Mutter sein

 

 

Der Sommer 2003 war einer der heißesten, an die ich mich erinnern kann. Ich liebte die Sonne, aber musste das ausgerechnet während meiner ersten Schwangerschaft sein? Seit einigen Monaten hatte ich ganz schön was zu schleppen. Jetzt schien es mir, als packte mir die Hitze zusätzlich noch mal zehn Kilo drauf. Trotz der Anstrengung genoss ich jeden Augenblick, ich war glücklich und die Sonne strahlte mir direkt ins Herz.

In der Nacht zum 28. Juli hatten die Schmerzen begonnen und ich wusste sofort, dass es losging und dass das Warten endlich ein Ende hatte. Ich war durch den Garten spaziert und hatte versucht, in der Badewanne zu entspannen. Jetzt saß ich schon seit Stunden auf diesem blöden Pezziball und versuchte, meine Schmerzen »wegzuatmen«. Aber wie zum Teufel sollte das gehen?

»Kann ich irgendetwas für dich tun?«, fragte mein Mann besorgt.

»Was hast du dir denn da so vorgestellt?«, fragte ich zurück.

»Vielleicht möchtest du etwas essen oder so?«

»Isst du etwas, wenn’s dir total elend geht?«, giftete ich genervt.

Jetzt sah er richtig hilflos aus. In den letzten Wochen hatte ich eine völlig neue Seite an ihm kennengelernt: Unsicherheit. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. Er wollte mir ja nur beistehen und irgendwie helfen. Wir wollten ja jetzt alles gemeinsam machen. Das hatten wir uns vor gerade mal etwas mehr als einem Jahr versprochen, auf unserer wundervollen Hochzeit. Aber hier musste ich jetzt wirklich alleine durch, daran ließ sich einfach nichts ändern.

So weh mir gerade alles tat, so anstrengend es gerade war und so sehr ich mir auch wünschte, alles hinter mir zu haben, so sehr freute ich mich auch über jede Wehe. Oder redete mir das zumindest ein. Ein bisschen Autosuggestion war ein gut gemeinter Rat von meiner Hebamme gewesen. Aber eigentlich hatte sie recht, denn jede Wehe brachte mir ja das von uns ersehnte neue Leben ein Stück näher.

 

Die letzten Monate waren geprägt gewesen von vielen widersprüchlichen Gefühlen: Angst, Sorgen, Ungewissheit, aber vor allem von einer unbändigen Vorfreude und tiefer Liebe, wie ich sie zuvor noch nie empfunden hatte. Etwas Neues kam auf uns zu. Ich hatte mir mein Leben so hart erarbeitet, und jetzt würde es komplett umgekrempelt werden. Aber ich hatte keine Angst, sondern konnte es kaum noch aushalten vor Spannung und Neugier. Ich war glücklich, voller Tatendrang und vor allem voller Kraft, wie ich das selten erlebt hatte. Die Sonne schien. Ich war bereit für einen Neuanfang. Ich war bereit für ein neues Leben. Ich war bereit für mein Kind! Das ich niemals wieder hergeben würde.