Angst vor Terror
Das macht vielen Menschen Angst: Deutsche Fahnen brennen, dänische und norwegische Botschaften werden von einem tobenden Mob gestürmt, ein EU-Kulturbüro in Gaza wird zerstört. Ausgelöst wurde diese Gewalt durch Karikaturen in einer dänischen Zeitung. Ist das nun der Kampf der Kulturen?
Zuallererst denke ich: Wir dürfen uns keine Angst machen lassen. Meinungs- und Redefreiheit sind hohe Güter, die in Europa schwer errungen wurden! Viele Zuwanderer in Europa schätzen genau diese Freiheit. Es war der große Philosoph Voltaire, der gesagt hat, er werde eintreten für die Freiheit des anderen, für seine Überzeugungen einzutreten, selbst wenn er nicht dessen Meinung sei. Dafür gilt es zu kämpfen. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ich aus Angst nicht frei sage, was ich denke. Deutschland hat im letzten Jahrhundert in zwei Diktaturen erlebt, was das heißt.
Zum anderen: Ja, es gibt Grenzen des guten Geschmacks und auch des Respekts. Meine religiösen Gefühle sind verletzt, wenn ich beispielsweise ein T-Shirt sehe mit einem Schwein am Kreuz und der Frage „Wieso?“ darunter. Das Kreuz hat eine tiefe Bedeutung für meinen Glauben und wird so lächerlich gemacht. Manchmal habe ich den Eindruck, Religion wird besonders angegriffen, weil manche geradezu händeringend nach den letzten Tabus suchen, die sie noch brechen können.
Die Kirchen in Europa haben aber gelernt, in der Demokratie zu leben und sie zu schätzen. Sehen wir unsere religiösen Gefühle verletzt, können wir die Rechte nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Etwa den Boykott einer Zeitung, Leserbriefe, Podiumsdiskussionen, zur Not sogar eine Klage vor Gericht – nur auf keinen Fall mit Gewalt! So sollten alle Religionen gleich behandelt werden. Das gilt für das hohe Gut der Religionsfreiheit in unserem Land, aber ebenso für das hohe Gut der Meinungs- und Redefreiheit oder auch der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die unsere Verfassung garantiert. Statt aus lauter Angst vor Gewalt eine Oper abzusetzen, gilt es, für die Freiheit der Rede und auch der Kunst offensiv einzutreten! Deshalb brauchen wir dringend einen Pakt der Vernunft, der die erhitzten Gemüter beruhigt, genauso entschlossen aber auch für Freiheit eintritt bei gleichzeitigem Respekt für religiöse Gefühle. Wobei: Mit Religion scheint mir ein solcher Aufruhr nur noch wenig zu tun zu haben ...
„Habt Frieden untereinander!“ (Markus 9,50), lesen wir in der Bibel. Das ist ein Aufruf, Gewalt und Terror nicht mit Gleichem zu vergelten, sondern für den Frieden aktiv und entschieden einzutreten.