brust. »Das ist eine Entscheidung, für die noch Zeit ist. Ich weiß, dass keiner von uns beiden die Staffel verlassen will, aber wenn das erforderlich ist, um die Galaxis zu einer besseren Welt zu machen, dann wäre ich auch bereit, ein solches Opfer zu bringen.«