Prolog zum Fernsehen1

 

Die gesellschaftlichen, technischen, künstlerischen Aspekte des Fernsehens können nicht isoliert behandelt werden. Sie hängen in weitem Maß voneinander ab: die künstlerische Beschaffenheit etwa von der hemmenden Rücksicht auf die Publikumsmassen, über die sich hinwegzusetzen nur ohnmächtige Unschuld sich zutraut; die gesellschaftliche Wirkung von der technischen Struktur, auch von der Neuheit der Erfindung als solcher, die in Amerika sicherlich während der Anfangsphase den Ausschlag gab; aber auch von den offenen und versteckten Botschaften, welche die Fernsehproduktionen dem Betrachter übermitteln. Das Medium selbst jedoch fällt ins umfassende Schema der Kulturindustrie und treibt deren Tendenz, das Bewußtsein des Publikums von allen Seiten zu umstellen und einzufangen, als Verbindung von Film und Radio weiter. Dem Ziel, die gesamte sinnliche Welt in einem alle Organe erreichenden Abbild noch einmal zu haben, dem traumlosen Traum, nähert man sich durchs Fernsehen und vermag zugleich ins Duplikat der Welt unauffällig einzuschmuggeln, was immer man für der realen zuträglich hält. Die Lücke, welche der Privatexistenz vor der Kulturindustrie noch geblieben war, solange diese die Dimension des Sichtbaren nicht allgegenwärtig beherrschte, wird verstopft. Wie man außerhalb der Arbeitszeit kaum mehr einen Schritt tun kann, ohne über eine Kundgebung der Kulturindustrie zu stolpern, so sind deren Medien derart ineinander gepaßt, daß keine Besinnung mehr zwischen ihnen Atem schöpfen und dessen innewerden kann, daß ihre Welt nicht die Welt ist. »Im Theater wird durch die Belustigung des Gesichts und Gehörs die Reflexion sehr eingeschränkt« – Goethes Ahnung fände ihren Gegenstand erst an einem Gesamtsystem, in dem das Theater längst zu einem Museum von Vergeistigung ward, das aber dafür seine Konsumenten mit Kino, Rundfunk, illustrierten Zeitschriften, in Amerika vor allem auch mit den funnies und comic books ohne Unterlaß bearbeitet. Erst das Zusammenspiel all der aufeinander abgestimmten und dennoch nach Technik und Effekt voneinander abweichenden Verfahren macht das Klima der Kulturindustrie aus. Daher fällt es den Soziologen so schwer zu sagen, what television does to people. Denn mögen immer die fortgeschrittenen Techniken der empirischen Sozialforschung die »Faktoren« isolieren, welche dem Fernsehen eigentümlich sind, so empfangen doch diese Faktoren selber ihre Kraft einzig im Ganzen des Systems. Eher werden die Menschen ans Unvermeidliche fixiert als verändert. Vermutlich macht das Fernsehen sie nochmals zu dem, was sie ohnehin sind, nur noch mehr so, als sie es ohnehin sind. Das entspräche der wirtschaftlich begründeten Gesamttendenz der gegenwärtigen Gesellschaft, in ihren Bewußtseinsformen nicht länger über sich selber, den status quo hinauszugehen, sondern diesen unablässig zu bekräftigen und, wo er etwa bedroht dünkt, wiederherzustellen. Der Druck, unter dem die Menschen leben, ist derart angewachsen, daß sie ihn nicht ertrügen, wenn ihnen nicht die prekären Leistungen der Anpassung, die sie einmal vollbracht haben, immer aufs neue vorgemacht und in ihnen selber wiederholt würden. Freud hat gelehrt, daß die Verdrängung der Triebregungen nie ganz und nie für die Dauer gelingt, und daß daher die unbewußte psychische Energie des Individuums unermüdlich dafür vergeudet wird, das, was nicht ins Bewußtsein gelangen darf, weiter im Unbewußten zu halten. Diese Sisyphusarbeit der individuellen Triebökonomie scheint heute »sozialisiert«, von den Institutionen der Kulturindustrie in eigene Regie genommen, zum Vorteil der Institutionen und der mächtigen Interessen, die hinter ihnen stehen. Dazu trägt das Fernsehen, so wie es ist, das Seine bei. Je vollständiger die Welt als Erscheinung, desto undurchdringlicher die Erscheinung als Ideologie.

Die neue Technik weicht darin vom Film ab, daß sie, gleich dem Radio, den Konsumenten das Produkt ins Haus bringt. Die visuellen Bilder sind sehr viel kleiner als die im Kino. Diese Kleinheit wird vom amerikanischen Publikum bemängelt: man sucht die Bildfläche zu vergrößern, aber es scheint fraglich, ob in mit Möbeln ausstaffierten Privatwohnungen wie im Kino die Illusion der Lebensgröße erreicht werden kann. Vielleicht lassen sich die Bilder auf Wände projizieren. Aufschlußreich ist jedenfalls das Bedürfnis. Einstweilen dürfte das Miniaturformat der Menschen auf der Fernsehfläche die gewohnte Identifikation und Heroisierung behindern. Die da mit Menschenstimmen reden, sind Zwerge. Sie werden kaum in demselben Sinn ernst genommen wie die Filmfiguren. Von der realen Größe des Phänomens abstrahieren, es nicht mehr natürlich sondern ästhetisch wahrnehmen, erfordert eben jene Fähigkeit zur Sublimierung, die beim Publikum der Kulturindustrie nicht vorausgesetzt werden kann und die von dieser selbst geschwächt wird. Die Männchen und Weibchen, die man ins Haus geliefert bekommt, werden der unbewußten Perzeption zum Spielzeug. Manches davon mag dem Zuschauer Vergnügen bereiten: er empfindet sie als Eigentum, über das er verfügt, und fühlt sich ihnen überlegen. Darin berührt sich das Fernsehen mit den funnies, jenen halbkarikaturistischen Serien von Abenteuerbildchen, die oft über Jahre hindurch dieselben Figuren von Episode zu Episode geleiten. Auch dem Inhalt nach sind viele in Fortsetzungen gesendete Fernsehspiele, zumal Possen, den funnies verwandt. Im Gegensatz zu diesen jedoch, die auf keinen Realismus aus sind, bleibt im Fernsehen das Mißverhältnis zwischen den einigermaßen natürlich wiedergegebenen Stimmen und den verkleinerten Gestalten unverkennbar. Aber solche Mißverhältnisse durchsetzen alle Produkte der Kulturindustrie und gemahnen an den Trug des verdoppelten Lebens. Man hat gelegentlich bemerkt, daß auch der Tonfilm stumm sei, daß Widerspruch herrsche zwischen den zweidimensionalen Bildern und der leibhaftigen Rede. Solche Widersprüche nehmen offenbar zu, je mehr Elemente der sinnlichen Wirklichkeit von der Kulturindustrie aufgesogen werden. Die Analogie zu den totalitären Staaten beider Versionen drängt sich auf: je mehr, unter diktatorialem Willen, das Auseinanderweisende integriert wird, um so mehr schreitet die Desintegration fort, um so mehr fällt auseinander, was nicht von sich aus zusammengehört, sondern bloß äußerlich addiert wird. Die lückenlose Bilderwelt gerät brüchig. An der Oberfläche läßt sich das Publikum wenig davon stören. Unbewußt wird es davon wissen. Der Verdacht, daß die Realität, die man serviert, nicht die sei, für die sie sich ausgibt, wird wachsen. Nur führt das zunächst nicht zum Widerstand, sondern man liebt, mit verbissenen Zähnen, das Unausweichliche und zuinnerst Verhaßte um so fanatischer.

Beobachtungen wie die von der Rolle der absoluten Dimensionen der Fernsehobjekte lassen sich nicht trennen von der spezifischen Fernsehsituation, der des Heimkinos. Auch sie wird eine Tendenz der gesamten Kulturindustrie verstärken: die zur Herabsetzung der Distanz von Produkt und Betrachter, im wörtlichen und übertragenen Sinn. Sie ist wiederum ökonomisch vorgezeichnet. Was die Kulturindustrie liefert, empfiehlt sich allein schon durch die in Amerika eingestandene Reklamefunktion als Ware, als Kunst für den Konsumenten; wahrscheinlich in geradem Verhältnis zu dem Maß, in dem sie durch Zentralisierung und Standardisierung dem Konsumenten aufgezwungen ist. Dieser wird zu dem angehalten, wohin er von selbst neigt, nämlich nicht das Gebilde als ein An sich zu erfahren, dem er Aufmerksamkeit, Konzentration, Anstrengung und Verständnis schuldet, sondern als eine Gefälligkeit, die ihm erwiesen wird und die er danach einschätzen darf, daß sie ihm auch gefällig genug ist. Was längst der Symphonie geschah, die der müde Angestellte, in Hemdsärmeln seine Suppe schlürfend, mit halbem Ohr toleriert, geschieht nun auch den Bildern. Sie sollen seinem grauen Alltag Glanz spenden und doch ihm selber wesentlich gleichen: so sind sie vorweg vergeblich. Was anders wäre, ist unerträglich, weil es an das erinnert, was ihm versagt ist. Alles erscheint, als gehöre es ihm, weil er selber sich nicht gehört. Er muß sich nicht einmal mehr fortbewegen, um ins Kino zu kommen, und was ihn in Amerika kein Geld und nirgends Anstrengung kostet, dürfte er nur desto geringer schätzen. Die bedrohlich erkaltete Welt kommt zutraulich zu ihm, als wäre sie ihm auf den Leib geschrieben: er verachtet sich in ihr. Distanzlosigkeit, die Parodie auf Brüderlichkeit und Solidarität, hat dem neuen Medium sicherlich zu seiner unbeschreiblichen Popularität mitverholfen. Alles wird vom kommerziellen Fernsehen vermieden, was, wie sehr auch entfernt, an die kultischen Ursprünge des Kunstwerks, dessen Zelebrierung bei besonderm Anlaß anklingen könnte. Mit der Begründung, Fernsehen im dunklen Raum sei schmerzhaft, läßt man abends das elektrische Licht brennen, und weigert sich, unter Tags die Rolläden zu schließen: die Situation darf sich von der normalen möglichst wenig abheben. Undenkbar, daß die Erfahrung der Sache selbst davon unabhängig bliebe. Die Grenze zwischen Realität und Gebilde wird fürs Bewußtsein herabgemindert. Das Gebilde wird für ein Stück Realität, eine Art Wohnungszubehör genommen, das man mit dem Apparat sich gekauft hat, dessen Besitz ohnehin unter Kindern das Prestige erhöht. Schwerlich ist es zu weit hergeholt, daß umgekehrt die Realität durch die Fernsehbrille angeschaut, daß der unterschobene Sinn des Alltags auf diesen zurückgespiegelt wird.

Das kommerzielle Fernsehen bildet das Bewußtsein zurück, aber nicht durch Verschlechterung des Inhalts der Sendungen gegenüber dem von Film und Radio. Zwar begegnet man in Hollywood gerade unter Filmleuten häufig der Behauptung, durch die Fernsehprogramme werde das Niveau noch weiter gesenkt. Aber dabei benutzen die älteren Sektoren der Kulturindustrie, deren manche durch die Konkurrenz empfindlich bedroht sind, das Fernsehen doch wohl als Sündenbock. Die Lektüre einiger freilich die Gesamtproduktion kaum spiegelnder Fernsehspiele im Manuskript läßt darauf schließen, daß das Material nicht weniger taugt als das der mittlerweile völlig genormten und eingefrorenen Filmscripts, und eher mehr als das der im Radio so beliebten soap opera, der serienweise hergestellten akustischen Familienromane, in denen allezeit eine gütige Mutterfigur oder ein abgeklärter älterer Herr der gärenden Jugend aus ihren Verlegenheiten hilft. Trotzdem leuchtet die Behauptung ein, es werde durchs Fernsehen schlimmer und nicht besser, ähnlich wie seinerzeit die Erfindung der Tonaufnahme die ästhetische und gesellschaftliche Qualität des Films herabdrückte, ohne daß doch heute der stumme Film wieder zu erwecken, das Fernsehen abzuschaffen wäre. Verantwortlich dafür aber ist das Wie, nicht das Was. Jene fatale »Nähe« des Fernsehens, Ursache auch der angeblich gemeinschaftsbildenden Wirkung der Apparate, um die Familienangehörige und Freunde, die sich sonst nichts zu sagen wüßten, stumpfsinnig sich versammeln, befriedigt nicht nur eine Begierde, vor der nichts Geistiges bestehen darf, wenn es sich nicht in Besitz verwandelt, sondern vernebelt obendrein die reale Entfremdung zwischen den Menschen und zwischen Menschen und Dingen. Sie wird zum Ersatz einer gesellschaftlichen Unmittelbarkeit, die den Menschen versagt ist. Sie verwechseln das ganz und gar Vermittelte, illusionär Geplante mit der Verbundenheit, nach der sie darben. Das verstärkt die Rückbildung: die Situation verdummt, auch wenn der Inhalt des Angeschauten nicht dümmer ist, als womit die Zwangskonsumenten sonst gefüttert werden. Daß wahrscheinlich diese dem bequemen und billigeren Fernsehen mehr frönen als dem Kino, und mehr als dem Radio, weil sie zum Akustischen das Optische noch draufbekommen, trägt weiter zur Rückbildung bei. Süchtigkeit ist unmittelbar Regression. An ihr hat gerade die gesteigerte Verbreitung visueller Produkte entscheidenden Anteil. Während fraglos das Gehör in vieler Hinsicht »archaischer« ist als der alert auf die Dingwelt eingeschworene Gesichtssinn, ist doch die Bildersprache, die der Vermittlung des Begriffs enträt, primitiver als die der Worte. Der Sprache aber werden die Menschen durchs Fernsehen noch mehr entwöhnt, als sie es auf der ganzen Erde heute schon sind. Wohl reden die Schatten auf dem Fernsehschirm, aber ihre Rede ist womöglich noch mehr Rückübersetzung als die im Film, bloßes Anhängsel an die Bilder, nicht Ausdruck einer Intention, eines Geistigen, sondern Verdeutlichung der Gesten, Kommentar der Weisungen, die vom Bild ausgehen. So werden in Bildwitzen Worte zuweilen noch an den Mund der Figuren geschrieben, weil man sich sonst nicht ganz sicher darauf verlassen kann, daß rasch genug verstanden wird, was vorgeht.

Worin die Reaktionen der Betrachter aufs gegenwärtige Fernsehen bestehen, ließe bündig sich ausmachen nur durch weitschichtige Forschungen. Da das Material aufs Unbewußte spekuliert, hülfe direkte Befragung nicht. Vorbewußte oder unbewußte Wirkungen entziehen sich der unmittelbaren sprachlichen Kundgabe durch die Befragten. Diese werden entweder Rationalisierungen oder abstrakte Aussagen wie die, daß der Fernsehapparat sie »unterhalte«, vorbringen. Was eigentlich in ihnen sich ereignet, könnte nur umständlich ermittelt werden, etwa indem man Fernsehbilder ohne Worte als projektive Tests verwendet und die Assoziationen der Versuchspersonen studiert. Volle Einsicht wäre wohl erst durch zahlreiche psychoanalytisch orientierte Individualstudien an Gewohnheitsfernsehern zu gewinnen. Vorweg wäre zu untersuchen, wie weit die Reaktionen überhaupt spezifisch sind, und wie weit die Gewohnheit des Fernsehens lediglich dem Bedürfnis dient, sinnleere Freizeit totzuschlagen. Immerhin darf ein Medium, das ungezählte Millionen erreicht und das zumal bei Jugendlichen und Kindern oft jedes andere Interesse übertäubt, als eine Art Stimme des objektiven Geistes gelten, auch wenn dieser nicht mehr unwillkürlich aus dem gesellschaftlichen Kräftespiel resultiert, sondern industriell geplant wird. Hat doch die Industrie stets noch in gewissem Umfang die miteinzukalkulieren, die sie versorgt, wäre es auch nur, um die Waren der Gönner, sponsors, eines jeden Programms auch tatsächlich an den Mann zu bringen. Vorstellungen indessen wie die, daß die im Fernsehen kulminierende Massenkultur der authentische Niederschlag des kollektiven Unbewußten sei, verfälschen das Visierte durch die Wahl der Akzente. Wohl knüpft die Massenkultur an Schemata des Bewußten und Unbewußten an, die sie in den Konsumenten mit Recht als verbreitet voraussetzt. Dieser Fundus besteht zunächst in den sei es verdrängten, sei es einfach unbefriedigten Triebregungen der Massen, denen die Kulturwaren mittelbar oder unmittelbar entgegenkommen; meist mittelbar, etwa indem, wie der amerikanische Psychologe G. Legman nachdrücklich gezeigt hat, Sexuelles durch die Darstellung entsexualisierter Roheit und Gewalttat ersetzt wird. Beim Fernsehen läßt sich das noch in den anscheinend harmlosesten Possen nachweisen. Vermöge solcher und anderer Abwandlungen jedoch geht der Wille der Verfügenden in jene Bildersprache2 ein, die sich so gern als die der mit ihr Belieferten ausgeben möchte. Indem erweckt wird und bildlich repräsentiert, was in ihnen vorbegrifflich schlummert, wird ihnen zugleich vorgemacht, wie sie sich benehmen sollen. Während die Bilder jene heraufrufen wollen, die im Zuschauer begraben liegen und die jenen ähnlich sind, nähern zugleich die aufblitzenden und entgleitenden Bilder von Film und Television der Schrift sich an. Sie werden aufgefaßt, nicht betrachtet. Das Auge wird vom Streifen mitgezogen wie von der Zeile, und im sanften Ruck des Szenenwechsels blättert die Seite sich um. Als Bild ist die Bilderschrift Mittel einer Regression, in der Produzent und Konsument sich zusammenfinden; als Schrift stellt sie die archaischen Bilder der Moderne zur Verfügung. Entzauberter Zauber, übermitteln sie kein Geheimnis, sondern sind Modelle eines Verhaltens, das der Gravitation des Gesamtsystems ebenso wie dem Willen der Kontrolleure entspricht. Das Vertrackte des Zusammenhangs, das den Irrglauben befördert, der Herren eigener Geist sei der der Zeit, liegt nun aber darin, daß auch jene Manipulationen, welche das Publikum nach den Forderungen eines dem Bestehenden angepaßten Verhaltens zurechtstutzen, sich immer auf Momente im Bewußtseins- und Unbewußtseinsleben der Konsumenten berufen können und mit einem Schein von Recht diesen die Schuld aufbürden. Denn Zensur und Einübung eines konformierenden Verhaltens, wie sie noch in der zufälligsten Geste des Fernsehspiels sich mitteilen, haben nicht nur mit Menschen zu rechnen, denen dergleichen durch das mittlerweile schon ehrwürdige, bis auf die Anfänge des englischen Romans gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts zurückdatierende Schema der Massenkultur eingehämmert ist, sondern die in Betrieb gesetzten Reaktionsformen hatten sich, längst ehe sie mit ideologischen Manövern exerziert wurden, in der ganzen neueren Geschichte durchgesetzt und sind als zweite Natur verinnerlicht. Die Kulturindustrie grinst: werde was du bist, und ihre Lüge besteht gerade in der wiederholenden Bestätigung und Verfestigung des bloßen Soseins, dessen, wozu der Weltlauf die Menschen gemacht hat. Um so überzeugender kann sie darauf pochen, daß nicht der Mörder, sondern der Ermordete schuldig sei: daß sie nur dem ans Licht verhelfe, was ohnehin in den Menschen steckt.

Anstatt dem Unbewußten die Ehre anzutun, es zum Bewußtsein zu erheben und damit zugleich seinen Drang zu erfüllen und seine zerstörende Kraft zu befrieden, reduziert die Kulturindustrie, an ihrer Spitze das Fernsehen, die Menschen mehr noch auf unbewußte Verhaltensweisen, als die Bedingungen einer Existenz zuwege bringen, die den mit Leiden bedroht, der sie durchschaut, und dem Belohnungen verspricht, der sie vergötzt. Das Starre wird nicht aufgelöst, sondern verhärtet. Die Vokabeln der Bilderschrift sind Stereotypen. Sie werden verteidigt mit technologischen Notwendigkeiten wie der, erschreckliche Mengen von Material in kürzester Zeit herzustellen, oder in den meist nur viertel- oder halbstündigen Sketches Nam' und Art der dramatischen Personen den Zuschauern ohne Säumen drastisch kundzutun. Der Kritik daran wird entgegnet, mit Stereotypen habe die Kunst von je operiert. Aber der Unterschied zwischen abgefeimt-psychologisch kalkulierten Schnittmustern und unbeholfen ungeschickten; zwischen solchen, die die Menschen nach der Massenproduktion modeln wollen und solchen, die aus dem Geist der Allegorie objektive Wesenheiten noch einmal beschworen, ist radikal. Vor allem waren hochstilisierte Typen wie die der Commedia dell'arte dem alltäglichen Dasein des Publikums so entrückt, daß niemand darauf verfallen konnte, seine eigene Erfahrung nach den maskenhaften Clowns einzurichten. Die Stereotypen des Fernsehens dagegen gleichen äußerlich, bis auf Tonfall und Dialekt, Hinz und Kunz, während sie doch Parolen wie die, daß alle Ausländer verdächtig sind oder daß der Erfolg das Höchste sei, was man vom Leben zu erwarten habe, nicht nur propagieren, sondern durchs bloße Gehabe ihrer Helden als gottgewollt und ein für allemal etabliert ausgeben, ehe nur die Moral gezogen wird, die zuweilen sogar das Umgekehrte besagt. Daß Kunst es mit dem Protest des von der Zivilisation verschandelten Unbewußten zu tun habe, darf nicht als Ausrede für den Mißbrauch des Unbewußten zugunsten noch gründlicherer zivilisatorischer Verschandelung dienen. Will Kunst dem Unbewußten und Vorindividuellen sein Recht widerfahren lassen, so bedarf es dazu der äußersten Anstrengung des Bewußtseins und der Individuierung; wird diese Anstrengung nicht geleistet und statt dessen dem Unbewußten willfahrt, indem man es mechanisch reproduziert, so entartet das Unbewußte zur bloßen Ideologie für bewußte Ziele, wie dumm auch diese am Ende sich erweisen mögen. Daß in einer Phase, in der die ästhetische Differenzierung und Individuierung mit so befreiender Kraft gesteigert ward wie im Romanwerk von Proust, solche Individuierung zugunsten eines fetischisierten, zum Selbstzweck erhobenen Kollektivismus und zum Frommen von ein paar Nutznießern widerrufen wird, sanktioniert die Barbarei. Seit vierzig Jahren finden sich Intellektuelle genug, die aus Masochismus oder materiellem Interesse oder beidem zu deren Herolden sich hergeben. Ihnen ist zu bedeuten, daß das gesellschaftlich Wirksame und das gesellschaftlich Richtige nicht zusammenfallen, und daß heute das eine nichts ist als das Gegenteil des anderen. »Unser Anteil an öffentlichen Angelegenheiten ist meist nur Philisterei« – der Satz Goethes aus Makariens Archiv gilt auch für jene öffentlichen Dienste, welche die Institutionen der Kulturindustrie zu leisten behaupten.

Was aus dem Fernsehen werden mag, läßt sich nicht prophezeien; was es heute ist, hängt nicht an der Erfindung, nicht einmal an den besonderen Formen ihrer kommerziellen Verwertung sondern am Ganzen, in welches das Mirakel eingespannt ist. Die Phrase von der Erfüllung von Märchenphantasien durch die moderne Technik hört erst auf, eine zu sein, wenn man ihr die Märchenweisheit hinzufügt, daß die Erfüllung der Wünsche selten den Wünschenden zum Guten anschlägt. Richtig wünschen ist die schwerste Kunst von allen, und sie wird uns seit der Kindheit abgewöhnt. Wie der Ehemann, dem die Fee drei Wünsche gestattet, seinem Weib eine Bratwurst an die Nase und wieder fortzaubert, so erblickt der, dem der Genius der Naturbeherrschung gewährt, das Ferne zu sehen, einzig das Gewohnte, bereichert um die Lüge, es wäre verschieden, die es aufspreizt zum falschen Sinn seines Daseins. Sein Traum von der Allmacht wird wahr als vollendete Ohnmacht. Bis heute realisieren die Utopien sich bloß, um den Menschen die Utopie auszutreiben und um sie aufs Bestehende und aufs Verhängnis desto gründlicher zu vereidigen. Damit Fernsehen das Versprechen hält, das in dem Wort immer noch mitschwingt, muß es von all dem sich emanzipieren, womit es, verwegenste Wunscherfüllung, deren eigenes Prinzip widerruft und die Idee des Großen Glücks verrät ans Warenhaus fürs kleine.

 
Fußnoten

 

1 Der ›Prolog zum Fernsehen‹ ebenso wie ›Fernsehen als Ideologie‹ beruht auf Studien, die der Autor 1952/53 als wissenschaftlicher Leiter der Hacker Foundation in Amerika durchführte. Die Resultate sind keineswegs blank auf das deutsche Fernsehen zu übertragen. Aber sie bezeichnen allgemeine Tendenzen der Kulturindustrie.

 

2 Die Interpretation der Massenkultur als »Hieroglyphenschrift« findet sich in dem unveröffentlichten, 1943 entworfenen Teil des Kapitels »Kulturindustrie« aus der ›Dialektik der Aufklärung‹ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Ganz unabhängig davon wird derselbe Begriff verwandt in dem Aufsatz ›First Contribution to the Psycho-Analysis and Aesthetics of Motion Picture‹ von Angelo Montani und Guilio Pietranera (Psychoanalytic Review, April 1946). Auf die Differenzen der beiden Abhandlungen kann hier nicht eingegangen werden. Auch die italienischen Autoren kontrastieren die Stellung der Massenkultur zum Unbewußten der autonomen Kunst, erheben jedoch den Gegensatz nicht zur Theorie.

 

 

Fernsehen als Ideologie

Zur Ergänzung der formalen Charakteristik des Fernsehens im System der Kulturindustrie sei auf den spezifischen Inhalt von Darbietungen eingegangen. Ohnehin sind Inhalt und Präsentationsweise derart miteinander verschworen, daß jener für diese ebenso einstehen kann wie umgekehrt. Von der Form zu abstrahieren, wie es jedem Kunstwerk gegenüber banausisch wäre, mißt eine Sphäre mit ihrem eigenen Maß, die ästhetische Autonomie nicht kennt und die Form durch Funktionieren und Aufmachung ersetzt. Die inhaltliche Analyse von Fernseh-Manuskripten ist geraten, weil sie wiederholt sich lesen und studieren lassen, während die Vorführung vorbeifliegt. Würde dem entgegengehalten, das behende Phänomen bringe schwerlich alle jene Wirkungen hervor, welche die Analyse als Potential des Manuskripts bestimmt, so ist darauf zu erwidern, daß, da ja jene Implikationen in weitem Maß aufs Unbewußte zugeschnitten sind, ihre Macht über den Zuschauer vermutlich anwächst in einer Perzeptionsweise, die der Kontrolle seines bewußten Ichs so rasch sich entzieht. Überdies sind die Züge, um die es sich handelt, niemals solche des je erörterten Einzelfalls, sondern gehören einem Schema an. Sie kehren unzählige Male wieder. Die geplanten Wirkungen haben sich mittlerweile sedimentiert.

Das Material stammt aus vierunddreißig Fernsehspielen verschiedener Typen und Niveaus. Um für dergleichen Studien repräsentative Gültigkeit im statistischen Sinn zu gewinnen, wäre es notwendig, das Material streng nach einem Stichprobenverfahren auszusuchen, während die Pilotenstudie sich mit den Manuskripten begnügen mußte, die zur Verfügung gestellt wurden. Doch läßt die Standardisierung der gesamten Produktion, ebenso wie die Uniformität der bereits gelesenen Manuskripte untereinander, erwarten, daß eine nach den Kriterien der amerikanischen content analysis organisierte Untersuchung die bislang ausgesiebten Kategorien zwar durch andere ergänzen, nicht aber grundsätzlich neue Ergebnisse zeitigen würde, und New Yorker Erhebungen von Dallas W. Smythe haben diese Annahme noch wahrscheinlicher gemacht.

Was in Beverly Hills zugänglich war, dürfte eher über dem Durchschnitt liegen. Die Studie beschränkte sich auf Fernsehspiele. Diese sind in vielem Betracht den Filmen ähnlich; übrigens wird ein nicht unerheblicher Teil der Programme von Filmen bestritten. Der Hauptunterschied ist eben jene viel kürzere Dauer der Fernsehspiele: meist eine Viertelstunde, höchstens eine halbe. Die Qualität wird davon mitbetroffen. Selbst die bescheidene Entfaltung der Handlung und der Charaktere, die der Film duldet, ist unterbunden; alles muß sogleich feststehen; die angebliche technologische Notwendigkeit, die selber vom kommerziellen System herrührt, kommt der Stereotypie und ideologischen Starrheit zugute, welche die Industrie überdies mit der Rücksicht auf ein jugendliches oder infantiles Publikum verteidigt. Zu den Filmen verhalten sich jene Fernsehspiele vergleichsweise wie Detektivnovellen zu Detektivromanen; die Kurzatmigkeit der Form steht beide Male im Dienst einer geistigen. Sonst aber sollte man das Sonderwesen der Fernsehproduktion nicht übertreiben, wenn man nicht selber zur Ideologie beitragen will. Die Ähnlichkeit mit den Filmen bezeugt die Einheit der Kulturindustrie; wo man sie anpackt, ist fast gleichgültig.

Die Fernsehspiele nehmen sehr viel Sendezeit in Anspruch. Die Dezemberausgabe 1951 der ›Los Angeles Television‹ von Dallas W. Smythe und Angus Campbell, veröffentlicht von der ›National Association of Educational Broadcasters‹, wies nach, daß dramatische Programme die häufigsten waren. Mehr als ein Viertel der gesamten Darbietungen während einer beliebig herausgegriffenen Woche war solchen dramatischen Programmen »für Erwachsene« vorbehalten. Während der Abendstunden, also der günstigsten Sendezeit, wuchs die Zahl auf 34,5 Prozent an. Fernsehspiele für Kinder kamen noch hinzu. Unterdessen stieg die Menge der Fernsehspiele in New York auf 47 Prozent der Gesamtproduktion. Da der Aspekt sozialpsychologischer Manipulation, der übrigens auch anderen Typen nicht fehlt, an diesen numerisch so schwerwiegenden Programmen am deutlichsten zutage kommt, scheint es vollends gerechtfertigt, daß die Pilotenstudie mit ihnen vorliebnahm.

Um einleuchten zu lassen, wie diese Programme ihre Betrachter affizieren, ist an den allzu vertrauten Begriff der ästhetischen Vielschichtigkeit zu erinnern; die Tatsache, daß kein Kunstwerk seinen eigentlichen Gehalt von sich aus eindeutig kommuniziert. Er ist vielmehr komplex, läßt sich nicht festnageln und entfaltet sich erst in einem geschichtlichen Prozeß. Unabhängig von den Analysen aus Beverly Hills hat Hans Weigel in Wien dargetan, daß der Film, Produkt geschäftlicher Planung, solche Vielschichtigkeit nicht kennt; mit dem Fernsehen verhält es sich ebenso. Aber es wäre noch zu optimistisch zu glauben, die ästhetische Vielschichtigkeit sei durch informatorische Eindeutigkeit ersetzt. Vielmehr wird die Vielschichtigkeit, oder: ihre Verfallsform, von den Produzenten zu ihrem eigenen Besten umfunktioniert. Sie treten ihr Erbe an, indem sie mehrere, psychologisch übereinander gelagerte Schichten im Zuschauer voraussetzen, die sie gleichzeitig zu durchdringen suchen im Sinn eines einheitlichen und nach den Begriffen der Lenker rationalen Ziels, der Verstärkung des Konformismus im Zuschauer und der Befestigung des status quo. Unermüdlich lassen sie den Betrachtern mit einem Schlag offene und verborgene »Botschaften«, messages, zukommen. Vielleicht haben die letzteren, als die psychotechnisch wirksameren, im Planen den Vorrang.

Die Heldin einer Fernsehposse aus einer Serie, die von einer Lehrerorganisation preisgekrönt ward, ist eine junge Lehrerin. Nicht bloß wird sie erbärmlich bezahlt, sondern hat auch noch nach den Vorschriften eines lächerlich aufgeblähten und autoritären Schuldirektors dauernd Konventionalstrafen zu zahlen. So fehlt es ihr an Geld, und sie leidet Hunger. Die angebliche Komik besteht darin, daß sie mit kleinen Listen versucht, von allerhand Bekannten sich zum Essen einladen zu lassen, doch stets ohne Erfolg; es scheint übrigens, daß die bloße Erwähnung von Essen der Kulturindustrie bereits für humoristisch gilt. Auf mehr als solchen Humor und den leichten Sadismus der peinlichen Situationen, in welche das Mädchen gerät, zielt der Ehrgeiz der Posse nicht; sie verkauft keine Idee. Die verborgene Botschaft besteht einzig in dem Blick des Manuskripts auf Menschen, der das Publikum dazu verführt, sie ebenso zu sehen, ohne daß jenes es nur merkte. Die Heldin bewährt so fröhlichen Mut und so viel geistige Überlegenheit, daß ihre glücklichen Eigenschaften als Entschädigung für ihr armseliges Los erscheinen: es wird zur Identifikation mit ihr ermuntert. Jedes Wort, das sie spricht, ist ein Witz. Die Posse gibt dem Zuschauer zu verstehen: wenn du Humor hast, gutmütig bist, rasch-geistig und charmant, brauchst du dich nicht allzusehr über deinen Hungerlohn aufzuregen; du bleibst doch immer noch, was du bist.

In einer anderen Posse derselben Serie setzt eine exzentrische alte Frau das Testament ihrer Katze auf und macht ein paar Schullehrer, Personen aus vorhergehenden Stücken, zu ihren Erben. Jeder Erbe läßt sich von dem Testament dazu verführen, sich so zu benehmen, als hätte er den Testator gekannt. Dessen Name ist Mr. Casey, so daß die präsumtiven Erben nicht wissen, daß es sich um eine Katze handelt. Keiner gibt zu, daß er seinen Wohltäter überhaupt nie gesehen hat. Später stellt sich heraus, daß die Erbschaft wertlos ist, nichts als Katzenspielzeug. Aber am Schluß wird entdeckt, daß die Alte einen Hundertdollarschein in jedem Spielzeug versteckte, und die Erben müssen im Müllhaufen wühlen, um zu ihrem Geld zu kommen. Die Moral der Geschichte, die den Zuhörer zum Lachen veranlassen soll, ist zunächst die billigskeptische Weisheit, daß jeder bereit sei, ein wenig zu schwindeln, wenn er glaubt, daß es nicht herauskommen kann, und zugleich die Warnung, solchen Impulsen nicht nachzugeben, wie denn durchweg die moralistische Ideologie mit der Bereitschaft ihrer Anhänger rechnet, über die Stränge zu schlagen, sobald man nur den Rücken wendet. Verborgen darunter jedoch ist der Hohn auf den universalen Tagtraum von der unerwarteten großen Erbschaft. Man soll, so will es die Ideologie, realistisch sein; wer sich aufs Träumen verlegt, macht sich als Faulpelz, Taugenichts und Schwindler verdächtig. Daß diese Botschaft nicht, wie das apologetische Argument lautet, in die Posse »hineinkonstruiert« ist, zeigt sich daran, daß Analoges immer wieder sich findet; in einem Wildwestspiel etwa sagt einmal einer: wo es um eine große Erbschaft geht, sind Schurkenstreiche nie weit.

Solche synthetische Vielschichtigkeit funktioniert nur im festen Bezugssystem. Wenn ein Fernsehsketsch ›Dantes Inferno‹ heißt; wenn das erste Bild in einem Nachtlokal dieses Namens spielt, wo ein Mann im Hut an der Bar sitzt und etwas entfernt von ihm eine hohläugige, übertrieben geschminkte Frau mit hoch übereinander geschlagenen Beinen, die sich noch einen doppelten Cocktail bestellt, so weiß der Gewohnheitsfernseher, daß er bald auf einen Mord hoffen darf. Kennte er nichts als ›Dantes Inferno‹, so wäre er vielleicht zu überraschen; so aber sieht er das Spiel in dem Schema »Kriminaldrama«, in dem für besonders abscheuliche Gewalttaten gesorgt ist. Die Frau auf dem Barstuhl wird zwar vermutlich nicht die Hauptverbrecherin sein, aber ihres degagierten Lebenswandels wegen doch dran glauben müssen; der Held, der noch gar nicht auftrat, wird aus einer Situation gerettet werden, aus der es nach menschlicher Vernunft keinerlei Ausweg gibt. Von den gewitzigten Zuschauern werden solche Vorstellungen gewiß nicht direkt auf den Alltag übertragen, aber sie werden doch dazu angehalten, ihre Erfahrungen ähnlich starr und mechanisch einzurichten. Sie lernen, Verbrechen sei normal. Dazu trägt bei, daß die Zehnpfennigromantik geheimnisvoller Untaten sich verbindet mit der pedantischen Nachahmung aller Requisiten des äußeren Lebens; wiche nur der Vorgang des Wählens einer Telefonnummer von dem tatsächlich geübten ab, so empfinge die Station entrüstete Briefe aus dem Publikum, das doch bereit ist, die Fiktion, an jeder Ecke laure ein Mörder, mit Behagen sich gefallen zu lassen. Der Pseudorealismus, den das Schema vorsieht, erfüllt das empirische Leben mit einem falschen Sinn, dessen Trug der Zuschauer schwer durchschauen kann, weil das Nachtlokal genauso aussieht wie das dem Zuschauer bekannte. Solcher Pseudorealismus reicht bis ins geringfügigste Detail und verdirbt es. Noch das Zufällige, scheinbar vom Schema nicht Ergriffene trägt dessen Spur, indem es unter der abstrakten Kategorie »Zufälligkeit des Alltags« erfunden ist; nichts klingt verlogener, als wenn das Fernsehen posiert, Menschen so reden zu lassen, wie sie reden.

Von den Stereotypen, die innerhalb des Schemas operieren, ihre Macht der seinen verdanken und es zugleich bilden, seien einige willkürlich ausgewählt; sie bezeugen die Gesamtstruktur. Ein Spiel behandelt einen faschistischen Diktator, halb Mussolini, halb Perón, im Augenblick seines Zusammenbruchs. Ob dieser einem Volksaufstand oder einer Militärrevolte zuzuschreiben ist, wird so wenig von der Handlung berührt wie irgendein anderer gesellschaftlicher oder politischer Sachverhalt. Alles ist privat, der Diktator nichts als ein tölpelhafter Schuft, der seinen Sekretär und seine plump idealisierte Frau mißhandelt; sein Gegner, ein General, der frühere Liebhaber der Frau, die jedoch trotz allem loyal zu ihrem Gatten hält. Schließlich zwingt dessen Brutalität sie zur Flucht, und der General rettet sie. Der fruchtbare Moment des Schauerdramas ist der, daß die Garde, die den Diktator in seinem Palast bewacht, ihn im Stich läßt, sobald die prächtige Frau nicht mehr bei ihm weilt. Nichts von der objektiven Dynamik der Diktaturen tritt ins Blickfeld. Erweckt wird der Eindruck, totalitäre Staaten seien die Folge der Charakterdefekte ehrgeiziger Politiker, und ihr Sturz sei der Noblesse derer zuzuschreiben, mit denen das Publikum sich identifiziert. Eine infantile Personalisierung der Politik wird betrieben. Wohl kann Politik auf dem Theater nur an Menschen behandelt werden. Dann müßte man aber darstellen, was totalitäre Systeme denen antun, die unter ihnen leben, anstatt daß man die Kitschpsychologie prominenter Helden und Bösewichter vor Augen stellt, vor deren Macht und Größe der Zuschauer Respekt haben soll, selbst wenn sie zum Lohn für ihre Taten untergehen.

Eine Lieblingsmaxime des Fernsehhumors ist, daß das hübsche Mädchen immer recht hat. Die Heldin einer überaus beliebten Schwankserie ist das, was Georg Legman eine bitch heroine genannt hat und was man wohl auf deutsch mit Biest zu übersetzen hätte. Sie benimmt sich zu ihrem Vater unbeschreiblich grausam und unmenschlich; ihr Verhalten wird gerade eben rationalisiert als »lustige Streiche«. Aber es passiert ihr nie etwas; und was den Hauptpersonen in den Spielen widerfährt, soll ja dem Kalkül zufolge von den Zuschauern als objektiver Richtspruch eingesogen werden. In einem anderen Spiel aus einer Serie, die angeblich das Publikum vor Betrügern warnen will, ist das hübsche Mädchen eine Verbrecherin. Nachdem sie aber dem Zuschauer in den Anfangsszenen einmal so gut gefallen hat, darf dieser nicht enttäuscht werden; zu einer schweren Zuchthausstrafe verurteilt, wird sie sogleich begnadigt und hat alle Aussicht, von ihrem Opfer geheiratet zu werden, zumal sie immerhin Gelegenheit fand, ihre sexuelle Reinheit strahlend zu bewähren. Stücke solchen Schlages dienen fraglos dazu, eine parasitäre Haltung als sozial anerkannt zu verstärken; es wird eine Prämie auf das gesetzt, was die Psychoanalyse oralen Charakter nennt, die Mischung aus Abhängigkeit und Aggressivität.

Keineswegs ist die psychoanalytische Interpretation kultureller Stereotypen zu weit hergeholt: die Kurzdramen selber kokettieren, der Konjunktur gehorchend, mit der Psychoanalyse. Manchmal kommen die von dieser unterstellten latenten Motive an die Oberfläche. Besonders weit verbreitet ist das Stereotyp des Künstlers als eines abnormen, lebensunfähigen und etwas lächerlichen Schwächlings oder seelischen Krüppels. Die ausgespitzte Volkskunst von heutzutage macht sich das zu eigen; sie verherrlicht den starken Mann, ihr Bild vom Tatmenschen, und läßt durchblicken, Künstler seien eigentlich homosexuell. In einer Posse kommt ein Jüngling vor, der nicht nur die allbeliebte Maske des Trottels zu tragen hat, sondern überdies ein Dichter sein soll, scheu und, wie es in jenem Jargon heißt, »introvertiert«. Er ist verliebt in ein mannstolles Mädchen, aber zu schüchtern, um auf ihre Avancen einzugehen. Nach einem Lieblingsprinzip der Kulturindustrie sind die Rollen der Geschlechter vertauscht, das Mädchen aktiv, der Mann in Abwehr. Die Heldin des Stücks, natürlich eine andere als die Mannstolle, erzählt ihrem Freund von der Verliebtheit des trottelhaften Dichters. Auf die Frage »In wen?« antwortet sie: »Natürlich in ein Mädchen«, und ihr Freund sagt darauf: »Wieso natürlich? Das letzte Mal war er in eine Schildkröte verliebt, und die hieß Sam.« Die Kulturindustrie vergißt ihren Moralismus, sobald sie Gelegenheit hat, zweideutige Witze über das von ihr selbst geschaffene Bild des Intellektuellen zu reißen. Bei unzähligen Gelegenheiten biedert sich das Schema des Fernsehens dem internationalen Klima des Anti-Intellektualismus an.

Aber die Perversion der Wahrheit, die ideologische Steuerung, beschränkt sich keineswegs bloß aufs Bereich des unverantwortlich Harmlosen oder des zynisch Abgefeimten. Die Krankheit steckt nicht in bösartigen Individuen sondern im System. Darum frißt sie auch an, was sich, soweit es erlaubt wird, höhere Ambitionen setzt und anständig sein will. Ein ernsthaft gemeintes Manuskript porträtiert eine Schauspielerin. Die Handlung versucht vorzuführen, wie die berühmte und erfolgreiche junge Frau von ihrem Narzißmus geheilt, zu einem realen Menschen gemacht wird und lernt, was sie nicht konnte: zu lieben. Dazu wird sie durch einen jungen – ausnahmsweise sympathisch gedachten – Intellektuellen, einen Dramatiker gebracht, der sie selbst liebt. Er schreibt ein Stück, in dem sie die Hauptrolle spielt, und ihre innere Auseinandersetzung mit dieser Rolle soll eine Art von Psychotherapie an ihr zuwege bringen, ihren Charakter ändern und die psychologischen Hindernisse zwischen den beiden beseitigen. In der Rolle lebt sie sowohl ihre an der Oberfläche liegende Gehässigkeit aus wie schließlich auch die edlen Impulse, die der Absicht des Stücks zufolge latent in ihr gegenwärtig sind. Während sie nach dem Modell der success story einen triumphalen Erfolg erringt, hat sie Konflikte mit dem Dramatiker, der als Amateur-Psychoanalytiker fungiert, etwa so wie sonst Amateur-Detektive eingreifen. Die Konflikte werden verursacht von ihrem psychologischen »Widerstand«. Zum heftigen Zusammenstoß kommt es nach der Premiere, wenn die von sich selbst betrunkene Schauspielerin ihren Freunden eine hysterisch-exhibitionistische Szene aufführt. – Sie läßt ihre kleine Tochter in einem Internat erziehen, weil es für ihre Karriere schädlich sein könnte, wenn man erführe, daß sie ein größeres Kind hat. Das Mädchen möchte zu seiner Mutter und fühlt heraus, daß diese es nicht wünschte. Es läuft von der Schule weg und rudert auf den stürmischen Ozean hinaus. Heldin und Dramatiker eilen zu ihrer Rettung herbei. Wieder benimmt sich die Schauspielerin rücksichtslos und egozentrisch. Der Dramatiker bändigt sie. Das Mädchen wird von wackeren Seeleuten gerettet, die Heldin bricht zusammen, gibt ihren Widerstand auf und beschließt zu lieben. Am Ende bekommt sie ihren Dramatiker und legt eine Art von allgemeinem religiösem Bekenntnis ab.

Der Pseudorealismus des Spiels ist nicht so einfacher Art, daß Konterbande wie die Selbstverständlichkeit des Verbrechens ins Bewußtsein des Publikums geschmuggelt würde. Pseudorealistisch ist vielmehr die inwendige Konstruktion der Handlung. Der psychologische Prozeß, der vor Augen gestellt wird, ist erschwindelt – phony, mit einem Wort, für das es schlechterdings kein deutsches Äquivalent gibt. Psychoanalyse, oder um welchen Typus von Psychotherapie es sich auch handeln mag, wird in einer Weise verkürzt und dingfest gemacht, die nicht nur der Praxis jeden derartigen Verfahrens Hohn spricht, sondern dessen Sinn ins Gegenteil verkehrt. Die dramaturgische Notwendigkeit, langausgesponnene psychodynamische Vorgänge in eine halbe Stunde zusammenzudrängen, auf welche die Produzenten sich herausreden könnten, harmoniert nur allzu gründlich mit der ideologischen Verzerrung, deren das Stück sich befleißigt. Vorgeblich tief reichende Veränderungen im Individuum und eine nach dem Modell des Verhältnisses von Arzt und Patienten gebildete Beziehung werden auf rationalistische Formeln gebracht und von simplen, eindeutigen Aktionen illustriert. Mit allerhand Charakterzügen wird herumgewürfelt, ohne daß das Entscheidende, der unbewußte Ursprung jener Charakterzüge, überhaupt aufkäme. Die Heldin, der »Patient«, ist sich von Anbeginn über sich selbst klar. Solche Verlagerung an die Oberfläche macht alles Psychologische, das da vorgehen soll, zum Kinderspott. Zentrale Veränderungen in Menschen sehen aus, als brauchte nur jemand seinen »Problemen« gegenüberzutreten und der besseren Einsicht seiner Helfer zu vertrauen, und alles werde gut. Dicht unter der psychologischen Routine und dem »Psychodrama« lauert unverändert die schlechte alte Idee von der Zähmung der Widerspenstigen: daß ein liebesfähiger und starker Mann die launische Unberechenbarkeit einer unreifen Frau überwindet. Der tiefenpsychologische Gestus taugt nur dazu, abgestandene patriarchalische Anschauungen Betrachtern schmackhaft zu machen, die unterdessen von Komplexen etwas haben läuten hören. Anstatt daß die Psychologie der Heldin konkret sich manifestierte, schwatzen die beiden Hauptfiguren selber über Psychologie. Diese wird, in schreiendem Widerspruch zu aller neueren Einsicht, ins bewußte Ich verlegt. Nichts von den Schwierigkeiten, mit denen ein »phallischer Charakter« von der Art jener Schauspielerin im Ernst zu tun hat, wird berührt. So verbiegt das Spiel das Bild der Psychologie im Betrachter. Er wird das genaue Gegenteil ihrer Intention erwarten, und die ohnehin weit verbreitete Feindschaft gegen eingreifende Selbstbesinnung wird sich verstärken.

Insbesondere der Freudsche Gedanke von der »Übertragung« ist pervertiert. Der Amateur-Analytiker muß der Liebhaber der Heldin sein. Seine pseudorealistisch der analytischen Technik nachgeahmte Distanziertheit wird verschmolzen mit jenem vulgären Stereotyp der Kulturindustrie, dem zufolge der Mann sich gegen die Verführungskünste der Frau stets zu wehren hat und sie erobert nur, indem er sie verwirft. Der Psychotherapeut ähnelt dem Hypnotiseur, die Heldin dem Cliché vom »gespaltenen Ich«. Einmal ist sie ein edler, liebevoller Mensch, der nur wegen irgendwelcher trauriger Erfahrungen die eigenen Gefühle unterdrückt, ein anderes Mal ein in sich selbst verliebtes, prätentiöses Weibchen, das seine Capricen doch viel zu sehr übertreibt, als daß man nicht von Anbeginn wüßte, welch prächtiger Kern da zum Vorschein kommen wird. Kein Wunder, daß unter solchen Bedingungen die Heilung schnell vonstatten geht. Kaum beginnt die Heldin die Rolle jener selbstlosen Frau zu spielen, mit der sie sich identifizieren soll, um ihr sogenanntes besseres Ich zu finden, und schon stellen ihre Freunde fest, daß etwas mit ihr vorgeht, daß sie in der Beziehung zur Rolle sich selbst wandelt. Umständliche Erinnerungen an die Kindheit sind da überflüssig. Während das Stück durchblicken läßt, auf wie vertrautem Fuß es mit den jüngsten Errungenschaften der Seelenkunde steht, schaltet es mit völlig starren, statischen Begriffen. Die Menschen sind, was sie sind, und die Veränderungen, die sie durchmachen, bringen lediglich heraus, was, als ihre »Natur«, ohnehin in ihnen steckt. Damit tritt die verborgene Botschaft des Spiels in Gegensatz zur offenbaren. Nach außen bemüht es psychodynamische Vorstellungen; in Wahrheit lehrt es eine konventionelle Schwarz-Weiß-Psychologie, nach deren Ansicht Charaktere ein für allemal gegeben sind, wie physische Merkmale sich nicht verändern, sondern einzig allenfalls enthüllt werden.

Das ist aber keine bloße wissenschaftliche Fehlinformation, sondern betrifft die Substanz des Stücks. Denn die Natur der Heldin, die herauskommen soll, indem sie durch die Rolle sich ihrer selbst bewußt wird, ist nichts anderes als ihr Gewissen. Wenn die Psychologie das Über-Ich als Reaktionsbildung auf verdrängte Impulse des Es, des Sexus, darstellt, so wird hier das Es, also die in einer Szene grell illustrierte Triebhaftigkeit der Heldin, zum Außenphänomen und das Über-Ich zum Verdrängten. Man mag zugestehen, daß es psychologisch dergleichen wirklich gibt: Ambivalenz zwischen triebhaftem und Zwangscharakter. Aber von Ambivalenz ist im Stück nicht die Rede. Es hält sich an die sentimentale Vorstellung eines Menschen, der von Herzen gut ist, aber sein zartes Inneres unter einem egoistischen Panzer versteckt. In der scène à faire, in der die beiden Egos der Heldin, die in den Spiegel schaut, miteinander streiten, wird ihr Unbewußtes grob gleichgesetzt der konventionellen Ethik und der Unterdrückung ihrer Instinkte, anstatt daß die Instinkte selbst durchbrächen. Nur ihr Bewußtes will exzedieren. So wird »umgekehrte Psychoanalyse« im wörtlichen Sinn betrieben: das Spiel verherrlicht eben die Abwehrmechanismen, auf deren Durchleuchtung es jene Prozesse abgesehen haben, die es vorzuführen beansprucht. Dadurch verändert sich die Botschaft. Anscheinend werden dem Zuhörer Lehren erteilt, wie daß er lieben solle, unbekümmert um die Frage, ob sich das lehren läßt – und daß er nicht materialistisch denken solle, während seit Fontanes Frau Jenny Treibel die Menschen, welche hemmungslos Ideale im Munde führen, die gleichen sind, denen Geld wichtiger ist als alles andere. In Wahrheit aber wird in den Zuschauer etwas ganz anderes hineingehämmert als jene zwar banalen und fragwürdigen, aber einigermaßen harmlosen Ansichten. Das Stück läuft auf die Verleumdung von Individualität und Autonomie hinaus. Man soll sich »ergeben«, und zwar weniger der Liebe als dem Respekt für das, was die Gesellschaft nach ihren Spielregeln erwartet. Als Hauptsünde wird der Heldin angekreidet, daß sie sie selbst sein möchte: so spricht sie es selber aus. Eben das soll nicht sein: sie wird mores gelehrt, »gebrochen«, wie man ein Pferd zureitet. Was ihr Erzieher, in seiner großen Tirade gegen den Materialismus, als Stärkstes ihr entgegenschleudert, ist bezeichnend genug der Begriff der Macht. Er preist ihr die »Notwendigkeit geistiger Werte in einer materialistischen Welt«, aber er findet für diese »Werte« keinen passenderen Ausdruck als daß es eine Macht gäbe, »größer als wir und unser kleinlicher, selbstsicherer Ehrgeiz«. Von allen im Stück verhandelten Ideen ist die der Macht die einzige, die sich konkretisiert: als brutale physische Gewalt. Wenn die Heldin, um ihr Kind zu retten, in ein Boot springen will, wird sie von ihrem lieben Seelenarzt geohrfeigt, im Sinn jener Eisenbart-Tradition, die Hysterikerinnen zu kurieren beansprucht, indem man ihnen die Mucken austreibt, weil ja doch alles nur Einbildung sei. Die Heldin beteuert denn auch am Ende unterwürfig, von jetzt an sich bessern und glauben zu wollen. Das ist der Beweis ihrer Wandlung.

Nichts widerwärtiger, als daß im Namen kruder Autorität Religion in das Spiel hineingezogen und propagiert wird. Die Kur der Heldin soll sie zugleich von der Scheinwelt des Theaters zur Wirklichkeit bekehren; wahrscheinlich hat die Autorin etwas von religiösem Existentialismus, von Kierkegaards Unterscheidung der ästhetischen und ethischen Sphäre aufgeschnappt. Aber in ihren Händen sinkt all das Kulturgut der Oberschicht herab. Sie nivelliert die Kontroverse zwischen dem Ethiker und der Künstlerin darauf, daß diese, ganz vernünftig, sich auf ihr Metier beruft und darauf, daß sie eben spiele und nicht die dargestellte Person wirklich sei; und dafür erhält sie eine schlechte Note. Der Theologe Kierkegaard aber hat in dem bedeutenden Essay über die Schauspielerin gerade das Gegenteil entfaltet: daß nur eine reife Frau ein junges Mädchen spielen könne, eben weil sie nicht der Personifizierten gliche. Während das Stück mit frommem Augenaufschlag schließt, zieht es Religion selber in den Kreis des Konformismus und der Konvention hinein. Die Schauspielerin lernt ihre religiösen Gefühle an der Rettung ihres Töchterchens, etwa nach dem Sprichwort, daß es im Trommelfeuer keine Atheisten gäbe. Schließlich zersetzt das Spiel die eigene Botschaft. Nicht nur vermischt es trüb psychologische Halbbildung mit dem Lob der Demut. Sondern die Aufforderung zum Glauben am Ende verwandelt diesen in ein Mittel zu psychologischen Zwecken. Der Zuschauer wird zur Religion ermuntert, weil sie gesund für ihn sei; hat man einmal einen Glauben an »etwas«, so braucht man sich nicht mehr mit Narzißmus und Hysterie herumzuquälen. In der Tat wird in dem Stück von einer als Repräsentantin der Religion positiv gezeichneten Figur in einer Art Predigt gesagt, daß man »glücklich« werde, wenn man aufhöre, nach dem Glück in einem selbst und für einen selbst zu suchen. Weltliches Glücksgefühl wird zur Rechtfertigung des transzendenten Glaubens. Man hätte Kierkegaards Stimme zu solcher Theologie hören mögen. Hygienische Reklame für Religion ist blasphemisch.

So kraß in derlei Produkten das Schlechte und Gefälschte obenauf liegt, so wenig läßt sich doch vermeiden, auf sie einzugehen und sie gegen ihren eigenen Willen ernst zu nehmen. Denn daß nichts von ihren Erzeugnissen ernst, alles bloß Ware und Unterhaltung sei, schreckt die Kulturindustrie nicht. Sie hat daraus längst ein Stück der eigenen Ideologie gemacht. Unter den analysierten Manuskripten finden sich nicht wenige, die mit dem Bewußtsein spielen, Kitsch zu sein, und dem unnaiveren Betrachter zublinzeln, sie glaubten sich selber nicht, sie seien nicht so dumm; ihn gewissermaßen ins Vertrauen ziehen, indem sie seiner intellektuellen Eitelkeit schmeicheln. Aber eine Schandtat wird dadurch nicht besser, daß sie sich als solche deklariert, und so muß man schon dem Unfug die Ehre antun, die er sich selbst verweigert, und ihn bei dem Wort nehmen, das in die Zuhörer einsickert. Dabei ist keine Gefahr, daß man die herausgegriffenen Exempel allzusehr belastet, denn ein jedes ist pars pro toto und erlaubt nicht nur, sondern erzwingt den Rückschluß aufs System. Angesichts von dessen Allmacht haben detaillierte Besserungsvorschläge zunächst etwas Argloses. Die Ideologie ist so glücklich mit dem Eigengewicht der Apparatur verschmolzen, daß jede Anregung als weltfremd, technisch unerfahren und unpraktisch mit den vernünftigsten Worten niedergeschlagen werden kann: der Schwachsinn des Ganzen setzt sich aus lauter gesundem Menschenverstand zusammen. Man soll überhaupt die Möglichkeiten der Remedur durch guten Willen nicht überschätzen. Die Kulturindustrie ist zu gründlich mit mächtigeren Interessen verfilzt, als daß selbst die redlichsten Anstrengungen in ihrem Sektor allein allzuweit führen könnten. Mit einem unerschöpflichen Arsenal von Gründen vermag sie das Offenbare zu rechtfertigen oder wegzudisputieren. Das Gefälschte und Schlechte zieht magnetisch seine Verteidiger an, und noch die Subalternsten werden scharfsinnig weit über ihre geistigen Verhältnisse hinaus, wenn sie Argumente suchen für das, wovon sie im Innersten selber wissen, wie unwahr es ist. Die Ideologie erzeugt ihre eigenen Ideologen, die Diskussion, die Gesichtspunkte: so hat sie eine gute Chance, sich am Leben zu erhalten. Aber man soll sich auch nicht in den Defaitismus treiben und von jener versierten Forderung nach dem Positiven terrorisieren lassen, die doch meist nur die Veränderung des Zustands hintertreiben will. Zunächst ist es viel wichtiger, Phänomene wie den ideologischen Charakter des Fernsehens bewußt zu machen, und zwar keineswegs bloß denen, die auf der Produktionsseite sich befinden, sondern auch dem Publikum. Gerade in Deutschland, wo nicht wirtschaftliche Interessen unmittelbar die Sendungen kontrollieren, ist von Versuchen zur Aufklärung einiges zu erhoffen. Wenn die Ideologie, die sich ja einer recht bescheidenen Anzahl immer wiederholter Ideen und Tricks bedient, niedriger gehängt würde, könnte ein öffentlicher Widerwille dagegen sich bilden, an der Nase herumgeführt zu werden, wie sehr auch die gesamtgesellschaftlich erzeugten Dispositionen ungezählter Hörer der Ideologie entgegenkommen mögen. Es ließe sich eine Art von Impfung des Publikums gegen die vom Fernsehen verbreitete Ideologie und die ihr verwandten denken. Das setzte freilich viel weiter gespannte Untersuchungen voraus. Sie müßten sozialpsychologische Normen der Produktion auskristallisieren. Anstatt wie meist die Organe der Selbstkontrolle nach Kraftworten und Anstößigkeit zu fahnden, müßten die Produzierenden darüber wachen, daß jene Anschläge und Stereotypen ausgeschaltet werden, die, nach dem Urteil eines Gremiums verantwortungsvoller und unabhängiger Soziologen, Psychologen und Erzieher, in der Verdummung, psychologischen Verkrüppelung und ideologischen Umnebelung des Publikums terminieren. Das Bemühen um solche Normen ist darum nicht so utopisch, wie es auf den ersten Blick erscheint, weil Fernsehen als Ideologie nicht Sache des bösen Willens, vielleicht nicht einmal der Inkompetenz der Beteiligten ist, sondern vom objektiven Ungeist erzwungen wird. Mit ungezählten Mechanismen erreicht er die Produzierenden. Eine sehr große Zahl von ihnen erkennt, wenn nicht stets in theoretischen Begriffen, so jedenfalls doch mit den ästhetischen Nerven, wie verrottet das ist, was sie herstellen müssen, und fügt sich einzig unter ökonomischem Druck; im allgemeinen ist der Widerwille um so größer, je näher man den Schriftstellern, Regisseuren, Schauspielern kommt, und nur das Geschäft und seine Lakaien proklamieren die menschliche Rücksicht auf die Kundschaft. Wird von einer Wissenschaft, die sich nicht dumm machen und mit administrativen Erhebungen abspeisen läßt, sondern in die Erforschung der Ideologie selbst eintritt, den gegängelten Künstlern der Rücken gestärkt, so hätten diese auch ihren Chefs und Kontrolleuren gegenüber einen besseren Stand. Daß die sozialpsychologischen Normen nicht etwa vorschreiben dürften, was nun das Fernsehen zu tun habe, versteht sich von selbst. Wie allerorten aber wäre der Kanon des Negativen nicht weit vom Positiven.

 

Sexualtabus und Recht heute

 

Fritz Bauer zum Gedächtnis

 

Der Theoretiker, der heute in praktische Kontroversen eingreift, erfährt regelmäßig und beschämend, daß, was er an Gedanken etwa beizubringen hat, längst gesagt ward und meist besser beim ersten Mal. Nicht nur ist die Menge des Geschriebenen und Publizierten ins Ungemessene angewachsen: die Gesellschaft selbst scheint, trotz allem expansiven Wesen, auch im Überbau, in Recht und Politik, vielfach auf ältere Stufen sich zurückzubilden. Das nötigt peinlich dazu, altvertraute Argumente aufzuwärmen. Noch dem kritischen Gedanken droht Ansteckung an dem, was er kritisiert. Er muß sich von den konkreten Gestalten des Bewußtseins leiten lassen, gegen die er angeht, und wiederkäuen, was sie vergaßen. Der Gedanke ist nicht rein bei sich selber; zumal der praktische so sehr gekettet an den geschichtlichen Augenblick, daß er im Zeitalter der Regression abstrakt und falsch würde, wenn er dieser gegenüber unentwegt aus dem eigenen Elan heraus sich fortbewegen wollte. Das allein ist die bittere Wahrheit am Wort vom Denker in dürftiger Zeit; was er zustandebringt, hängt daran, daß er sogar das Moment der ihm aufgedrungenen Rückbildung aktiviert, indem er es bewußt macht. Zumal den sexuellen Tabus gegenüber ist es schwer, irgend etwas mit der Intention von Aufklärung zu formulieren, was nicht längst, zuletzt noch in der Ära der angeblichen Frauenemanzipation, erkannt und dann wieder verdrängt worden wäre. Die Einsichten Freuds über die infantile Sexualität und die Partialtriebe, welche der überlieferten Sexualmoral die letzte Legitimation entzogen, gelten unvermindert auch in einem Zeitalter, welches die Tiefenpsychologie entschärfen möchte; und was Karl Kraus in seinem unvergleichlichen Frühwerk ›Sittlichkeit und Kriminalität‹ schrieb – erst jüngst ward der Band bei Längen-Müller, als elfter der Werke, wieder aufgelegt –, ist weder an Stringenz noch an Autorität zu überbieten. Die Situation trägt selber zur Konservierung des Veralteten und damit erst ganz Bösen bei: man wiederhole nur Allbekanntes, als ob es dadurch bereits widerlegt wäre. Die zweite Aufklärung aber, die man heute gegen die erste ausspielt, läuft, nach Enzensbergers Einsicht, bloß auf die Abschaffung der ersten hinaus.

Die Sabotage an der Aufklärung im Namen ihres Veraltens holt sich ihre Vorwände aber auch am Gegenstand. Die Rede über Sexualtabus klingt anachronistisch in Jahren, da jedes materiell von den Eltern einigermaßen unabhängige Mädchen seinen Freund hat; in denen die mit Reklame fusionierten Massenmedien, zur Wut ihrer restaurativen Gegner, unablässig sexuell aufreizen, und in denen, was amerikanisch a healthy sex life heißt, sozusagen zur physischen und psychischen Hygiene gehört. Ihr ist, nach der hübschen Formulierung der Soziologen Wolfenstein und Leites, bereits eine Art Moral des Vergnügens, fun morality, zugeordnet. All dem gegenüber nehmen Vorschläge zur Reform der Sexualgesetzgebung prima vista etwas ehrwürdig Suffragettenhaftes an. Darauf können dann die Hüter von Ordnung schlechthin mit einer billigen Ironie hinweisen, die selten versagt. Die Menschen haben doch ihre Freiheit, sie tun ohnehin, was sie wollen, nur Verbrechen sollen vom Gesetz verhindert werden – wozu eigentlich Reformen?

Nichts anderes ist darauf zu antworten, als daß die Befreiung des Sexus in der gegenwärtigen Gesellschaft bloßer Schein sei. Ereignet hat sich mit ihm, wofür anderweitig die Soziologie ihren Lieblingsausdruck Integration verwendet; so wie die bürgerliche Gesellschaft der Drohung durchs Proletariat Herr wurde, indem sie es eingliederte. Die rationale Gesellschaft, die auf Beherrschung der inneren und äußeren Natur beruht und das diffuse, der Arbeitsmoral und dem herrschaftlichen Prinzip selber abträgliche Lustprinzip bändigt, bedarf nicht länger des patriarchalischen Gebots von Enthaltsamkeit, Jungfräulichkeit, Keuschheit. Sondern der an- und abgestellte, gesteuerte und in ungezählten Formen von der materiellen und kulturellen Industrie ausgebeutete Sexus wird, im Einklang mit seiner Manipulation, von der Gesellschaft geschluckt, institutionalisiert, verwaltet. Als gezügelter ist er geduldet. Ehedem hat die Gesellschaft kraft der sakramentalen Ehe mit ihm sich abgefunden; heute nimmt sie ihn, ohne Zwischeninstanzen wie die Kirche, vielfach auch ohne staatliche Legitimation, unmittelbar in Regie. Dadurch aber hat der Sexus sich verändert. Hob Freud bei seinem Versuch, das spezifisch Sexuelle zu beschreiben, das Moment des Unanständigen – und das will sagen, des gesellschaftlich Anstößigen – hervor, so ist dies Moment einerseits geschwunden, andererseits erst recht perhorresziert. Das verrät nicht viel weniger als eine Desexualisierung des Sexus selbst. Die eingefangene oder mit schmunzelnder Nachsicht zugelassene Lust ist keine mehr; Psychoanalytiker hätten es nicht schwer nachzuweisen, daß in dem gesamten monopolistisch kontrollierten und standardisierten Sexualbetrieb, mit den Schnittmustern der Filmstars, Vor- und Ersatzlust die Lust überflügelt haben. Die Neutralisierung des Sexus, die man am Verschwinden der großen Passion beschrieben hat, verfärbt ihn noch dort, wo er sich ungescheut zu befriedigen wähnt.

Daraus ist jedoch – und die zeitgemäßen Neurosen dürften das bestätigen – zu schließen, daß die Sexualtabus in Wahrheit nicht fielen. Einzig eine neue, tiefere Form von Verdrängung ist erreicht, mit all ihrem zerstörerischen Potential. Während der Sexus eingegliedert ward, bleibt, was an ihm nicht sich eingliedern läßt, das eigentlich sexuelle Aroma, der Gesellschaft verhaßt. Hat es seine Richtigkeit damit, daß das im spezifischen Sinn Sexuelle eo ipso das Verbotene sei, so weiß dies Verbot sich zu behaupten auch in den gebilligten Manifestationen des Sexus. Kaum anderswo als in der Zone des stets noch Verfemten dürfte sich soviel vom verborgenen Unwesen offenbaren. Sexuelle Freiheit ist in einer unfreien Gesellschaft so wenig wie irgendeine andere zu denken. Der Sexus wird als sex, gleichsam eine Variante des Sports, entgiftet; was daran anders ist, bleibt ein allergischer Punkt.

Das nötigt dazu, trotz allem, abermals mit Sexualtabus und Sexualrecht sich zu befassen, nicht bloß aus vermutlich ohnmächtiger Solidarität mit den Opfern, sondern auch im Gedanken daran, was die mit der Integration steigende Verdrängung anrichten mag. Sie dürfte permanent das Reservoir autoritätsgebundener Charaktere speisen, die bereit sind, totalitären Regierungen welcher Spielart auch immer nachzulaufen. Eines der handgreiflichsten Ergebnisse der ›Authoritarian Personality‹ war, daß Personen von jener Charakterstruktur, die sie als totalitäre Gefolgsleute prädisponiert, in besonderem Maß von Verfolgungsphantasien gegen das nach ihrer Ansicht sexuell Abwegige, überhaupt von wilden sexuellen Vorstellungen geplagt werden, die sie von sich selbst abweisen und auf Außengruppen projizieren. Die deutschen Sexualtabus fallen in jenes ideologische und psychologische Syndrom des Vorurteils, das dem Nationalsozialismus die Massenbasis zu verschaffen half und das in einer dem manifesten Inhalt nach entpolitisierten Form fortlebt. Zu ihrer Stunde könnte sie auch politisch sich konkretisieren. Systemimmanent und unauffällig zugleich, ist sie heute der Demokratie verderblicher als die neofaschistischen Bünde, die einstweilen weit weniger Resonanz finden, über weit geringere reale und psychische Ressourcen verfügen1.

Die Psychoanalyse hat die Sexualtabus ebenso wie deren Niederschlag im Recht, zumal im kriminologischen Bereich – erinnert sei bloß an die Arbeiten Aichhorns – untersucht, und was sie dabei zutage förderte, gilt nach wie vor. Aber einiges wäre dem hinzuzufügen, um die Sachverhalte in der jüngsten geschichtlichen Phase zu treffen. In Freuds Epoche standen sie im Zeichen vorkapitalistischer oder hochbürgerlicher Formen der Autorität, des Patriarchalismus der Kleinfamilie, der Repression durch den Vater, ihrer Folge, des Zwangscharakters, und des ihm zugeordneten analen Syndroms. Gewiß bestätigt sich die gesellschaftliche These, daß der Überbau langsamer sich umwälzt als der Unterbau, auch psychologisch, an der von Freud hervorgehobenen, relativen Konstanz des Unbewußten. Tatsächlich ist die individuelle Psyche gegenüber der Vormacht der realen Gesellschaftsprozesse sekundär, wenn man will: Überbau. Unter den kollektiven Mächten, die anstelle der individuellen Vaterautorität getreten sind, west, wie Freud bereits in ›Massenpsychologie und Ich-Analyse‹ konstatierte, die Vaterimago fort. Aber seitdem haben doch im gesellschaftlichen Autoritätsgefüge Veränderungen sich zugetragen, die zumindest die konkrete Gestalt der Sexualtabus affizieren. Die genitale Sexualität, gegen welche die traditionelle Kastrationsdrohung sich kehrt, ist nicht länger der Angriffspunkt. Die Lebensborn-Gestüte der SS, die Ermunterung der Mädchen zu temporären Beziehungen mit jenen, die sich selber zur Elite erklärt und als solche eingerichtet hatten, sind, wie viele Pionieruntaten des Dritten Reiches, bloß die extreme Vorwegnahme gesamtgesellschaftlicher Tendenzen. So wenig jedoch der SS-Staat das Reich der erotischen Freiheit war, so wenig ist es die Badestrand- und Campinglibertinage von heute, die übrigens in jedem Augenblick zurückgepfiffen werden kann auf den Stand dessen, was in der Sprache der Tabus gesunde Ansichten heißt. Anthropologische Züge wie der Konkretismus unter den Jungen, das Verkümmern der Phantasie, das widerstandslose sich Einrichten auf übermächtig gegebene Bedingungen haben einen Aspekt, der zur neuen Gestalt der Sexualtabus recht genau stimmt.

Der Freudschen Theorie zufolge ist die zivilisatorisch approbierte und herrschende Form der Sexualität, die genitale, nicht, als was sie so gern sich verkennt, ursprünglich, sondern Resultat einer Integration. In ihr schließen unterm Zwang gesellschaftlicher Anpassung die Partialtriebe des Kindes, über die Agentur der Familie, zu einem Einheitlichen und dem gesellschaftlichen Zweck der Fortpflanzung Günstigen sich zusammen. Daß es mit dieser Integration in der genitalen Sexualität seine prekäre Bewandtnis hat, ist Freud nicht entgangen, und er hat es, darin durchaus patriarchalischer Bürger, beklagt. Wahres erotisches Triebleben, die Beziehungen, in denen Lust sich realisiert, ist keineswegs jenes healthy sex life, das in den fortgeschrittensten industriellen Ländern heute alle Branchen der Wirtschaft, von der kosmetischen Industrie bis zur Psychotherapie, ermuntern. Vielmehr überlebt in der Genitalität die partiale Libido, die in jener sich zusammenfaßt. Jedes Glück entflammt an der Spannung beider. So wie die Partialtriebe, sofern sie nicht genital sich erfüllten, etwas Vergebliches behalten, als gehörten sie einem Stadium an, das Lust noch nicht kennt, so ist die von den als pervers geächteten Partialtrieben ganz gereinigte Genitalität arm, stumpf, gleichsam zum Punkt zusammengeschrumpft. Desexualisierung der Sexualität wäre wohl psychodynamisch zu verstehen als die Form des genitalen Sexus, in der dieser selber zur tabuierenden Macht wird und die Partialtriebe verscheucht oder ausrottet. Ein Stück sexueller Utopie ist es, nicht man selber zu sein, auch in der Geliebten nicht bloß sie selber zu lieben: Negation des Ichprinzips. Sie rüttelt an jener Invariante der im weitesten Sinn bürgerlichen Gesellschaft, die von je auf Integration aus war, der Forderung nach Identität. Zunächst war sie herzustellen, schließlich wäre sie wieder aufzuheben. Was bloß identisch ist mit sich, ist ohne Glück. In der genitalen Zentrierung aufs Ich und auf die in sich ebenso feste Andere, für die nicht umsonst der Titel Partnerin Mode wurde, steckt Narzißmus. Libidinöse Energie wird auf die Macht verschoben, die jene beherrscht und dadurch betrügt. Das von Freud betonte Unanständige jedoch haftet am Überschuß der Partialtriebe über die Genitalität, von dem diese Gewalt und Glanz empfängt. Die traditionellen gesellschaftlichen Tabus trafen beides in einem, Genitalität und Partialtriebe, obwohl wahrscheinlich doch die Spitze eigentlich mehr wider diese sich kehrte; das Werk Sades revoltierte dagegen. Mit der zunehmenden sozialen Bestätigung der Genitalität steigt der Druck gegen die Partialtriebe und gegen ihre Repräsentanten in genitalen Beziehungen. Als ihr Rest wird nur der sozialisierte Voyeurismus kultiviert, die Vorlust. Sie setzt die Betrachtung durch alle anstelle der Vereinigung mit Einer und drückt damit die Sozialisierungstendenz des Sexus aus, die selbst einen Aspekt seiner tödlichen Integration ausmacht. Die Prämie, welche die patriarchalische Gesellschaft auf den weiblichen Charakter, die passive, der eigenen Regung, womöglich dem eigenen Lustanspruch entwöhnte Fügsamkeit setzt, tut ein übriges zur Desexualisierung des Sexus. Ihn beschlagnahmt ein Ideal des Natürlichen, das unter einer Art von Freiluftkultur möglichst auf die pure Genitalität hinausläuft und gegen jedes Raffinement sich sträubt. Die Gestalt der Tabus inmitten formaler Freiheit wäre zu studieren; Modellen wie jener Natürlichkeit, ebenso aber auch den gleichwie in Gummi gehüllten Serienmustern des Sexus, dürfte dabei einige Wichtigkeit zufallen. In dem Klima, das die unterirdische Gewalt der Verbote mit der Lüge vermischt, sie wären außer Kraft gesetzt, gedeihen die Verfolgungen jüngsten Stils. Wie – komplementär zur allenthalben offenbaren Ich-Schwäche, als psychologisch zugeeignete Unfähigkeit zur Abweichung von dem, was alle tun – die Partialtriebe seelisch und real, wenn nicht alles trügt, mehr denn je verdrängt werden, so werden sie auch gesellschaftlich behandelt; je weniger, anscheinend, unanständig sei, um so schlimmer die Rache an dem, was es trotz allem noch sein soll. Das hygienische Ideal ist rigoroser als das der Askese, die nie das bleiben wollte, was sie war. Die Tabus inmitten des Scheins von Freiheit lassen aber vor allem darum nicht mit sich spaßen, weil niemand mehr ganz an sie glaubt, während sie doch zugleich vom Unbewußten der Individuen und von den institutionellen Mächten befestigt werden. Allgemein werden repressive Vorstellungen um so grausamer, je mehr sie ausgehöhlt sind: sie müssen ihre Anwendung übertreiben, damit der Schrecken den Menschen einrede, was so stark ist, sei auch legitim. Die Hexenprozesse blühten, als der thomistische Universalismus zerfallen war. Ähnlich sind die exhibitionistischen Sündenbekenntnisse derer, die ihren Moralismus austoben, indem sie ihn mit dem Wort Aufrüstung assoziieren, so attraktiv für die Massen, weil der Begriff Sünde losgelöst vom theologischen Dogma keine Substanz mehr hat. Der spezifische Tabucharakter verstärkt sich dadurch. Waren die primitiven Tabus, motiviert vom Inzestverbot, unwiderstehlich, weil dessen verdrängende Gewalt jede Begründung ausschloß, so werden die Sexualtabus im Stand der zugleich totalen und verhinderten Aufklärung überstark, seitdem sie auch für die, welche ihnen gehorchen, keine raison d'être mehr haben. Das Verbot als solches saugt die Energien auf, die ihm einmal aus mittlerweile versiegten Quellen zuströmten. Die Lüge, die dem Tabu eingebrannt ist, wird selber zum Moment des Sadismus, der das auserwählte Opfer ereilt und ihm blinzelnd bedeutet, sein Schicksal verdanke es nicht dem Delikt sondern seiner wie immer auch zufälligen Andersheit, seiner Abweichung vom Kollektiv, seiner Zugehörigkeit zur gerade designierten Minorität. – Gleichwohl sind die Tabus heute, ihrem Inhalt nach, nicht neu sondern das Nachbild älterer. Diese, tief in den Schatz der Vorstellungen hinabgesunken, lassen von manipulierenden Mächten sich ausmünzen. Von oben her werden sie wieder erweckt. Noch ihre nachbildhafte Blässe dient der Repression: sie erlaubt es, die aufgespeicherte alte Entrüstung zeitgemäß auf alles Mögliche umzudirigieren, einigermaßen unbekümmert um seine Qualität: Andersheit als solche ist der erkorene Feind. Empirische Untersuchung hätte dem nachzugehen, wie halbvergessene und gesellschaftlich in gewissem Maß tatsächlich überholte Tabus sich mobilisieren lassen. Offen bleibt einstweilen, ob die Wut, deren die Demagogie der Sittlichkeit sich bedient, primär und unmittelbar die über erotische Versagungen ist. Denkbar, daß sie auf eine Gesamtverfassung des gegenwärtigen Lebens sich bezieht. Bei formaler Freiheit wird jedem Einzelnen die Verantwortung einer Autonomie aufgebürdet, die er schon anthropologisch kaum aufbringt, während durch das Mißverhältnis zwischen den übermächtigen Institutionen und dem winzigen Aktionsbereich des Einzelnen dieser auch objektiv unablässig sich überfordert und bedroht fühlt; eine Drohung, in der freilich die alte der Kastration, unkenntlich geworden, sich verbirgt. Die Erweckung der Tabus ist möglich dadurch, daß soziales Leiden – nach psychologischem Maß: das des Ichs – verdrängt und verschoben wird auf den Sexus, den alten Schmerz. Dadurch wird dieser, in äußerstem Widerspruch zur Oberfläche, gesellschaftlicher Nervenpunkt; die Sexualtabus sind gegenwärtig stärker als alle anderen, selbst die politischen, wären sie auch noch so emphatisch eingehämmert.

Die Öffentlichkeit hallt wider von sei's zustimmenden, sei's beklagenden Erklärungen über die gewandelte Sexualmoral. Sie sind sehr verwandt den kurrenten Thesen, daß es keine Ideologie mehr gebe, die gleichzeitig dem dumpfen Zynismus das gute Gewissen von Aufklärung verschaffen und jede über die existenten Bedingungen hinausweisende Vorstellung als anachronistisch verdächtigen. Daß jedoch all diesen Ansichten zum Trotz die Tabus nicht beseitigt sind, läßt sich ablesen an Formen des objektiven Geistes, an unausdrücklichen Spielregeln und Sitten, mehr noch in der Sphäre des Rechts. Allerorten werden die Prostituierten verfolgt, während sie einigermaßen ungeschoren waren in der Ära vorgeblich härterer sexueller Unterdrückung. Daß man nach gelungener Emanzipation der Huren nun nicht mehr bedürfe, ist ein verlogener und fadenscheiniger Vorwand. Den Zeloten stünde es am letzten an, ihre Maßnahmen mit eben jener Freiheit der Sitten zu begründen, die sie wieder abschaffen möchten. Die Technik der Razzien; die Schließung der Bordelle, welche die Prostitution erst zu dem Ärgernis erniedrigt, das man ihr vorwirft; der Eifer, der irgendwelche Viertel für besonders bedroht erklärt, um dann über das Überhandnehmen der Huren dort sich zu entrüsten, wohin sie flüchten müssen – wie die Juden sollen sie keine Bleibe haben –, all das bezeugt eine Gesinnung, die zwar über die Entwürdigung des Eros zetert, aber alles tut, um ihn noch einmal zu entwürdigen: zur Glücklosigkeit zu verurteilen. Die Prostituierte, Bild dessen, was Unerfahrenheit und Neid als Laster sich ausmalt, wird fraglos weithin mit dem Partialtrieb identifiziert. Sie liefere Perversität, im wunderlichsten Widerspruch zu der armseligen und versagenden Form des Erwerbs, zu welcher die Prostitution wurde in einer Glashausgesellschaft, die alle Schlupfwinkel ausräuchert. Man braucht keinerlei Illusionen zu hegen über den off limits-Bereich und wird doch die Huren, die mittlerweile so abscheulich geworden sind, wie der Neid der Gesellschaft sie sich wünscht und sie behandelt, als ahnungslose Repräsentanten einer anderen Möglichkeit des Sexus gegen die Schmach der Sittlichkeit verteidigen. Was diese an Argumenten vorbringt: der Schaden, den sie stifteten, der Anstoß, den sie erregten, ist nichtig; keiner brauchte sich bei ihnen aufzuhalten, der sie nicht sehen will, vollends nicht, wenn die Bordelle toleriert würden. Wem von den Jugendlichen, denen die Zeitungskioske gewidmet sind, der Anblick eines Straßenmädchens viel Neues bietet, ist ungewiß; das Unheil, das er anrichten könnte, fiktiv. Lächerlich und widerwärtig ein Quid pro quo wie jenes, das sich ereignete, als ein protestantischer Pfarrer in einem Großstadtquartier die Prostitution mit Predigten und Versammlungen auszurotten verhieß, anstatt sein Nachtleben auf die Abendmusiken zu beschränken, die ihm und seinesgleichen vorbestimmt sind und in denen er nach Herzenslust verdrängen kann; unerträglicher noch, daß dann die Zuhälter, anstatt ihrer Tradition gemäß zu pfeifen, ihm in die Wohnung schossen; eine ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Sitten jedoch, daß am Ende die Polizei Erklärungen von sich gab, jene Schüsse hätten mit dem moralischen Kreuzzug nichts zu tun gehabt. In einer Gesellschaft, die auch nur entfernt so mündig wäre, wie ihre Verfassung es unterstellt, müßte die Publizität solche Vorkommnisse unmöglich machen; es sagt etwas über den Gesamtzustand, daß dergleichen geschieht und in der Presse breitgetreten wird, ohne daß einer der Komik gewahr wird. Freilich, tröstete man sich damit, daß eine zurückgebliebene und fanatisierte Minderheit ihren Willen lärmend der Mehrheit aufzwinge, so wäre das illusionär; die losgelassene Sittlichkeit könnte nicht auf den Strich gehen und jenes Ärgernis bereiten, das sie zu nehmen vorgibt, harmonierte nicht die Triebstruktur der Bevölkerung mit ihr. Daß in Deutschland, wo man tausendfachen Grund hätte, die Verfolgung wehrloser Gruppen zu scheuen, die der Prostituierten unentwegt weitergedeiht, ist unmißverständlich. Bleiben Morde an Prostituierten ungesühnt, so mag das in jedem Einzelfall plausibel zu entschuldigen sein; die Häufigkeit solcher ungeklärten Fälle jedoch sagt, verglichen etwa mit der Promptheit der Justiz bei Eigentumsdelikten, daß die gesellschaftliche Macht, wie immer auch unbewußt, denen den Tod wünscht, die für sie, fälschlich, die Lust verkörpern, die nicht sein soll2. Zur Prostituiertenjagd wird wahrscheinlich nicht trotz einem Zustand geblasen, in dem außereheliche Beziehungen zur Regel geworden sind, sondern gerade um dieses Zustands willen: die Frauen, die inmitten aller beruflichen Emanzipation immer noch ihr Surplus an gesellschaftlicher Last zu tragen haben, fühlen auch unter der stillschweigenden Duldung das Tabu, das sie in jedem Augenblick ereilen kann; etwa mit Hilfe des zu allem anderen auch noch absurd ausgeweiteten Kuppeleiparagraphen, oder wenn sie schwanger werden. Das brütet Rachsucht aus. Zu der trostlosen Dynamik dessen, was die Soziologie mit Vorliebe zwischenmenschliche Beziehungen nennt, zählt auch, daß die, auf welche Druck ausgeübt wird, suchen, den Druck auf andere, schwächere Gruppen zu transferieren, rational oder irrational das Odium weiterzugeben. Eine der dafür bevorzugten, durch Ohnmacht ausgezeichneten Gruppen ist die Prostitution. Sie hat nicht nur die Rancune der Männer über die offizielle Monogamie zu büßen, von der sie wiederum lebt, sondern obendrein auch die der Frauen, die, während sie oft widerwillig genug auf Verhältnisse sich einlassen, weil es nun einmal dazu gehört, immer noch dem nachtrauern, wozu die bürgerliche Gesellschaft seit Jahrhunderten sie dressierte, und insgeheim den nicht einmal unverständlichen Willen hegen, durch Heirat Sicherheit und Reputation zu erlangen. Am Nachleben der sexuellen Tabus bestätigt sich, daß Verfolgung nicht besser macht; weder die im Beruf bürgerlich eingegliederten Frauen, wofern ihnen im Privatleben bürgerliche Vorteile vorenthalten werden, noch die ausgestoßenen. Von allen bösen Wirkungen der zwielichtig-uneingestandenen sexuellen Unterdrückung ist das vielleicht die ärgste. Besonders auffällig ist sie bei jenem Typus von Homosexuellen, bei dem die Begeisterung fürs Virile mit der für Zucht und Ordnung sich paart, und der, mit der Ideologie des edlen Leibes, zur Hetze gegen andere Minoritäten, etwa die Intellektuellen, bereit ist.

Der abscheuliche Homosexuellenparagraph hat sich ins befreite Deutschland hinübergerettet. Die Milderung, welche es erlaubt, wenigstens minderjährige Inkulpaten straffrei zu lassen, wird leicht zum Geschenk an Erpresser. Gegen den Homosexuellenparagraphen ist eigentlich nicht zu argumentieren, sondern nur an die Schmach zu erinnern. Bloß auf einen weniger beachteten Aspekt der Verfemung der Homosexuellen sei hingewiesen, die ja als Menetekel zweckentfremdeter Sexualität wirken. Manche mögen sagen, die Homosexuellen blieben, solange sie nicht Minderjährige oder Abhängige mißbrauchten, in praxi doch weit unbehelligter als früher. Nun ist es widersinnig, daß ein Gesetz darum sich rechtfertige, weil es nicht, oder nur in geringem Maß, angewendet werde; was solche Denkschemata für die Rechtssicherheit und das Verhältnis der lebendigen Menschen zur legalen Ordnung involvieren, braucht nicht ausgemalt zu werden. Aber würde selbst wirklich den Homosexuellen weniger angetan, die Atmosphäre fortdauernder legaler Diskriminierung müßte sie unablässigem Angstdruck unterwerfen. Akzeptiert man aber die psychoanalytische Lehre, daß Homosexualität vielfach neurotisch, Produkt einer Entscheidung von Kindheitskonflikten sei, welche die sogenannte normale Auflösung des Ödipuskomplexes verhinderte, so wird, nach dem psychologischen Gesetz der Anlehnung, der gesellschaftlich-legale Druck, wäre es auch mittelbar, die Neurosen perpetuieren und verstärken. Unter den Homosexuellen dürften recht viel geistig Begabte sich finden; psychogenetisch wohl darum, weil sie kraft der extremen Identifikation mit der Mutter auch jene Züge verinnerlichten, welche die Mutter dem Vater, dem Vertreter praktischen Realitätssinns, entgegensetzte. Trügt meine Beobachtung nicht, so ist gerade unter den geistig begabten Homosexuellen besonders auffällig die psychologische Fesselung ihrer Produktivität, die Unfähigkeit, zustande zu bringen, was sie wohl vermöchten. Daran ist der permanente Angstdruck, und die gesellschaftliche Ächtung, die ebenso die Gesetzgebung inspiriert, wie durch sie verstärkt wird, doch wohl beteiligt. Durch den Homosexuellenparagraphen tendiert die Gesellschaft auch in der legalen Sphäre zum Gleichen wie in ungezählten anderen, zur Zerstörung geistiger Kräfte. Wo zumindest das soziale Tabu über der Homosexualität geringer ist, etwa in manchen aristokratisch geschlossenen Gesellschaften, scheinen die Homosexuellen weniger neurotisch, charakterologisch weniger deformiert zu sein als in Deutschland.

Das stärkste Tabu von allen jedoch ist im Augenblick jenes, dessen Stichwort »minderjährig« lautet und das schon sich austobte, als Freud die infantile Sexualität entdeckte. Das universale und begründete Schuldgefühl der Erwachsenenwelt kann, als seines Gegenbilds und Refugiums, dessen nicht entraten, was sie die Unschuld der Kinder nennen, und diese zu verteidigen, ist ihnen jedes Mittel recht. Allbekannt, daß Tabus um so stärker werden, je mehr der ihnen Hörige unbewußt selber begehrt, worauf die Strafe gesetzt ist. Der Grund für den Minderjährigenkomplex dürfte in ungemein mächtigen Triebregungen liegen, die er abwehrt. Man muß ihn zusammendenken damit, daß im zwanzigsten Jahrhundert, möglicherweise aus einer unbewußten Homosexualisierung der Gesellschaft heraus, das erotische Ideal infantil wurde, zu dem, was man vor dreißig oder vierzig Jahren mit lüsternem Schauer Weibkind nannte. Der Erfolg der ›Lolita‹, die nicht lasziv ist und immerhin zuviel literarische Qualität für einen Bestseller hat, wäre einzig durch die Gewalt jener imago zu erklären. Wahrscheinlich hat das verpönte Wunschbild auch seinen gesellschaftlichen Aspekt, den akkumulierten Widerwillen gegen einen Zustand, der Pubertät und Selbständigkeit der Menschen temporal auseinanderreißt. Zu Lolita, Tatjana und Baby Doll sind Komplemente die Vereine, die am liebsten auf jeden Spielplatz hinter jedes Kind eine sittlich gereifte Polizistin stellen möchten, welche es vor dem Bösen behütet, auf das die Erwachsenen lauern. Beschenkte ein Nachkomme des Fontaneschen Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland die kleinen Mädchen mit Birnen, so machte seine Humanität sogleich sich verdächtig.

Die berührte Zone ist heikel nicht bloß der heftigen Affekte wegen, die entbunden werden, sobald man der herrschenden Meinung nicht anhängt, sondern auch wegen der unbestreitbaren Schutzfunktion des Gesetzes. Selbstverständlich muß verhindert werden, daß Kindern Gewalt geschieht, oder daß Vorgesetzte irgendwelcher Art ihre Position dazu mißbrauchen, von ihnen Abhängige zu zwingen, ihnen zu Willen zu sein. Darf ein Mann, der auf Kinder Sexualattentate begeht, weiter frei herumlaufen, weil ihn seine Eltern aufgenommen und ihm Arbeit verschafft haben – als ob das eine mit dem anderen das mindeste zu tun hätte –, so werden dadurch noch die reinheitswütigen Organisationen ins Recht gesetzt, welche die Behörde verklagen: sie mag durch ihre Leichtfertigkeit wirklich dafür verantwortlich sein, daß der Betreffende kurz danach ein kleines Mädchen ermordete. Aber um diesen Wahrheitskern hat sich eine Vorstellungsmasse angesammelt, die erst einmal überprüft werden müßte, anstatt daß heiliger Eifer jede nähere Besinnung unterbindet. Hypothetisch etwa sind die angeblich gefährlichen Folgen der Lektüre und Betrachtung von Pornographie. Töricht und ein Eingriff in die persönliche Freiheit, sie Erwachsenen vorzuenthalten, die daran Vergnügen finden. Bei Minderjährigen wäre die schädliche Wirkung und deren Beschaffenheit erst einmal festzustellen: neurotische Defekte, Phobien, Konversionshysterien oder was immer sonst. Die Weckung des ohnehin meist schon vorhandenen Interesses an Sexuellem kann als schädlich nicht diffamiert werden, es sei denn, man wäre radikal genug, den Sexus schlechthin zu verdammen – eine Haltung, die heute schwerlich viel Liebe fände, und vor der die Sittlichkeitsapostel sich zu hüten pflegen. Gerade als unverstümmelter, unverdrängter bereitet der Sexus an sich keinem Menschen etwas Übles. Das müßte nicht bloß unqualifiziert ausgesprochen werden, sondern die Logik der Gesetzgebung und ihre Anwendung durchdringen. Angesichts der aktuellen und potentiellen Schäden, die gegenwärtig der Menschheit von ihren Verwaltern angetan werden, hat das sexuelle Schutzbedürfnis etwas Irres, aber die Zahl derer ist geringer, die es wagen, das offen zu sagen, als selbst die derjenigen, welche gegen so hochansehnliche gesellschaftliche Einrichtungen wie den bakteriologischen und den Atomkrieg protestieren.

Bei den Schutzgesetzen für Minderjährige wäre zumindest zu prüfen, ob sie wirklich die Opfer sei's von Gewalt, sei's von abgefeimten Täuschungsmanövern sind, oder ob sie nicht selbst längst in jenem Zustand sich befinden, den das Gesetz zu verzögern sich anmaßt, und ob sie nicht ihren Mißbrauch aus Freude an der Sache, vielleicht auch nur um zu erpressen, selbst provozierten. Einstweilen hat ein Strichjunge, der seinen Kunden hinterher umbringt und beraubt und dann vor Gericht aussagt, er habe aus Ekel vor den Zumutungen gehandelt, die an ihn ergangen seien, die Aussicht, gütige Richter zu finden. Auch der Schutz abhängiger Personen ist allzu summarisch. Schöpfte die Praxis den Wortlaut des Gesetzes aus, so wäre für die Fülle der Delinquenten nicht Raum genug in den Gefängnissen; das allein ist gewiß kein Argument, aber immerhin ein Hinweis. Überdies dürften die geltenden Bestimmungen dem Regisseur ein Verhältnis mit seiner Schauspielerin gestatten, dem Intendanten das mit einer Verwaltungsangestellten verbieten. Vernünftigerweise müßte man die einschlägigen Paragraphen so modifizieren, daß sie bloß auf solche Fälle angewandt werden, wo die Vorgesetzten gegenüber den ihnen Unterstellten ihre Machtposition ausnutzen, sie wirklich und erweislich mit Entlassung und anderen Nachteilen bedrohen, nicht aber, wenn das Paar von der Situation vereint wird, wie weiland Paolo und Francesca bei der Lektüre. Eine behutsame und jeglichen Mißbrauch ausschließende Fassung des Paragraphen 174 des geltenden Strafgesetzbuches ist um so dringlicher, als gerade er, wenn auch keineswegs er allein unter den Sittlichkeitsparagraphen, dazu herausfordert, politisch und sonstwie Mißliebige, wie es im neudeutschen Jargon so traditionsbewußt heißt, abzuschießen.

Insgesamt wäre die Gesetzgebung keineswegs nur zu mildern. Manches wäre zu verstärken, zumal Paragraphen, welche gegen Roheitsdelikte gerichtet sind. Stets noch werden, wie Karl Kraus erkannte, unerlaubte Zärtlichkeiten gegen Minderjährige härter bestraft, als wenn Eltern oder Lehrherren sie halbtot prügeln. Begeht einer im Suff brutale Gewaltakte, so wird sein Zustand ihm strafmildernd angerechnet, als hauste im Innern des esprit des lois der Komment, der den Suff als Exzeß nicht nur toleriert, sondern ihn als Beweis männlicher Tugend verlangt. Daß immer wieder versichert wird, angeheiterte, übrigens auch ihrer Sinne mächtige Autofahrer, die jemand totfahren, hätten kein Kavaliersdelikt verübt, bezeugt bloß, wie eingewurzelt die Neigung ist, ihre Untat als solches zu sehen, und das dürfte auch in der Rechtsprechung sich reflektieren. Die deutschen Autositten gehören wohl überhaupt, im Gegensatz zu den angelsächsischen wie zu den romanischen Ländern, zu jenen nationellen Eigentümlichkeiten, in denen etwas vom Geist des Hitlerischen Reiches sichtbar fortdauert: die Geringschätzung des Menschenlebens, von dem eine alte deutsche Ideologie bereits den Gymnasiasten einbläute, es sei der Güter höchstes nicht. Was damals, als bloß empirisch, verachtet ward gegenüber der Majestät des Sittengesetzes, wird, im Lauf des Entwicklungszugs einer Gesellschaft, die stolz darauf ist, der Ideologien sich entledigt zu haben, nun verachtet aus primitivsten Regungen von Selbsterhaltung, dem Drang zum Vorwärtskommen im unmetaphorischen Sinn, der Verleiblichung gesunden Erfolgswillens. Ganz unideologisch geht es freilich auch dabei nicht zu: wo einst das Sittengesetz waltete, wird nun darüber gewacht, daß man die Verkehrsordnung respektiert; die Voraussetzung dafür, jemand guten Gewissens umzubringen, ist das grüne Licht der Ampel. Analog hat die Sozialpsychologie beim Studium der nationalsozialistischen Mores den Begriff des Legalitären geprägt. Geplante Morde wurden durch irgendwelche Veranstaltungen, sei es auch post festum, gedeckt, indem die Volksvertreter sie als rechtens erklärten. Legalitäres Bedürfnis hegt offenbar die Brutalität des Straßenverkehrs ebenso wie die bei der Verfolgung unschuldiger Opfer und unschuldiger Vergehen. Das Einverständnis mit der Roheit, mit verdrückten Instinkten dort, wo sie mit institutionellen sozialen Formen harmonieren, begleitet treulich den Haßgesang gegen die Partialtriebe. Prinzipiell und mit unvermeidlicher Übertreibung wäre wohl zu sagen, daß in Recht und Sitte all das Sympathie findet, worin Verhaltensweisen der gesellschaftlichen Unterdrückung – letztlich der sadistischen Gewalt – sich fortsetzen, während unerbittlich reagiert wird auf Verhaltensweisen, die dem Gewalttätigen gesellschaftlicher Ordnung selbst entgegen sind. Eine Strafrechtsreform, die den Namen verdiente, und die freilich heute und hier kaum absehbar ist, würde sich emanzipieren vom Volksgeist, von jenen faits sociaux, die schon Durkheim daran erkennen wollte, daß es weh tut.

Die Frage nach strenger oder milder Judikatur dort, wo Handlungen Resultanten von Konflikten des Ichs und des Es sind, orientiert sich an der Kontroverse über die Willensfreiheit. Meist entscheiden sich deren Anhänger für die Vergeltungstheorie, der schon Nietzsche auf den Grund sah, und für strenge Strafen; die Deterministen für die Erziehungs-(Spezialpräventions-) und Abschreckungs-(Generalpräventions-)theorie. Diese Alternative ist fatal. Die Frage nach der Freiheit des Willens ist wahrscheinlich überhaupt nicht abstrakt, nämlich von Idealkonstruktionen des Individuums und seines rein für sich seienden Charakters her zu lösen, sondern nur im Bewußtsein der Dialektik von Individuum und Gesellschaft. Freiheit, auch die des Willens, wäre erst zu verwirklichen, darf nicht als positiv gegeben supponiert werden. Andererseits ist die Generalthesis des Determinismus genau so abstrakt wie die des liberum arbitrium: die Gesamtheit der Bedingungen, von denen, dem Determinismus zufolge, die Willensakte abhängen sollen, ist nicht bekannt, macht selber eine Idee aus und darf nicht wie eine verfügbare Größe behandelt werden. Philosophie hat denn auch auf ihrer höchsten Erhebung nicht das eine oder andere gelehrt, sondern die Antinomie des Sachverhalts ausgedrückt. Kants Theorie, daß alle empirischen Handlungen durch den empirischen Charakter determiniert seien, dieser jedoch ursprünglich vom intelligiblen gesetzt, zurückdatierend auf einen Akt der Freiheit, ist dafür vielleicht das großartigste Modell, wie schwer es auch fällt, irgend sich vorzustellen, das Subjekt vermöchte seinen Charakter sich selbst zu geben, während unterdessen die Psychologie frühkindliche Determinanten der Charakterformation bloßlegte, von welchen zumindest die deutsche Philosophie im Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts nichts sich träumen ließ. Je mehr Momente des Charakters aber der empirischen Sphäre zugerechnet werden müssen, desto vager und ungreifbarer wird der intelligible, auf den all das zurückgehen soll. Er wäre wahrscheinlich überhaupt nicht als individuelle Psyche sondern erst als die subjektive Verfassung eines Vereins objektiv freier Menschen zu bestimmen. All das stürzt die traditionelle Philosophie ins Elend, bei der die Jurisprudenz in der Strafrechtsdebatte nach ihren Fundamenten sucht. Dadurch schleicht die Willkür bloßer Weltanschauung leicht als oberste Instanz sich ein; ob einer dem Determinismus oder der Lehre von der Willensfreiheit zuneigt, hängt einstweilen davon ab, wofür er, aus Gott weiß welchen Gründen, optiert. Während sonst die Verwissenschaftlichung der Welt so unerbittlich fortschritt, daß das Expertentum jede mögliche Erkenntnis beschlagnahmt, wird von einer Disziplin, die auf ihre wissenschaftliche Strenge soviel sich zugute tut wie die Jurisprudenz, an zentraler Stelle der common sense mit allem Trüben, das ihm innewohnt, bis hinab zum gesunden Volksempfinden und zur Durchschnittsmeinung, zum Kriterium erhoben. Das verschafft gerade dort, wo der Anspruch von Vernunft in der Jurisprudenz emphatisch wird, wo sie über ihren bereits verfestigten institutionellen Bereich hinausgeht, jenen destruktiven Instinkten Einlaß, welche die Psychologie hinter dem autoritären Bedürfnis zu strafen entdeckt hat. Der Widerspruch aber, in den die Philosophie sich verwickelt: daß ohne die Idee von Freiheit Humanität nicht gedacht werden kann, daß aber die realen Menschen unfrei sind von innen und außen her, ist real motiviert, kein Versagen spekulativer Metaphysik sondern Schuld der Gesellschaft, die auch zur inneren Unfreiheit sie verhält. Gesellschaft ist die wahre Determinante und ihre Einrichtung das Potential von Freiheit zugleich. Nach dem Verfall der großen Philosophie, die des objektiv-gesellschaftlichen Moments subjektiver Freiheit durchaus sich bewußt war, ist die Antinomie, der sie ins Auge sah, hinabgesunken zu isolierten, schlecht antithetischen Parolen: hier dem hohlen Freiheitspathos offizieller Deklamation, das meist nur der Unfreiheit, nämlich den autoritären Ordnungen, Zutreiberdienste leistet; dort dem sturen und abstrakten Determinismus, der über die bloße Versicherung der Determination nicht hinausgelangt und die wahren Determinanten meist gar nicht erreicht. Im Zentrum der moral- und rechtsphilosophischen Kontroverse wiederholt sich der Schattenkampf von Absolutismus und Relativismus. Falsch ist die unvermittelte Trennung von Freiheit und Unfreiheit, obwohl selbst sie noch ihr Wahrheitsmoment hat, verzerrter Ausdruck der realen Trennung der Subjekte voneinander und von der Gesellschaft.

Der konsequente Determinismus hätte, so treu er die Unfreiheit der Menschen im Bestehenden ausspricht, der Praxis von Auschwitz nichts Triftiges entgegenzusetzen. Damit stieße er auf die Grenze, die weder durch die Ersatzphilosophie sogenannter Werte überschritten wird, noch in die bloße Subjektivität des Sittlichen aufgelöst werden kann. Sie markiert das unaufhebbar differierende Moment im Verhältnis von Theorie und Praxis. Praxis geht nicht auf im autarken, stillgestellten Gedanken: die Hypostasis der Theorie so gut wie die der Praxis ist selbst ein Stück theoretischer Unwahrheit. Wer einem Verfolgten hilft, hat das theoretisch höhere Recht, als wer in der Kontemplation darüber beharrt, ob es ein ewiges Naturrecht gebe oder nicht, obwohl die moralische Praxis allen theoretischen Bewußtseins bedarf. Insofern behält der Fichtesche Satz vom Moralischen, das sich von selbst verstehe, trotz seiner Fragwürdigkeit, auch sein Recht. Philosophie, die sich der Praxis gegenüber derart überfordert, daß sie diese ganz zur Identität mit sich zwingen möchte, ist ebenso falsch wie eine dezisionistische Praxis, welche die theoretische Besinnung abschneidet. Der gesunde Menschenverstand, der das vereinfacht, um etwas Brauchbares in die Hand zu bekommen, geht der Wahrheit selber ans Leben. Philosophie ist heute nicht in Gesetzgebung und juristische Prozeduren bündig zu transformieren. Ihnen ziemt einige Bescheidenheit, nicht nur, weil sie der philosophischen Komplexion nicht gewachsen sind, sondern auch dem theoretischen Stand der Einsicht zuliebe. Anstatt, in frisch-fröhlichem Drauflosdenken, die Frage an falsche Tiefe oder radikale Flachheit zu verraten, müßte die Jurisprudenz erst einmal das fortgeschrittenste Niveau des psychologischen und des gesellschaftlichen Wissens erreichen. Bis zur Lähmung des unreglementierten Gedankens okkupiert die Wissenschaft allerorten das Feld des naiven Bewußtseins; auf dem jedoch, das der Jurisprudenz für ihre Domäne gilt, verfügt Wissenschaft, die von der Gesellschaft und die Psychologie, tatsächlich über mehr Daten, als den juridischen Sachverständigen bekannt ist. Sie kombinieren pedantisch-logische Systematik mit einer geistigen Verhaltensweise, die tut, als hätte die Wissenschaft über Determinanten nichts ausfindig gemacht, und als könne jeder auf eigene Faust die ihm passende Philosophie sich aussuchen, um dann durch einen klappernden Betrieb selbstgemachter Begriffe das gegenwärtig disponible Wissen zu ersetzen. Im allgemeinen wird man die Hypothese wagen dürfen, daß die zu Hilfszwecken mobilisierte Philosophie – heute wäre das vor allem an der Existentialontologie zu zeigen – einzig reaktionär fungiert. Demgegenüber wären die unverwässerten psychoanalytischen Funde auf Sexualtabus und Sexualgesetzgebung anzuwenden: produktiv zu machen für kriminologische Fragestellungen. Ohne allen systematischen Anspruch seien einige mögliche Untersuchungen aufgezählt.

1. Eine Repräsentativumfrage wäre durchzuführen, die zentriert ist im Verhältnis zwischen sexuellen Vorurteilen und Strafphantasien einerseits und andererseits ideologischen Prädispositionen und Neigungen autoritärer Art. Es könnte dabei von der sogenannten F-Skala der ›Authoritarian Personality‹ ausgegangen werden; nur wäre das zu verwendende Forschungsinstrument gänzlich nach den verschiedenen Dimensionen der Anschauungen über Sexuelles zu organisieren. Hervorgehoben zu werden verdient, daß seinerzeit in Amerika Sätze, die sich auf diese Region bezogen, als die trennschärfsten sich bewährten, und daß sich das bis jetzt auch wiederholte in den Versuchen, jene amerikanische Skala den Bedingungen der deutschen Situation gemäß umzuformen.

2. Urteilsbegründungen in Sittlichkeitsprozessen wären, vielleicht nach dem Zufallsprinzip, für eine eng befristete Periode auszusuchen, die maßgebenden Gesichtspunkte ebenso wie die Struktur der Argumentation herauszuarbeiten. Sowohl die obwaltenden Kategorien wie die Logik der Beweisführung wären mit Befunden der analytischen Psychologie zu konfrontieren. Damit zu rechnen ist, daß die Begründungen, auf die man dabei stößt, vielfach vom Schlag jener regelmäßig wiederkehrenden Zeitungsnotizen sind, daß die Leiche der Sozialrentnerin X. aus dem Fluß geländet worden sei. Es handele sich um Selbstmord. Als Motiv der Tat werde seelische Depression angenommen.

3. Eine repräsentative Stichprobe von Strafgefangenen, die wegen Sexualvergehen oder -verbrechen eingekerkert sind, wäre für die Zeit ihrer Haft psychoanalytisch zu untersuchen. Die Analysen wären mit den Urteilsbegründungen zu vergleichen, um deren Stichhaltigkeit zu überprüfen.

4. Die kategoriale Struktur der einschlägigen Strafgesetze wäre kritisch zu analysieren. Dabei sollte nicht von außen her ein fertiger Standpunkt herangebracht werden: man müßte sie lediglich auf ihre immanente Konsequenz hin befragen. Die Richtung dessen, was man dabei zu erwarten hat, wird bezeichnet etwa vom Begriff teilweiser Zurechnungsfähigkeit. Er erlaubt den Aberwitz, dieselbe Person nacheinander als verantwortlich dem Gefängnis oder Zuchthaus und als unverantwortlich dem Irrenhaus zuzuweisen.

5. Eigenes Studium verdienten weiter fürs Sexualrecht relevante Aspekte der Strafprozeßordnung. So dürfte in all den Fällen, wo ein Angeklagter öffentliches Ärgernis soll gegeben haben, den Polizeiberichten besonderes Gewicht zukommen, die sich auf die oft verworrene Situation beziehen, in der das Delikt verübt worden sein soll. Manches spricht dafür, daß jene Berichte häufig unter Druck gegen die verängstigten Angeschuldigten zustande kommen, die ins Netz einer Razzia geraten sein mögen. Sicherlich sind viele von ihnen sich im unklaren über die Bedeutung der Aussage, die sie den Polizisten gegenüber machen. – Auch daß die Angeschuldigten während der Voruntersuchung keinen Anwalt sich nehmen dürfen, wird vielfach ihre Verteidigung erschweren; dem wäre nachzugehen.

6. Einzelne Prozesse, die gar nicht unmittelbar Sittlichkeitsprozesse sein müssen, aber in denen sexuelle Momente berührt werden, wären bis ins einzelne daraufhin zu prüfen, in welcher Weise jene Momente den Gang des Prozesses, und möglicherweise die Urteilsbildung, mitbestimmt haben. Aus jüngster Vergangenheit bietet der Fall Vera Brühne sich an. Denkbar, daß sich Zusammenhänge zeigen zwischen dem auf Grund eines kaum ganz stringenten Indizienbeweises gefällten harten Urteil und den erotischen Dingen, die im Prozeß zur Sprache kamen, obwohl vieles davon mit dem Mord in keinem plausiblen Zusammenhang stand. Latent spielt gewiß die unqualifizierbare Vorstellung herein, daß einer Frau, die ein libertines Sexualleben führe, auch ein Mord zuzutrauen sei.

7. Von philosophisch Gebildeten wären dogmatische Begriffe, die in der Gesetzgebung auch heute noch umgeistern, wie die des gesunden Volksempfindens, der allgemein geltenden Anschauung, der natürlichen Moral und ähnliches, herauszuarbeiten und zu analysieren. Besonders zu achten wäre auf die more iuridico rationalistischen Begründungen von Handlungen, die in Wahrheit nach Gesetzen psychologischer Irrationalität verliefen.

8. Im Bewußtsein der im Wege stehenden, fraglos eminenten Schwierigkeiten eines solchen Beginnens wären empirische Untersuchungen darüber ins Auge zu fassen, ob gewisse Handlungen und Verhaltensweisen, denen man schädliche Wirkungen auf Jugendliche stillschweigend zuschreibt, nachweisbar Schäden stiften. Die nicht selten als Unholde bezeichneten Exhibitionisten sind, wenn anders man der Psychoanalyse trauen darf, real meist harmlos und ungefährlich. Sie tun nicht mehr, als zwangshaft ihre traurige Befriedigung zu suchen, und gehörten gewiß eher in Behandlung als ins Gefängnis. Der psychische Schaden jedoch, den sie Minderjährigen zufügen sollen, die sie beobachten, wird einstweilen bloß behauptet. Unausgemacht, obzwar möglich, daß Rencontres mit Exhibitionisten bei Kindern psychische Störungen hinterlassen; nicht zu weit hergeholt jedenfalls scheint die Annahme, daß manche Frauen und Mädchen, aus psychogenen Motiven, Schreckerlebnisse mit Exhibitionisten erfinden oder, wie die Psychoanalyse es nennt, rückphantasieren; der Kriminologie ist der Sachverhalt von Zeugenaussagen her allgemein vertraut. Ähnliches dürfte für die Wirkung sogenannter unzüchtiger Darstellungen auf Jugendliche gelten. Angeregt sei, daß eine Gruppe von Jugendlichen, die irgendein gerade als unzüchtig verpöntes Buch gelesen hat, nach verschiedenen Dimensionen ihres geistigen und psychischen Zustandes, ihren Vorstellungen über Moral, Erotisches, auch über ihre Triebsituation befragt wird und analog eine Kontrollgruppe von solchen, die das Buch nicht kennen. Besonders wäre darauf zu merken, ob es sich dabei nicht um selbstselektive Gruppen handelt; also ob nicht die, welche jenes Buch lesen, vorweg schon sexuell erfahrener oder interessierter sind als die, welche es nicht lesen. Durchaus ist damit zu rechnen, daß solche Untersuchungen sich als praktisch undurchführbar erweisen, oder daß es nicht gelingt, eine Methode zu entwickeln, welche die Ergebnisse sicherstellt und eindeutig macht. Selbst das jedoch hätte Erkenntniswert: allein schon, daß der unterstellte Schaden weder sich beweisen noch negieren läßt, müßte die Gesetzgebung dazu veranlassen, mit dem Begriff jenes Schadens überaus vorsichtig zu verfahren.

9. Zur Frage des Fortlebens der Sexualtabus in den Volkssitten: eine Studie wäre durchzuführen über das, was nach den herrschenden Vorschriften oder Spielregeln der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmindustrie etwa an Liebkosungen, Exhibitionen und angeblich Obszönem eliminiert, und was demgegenüber an ernsthaft Schädlichem, wie Modellen zu sadistischen Akten, Gewaltverbrechen, technisch vollkommenen Einbrüchen, durchgelassen wird; freilich paart die Entrüstung über Grausamkeit nicht selten sich mit der sexuellen. In Amerika hat man auf dies eklatante Mißverhältnis von Verbotenem und Erlaubtem bereits vor zehn Jahren hingewiesen, ohne daß die Praxis seitdem sich geändert hätte: so nachhaltig wirken die Sexualtabus gleichermaßen wie das gesellschaftliche Einverständnis mit dem Gewaltprinzip.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Text S. 555f.

 

2 Zur Illustration dessen, wie die Lustfeindschaft in der Rechtsprechung sich niederschlug: die Formulierung des Begriffs Unzucht, die vom Reichsgericht stammt und vom Bundesgerichtshof übernommen ward. Nach dieser Rechtsprechung sind unter Unzucht alle Handlungen zu verstehen, die objektiv nach gesunder Anschauung das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzen und subjektiv in wollüstiger Absicht vorgenommen werden.

 

 
Gesammelte Werke
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