12

Dodd.eps

Als der Pferdekarren langsam den Weg hinab in die Altstadt nahm, wurden die Straßen immer enger. Die Häuser ragten höher in den Himmel, und die Schatten wurden dunkler. Die Altstadt stank nach Müll, und in der Gosse flossen stinkende Abwässer. Ungewaschene Menschen blieben stehen und starrten Durant, Elixabete und Emma feindselig an.

Emma drückte das Kind enger an sich und murmelte beruhigend auf das Mädchen ein. Zugleich fragte sie sich, ob man sie wohl angriff, um ihnen die Schuhe oder die Medizintasche zu klauen. Oder die bunten Bänder, die in die Mähne des Ponys geflochten waren.

Doch Durant schien zu wissen, wo er hinwollte. Er fuhr ganz selbstverständlich durch die verwinkelten Straßen und lenkte den Karren schließlich in einen grauen, leeren Innenhof, um den große Wohnhäuser aufragten. Er sprang vom Kutschbock und rief: »Damacia!«

Sofort wurden im dritten Stock die Fensterläden aufgestoßen, und eine junge Frau mit einem alten Gesicht schaute hinaus. Beim Anblick des Kinds wurde sie leichenblass.

»Mama!«, rief Elixabete schwach.

Durant wollte gerade etwas sagen, doch Emma kam ihm zuvor: »Sie wird wieder vollständig genesen. Der Arm ist gebrochen, aber ich habe ihn gerichtet.«

Kurz bedeckte Damacia die Augen mit einer Hand. Dann verschwand sie im Innern des Hauses. Nach nur wenigen Augenblicken tauchte sie in der Tür im Erdgeschoss auf und rannte zu dem Karren.

Elixabete beugte sich vor und flehte wortlos darum, von ihrer Mutter auf den Arm genommen zu werden.

Vorsichtig und mit Durants und Emmas Hilfe hob Damacia Elixabete vom Wagen. »Du dummes Kind, ich habe dir doch gesagt, du sollst zu Hause bleiben. Habe ich dir nicht prophezeit, dass du Probleme bekommst?« Sie schalt ihre Tochter und drückte sie zugleich zärtlich an die Brust.

»Das Baby weint die ganze Zeit, weil es Hunger hat.« Große Tränen standen in Elixabetes Augen. »Wir brauchen mein Gehalt, und jetzt … was wird jetzt aus uns?«

Emma hatte noch nie so viel Verzweiflung bei einem kleinen Kind erlebt.

»Pssst.« Damacia hob Elixabetes Kinn. »Uns wird schon was einfallen.«

Durant warf Emma einen Blick zu und schüttelte kurz den Kopf. Er warnte sie, damit sie nicht anbot, irgendetwas zu tun, um das Leid dieser Menschen zu lindern.

Stolz. Diese Moricadier waren zu stolz, um Hilfe anzunehmen, auch wenn sie die Hilfe noch so dringend brauchten.

Andere Leute tauchten in den Fenstern und am Rande des Innenhofs auf. Zwei Frauen eilten zum Brunnen in der Mitte des Hofs und holten Wasser hoch. Die ganze Zeit ließen sie die Fremden nicht aus den Augen.

»Ich danke Euch, dass Ihr Elixabete heimgebracht habt«, sagte Damacia. »Ich danke Euch beiden. Seit Rickie de Guignard ermordet wurde, trauen wir uns kaum aus unseren Häusern, weil wir uns vor den Männern des Fürsten fürchten. Sie fangen uns und stellen viele Fragen. Sobald sie einen erst in der Hand haben, kann man vor Schande auch gleich sterben.«

Eine der Frauen am Brunnen knallte ihren Eimer auf das Kopfsteinpflaster. »Still, Damacia. Um deiner Kinder willen, halt den Mund!«

Damacias Kopf fuhr herum. »Das hier ist der Engländer.«

Beide Frauen sogen scharf die Luft ein. Sie schienen Durant unter dieser Bezeichnung zu kennen.

Eine sank in einen tiefen Knicks.

Die andere, die die Warnung geäußert hatte, machte sich davon.

Emma beobachtete die Menschen und versuchte zu verstehen, was mit ihnen los war. Diese Gesellschaft wird von der Angst zerfressen und zerstört.

Durant senkte die Stimme. »War die Vergeltung schlimm?«

»Nicht so schlimm wie befürchtet. Sie glauben im Grunde nicht, dass es einer von uns war. Sie denken, wir sind nicht klug genug, um Pläne zu schmieden und den Schnitter zu erschaffen. Sie wissen außerdem, dass uns das Geld für ein schnelles Pferd fehlt, und sie wissen, dass die meisten von uns noch nie im Sattel gesessen haben. Sie glauben, wir sind zu feige, um zu versuchen, ein Schwein wie Rickie de Guignard umzubringen.« Damacias Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. »Vielleicht sind wir das auch. Aber wir sind froh, dass er fort ist.«

»Damacia. Still.« Die Frau am Brunnen klang eindringlich.

Durant und Damacia schenkten ihr keine Beachtung.

»Ich habe gehört, der Schnitter verscheucht nun schon die ersten Glücksspieler, die das Geld sonst nach Moricadia bringen und an Fürst Sandres Spieltischen verzocken«, erzählte Durant.

»Das ist gut.« Damacia lachte freudlos. »Ich habe gehört, Fürst Sandre ist wütend, weil seine Männer den Schnitter nicht fangen und exekutieren können. Er fürchtet, er wird zum Gespött der Leute in Moricadia. Unser Fürst mag es nicht, wenn man ihn für einen Dummkopf hält.«

»Dann sollte er lieber nicht versuchen, den Schnitter zu fangen. Der Schnitter ist der Geist von König Reynaldo, und Geister kann man nicht festnehmen.« Durant sah aus, als meinte er das ernst. Als glaubte er wirklich an Geister.

Emma glaubte nicht an Geister. Zumindest hatte sie nicht daran geglaubt, bis sie nach Moricadia kam. Jetzt machte die bloße Erinnerung an ein skelettartiges Gesicht sie so schwach vor Angst, dass ihr Teller aus den Händen rutschten und sie sich fragte, ob sie nicht einer Halluzination aufgesessen war.

»Ich habe das Gerücht auch gehört. Vielleicht ist er das. Mir ist es egal. Rickie de Guignard hat meinen Ehemann ermordet.« Damacia sprach jetzt an Emma gerichtet, als könnte sie verstehen, was sie damit meinte.

»Das tut mir leid«, sagte Emma.

»Er hat Tiagos Leiche an der Kreuzung aufgehängt, damit die Vögel ihm die Augen auspicken konnten. Ich bin froh, dass Rickie dasselbe Schicksal ereilt hat, und ich hoffe, die Vögel hatten genug Zeit, sich an ihm gütlich zu tun, ehe sie seine Leiche vom Galgen schnitten.«

Die Heftigkeit, mit der Damacia ihre Ansichten vorbrachte, entsetzte Emma. Zugleich aber konnte sie sie verstehen. Wenn sie jemanden hätte, den sie so sehr liebte, und wenn er ihr unrechtmäßig genommen würde, wäre sie bestimmt auch wütend, und vielleicht könnte sie auch nicht verzeihen.

Sie wusste es nicht. Es war so lange her, seit sie sich erlaubt hatte, etwas zu empfinden und nicht einfach alles stillschweigend hinzunehmen.

Durant senkte die Stimme. »Ich habe außerdem gehört, dass Reynaldos Geist der Vorbote für die Rückkehr des wahren Königs ist.«

Die zwei Frauen beugten sich weiter herüber und lauschten angestrengt.

Damacia starrte ihn an. »Tatsächlich?« Das Wort war nur ein atemloses Hauchen.

»Natürlich könnte es Euch das Leben kosten, wenn Ihr das öffentlich wiederholt.« Während er sprach, blitzten seine Augen.

Damacia nickte, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Ja, das wäre äußerst gefährlich. Ich werde es nicht weitererzählen.«

Aber die zwei Frauen am Brunnen standen wie erstarrt, und Emma dachte flüchtig, wenn Durant versuchte, ein Gerücht in die Welt zu setzen, machte er seine Arbeit wirklich gut.

Mit ganz normaler Stimme fügte er hinzu: »Elixabete scheint eine kluge, junge Dame zu sein. Wenn sie sich in ein paar Tagen von der Verletzung erholt hat, schickt sie zu Lady Fanchere. Sie ist noch auf der Suche nach einer Spülmagd, und ich weiß, dass Miss Chegwidden hier ein gutes Wort für Elixabete einlegen wird.«

»Das werde ich auf jeden Fall tun.« Emma lächelte Damacia und ihr Kind warm an. »Braucht Ihr Hilfe, um Elixabete nach oben zu bringen?«

»Nein, vielen Dank. Meine Freundinnen werden mir helfen.« Damacia wich von dem Karren zurück. »Elixabete, bedank dich bei Miss Chegwidden.«

»Vielen Dank.« Elixabete versuchte zu lächeln, aber sie verzog schmerzhaft das Gesicht.

»Oh, wartet.« Emma öffnete ihre Medizintasche und kramte zwischen den Gläsern, die Lady Lettice durchwühlt hatte. Sie fand, wonach sie suchte, und gab das Glas Damacia. »Kocht einen Löffel von der Weidenrinde im Wasser auf und lasst den Sud dreißig Minuten ziehen. Das soll sie trinken. Sie wird sich morgen schon besser fühlen.«

Durant stieg wieder auf den Kutschbock und klapste mit den Zügeln auf den Rücken des Ponys.

Emma drehte sich ein letztes Mal um und rief: »Sie soll den Arm weiter in der Schlinge tragen und schonen!«

Sie wartete, bis sie den Sumpf der Altstadt von Tonagra hinter sich gelassen hatten. Dann brach es aus ihr heraus. »Warum ist es da unten so schrecklich?« Er setzte zu einer Antwort an, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Dieses Land ist so unfassbar reich. Die reichen Besucher bringen so viel Geld hierher. Und die Moricadier müssen so leben? Warum?«

»Weil die de Guignards und vor allem Fürst Sandre die Macht haben, das Geld unter sich aufzuteilen. Und genau das tun sie auch.«

»Das hat Brimley mir auch erzählt. Aber es ist so ein kleines Land. Die de Guignards könnten doch nur ein bisschen von dem, was sie besitzen, abgeben. Das würde einen riesigen Unterschied machen! Menschen zu zwingen, so zu leben, das ist …« Sie zeigte zurück zu den baufälligen Wohnhäusern. »Kriminell ist das!«

»Ja.«

»Kann man denn nichts tun?«

»Ich war zwei Jahre lang im Gefängnis, weil Sandre dachte, ich wüsste etwas über eine Verschwörung. Also nein. Man kann absolut nichts tun.« Er blickte starr geradeaus. Seine Miene wirkte ernst, geradezu aristokratisch. »Miss Chegwidden, bitte steckt Eure Nase nicht in moricadische Angelegenheiten.«

Ihre Wut ließ sie fast aufspringen. Er war zwei Jahre im Gefängnis gewesen, schön und gut. Das war schrecklich, und sie wusste, dass sie kaum die richtigen Worte finden konnte, um seinen Schmerz auszudrücken. Aber wie konnte er so kalt über diese himmelschreiende Vernachlässigung der einfachen Bevölkerung sprechen und behaupten, man könne nichts tun! Er machte es sich ja sehr bequem.

»Miss Chegwidden. Ihr werdet Euch auf keinen Fall für die Moricadier einsetzen.« Sein Tonfall machte deutlich, dass dies ein Befehl war. »Es ist hoffnungslos. Es gibt zu viele von ihnen. Ihr befindet Euch nicht auf einem Kreuzzug, also lasst die Finger davon.«

Sie schaute sich um. Die moricadische Landschaft erhob sich wunderschön und zerklüftet um sie herum. Zugleich aber wirkte sie kalt, grausam und hart. Sollte Lady Fanchere sie wieder vor die Tür setzen, stünde sie wieder im Wald auf der Straße und musste sich einem Schicksal stellen, das von Angst und Hunger dominiert wurde.

Ihre Empörung fiel in sich zusammen. Er hatte recht. Courage war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte, und außerdem hatte sie keine Courage. Mit leiser Stimme fragte sie: »Hat Lady Fanchere wirklich eine offene Stelle für eine Spülmagd?«

»Sie ist sehr freundlich, also ja. Schon bald wird ihr klar werden, dass sie ein Kind braucht, das beim Schrubben der Kamine hilft.«

Er war eigentlich kein so übler Kerl. Er war auf eine sorglose Art großzügig, und er hatte ihr ohne zu zögern geholfen, Elixabetes Arm wieder zu richten. Sie musste endlich aufhören, ihn so streng zu beurteilen. Schließlich war er kein größerer Feigling als sie selbst. Andererseits hatte er eine Familie, die ihn mit ihrem Reichtum unterstützen könnte, falls er beschloss, sich bei ihnen zu melden. Sie wusste allerdings nicht, warum er nicht das einfach Leben als Erbe eines Dukes wählte. Michael Durant war ihr immer noch ein Rätsel.

Zum ersten Mal, seit sie das Durcheinander in Lady Lettices Zimmer betreten hatte, sah Emma Durant an. Sie bemerkte erst jetzt, dass er von Kohlenstaub bedeckt war. »Ihr seid völlig verdreckt!«, rief sie.

»Werte Mistress, das ist so, als würde der Topf den Kessel schwarz schimpfen. Im wahrsten Sinne des Wortes.« Mit zwei Fingern wischte er über ihre Wange und zeigte ihr den Ruß auf seiner Haut.

Entsetzt schaute Emma auf ihr Kleid. Das schöne Kleid, das sie heute früh in ihrem Zimmer gefunden hatte! Über den Knien war der Stoff schwarz. Sie hatte Ruß auf dem Mieder und auf ihrem rechten Arm, und irgendwie war es ihr zwischendurch gelungen, sich eine weiße Manschette abzureißen. »Das ist das zweite Kleid, das ich in zwei Tagen ruiniere. Glaubt Ihr, Lady Fanchere wird das bemerken?«

Er legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend laut. Dann beugte er sich vor und musterte sie. Er schaute sie einfach an, aber etwas an seinem Gesichtsausdruck war anders als sonst. Er wirkte interessiert oder fasziniert oder … irgendwie anders. »Ich denke, das wird sie. Und zwar schon sehr bald.« Immer noch lächelnd lenkte er den Karren in die Einfahrt zum Anwesen der Fanchere.

»Könnt Ihr mich zu einem Hintereingang bringen, wo man mich nicht beobachtet, wenn ich das Château betrete?« Sie spreizte die Finger im Schoß. Die Fingernägel hatten Rußränder, und irgendwo hatte sie die Handschuhe verloren.

»Natürlich. Das Château verfügt über viele Durchgänge und Eingänge.« Er fuhr sie zu einer kleinen Seitentür und hielt vor einer Treppe. »Ehe die Fancheres die Küche umgesiedelt haben, diente das hier als Dienstboteneingang. Von hier gelangt Ihr auf kürzestem Weg in Euer Zimmer.« Als sie gerade vom Karren springen wollte, hielt er sie am Arm fest.

Sie schaute ihn misstrauisch an. Was hatte er noch vor?

»Hört mir genau zu. Ich beschreibe Euch jetzt den Weg zu den Dienstbotenquartieren«, sagte er.

Sie entspannte sich. »Vielen Dank.« Er hatte einen merkwürdigen Ausdruck in den Augen, wenn er sie so anschaute. Doch er war der perfekte Gentleman. Es war dumm von ihr, etwas anderes zu vermuten.

Sie lauschte aufmerksam, während er ihr erklärte, welche Treppen sie nehmen und um wie viele Ecken sie biegen musste. Sie versicherte ihm, dass sie ihr Zimmer finden würde, obwohl sie sich da nicht so sicher war. Dann ließ sie sich von ihm vom Karren helfen. Sie eilte zu dem Château.

Seine Stimme hielt sie zurück. »Miss Chegwidden.«

Sie drehte sich um.

Er öffnete den Weidenkorb hinter dem Kutschbock und brachte ihre Medizintasche zum Vorschein.

»Ich danke Euch!« Die hatte sie fast vergessen. Sie wandte sich ab.

Erneut rief er sie. »Miss Chegwidden.«

Sie wirbelte herum. Diesmal hielt er eine andere Tasche hoch. Es handelte sich um ihre alte, abgewetzte Reisetasche, die vollgestopft war mit … »Meine Kleider! Wie habt Ihr denn das hinbekommen?«

»Ich habe die Zimmermädchen gebeten, Eure Sachen zusammenzusuchen, während Ihr mit dem Kind beschäftigt wart.«

»Ich danke Euch. Ihr rettet mir wirklich den Hals!«

»Nein, Miss Chegwidden. Das Leben habe ich Euch damit nicht gerettet. Lasst uns nur beten, dass es nie so weit kommt.«

»Das stimmt. Mir wäre das übrigens auch lieber.« Weil sie nicht glaubte, dass er dazu imstande war.

Sie öffnete die Reisetasche und fand obenauf ihr zweitbestes Kleid. Es war achtlos hineingestopft worden und zweifellos zerknittert, aber wenigstens war es sauber. Darunter fand sie den Wollschal, den die Frauen ihres Heimatdorfs gewoben hatten, die Miniatur ihres Vaters und die Stolz und Vorurteil-Ausgabe ihrer Mutter. »Ihr habt heute viel für mich getan«, erklärte sie Durant. »Ich werde mich daran erinnern, und ich verspreche Euch, eines Tages werde ich mich dafür revanchieren.«

»Ich werde Euch daran erinnern.« Als sie überrascht und leicht besorgt zu ihm aufblickte, lächelte er unbekümmert und lehnte sich gegen den Karren. »Erinnert Ihr Euch noch an den Weg in Euer Zimmer?«

»Ja. Vielen Dank noch einmal!« Sie winkte ein letztes Mal und eilte zum Château.

Er blickte ihr nach, bis sich die Tür hinter ihr schloss.

Vor seiner Einkerkerung hatte er sich von Leidenschaften, seiner Wut und der Lust auf Abenteuer mitreißen lassen. Wohin ihn seine Gefühle auch trieben, er folgte ihnen ohne jede Vorsicht und ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden. Sein Bruder hatte sich oft über Durants Maßlosigkeit beklagt und ihm erklärt, früher oder später werde ihn dies in Schwierigkeiten bringen.

Jude hatte recht behalten, und eines Tages wollte Durant ihm das auch erzählen. Doch im Moment … Nach seiner Freilassung hatte Durant entdeckt, dass die düstere Einsamkeit des Kerkers ihn der Fähigkeit beraubt hatte, sich an irgendetwas zu erfreuen.

Wie faszinierend war es jetzt doch, dass nach so langer Zeit eine Frau, die so misstrauisch und schreckhaft wie ein Kätzchen war, in ihm echte Gefühle weckte. Miss Chegwidden brachte ihn zum Lachen. Dieses Lachen fühlte sich vertraut an. Als erinnerte sich etwas tief in ihm daran, wie es gewesen war, als jeder Tag für ihn eine Freude war. Zugleich fühlte sich dieses Vergnügen, das in ihm übersprudelte, völlig neu an. Als habe er noch nie die Sonne auf dem Gesicht gespürt und das geschnittene Gras gerochen. Als habe er nie das Vergnügen gehabt, einem schönen Mädchen zu lauschen.

Miss Chegwidden war klug beraten, wenn sie ihm mit Vorsicht begegnete. Er hatte eine Mission zu erfüllen, und dann … Ja, danach würde sie sehen, was für ein Mann aus Michael Durant geworden war.