24
Corran Horn legte Gavin Darklighter die Hand auf die Schulter und stellte fest, wie das dunkle Grün seiner eigenen Kombination mit dem leuchtenden Orange von der Gavins kontrastierte. Er spürte, wie die Muskeln des Jüngeren sich spannten, und deshalb drückte er leicht zu und ließ sich dann langsam auf den Behälter mit Erschütterungsgeschossen sinken. »Es ist dir doch recht, wenn ich hier sitze, Gavin.«
Der Jüngere sah ihn mit seinen rot geränderten braunen Augen an. »Ich wäre wirklich lieber allein.«
»Ich weiß, Gavin, deshalb sitze ich hier.« Corrans linke Hand rutschte von Gavins rechter Schulter und tätschelte dem jungen Mann das Knie. »Ich kann mich noch gut erinnern, als du bei unserem ersten Einsatz auf Coruscant zu mir kamst, um mich wegen Asyr zu befragen – ob es zwischen euch beiden wohl klappen würde. Du hast damals Rat und Zuspruch gesucht, und jetzt brauchst du welchen.«
»Nein, Corran, was ich jetzt brauche, ist etwas Zeit, um Abstand von meinem Kummer zu bekommen.«
»Ich weiß.« Die Qual in Gavins Stimme stach wie ein Messer in Corrans Brust und erinnerte ihn daran, welche Qualen er beim Tod seines Vaters gelitten hatte. Nein, jetzt ist nicht die Zeit für Selbstmitleid. »Schau, Gavin, ich könnte jetzt alle möglichen abgedroschenen Dinge sagen. Ich könnte sagen, dass ich das, was du jetzt mitmachst, auch mitgemacht habe, als mein Vater starb. Ich könnte dir all die Dinge sagen, die man mir damals gesagt hat, dass ich jetzt tapfer sein müsste, weil mein Vater das so gewollt hätte. Und du und ich, wir beide wissen auch, dass Asyr sich das von dir gewünscht hätte.«
Gavin schniefte und sah zu Horn hinüber. »Du hast Recht. Das ist ziemlich abgedroschen und hilft mir überhaupt nicht weiter.«
Corran nickte und sah sich in dem Hangarbereich um, in den man die Überlebenden der Sonderstaffel gebracht hatte. Alles trug den Stempel des Imperiums – sie waren in genügend eroberten Anlagen gewesen, um den Stil zu kennen. Der entscheidende Unterschied hier war, dass sie von Imperialen in voller Ausrüstung umgeben waren und dass über den verstreuten X-Wings drei Staffeln TIE-Defender in den Startgerüsten hingen. Die R2- und R5-Einheiten wimmelten herum, und die Piloten standen in kleinen Grüppchen da, versuchten mit dem Verlust ihrer Kameraden fertig zu werden und fragten sich, welche Nachricht General Antilles ihnen bei seiner Rückkehr mitbringen würde.
»Ich weiß das, Gavin, und deshalb will ich dir jetzt etwas sagen, was ich noch nie jemand anderem gesagt habe – mit Ausnahme von Iella. Selbst Mirax weiß es nicht.« Er atmete tief durch und wartete dann, bis Gavin leicht nickte. »Du hast gehört, wie mein Vater gestorben ist, aber nicht, wie es bei meiner Mutter war. So wie mein Vater und ich uns unseren Lebensunterhalt verdienten, waren wir beim CSD alle der Meinung, dass wir beide vor ihr sterben würden, aber es kam anders. Ein dummer Landgleiterunfall; ein Lastgleiter versperrte die Gegenfahrbahn, irgendein Blödmann hat ihn überholt und ist frontal gegen sie gekracht. Sie wurde schrecklich dabei zugerichtet, so schrecklich, dass mit Bacta nichts mehr auszurichten war.
Mein Vater und ich eilten, so schnell es ging, ins Krankenhaus und durften sie auch besuchen. Man hatte uns gesagt, dass sie keine Chance hatte, dass die Verletzungen zu schwer waren. Sie wusste das auch, aber sie lag in ihrem Bett und redete mit uns nur über das, was wir nächste Woche und nächsten Monat tun würden. Sie schien überhaupt nicht darunter zu leiden, dass sie darin nicht mehr bei uns sein würde, sondern machte uns auf die Weise klar, dass sie doch da sein würde, nämlich in unserer Erinnerung und in unserem Herzen. Und so lebte sie die ganze Zeit, während sie im Sterben lag. Und als sie schließlich die Augen schloss, kam das als große Überraschung für alle, sie selbst eingeschlossen.«
Corran fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und wischte ein paar Tränen weg. »Du musst das verstehen, Gavin, der Schmerz, den du jetzt empfindest, wird dich nie ganz loslassen. Er wird immer da sein, und du kannst ihn immer finden, wenn du das willst, aber mit der Zeit wird er aufhören, dein Leben zu beherrschen. Er wird zu einem kleinen Teil der Erinnerung werden, die du von Asyr mit dir herumtragen wirst, und die guten Erinnerungen werden die Oberhand gewinnen. Du wirst das jetzt nicht begreifen, und wenn ich das heute zu dir sage, dann bedeutet das nicht viel, aber du musst es hören, um zu wissen, dass das Maß an Schmerz, unter dem du jetzt leidest, nicht ewig andauern wird.«
Gavin stützte den Kopf auf die Hände, und seine Handballen pressten sich in seine Augenhöhlen. »Die erste Person, die ich richtig kannte und die gestorben ist, war auch in der Staffel: Lujayne Forge.«
»Ich erinnere mich daran.«
»Und ich erinnere mich daran, wie ich mich gefragt habe, ob ich sie hätte retten können. Und jetzt, bei Asyr, frage ich mich das Gleiche.«
»Da bist du nicht der Einzige. Aber lass dir von mir sagen, Asyr hat sich gefragt, was sie tun könnte, um uns zu retten. Sie war großartig dort draußen, Gavin, ich habe noch nie jemanden so fliegen sehen.« Corran strich mit der linken Hand über Gavins Rücken. »Wir wussten alle, dass unsere Lage hoffnungslos war, aber sie hat das begriffen und sich dagegen aufgelehnt. Es war, als hätte sie aufgehört, ein Wesen aus Fleisch und Blut zu sein. Sie kam mir vor, als wäre sie der Fleisch gewordene Kampf und der Tod und ihr X-Wing – und alles das zu einer Einheit verschmolzen. Wir haben sie nicht im Stich gelassen und sie nicht uns, aber irgendeine obskure Regel des Universums hat ihr Schiff zerbrochen und sie in die Realität zurückgerissen. Sie war wahrhaft grandios, und nach der Leistung weiß ich nicht, ob sie je wieder zurückkehren und eine Sterbliche hätte werden können.«
Gavin seufzte und lehnte sich zurück, blickte zur Decke der riesigen Halle auf. »Das wär’s dann jetzt wohl, nicht wahr? Sie ist nicht länger sterblich. Sie steht mit meinem Vetter Biggs und Lujayne Forge und Wes Janson und Dack und all den anderen auf der Ehrenrolle der Sonderstaffel. Die Bothans werden einen weiteren Märtyrer haben, den sie feiern können.«
Corrans Augen verengten sich. »Und du hast Angst, dass sie sie dir wegnehmen werden, stimmt’s? Du hast Angst, dass man die Asyr, die du gekannt hast, vergessen wird, wenn man ihr ein Denkmal baut?«
Gavins Lippen pressten sich aufeinander, und sein Bart sträubte sich. Sein Adamsapfel tanzte auf und ab, und dann nickte er, und dabei rannen ihm die Tränen über die Wangen. Als er wieder zum Reden ansetzte, versagte ihm die Stimme. Er rieb sich den Hals und nickte dann. »Ich glaube, ich habe sie besser gekannt als irgendjemand sonst, und ich glaube, wenn sie mit mir allein war, konnte sie sich richtig entspannen. Sie brauchte keine bothanische Heldin zu sein. Sie brauchte dann auch keine Pilotin zu sein. Sie konnte ganz einfach Asyr sein. Wenn wir davon geredet haben, dass wir heiraten wollten und Kinder adoptieren, wurde sie lebendig.«
Seine Stimme setzte erneut aus, und Corran spürte, wie Gavin plötzlich zornig wurde. »Was ist, Gavin?«
Er runzelte die Stirn. »Sie war bei Borsk Fey’lya. Sie hat mir nicht gesagt, was dabei vorgefallen ist, aber ich denke, er hat versucht, ihr Schwierigkeiten zu machen, wegen unserer Adoptionswünsche. Ich kann mir vorstellen, dass sie ebenso gekämpft hat wie bei Distna, in der Hoffnung, dass niemand, Fey’lya nicht und auch sonst niemand, jemandem von ihrer Prominenz das abschlagen kann, was sie wollte. Sie hätte sich am Ende durchgesetzt, aber jetzt ist sie tot, und damit stellt sich diese Frage nicht mehr.«
»Vielleicht ist damit deine Chance dahin, mit ihr Kinder zu adoptieren, aber vergiss nicht, was hinter diesem ganzen Plan steckte: die Tatsache, dass ihr beide großartige Eltern abgeben würdet. Ich werde jetzt nicht zu dir sagen, dass du es ihr schuldig bist, weiterzumachen und zu beweisen, dass sie Recht hatte, aber du kannst die schwarzen Knochen des Imperators darauf verwetten, dass ich verdammt gerne erleben würde, wie du einem Kind beibringst, was Recht und was Unrecht ist.«
»Vielleicht ist das etwas, was ich mir für die Zukunft vornehmen sollte.« Gavin schüttelte langsam den Kopf. »Im Augenblick mag ich gar nicht daran denken, dass es überhaupt eine Zukunft gibt. Mir ist das völlig egal, und ich leide so, dass mir das auch völlig gleichgültig ist.«
Ein ängstliches Blöken von Whistler und das plötzliche Auftauchen des Droiden, der herbeigerannt kam, hielten Corran davon ab, darauf etwas zu sagen. »Was ist denn los?« Ein imperialer Techniker mit einem Sperrbolzen und einem Schweißgerät in der Hand kam hinter Whistler gerannt. »Ich muss ihm einen Bolzen einsetzen. Alle Droiden kriegen einen.«
Corran schoss in die Höhe. »Ich will Ihnen sagen, wo Sie sich diesen Sperrbolzen hinstecken können, Sie Schwachkopf.«
Der Techniker hob die Hand, und zwei Sturmtruppler in Kampfrüstung kamen mit Blastern in der Hand herbeigelaufen. »Machen Sie Platz, Captain Horn.«
»Den Teufel werde ich.« Corrans Hand legte sich auf das Lichtschwert an seiner linken Hüfte. »Sie werden Whistler nur über meine Leiche einen Sperrbolzen einsetzen.«
Der Techniker sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Nicht gerade Leiche, aber gelähmt vielleicht. Ich habe meine Befehle.«
»Zurück, Captain Horn.« Wedge Antilles betrat die Hangarhalle und ging auf Corran und sein Gegenüber zu. Der Rest der Staffel schloss sich ihm an. »Wir wollen die Dinge nicht komplizierter als unbedingt notwendig machen.«
Corran drehte sich zu Wedge herum und stellte befriedigt fest, dass Gavin aufgestanden war und Whistler jetzt mit seinem eigenen Körper abschirmte. »General, die wollen Whistler einen Sperrbolzen einsetzen.«
Wedge nickte langsam. »Ich weiß, alle unsere Droiden bekommen welche, selbst Gate.« Er hob die Hand, um den anderen am Reden zu hindern. »Die Situation hier ist recht kompliziert, aber die Dinge entwickeln sich gut für uns. Wir werden dazu ausgebildet, diese Defender zu fliegen, und dann bekommen wir ein Hintertürchen in Krennels Hauptwelt. Im Augenblick sind wir tot, und wenn wir das bleiben können – soweit es Krennel angeht, meine ich –, bis wir bereit sind zuzuschlagen, dann wird er stürzen, und zwar ganz gewaltig. Aber das bedeutet auch, dass unsere Droiden für den Augenblick eingelagert werden müssen.«
Tychos Augenbrauen schoben sich in die Höhe. »Geiseln?«
Wedge schüttelte den Kopf. »Einfach mehr Variable, als man im Augenblick im Griff halten kann. Man wird sie wegsperren, und ihnen wird nichts passieren.«
Corran runzelte die Stirn. »Das gefällt mir gar nicht, aber wenn du sagst, dass es sein muss…« Er ging auf den Techniker zu, riss ihm den Sperrbolzen und den Schweißbrenner aus der Hand und kniete vor Whistler nieder. »Tut mir Leid, dass das sein muss, Kumpel, aber es ist ja nicht das erste Mal. Du wirst es überstehen.«
Er drückte den Bolzen gegen die Brustplatte des Droiden und drehte sich dann zu dem Techniker um. »Gut so?«
»Ein wenig nach links.«
Corran schob den Bolzen etwas zur Seite und benutzte dann den Schweißbrenner dazu, ihn in einem Funkenregen zu fixieren.
Der Techniker richtete eine Fernbedienung auf Whistler, drückte einen Knopf, und der Droide schaltete sich ab. Wieder ein Knopfdruck, und Whistler war wieder eingeschaltet und jammerte kläglich.
Corran richtete sich schnell auf und tippte dem Techniker mit seinem abgeschalteten Lichtschwert leicht unters Kinn. »Hey, bloß weil Sie jetzt die Macht haben, sollten Sie sie nicht missbrauchen.«
Wedge legte Corran die Hand auf den Arm. »Steck das weg, Captain. Der Techniker wird gut für alle Droiden sorgen, oder?«
»Sie schön sauber wegschließen.« Er sah Corran an. »Ich verstehe zwar Ihre besondere Zuneigung zu den Droiden nicht, aber ich respektiere sie. Wir sind keine herzlosen Ungeheuer.«
»Gut.« Corran lächelte eisig und tippte dem Mann mit dem Heft seines Lichtschwerts an die Brust. »Wenn Whistler etwas passiert, werden Sie das büßen. Das verspreche ich Ihnen.«
Borsk Fey’lya war es nicht gewohnt, dass man ihn warten ließ, aber er wusste, was Booster Terrik damit bezweckte, und beschloss, das Spiel mitzumachen. Der bothanische Rat war noch nie auf der Errant Ventura gewesen und nutzte die Zeit, das Schiff zu studieren. Er erinnerte sich noch gut daran, wie wütend er gewesen war, als General Cracken gemeldet hatte, dass ein intakter, wenn auch weitgehend entwaffneter imperialer Sternenzerstörer einem Schmuggler übergeben worden war, der fünf Jahre auf Kessel verbüßt hatte. Die Vorstellung, dass ein privater Bürger – sogar ein ehemaliger Sträfling – die Regierung so unter Druck setzen konnte, dass sie zuließ, dass ein mächtiges Kriegsschiff in Privatbesitz kam, schien ihm das erste Anzeichen bevorstehender Anarchie. Fey’lya hatte Cracken degradieren lassen wollen, weil er es nicht geschafft hatte, die Errant Venture für die Neuen Republik zu sichern, aber der Rest des Rates hatte da nicht mitgemacht.
Bis zur Thrawn-Krise hatte er dann das Schiff aus den Augen verloren. Fey’lya hatte dann verlangt, das Schiff sofort zu verstaatlichen, aber der Geheimdienst der Neuen Republik hatte Mühe gehabt, es ausfindig zu machen. Über Terriks Tochter war der Rat davon in Kenntnis gesetzt worden, dass Booster es begrüßen würde, wenn man das Schiff wieder bewaffnen und ihn als Admiral in die Flotte aufnehmen würde, aber das war auf kategorische Ablehnung gestoßen. Für Fey’lya war es eine gewisse Befriedigung, als Cracken den Vorschlag machte, gefälschte Berichte durchsickern zu lassen, die Thrawn dazu veranlassen würden, sich nach der Errant Venture umzusehen, aber er war trotzdem immer noch wütend, dass Terrik sich nicht der Sache der Neuen Republik angeschlossen hatte.
Und jetzt bin ich hier, aber jetzt weiß ich den Mann auch richtig einzuschätzen und habe einen Einsatz, für den er gut geeignet ist. Eine Nachricht von der Errant Venture hatte den Rat von der Vernichtung der Sonderstaffel in Kenntnis gesetzt. Terrik war sofort von Distna nach Coruscant zurückgekehrt und hatte die Wrackteile mitgebracht, die jetzt alles waren, was von der Sonderstaffel und denjenigen, die sie vernichtet hatten, übrig geblieben war. Außerdem brachte sein Schiff den einzigen Überlebenden der Schlacht nach Coruscant zurück: Wes Janson und die Leiche eines weiteren Piloten, die Quarren-Frau Lyyr Zatoq. Abgesehen von Schiffstrümmern war sonst keine Spur von irgend jemandem aufzufinden gewesen.
Fey’lya blickte über die Andockbucht auf die unterschiedlichen Schiffe, die auf dem Deck aufgereiht waren. Wenn man einmal von seiner eigenen Lambda-Fähre absah, vor der zwei bothanische Krieger Wache hielten, konnte man alle anderen Schiffe als Schrott bezeichnen. Fey’lya war zwar ziemlich sicher, dass der Heckhangar der Errant Venture für Kunden reserviert war, die das Diamond-Deck besuchten, aber der Zustand des vorderen Hangars ließ doch erkennen, welche Mühe es Terrik bereitete, sein Schiff in einsatzbereitem Zustand zu halten. Mindestens einer der Turbolifts funktionierte nicht, und ein paar der Winden, mit denen kleine Schiffe in ihre Lagergestelle gehievt wurden, waren funktionsunfähig. Terriks Traum von einem Schiff, das sich selbst unterhalten würde, hatte sich offensichtlich in einen Albtraum verwandelt.
»Willkommen, Rat Fey’lya. Sehr liebenswürdig von Ihnen, mein bescheidenes Schiff mit Ihrer Anwesenheit zu beehren.« Booster erschien im Eingang eines Büros auf dem Hauptdeck und winkte Fey’lya zu, ihm in dessen düsteres Inneres zu folgen. »Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?«
Fey’lya wies seine Leibwächter vor seiner Fähre mit einer Handbewegung an, dass sie bleiben sollten, wo sie waren. Er schritt an Booster vorbei in das Innere eines kleinen Büros, das mit Datacards, Kisten, Bauteilen, aus denen man ein halbes Dutzend Droiden zusammenmontieren konnte, und genug Handwaffen vollgestopft war, um damit ein imperiales Enterkommando aufzuhalten. Der unangenehme Geruch, der von allen menschlichen Behausungen ausging, veranlasste Fey’lya dazu, die Nase zu rümpfen, aber er nahm auf dem einen Sessel Platz, den man von all dem Kram frei gemacht hatte.
Fey’lya wartete, dass Booster hinter seinem Schreibtisch Platz nahm, aber der Schmuggler verblüffte ihn damit, dass er sich auf die Schreibtischkante setzte und die Arme vor der Brust verschränkte. Der Bothan strich sich das Fell am Hinterkopf glatt und blickte dann zu dem Menschen auf. »Ich bin gekommen, um Ihnen dafür zu danken, dass Sie so viele Überreste von Asyr Sei’lars Schiff nach Coruscant zurückgebracht haben. Die von ihren Gefechtsroms geborgenen Bilder zeigen ihre Tapferkeit und ihre Pilotenkunst in diesem, ihrem letzten Gefecht. Bothans in der ganzen Galaxis werden auf das stolz sein, was sie getan hat.«
Booster nickte ernst. »Wie es scheint, hat sie sogar ein oder zwei Gegner des gefallenen Mannes meiner Tochter weggeputzt.«
Fey’lya registrierte, dass Booster Corran Horn nicht als seinen »Schwiegersohn« bezeichnete, und speicherte das ab. »Ihre Loyalität gegenüber ihren Staffelkameraden war offenkundig. Und zugleich auch ihre Loyalität gegenüber den höchsten bothanischen Idealen. Sie ist ein leuchtendes Beispiel für die jüngere Generation.«
»In der Tat, anscheinend haben Sie wieder einen Märtyrer.«
»Schade, dass Sie ihre Leiche nicht bergen konnten.« Booster lehnte sich zurück und stützte sich dabei mit beiden Händen auf die Schreibtischplatte. »Als wir hinkamen, habe ich Bergungsteams ausgeschickt. Captain Janson haben wir noch lebend bergen können – gerade noch. Wir haben ihn gleich in Bacta gepackt. Der Quarren-Frau hätte alles Bacta auf Thyferra nicht mehr helfen können. Ihre Asyr und die übrigen – ich fürchte, die sind in dem Gasriesen verbrannt. Irgendwie passend für Piloten der Sonderstaffel – strahlender Ruhm und alles das.«
»Das ist richtig, aber es schafft auch ein gewisses Problem, weil ich für Asyr eine andere Art von Ruhm im Sinn hatte.« Fey’lya rutschte auf seinem Stuhl etwas zur Seite und studierte die Krallen seiner linken Hand. »Ich hatte mich gefragt, ob Sie wohl in Erwägung gezogen haben, dorthin zurückzukehren, um nach weiteren Leichen zu suchen.«
Die Braue über Boosters künstlichem Auge schob sich in die Höhe. »In eine Kriegszone zurückkehren, in ein System, das besser bewaffnet ist als dieses hier, und nach Leichen zu suchen, die schon längst ein Gasriese verschluckt hat? Ich habe keinen Anlass, das zu tun.«
»Aber der Mann Ihrer Tochter…«
Boosters Stimme ging in ein tiefes Knurren über. »Er ist tot, und ich helfe ihr dabei, mit ihrem Kummer fertig zu werden.«
»Und ich will dem Volk von Bothan helfen, mit seinem Leid fertig zu werden.« Fey’lya blickte auf. »Dem Volk von Bothan ist die Erinnerung an ihre Märtyrer teuer, aber die imperialen Truppen haben deren Körper vernichtet. Das Denkmal auf Bothawui ist leer, und das tut ihm ein wenig Abbruch. Ich möchte Asyr dort bestattet sehen, und ich bin bereit, für die Kosten der Expedition aufzukommen, die es braucht, um sie zu finden. Ich bin wirklich der Ansicht, dass Sie Asyrs Leichnam finden werden, wenn Sie dorthin zurückkehren.«
Booster sah ihn mit finsterer Miene an. »Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe? Die Leiche ist nicht dort.«
»Und ich glaube, Sie haben nicht gehört, was ich gesagt habe. Ich brauche eine Leiche als Symbol.« Fey’lya lächelte. »Ich denke, jemand, der so wendig wie Sie ist, könnte doch eine geeignete Leiche finden. Sie würden dafür gut entschädigt werden.«
Boosters Mund klappte langsam auf, und er beugte sich vor. »Sie denken, ich könnte dort draußen eine bothanische Leiche finden?«
»Ich habe den größten Respekt vor Ihren Fähigkeiten, gewisse Dinge diskret erledigen zu lassen.«
»Selbst wenn es den Tod eines Bothans bedeuten würde?«
»Es gibt Banditen und andere, deren Leben kein ruhmvolles Ende haben wird und die auf diese Weise Wiedergutmachung leisten könnten.« Der Bothan lächelte. »Ich wäre sehr großzügig und dankbar. Und Sie würden meine Dankbarkeit als sehr nützlich kennen lernen.«
»Ja, vielleicht.« Booster rutschte vom Schreibtisch, blickte eine Sekunde lang an Fey’lya vorbei, zog ihn dann an seiner Tunika in die Höhe und zerrte ihn aus dem Sessel. Der Rat schlug nach Boosters Armen und spürte, wie der Sessel hinter ihm wegkippte. Trotz seiner Verblüffung brauchte er einen Augenblick, bis ihm bewusst wurde, dass er mit seinen Krallen die Ärmel des Mannes aufreißen konnte.
Booster schmetterte Fey’lya mit einer Wucht, die die Zähne des Bothans klappern ließ, gegen die Wand. Sterne tanzten vor Fey’lyas Augen, als der Mann ihn erneut gegen die Wand schleuderte und dann seine Stirn gegen die empfindliche Schnauze des Bothans rammte. Fey’lya versuchte die Hände hochzuheben, um seine Nase zu schützen, und spürte, wie sich eine schwere Faust in seinen Magen bohrte. Alle Luft wurde aus seinen Lungen gepresst, und er hätte sich am liebsten übergeben.
Dann verschwand die Enge des Büroraums, als der Mann ihn in die Hangarhalle hinaustrug und ihn aufs Deck warf. Booster ragte mit geballten Fäusten über ihm auf, und Fey’lya schrumpfte in sich zusammen, kroch einen Augenblick lang über das Deck. Dann erinnerte er sich wieder daran, wer er war. Er hielt inne, zuckte aber wieder zusammen, als Booster ausholte.
Doch der schlug nicht zu, sondern richtete sich auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Ich weiß nicht, wie Ihre bothanischen Märtyrer die Pläne des Todessterns an sich gebracht haben, aber ich wette, sie haben das nicht getan, indem sie von anderen verlangt haben, dass diese für sie die Dreckarbeit machen. Es ist ziemlich offenkundig, dass Sie keine besonders hohe Meinung von mir, meiner Spezies oder meinem Schiff haben. Ich will nicht sagen, dass ich nicht käuflich wäre, aber nicht für Ihresgleichen.«
Er senkte die Stimme. »Wie Sie freilich je darauf kommen konnten, irgendeinen Glitzerstim-Fresser in Asyrs Grab zu legen, werde ich nie begreifen.«
Borsk Fey’lya spürte die Worte des Mannes wie einen Peitschenschlag, und den Bruchteil einer Sekunde lang hätte die Scham fast die Haare an seinem Hinterkopf gesträubt. Asyr hat meinen Plänen nie zugestimmt, und auf die Weise hätte sie das wenigstens als Tote. Es wäre für den größeren Ruhm der Bothans gewesen. Kann das denn falsch sein? Doch ehe er sich die Frage selbst beantworten konnte, waren seine Leibwächter bei ihm aufgetaucht und ihm beim Aufstehen behilflich. Die Verlegenheit darüber, ihre Hilfe zu brauchen, verdrängte jede Scham, die er vielleicht empfunden hätte. Borsk hustete und rieb sich die Nase. »Sie haben missverstanden…«
Booster wischte seine Worte weg. »Oh, ich habe schon verstanden. Sie haben mich nicht verstanden. Wenn ich jemanden gegen eine Wand werfe und dann aufs Deck, dann heißt das, dass er zusehen soll, dass sein Kadaver von meinem Schiff verschwindet. Das andere, der Kopfstoß und der Hieb in den Magen, das war nur, weil ich Sie nicht mag.«
»Dann ist unsere Besprechung beendet.« Borsk Fey’lya befreite seine Arme aus dem Griff seiner Leibwächter und zog sich seine Tunika zurecht. »Ich werde das nicht vergessen, Booster Terrik.«
»Ich hatte nie gedacht, dass Sie so dumm wären, diese Lektion nicht zu kapieren.« Booster deutete auf die Fähre. »Und jetzt verschwinden Sie von meinem Schiff, und zwar schnell!«
Booster sah zu, wie die Fähre aus dem Bauch der Errant Venture sank und ihre Tragflächen ausklappte. »Das war ein widerliches Geschäft.«
»So könnte man es formulieren.« Iella Wessiris Absätze klapperten auf dem Deck, als sie auf ihn zukam. »Borsk Fey’lya ist jemand, den ich nicht gern zum Feind hätte.«
»Ich hatte schon schlimmere.«
»Tatsächlich?« Sie schüttelte den Kopf. »Fey’lya ist jemand, der sich an Ihnen, Ihren Freunden und den Freunden Ihrer Freunde rächen wird. Er weiß, dass Sie Karrde kennen, und deshalb werden künftig alle, die mit Karrde zusammenarbeiten, auf der Liste seiner Feinde stehen. Und durch Corran wird jeder, der mit dem CSD zusammenhängt, ein Feind sein.«
Booster lächelte. »Und was hätte das für einen Nachteil?«
»Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Da haben Sie weitgehend Recht.« Boosters Gesicht verfinsterte sich. »Wie geht es ihr?«
»Das ist jetzt die letzte Bacta-Behandlung. Mirax ist bei ihr. Das sollte noch zwei Stunden dauern.«
Booster seufzte. »An ihrem Erinnerungsvermögen hat sich noch nichts gebessert?«
»Was die Ereignisse bei Distna angeht, nein. Alles andere, einschließlich ihrer letzten Begegnung mit Fey’lya, hat sie parat.« Iella zuckte die Achseln. »Sie wird uns nicht sehr dabei helfen können, über die Vorgänge bei Distna Klarheit zu bekommen, aber wenn wir einmal darüber Bescheid wissen und uns die dafür Verantwortlichen vornehmen, wird sie bereit sein, mit uns zu kommen.«
»Und bereit, ihr eigene Dreckarbeit zu machen.« Booster sah zu, wie Fey’lyas Fähre zu einem winzigen Pünktchen wurde. »Das ist immerhin ein Anfang, und ich wette, bis wir fertig sind, wird es noch eine Menge Dreckarbeit geben.«