Wahrheit und Klarheit

Die Frage, wie Muslime in Deutschland leben und wie es einen konstruktiven Dialog mit dem Islam geben kann, treibt viele um. Fakt ist: Mehr als drei Millionen Muslime leben in Deutschland, und zwar auf Dauer. Deshalb geht es nicht nur um das Verhältnis der Religionen untereinander, sondern auch um klare Regelungen des Staates mit den Religionsgemeinschaften. So ist es gut und wichtig, dass Innenminister Schäuble eine Islamkonferenz einberufen hat, auch wenn es Streitigkeiten zur Zusammensetzung und zur Einladungspraxis gab. So ist richtig, dass eine zentrale Vertretung der Muslime in Deutschland gefordert wird. Das wird sicher noch Zeit brauchen, ist aber notwendig, um Gespräche auf einer Ebene führen zu können, beispielsweise über islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen mit einem klaren Kurrikulum, ausgebildeten Lehrkräften und in deutscher Sprache. Die Frage für den Staat wird sein, ob es einen mit den Grundüberzeugungen der Demokratie im Einklang stehenden Islam gibt, ob Muslime offen die Verfassung dieses Landes bejahen. Da geht es auch um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Und es geht um Gesetze wie das Recht von Kindern auf gewaltfreie Erziehung oder die Teilnahme von muslimischen Mädchen am Sportunterricht. Unsere Rechts- und Werteordnung im Land muss auch von Zuwanderern respektiert werden.

Für die Kirche ist die Frage noch eine andere: Wie kommen wir in ein Gespräch über Glaubensfragen miteinander? Wie können wir die unterschiedlichen Gottes- und Menschenbilder besser verstehen? Gibt es die Möglichkeit eines gemeinsamen Gebetes? Wie regeln wir Trauungen zwischen den Religionen?

Hierzu hat die Evangelische Kirche unter dem Titel „Wahrheit und Klarheit“ einen wichtigen Beitrag geleistet. Mir ist wichtig, dass klar gesagt wird: Wir können mit Respekt dabei und anwesend sein, wenn Menschen einer anderen Religion beten. Dazu laden wir auch Gläubige zu uns ein. Eine einfache Vermischung, ein schneller interreligiöser Ritus ist aber nicht der richtige Weg. Unsere Religionen sind verschieden. Es gehört zum gegenseitigen Respekt, die Unterschiede nicht so schnell zu verwischen. Und: Ich muss meine eigene Religion kennen, um dialogfähig zu sein. Staat und Kirche haben hier unterschiedliche Aufgaben, die auch nicht einfach in einen Topf zu werfen sind.

„Da Christen und Muslime – jedoch auch Juden – an den Gott glauben, der zu Abraham als Stammvater gesprochen hat, scheint die Grundlage für ein gemeinsames Gebet gegeben. Trotz dieser Gemeinsamkeit besteht jedoch ein grundlegender Unterschied darin, dass Christen glauben, dass sich der Gott Abrahams in Jesus Christus als seinem Sohn geoffenbart hat. Die Heilsbedeutsamkeit von Jesu Tod und der Glaube an den dreieinigen Gott sind christliche Glaubensüberzeugungen, denen Muslime bei aller Wertschätzung Jesu als Prophet nicht folgen, die sie vielmehr ausdrücklich ablehnen. Ein gemeinsames Gebet in dem Sinne, dass Christen und Muslime ein Gebet gleichen Wortlautes zusammen sprechen, ist nach christlichem Verständnis nicht möglich, da sich das christliche Gebet an den Einen Gott richtet, der sich in Jesus Christus offenbart hat und durch den Heiligen Geist wirkt.“ (Wahrheit und Klarheit, EKD 2006, S. 114f.)

Mehr als fromme Wuensche
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