16
Auf Wedge wirkte der Konferenzraum stickig und eng, obwohl er im Vergleich zu dem Cockpit des X-Wing, in dem er nach Coruscant gekommen war, natürlich riesengroß war. Corran hatte die Reise in einem ausgeliehenen X-Wing gemacht und stand jetzt neben Wedge am unteren Ende des Konferenztisches. Mon Mothma saß mit versteinerter Miene am Kopfende, mit Leia Organa Solo zu ihrer Rechten und Borsk Fey’lya zu ihrer Linken. In der Tischmitte hing über einer Holoplatte die schematische Darstellung eines Todessterns.
Die Erste Rätin der Neuen Republik blickte durch das Hologramm, und Wedge spürte die Energie in ihren aquamarinblauen Augen. »Ich bin sicher, dass General Cracken Ihnen, soweit das überhaupt noch erforderlich war, klargemacht hat, dass dies hier in höchstem Grade geheim ist. Sie werden außerhalb dieses Raumes weder im Kameradenkreis noch gegenüber anderen darüber sprechen.«
Wedge nickte. »Verstanden.«
»Zu Befehl.«
Corrans Stimme klang genauso müde, wie Wedge sich fühlte. Die Sonderstaffel hatte Kapp Dendos Team Eins hinzugezogen, um das Labor zu sichern. Anschließend hatten sich dann die Spezialisten des Nachrichtendienstes der Neuen Republik darauf gestürzt, die Arbeiter verjagt und ihre Geräte abgebaut und mitgenommen. Die Sonderstaffel hatte in der Zwischenzeit ihren aktiven Dienst wieder aufgenommen und drei Wochen lang Hilfseinsätze geflogen, bis schließlich keine feindlichen Einheiten mehr auf Liinade III gesichtet wurden. Unmittelbar nachdem die Eroberung des Planeten abgeschlossen war, waren Corran und Wedge nach Coruscant beordert worden.
Borsk Fey’lyas Krallen scharrten über die mattschwarze Tischfläche. »Man kann kaum glauben, dass selbst jemand wie Krennel wieder Todessterne bauen will.«
Leia schüttelte den Kopf. »Da wir bisher die Werft nicht gefunden haben, auf der die Todessterne gebaut wurden, dürfen wir unter keinen Umständen die Möglichkeit außer Acht lassen, dass einer oder mehrere im Bau sind.«
Wedge deutete auf das Hologramm. »Es ist nicht ganz korrekt, das hier einen Todesstern zu nennen. Es sieht wie einer aus, aber das ist eine stark verkleinerte Version. Mir scheint, dieses Modell ist vom Einsatz des Todessterns bei Endor durch den Imperator inspiriert, also als Waffe gegen kapitale Schiffe. Auf die Weise wurden seine Möglichkeiten nur in geringem Maße genutzt, aber wirksam war er natürlich trotzdem.
Was Krennel hier bauen wollte, ist ein Waffensystem zur Beherrschung eines Sonnensystems. Es springt aus dem Hyperraum und schaltet seine Gravitationstrichter-Generatoren ein – um diese handelt es sich nämlich bei diesen Kuppeln in der Mitte –, und der gesamte eingehende und ausgehende Verkehr kommt zum Stillstand. Der Planeten spaltende Strahl des ursprünglichen Todessterns ist ebenfalls maßstäblich reduziert, aber gleich mehrfach eingesetzt worden. Das sind diese kleinen Warzen, die man an dem Ding erkennen kann. Da jeder dieser Strahlen imstande ist, einen Supersternenzerstörer zu vernichten, ist das wirklich ein höchst gefährliches Schiff. Außerdem starrt es förmlich von kleineren Waffensystemen und ist imstande, ein halbes Dutzend TIE-Rotten unterzubringen, so dass es also auch über beachtliche Verteidigungskapazität verfügt.«
Corran verschränkte die Arme über der Brust. »Wir nennen dieses Ding inzwischen Pulsar-Station.«
Mon Mothma legte ruhig die Hände aneinander. »Verfügt Krennel über ein einsatzfähiges Exemplar?«
Wedge zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht mit Sicherheit, halte es aber für unwahrscheinlich.«
Die Augen des bothanischen Rats verengten sich. »Erklären Sie das.«
Wedge zog die Augenbrauen hoch. »Ich hatte angenommen, dass Sie das selbst wüssten, Rat. Ein Schiff dieser Größe herzustellen, erfordert riesige Mengen an Material und einen erheblichen Personaleinsatz. Allein der für die Panzerung benötigte Durastahl würde erfordern, das Erz eines ganzen Planetoiden abzubauen und es völlig in Metall zu verwandeln. Fabriken der Größe, um die einzelnen Bauteile herzustellen, existieren in Krennels Hegemonie nicht – oder, wie Captain Horn es formulieren würde, wir wissen jedenfalls nichts von ihrer Existenz.«
Der Bothan wies mit einer graziösen Handbewegung auf Corran. »Würden Sie uns das bitte näher erklären?«
Corran zuckte die Achseln. »Das uns zur Verfügung stehende Datenmaterial über die Welten der Hegemonie ist dünner als die Kissen auf der Sitzplattform eines Hutt. Krennel ist auf Geheimhaltung versessen, also wird es einige Mühe kosten, Informationen zu beschaffen. Einige seiner Welten können wir von vornherein als Kandidaten ausschließen: Ciutric beispielsweise ist ein kartografisch gründlich erfasstes System mit hoher Verkehrsdichte. Andere, wie Corvis Minor, sind praktisch überhaupt nicht bekannt. Die Werften könnten sich dort befinden, vielleicht an einer Position im Orbit, wo sie sich stets der Hauptwelt gegenüber befinden, damit die Sonne eine Sensorerfassung der Bauarbeiten auf jener Welt blockiert.«
Leia lehnte sich zurück, und ihre Augenbrauen zogen sich in äußerster Konzentration zusammen. »Um das mit Sicherheit zu wissen, müssten die Systeme gründlich erforscht werden.«
»Das wäre die schnellste Methode.« Wedge nickte. »Wir können ein T-Sechs-Fünf-R durch das System schicken und sämtliches Datenmaterial erfassen lassen.«
Leia runzelte die Stirn. »Die Aufklärungsversion des X-Wing ist unbewaffnet, ein solcher Einsatz wäre also riskant.«
Wedge lachte. »Ich hatte nicht in Erwägung gezogen, das ganz allein zu tun, auch wenn ein begleitetes Schiff leichter auszumachen ist. Aber trotzdem – wir müssen uns eben den richtigen Punkt aussuchen, um in das System einzufliegen, unsere Arbeit schnell erledigen und wieder verschwinden, dann kann es durchaus sein, dass man uns nicht bemerkt.«
»Tatsächlich könnte es sogar erforderlich sein, dass man uns bemerkt.« Corran deutete mit einer Kopfbewegung auf das Hologramm. »Die Anlage, die wir gefunden haben, war relativ neu, und das Team, das dort tätig war, ist erst in den letzten zwei Monaten zusammengestellt worden. Soweit wir das feststellen konnten, gehören die überhaupt nicht zu einem regelrechten Konstruktionsteam, sondern hatten den Auftrag, die von den Konstrukteuren ermittelten Daten zu analysieren. Sie versuchen auf diese Weise Schwachstellen an dem Ding festzustellen, wie du das bei Yavin gemacht hast.«
Das Fell auf Borsk Fey’lyas Nacken sträubte sich. »Ich fürchte, da kann ich jetzt nicht folgen.«
»Es geht um zweierlei. Zum Einen haben wir keine Wärmetauscheröffnung, in die wir Protonentorpedos jagen können.« Corran zählte die Punkte an den Fingern ab. »Zum Zweiten fliegen sie simulierte Angriffe auf dem Pulsar in verschiedenen Bauzuständen. Innerhalb eines Jahres nach Baubeginn sollten die Hyperantriebe einsatzfähig sein. Zwei Monate später werden einer der großen Strahler, die Schilde, die Gravitationstrichter-Generatoren und wenigstens zwei der TIE-Hangars funktionsfähig sein.«
»So dass der Todesstern sich selbst verteidigen kann.«
»Richtig, aber hauptsächlich, indem er die Flucht antritt.« Corran spreizte die Hände. »Wenn wir ihn zur Flucht veranlassen können, unterbricht das die Bauarbeiten. Wir können ihm so lange zusetzen, bis denen das Material ausgeht, und dann können wir mühelos zuschlagen.«
Der bothanische Ratsherr richtete sich in seinem Sessel auf. »Sie wollen behaupten, eine Staffel X-Wings könnte ausreichen, um diese so genannte Pulsar-Station zur Flucht zu veranlassen?«
Wedge gab sich überrascht. »Nun ja, wir sind immerhin die Sonderstaffel.«
»Und wir hatten vor, den Angriff von Asyr leiten zu lassen.« Corran lächelte. »Die Tatsache, dass man seine geheimen Aktivitäten entdeckt hat, sollte Krennel nervös machen, insbesondere da die Flotte der Neuen Republik so dicht in der Nähe operiert.«
»Ich glaube, Sie überschätzen die Wirkung Ihres Rufs.«
»Könnte schon sein, aber vielleicht steigern wir ihn auch noch ein wenig.«
Mon Mothma beugte sich vor. »Woran hatten Sie gedacht, General?«
Wedge brauchte einen Augenblick, bis ihm klar war, dass sie ihn meinte. »Sie hatten Prinz-Admiral Krennel als Ziel Ihrer Operationen ausgewählt, weil wir als Rechtfertigung unserer Maßnahmen auf einen Mord hinweisen können.«
Fey’lya schnaubte. »Das ist mehr als bloß ein Vorwand. Sie waren doch selbst dabei.«
»Schon, aber darauf will ich nicht hinaus. Der Mord Krennels an Pestage ist ja nicht unbedingt eine böse Tat. Wie Sie schon sagten, ich war dabei – und stark versucht, ihn selbst zu töten. Die anderen Warlords dort draußen in der Galaxis haben gesehen, dass wir Zsinj vernichtet haben, weil er ein Aggressor war und die Neue Republik angegriffen hat. Wenn wir uns jetzt Krennel vornehmen, dann macht das uns zum Aggressor, und eine ganz gewöhnliche Mordanklage hat nun einmal nicht die gleiche moralische Autorität, wie wenn wir uns selbst verteidigen.«
Wedge beugte sich über den Konferenztisch und stützte sich auf seine Arme. »Wenn wir hingegen bekannt geben, dass Krennel an einer neuen Waffe nach Art eines Todessterns arbeitet, dann wäre das wesentlich überzeugender.«
Fey’lya schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Wir dürfen keineswegs zulassen, dass das bekannt wird.«
Leia hob die Hand. »Lassen Sie Wedge ausreden. Ich bin sicher, er hat seine Gründe.«
»Die habe ich auch, und zwar politische Gründe ebenso wie praktische. Fangen wir mit den praktischen an: Wir werden Truppen einsetzen, um auf dieses Ding Jagd zu machen, und es wäre völlig unmoralisch, wenn wir denen nicht sagen würden, welcher Gefahr sie ausgesetzt sind. Außerdem wäre es dumm. Wenn die nicht wissen, was sie erwartet, könnte das ihr Tod sein. Und so gut unser Sicherheitssystem auch sein mag, sobald die Soldaten einmal Bescheid wissen, ist unser Plan nicht mehr geheim zu halten. Das ist eine Tatsache.
Der entscheidende Punkt aber ist, dass diese Nachricht sehr unterschiedliche Reaktionen auslösen wird, und das würde Krennel schaden. Jeder, der einmal im Dienst des Imperiums gestanden hat und zur Rebellion übergelaufen ist, erinnert sich an den Todesstern, und diese Erinnerung hat sich für immer in sein Gedächtnis eingegraben. Dieser Todesstern war die Verkörperung des Bösen. Zugegeben, eine ganze Menge haben den Tod gefunden, als wir ihn in die Luft gejagt haben, aber auf Alderaan sind viel mehr gestorben, und für jeden steht außer Zweifel, dass die Zerstörung von Alderaan eine böse, eine grausame, eine unmoralische Tat war. Selbst die überzeugtesten Anhänger des Imperators – Isard vielleicht ausgenommen – würden einräumen, dass man mit der Zerstörung eines Mondes den gleichen Effekt erzielt hätte, ohne dass ganz Alderaan hätte sterben müssen.«
Leia blickte wie gebannt auf das Projektionsbild der Pulsar-Station. »Dass der Imperator einen zweiten Todesstern bauen ließ, hat die Behauptung Lügen gestraft, dass der erste Todesstern eine Eigenmächtigkeit Tarkins war; aber der Tod des Imperators hat es allen ermöglicht, jede Schuld auf ihn zu schieben. Sein Tod hat ihr Gewissen von jeder Schuld befreit, und sie glaubten alle, dass es nie wieder eine solche Station geben würde.«
Wedge nickte. »Bis zum heutigen Tag. Und Sie sollten auch nicht vergessen, dass Krennel einen Propagandakrieg gegen die Neue Republik geführt hat und seine Hegemonie all denen, die von uns schlecht behandelt werden, als Zufluchtsort angeboten hat. Wenn wir dieses Projekt an die Öffentlichkeit tragen, werden Leute, die vor der Entscheidung stehen, dieses Angebot anzunehmen, sich das noch einmal gründlich überlegen. Und die anderen Warlords werden sich die Frage stellen müssen, wie diese Station ihre Macht beeinflussen könnte. Wenn wir das an die Öffentlichkeit bringen, zwingen wir eine ganze Menge Leute, gründlich über Krennel nachzudenken.«
Der Bothan sah Mon Mothma an. »Wenn wir das publik machen, könnten wir eine Panik auslösen.«
»Das ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen.«
»Wenn wir denjenigen, die dieses Ding zur Strecke bringen sollen, sagen, worum es bei ihrem Einsatz geht, wird einiges davon an die Öffentlichkeit durchsickern, und das könnte eine Panik auslösen. Als offizielle Verlautbarung der Regierung hat die Nachricht ein ganz anderes Gewicht und sollte Unterstützung für unsere Operationen gegen Krennel erzeugen.« Wedge richtete sich auf. »Jedenfalls ist es wichtig, dass wir diese Pulsar-Station jetzt unschädlich machen, wo sie allenfalls dazu imstande ist, die Flucht zu ergreifen. Und wenn man das der Öffentlichkeit richtig erklärt, sollte man auch eine Panik vermeiden können.«
Mon Mothma nickte langsam. »Was Sie da vorschlagen, General Antilles, hat vieles für sich. Wir werden im Provisorischen Rat darüber beraten. Sie werden vermutlich bereits wieder gegen die Hegemonie im Einsatz sein, ehe Sie von unserer Entscheidung hören.«
»Ich verstehe, Rätin Mothma.« Wedge lächelte. »Wenn die Information an die Öffentlichkeit gelangt, werden wir es auch schaffen, sie für uns zu nutzen. Das wird Krennels Verbündete und die Leute auf der Station unruhig machen. Vielleicht bewirkt es auch, dass wir die Station bekommen, ohne dass ein Schuss abgefeuert werden muss.«
Borsk Fey’lya stieß ein bellendes Lachen aus. »Glauben Sie das wirklich, General?«
Wedge zuckte die Achseln. »Nein, aber ich hoffe es trotzdem.«
Prinz-Admiral Delak Krennel streckte langsam seinen mechanischen Zeigefinger aus und deutete damit auf Ysanne Isard, als diese sein Büro betrat. »Das ist Ihr Werk, nicht wahr?«
Isard ließ den Hauch eines Lächelns über ihre Züge gleiten. »Ich bewundere es, wie Sie Ihren Zorn unterdrücken. Das ist eine sehr nützliche Fähigkeit.« Sie wandte sich von ihm ab und sah zu der Holoprojektoreinheit in einer Ecke seines Zimmers hinüber. »Und was das angeht – nein, damit hatte ich nichts zu tun.«
Krennels Zeigefinger wanderte zu der Projektion hinüber, und dann drückte sein Daumen auf einen der Knöpfe an seinem Zeigefinger. Das Volumen der Projektion weitete sich aus, und General Cracken wanderte ins Zentrum des Bildes. Er lächelte kurz, als die Holokam ein Stück nach hinten fuhr, sodass man jetzt einen kleineren Holoprojektor und das Bild eines Todessterns hinter ihm sehen konnte. Krennel stieg die Galle hoch, als Cracken zu sprechen begann.
»Als Streitkräfte der Neuen Republik vor einem Monat die Welt Liinade III befreiten, entdeckten wir dort einen geheimen Forschungsstützpunkt, in denen Wissenschaftler mit Entwicklungsarbeiten an einer neuen Waffengeneration beschäftigt waren, die auf der Todesstern-Technologie basiert…«
Isard drehte sich um und machte mit der linken Hand eine wegwerfende Bewegung. »Sie können das abschalten. Ich habe es gestern schon oft genug gesehen. Inzwischen könnte ich diesen langweiligen Monolog auswendig herunterleiern.«
Krennels Kinn schob sich vor. »Ah, und davon waren Sie so fasziniert, dass Sie keine Zeit fanden, zu mir zu kommen, als ich Sie rief, nachdem ich diese Nachricht das erste Mal gesehen hatte?«
»Wohl kaum.« Sie zuckte leicht die Achseln und blieb mitten in seinem Büro stehen, als ob es ihr gehörte. »Ich war nicht auf Ciutric. Ich war unterwegs, um Agentenberichte über dieses Labor zu beschaffen, das die Neue Republik angeblich gefunden hat.«
Der Prinz-Admiral glaubte in ihrer Stimme so etwas wie eine Mischung aus Langeweile und Ekel zu hören. »›Angeblich gefunden hat‹? Sie glauben diesem Bericht nicht?«
»Sie etwa? Sie glauben dieses pathetische Schauermärchen?« Isards Augen verengten sich ungläubig. »Bitte, Prinz-Admiral, Sie sollten wirklich nicht zulassen, dass sich meine Meinung über Sie verschlechtert. Das ist doch ein offenkundiges Täuschungsmanöver.«
Krennel hieb mit seiner Metallfaust auf die Schreibtischplatte. »Das ist keine Frage des Glaubens. Ich weiß, dass ich weder ein solches Labor noch ein solches Projekt betrieben habe.«
Sie nickte und verschränkte langsam die Arme über der Brust. »Das weiß ich auch. Vor mir hätten Sie so etwas schließlich nicht versteckt halten können.«
Der Prinz-Admiral beugte sich vor und fletschte die Zähne zu einem Raubtiergrinsen. »Aber Sie, Ysanne Isard, Sie könnten einen solchen Stützpunkt vor mir versteckt halten, nicht wahr? Sie wären imstande, solche Forschungsarbeiten durchzuführen, oder nicht?«
»Das wäre ich in der Tat, Prinz-Admiral, das wäre ich, aber die Analyse der Neuen Republik zeigt, dass ich das nicht getan habe. Sicherlich hätte ich dieses Labor einrichten, diese Leute dort hinbringen und die Spuren so verwischen können, dass Sie sie nicht finden. Das wäre wirklich ein Kinderspiel – tatsächlich habe ich sogar als Kind großen Spaß an solchen Projekten gehabt.« Ihre Augen weiteten sich wieder und schienen in weite Ferne zu blicken. Sie schmunzelte. »Aber das ist es nicht, was Sie hören wollten.«
Krennel lehnte sich in seinem Sessel zurück. Sie hatte Recht, das war nicht, was er hören wollte, aber das war es, was er von ihr erwartet hatte. Er hatte von Anfang an angenommen, dass sie eine Vielzahl kleiner Projekte betrieb, von denen er nichts wusste. Er konnte ihre Aktivitäten ausschließlich durch die Mittel kontrollieren, die er ihr zukommen ließ. Und ihre Budgets waren zwar nicht knapp, aber ganz sicherlich nicht übermäßig großzügig. Er vermutete zwar, dass sie seine Zuwendungen aus anderen Quellen aufbesserte, aber selbst wenn sie die ihr zur Verfügung stehenden Mittel verdoppelte oder verdreifachte, würde das keine Projekte dieses Ausmaßes zulassen.
Er lächelte. »Ah, jetzt begreife ich, worauf Sie hinauswollen. Die Neue Republik behauptet, dieser Stützpunkt sei mit Entwicklungsarbeiten beschäftigt gewesen, die Sie finanziert haben könnten, aber der eigentliche Bau würde Ihre Möglichkeiten übersteigen.« Er hob die Hand, um sie von einem Widerspruch abzuhalten. »Oder besser gesagt, wenn Sie über solche Mittel verfügt hätten, hätten Sie sich nicht mit mir verbündet.«
Isard nickte sichtlich beeindruckt. »Ja, Sie haben auf der Akademie etwas gelernt. Dieser Bericht der Neuen Republik ist ganz offensichtlich ein Schwindel, der denen in der Auseinandersetzung mit Ihnen moralische Rechtfertigung liefern soll. Ihr Eintreten für das Recht der freien Wahl und das Bild, das sie von Pestage entworfen haben, als das Bild eines grausamen Schlächters, dessen Untaten einfach danach schrien, dass man ihn beseitigte, haben dem Krieg der Neuen Republik gegen Sie einen Großteil an Unterstützung entzogen. Dass die Republik diese Taktik einsetzt, lässt erkennen, in welch verzweifelter Lage sie sich befindet.«
»Dann gibt es also keine Beweise für dieses Labor?«
»Dort, wo die behaupten, dass eines sein sollte, gibt es ein riesiges Loch in einer Bergwand, das schon. Aber alles verwendbare Material ist verschwunden. Wie lange es dort war, kann keiner meiner Agenten abschätzen. Die eigentliche Tunnelanlage gab es schon seit langer Zeit, aber die gesamte Ausrüstung ist erst vor kurzer Zeit hingebracht worden. Unser Agent erinnert sich daran, dass er noch vor zwei Jahren in dieser Gegend gefischt und nichts gesehen hat. Ihr Personal war nicht zur Bewachung eingesetzt, und in den lokalen Aufzeichnungen sind keinerlei Hinweise auf diesbezügliche finanzielle Transaktionen zu finden.«
»Hat man sie beseitigt?«
Isard blinzelte, etwas, das Krennel an ihr noch nie gesehen hatte und deshalb als Hinweis darauf wertete, dass sie verwirrt war. »Vorstellbar ist das schon, aber wenn hier Hacker am Werk waren, dann waren sie sehr geschickt und haben keinerlei Spuren hinterlassen. Wir müssen also jedenfalls davon ausgehen, dass das vorliegende Beweismaterial entweder nicht schlüssig oder zumindest unvollständig ist.«
»Aber Sie glauben nicht daran?«
»Nein, ich halte das Ganze für ein Täuschungsmanöver der Neuen Republik, um Ihnen zu schaden.« Isard fing jetzt an, in seinem Büro auf und ab zu gehen. »Und dagegen müssen wir natürlich etwas unternehmen.«
»Mir ist im Augenblick wichtiger, die Streitkräfte der Neuen Republik abzuwehren.«
Isards Gesichtszüge spannten sich, und ihre Stimme klang plötzlich schneidend: »Über eines müssen Sie sich klar sein, Prinz-Admiral: Dieser Krieg gegen Sie ist ein politischer Krieg. Die Neue Republik hat sich diese moralische Krücke zusammengezimmert, weil sie nicht den Mumm hat, mit voller Kraft zuzuschlagen. Vielleicht kann sie das auch nicht – vielleicht hat der Kampf gegen Thrawn sie mehr geschwächt, als wir uns das vorstellen können. Unsere Feinde gehen schrittweise vor, weil sie zu einem schnelleren Tempo nicht fähig sind. Unser Gegenangriff wird aus drei Stufen bestehen und sie veranlassen, sich ihr weiteres Vorgehen gründlich zu überlegen.«
»Drei Stufen?« Krennel öffnete seine Metallhand und strich mit den Fingern über die Vertiefung, die er in seine Tischplatte geschlagen hatte. »Und das wäre?«
»Zum Ersten werden Sie eine Erklärung hinsichtlich dieser gegen Sie erhobenen Vorwürfe abgeben. Sie werden zornig und besorgt sein. Erinnern Sie sich an Wynt Kepporra?«
Krennel schloss kurz die Augen und sah das Gesicht eines eifrigen jungen Mannes in der Uniform eines Kadetten der Imperialen Akademie vor sich, den Schädel glatt rasiert, die Augen strahlend blau. »Er war in meiner Klasse, auf Prefsbelt Vier. Wir waren in derselben Kompanie, weil unsere Familiennamen mit demselben Buchstaben anfingen. Ich erinnere mich vage an ihn.«
»Nun, jetzt werden wir behaupten, dass er damals Ihr bester Freund war. Er stammt von Alderaan – das ist die Wahrheit – und starb bei der Vernichtung des Planeten. Er war auf Urlaub zu Hause, auf Besuch bei seiner Familie. Sein Tod hat Ihnen sehr wehgetan, so sehr, dass Sie sich freiwillig für den Einsatz in den Unbekannten Regionen gemeldet haben. Später haben Sie es sich anders überlegt, sind zurückgekehrt und haben sich vorgenommen, Ihren ganzen Einfluss dafür einzusetzen, dass es kein zweites Alderaan-Massaker geben würde. Wenn die Neue Republik jetzt andeutete, dass Sie etwas mit einem Projekt zu tun haben, das zum Bau einer Waffe führen könnte, ähnlich der, die Ihren Freund vernichtet hat – nun, dann ist das eine Taktik, die schmerzlich an das Imperium erinnert.«
Der Prinz-Admiral schob die Lippen vor und nickte dann. »Ja, das könnte ich rüberbringen.«
»Und dabei eine Träne vergießen?«
»Ich war auf der Akademie ein Kämpfer, nicht in der Thespischen Union wie Kepporra.«
»Macht nichts, wir ändern das Archiv entsprechend.« Isard drehte sich um und fing wieder an, auf und ab zu gehen. »Als Zweites werden wir eine Serie von Dateien veröffentlichen, denen zu entnehmen sein wird, dass Sie in der Hegemonie nicht über die Mittel verfügen, um ein solches Projekt zu bauen. Eine dieser Dateien, diejenige über Corvis Minor, wird verändert worden sein.«
Krennel lächelte. »Ah, ja, Ihre Falle für die Sonderstaffel. Vielleicht wird denen dieser neue Köder besser gefallen.«
»Das hoffe ich in der Tat. Wenn die erledigt sind, wird die Neue Republik natürlich einen mächtigen Schlag gegen Corvis Minor führen. Und an dem Punkt setzt unsere dritte Stufe ein. Sie werden Liinade III angreifen und die Garnisonen, die die Neue Republik dort eingerichtet hat, unter massiven Beschuss nehmen. Wir werden Aufständische einschleusen, die einen Guerillakrieg gegen die Streitkräfte der Neuen Republik führen werden, und wenn wir Glück haben, wird es zu einem Volksaufstand kommen, der den Feind dazu zwingen wird, wesentlich mehr Truppen einzusetzen, um den Planeten zu halten, als er je geplant hat.«
»Ihre moralische Rechtfertigung ist dahin, eine legendenumwobene Einheit ist vernichtet, und ich dokumentiere, dass ich über die Mittel verfüge, um die politische Integrität meines Reiches zu bewahren.« Krennel nickte langsam. »Das könnte klappen. Das muss sogar klappen.«
Isard lächelte eisig. »Es wird klappen. Und sobald Sie der Galaxis einmal gezeigt haben, dass es möglich ist, sich gegen die Neue Republik durchzusetzen, wird man Sie als rechtmäßigen Erben des Imperators betrachten. Und wir beide werden das erreicht haben, was wir uns am meisten wünschen.«