EPILOG

Kane wurde augenblicklich wach und schoss empor. Panik machte sich in ihm breit, vielleicht ein Überbleibsel von den herabfallenden Felsbrocken – und nahm zu, als er die Eisenstäbe um sich herum sah.

Stäbe? Ein Käfig? Er saß in einem verfluchten Käfig? Was … warum …? Noch ehe der Gedanke Gestalt annehmen konnte, sah er, dass ein bewusstloser und blutender William gerade vor seinem Käfig davongetragen wurde.

Die Angst traf ihn, kalt, hart und stechend. Er streckte die Hand aus – sie zitterte – und versuchte, nach seinem Freund zu rufen. Wach auf. Wehr dich. Doch es kam kein einziges Wort heraus.

Kane schluckte, seine Kehle füllte sich mit Sägespänen. Und sein Kopf … verflucht noch mal, sein Kopf pochte wie die Hölle. Sein Magen drohte, sich jeden Moment zu entleeren, während sein Körper von links nach rechts zurück nach links und wieder nach rechts flog.

Der Käfig wird durch einen unterirdischen Flur gerollt, begriff er. Dann überkam ihn ein heftiger Schwindel, und er schloss die Augen. Er atmete konzentriert ein und aus, in der Hoffnung, das widerliche Gefühl ließe nach. Die Luft war heiß und feucht und roch nach Verwesung und Schwefel.

Verwesung. Schwefel. Das konnte nur eins bedeuten: Er wurde noch tiefer in die Hölle gebracht.

Sein Dämon brüllte.

Kane öffnete die Augen einen Spaltweit und sah sich seine Umgebung an – diesmal ganz langsam und ruhig. Er erspähte … Ungeheuer mit Hörnern und Flügeln neben seinem Käfig. Statt Haut hatten sie Schuppen, und ihre Augen leuchteten rot. Dämonen. Lakaien.

Das Brüllen in seinem Kopf verwandelte sich in Gelächter. In ehrlich amüsiertes Gelächter.

Anscheinend hatte er gestöhnt, denn eine der Kreaturen blickte böse in seine Richtung und bleckte die langen, weißen Säbelzähne. Im nächsten Moment griff eine Klaue in den Käfig und tätschelte ihm die Wange. Seine Haut klaffte auseinander.

Einmal mehr verlor Kane das Bewusstsein.

Ich muss nur noch eine Sache abhaken, und dann kann ich weiter nach Sienna suchen, dachte Paris. Er brauchte bloß Viola zu finden, die Halbgöttin des Jenseits und in Erfahrung bringen, wie ein Mann wie er die Seelen der Toten sehen konnte.

Es hieß, dass sie Stammgast in einer bestimmten Bar im Himmel war. Und diese Bar war sein Ziel. Während er durch die Straßen stapfte, zog er sein Telefon aus der Tasche und schickte seinem Freund Strider eine SMS.

Ich entbinde dich von deinem Versprechen.

Er drückte auf Senden und steckte das Gerät wieder ein. Nach allem, was er von Acra über die Gefahren erfahren hatte, die die zwei Reiche bargen, welche er betreten müsste – und über die Möglichkeit, sie nie wieder verlassen zu können –, war er nicht bereit, das Leben seines Freundes zu gefährden. Schon gar nicht, nachdem der Kerl gerade erst seine Harpyie geheiratet hatte. Ja, Strider hatte ihm die frohe Botschaft auf sein Handy geschickt.

Das werde ich nie erleben, dachte er traurig. Doch statt sich in der Verzweiflung zu wälzen, öffnete er sich wieder der Dunkelheit, die nun permanent in ihm toste. So viel Dunkelheit. Ein Nebel, der ihn durchzog und in einen eiskalten, harten Dreckskerl verwandelte.

Verletzen … töten …

Gut. Er brauchte diese Kälte jetzt mehr denn je.

Was auch geschähe, er würde Sienna retten – und wenn er dafür sein Leben lassen müsste.

– ENDE –