Totaler Markt?

Schlechter Geschmack lässt sich offenbar gut verkaufen. Da hat MTV die Werbung für einen Handy-Klingelton „Natascha im Keller“ gerade gestoppt. Um junge Käufer abzuzocken, ist offenbar auch das Leiden einer Jugendlichen, die acht Jahre in einem Keller gefangen gehalten wurde, nicht tabu. „Rülpsende Kröten“ oder „Drillfurz“ scheinen demgegenüber geradezu noch als harmlose Varianten.

Jugendschützer warnen inzwischen, dass auch Gewaltvideos auf den Handys von Kindern und Jugendlichen die Runde machen. Das Video von der Hinrichtung Sadam Husseins kursierte vor allem im arabischen Raum. Virtuelle Mutproben gab es dann: Wer hält es aus, sich das anzuschauen? Und zwei Kinder sind gestorben, als sie versuchten, die Hinrichtung nachzustellen, die sie gesehen hatten.

Endlich scheint sich eine Selbstverpflichtung der Handybranche anzukündigen, die besser über Preise informiert und auch Klingelton-Abos kündbar macht. Das ist zumindest ein Weg, die Schuldenfalle Handy in den Griff zu bekommen, in die viele Jugendliche geraten. Verantwortung muss es auch im und für den riesigen virtuellen Raum des Internet geben. Es kann nicht zugelassen werden, dass hier alles egal, alles erlaubt ist.

Wie verbittert, wie einsam und verzweifelt muss ein 18jähriger junger Mann sein, der mit Tarnanzug und Waffen in seine ehemalige Schule eindringt, auf Mitschüler und Lehrer schießt und sich dann das Leben nimmt? Hat wirklich niemand gemerkt, wie er sich mehr und mehr isoliert hat, nicht in der Familie, nicht in der Schule, nicht am Arbeitsplatz? Und die Internetnutzer, haben die seine Hilfeschreie, seine Hasstiraden einfach so hingenommen – geht mich doch nichts an, wenn einer so drauf ist? Das Internet – ein verantwortungsfreier Raum? Über solche Ausgrenzung gibt es nichts zu lachen, sie ist brutal und äußert sich in brutaler Gewalt.

Der Markt kann nicht sich selbst überlassen werden, das Internet regelt sich nicht selbst. Hier müssen Gesetze Sorge tragen für die Menschenwürde – aber auch einzelne Menschen! Verantwortung lässt sich nicht einfach beiseite schieben. Wir sind gefragt, jeder und jede ganz einzeln.

Die Frage der eigenen Verantwortung ist für Christinnen und Christen von entscheidender Bedeutung. Ich kann nicht an andere delegieren, was ich selbst vor Gott und den Menschen zu verantworten habe. Bei der Erinnerung daran geht es nicht um eine Drohung nach dem Motto: „Gott sieht alles!“, wie früher manchem Kind vermittelt wurde. Vielmehr geht es darum, dass ich mir bewusst bin, rechenschaftspflichtig zu sein für mein Tun und Handeln. Und dass die Menschen um mich herum nicht Fremde sind, die mich nichts angehen, sondern Schwestern und Brüder. Christlicher Glaube ist auch eine Lebenshaltung, die zur Verantwortung drängt.

Mehr als fromme Wuensche
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